Frisch rezensiert: The Art of Sacrificing von Krishnan Sasikiran

von Lukas Köpl
08.11.2025 – „Das perfekte Opfer ist der Traum eines jeden Schachspielers“, heißt es in der Beschreibung des Fritz-Trainers von Großmeister Krishnan Sasikiran! Doch wann genau ist ein Opfer perfekt? Wie kann man Opferideen richtig einschätzen, bewerten und auch bei Komplikationen handhaben? Die Antwort auf diese Frage will der Großmeister aus Indien nun dem ambitionierten Schachspieler mit seinem Fritz-Trainer aufzeigen. Lukas Köpl hat die Quintessenz des Fritz-Trainers im Rahmen seiner Rezension zusammengefasst.

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FRITZ 20: Ihr persönlicher Schachtrainer. Ihr härtester Gegner. Ihr stärkster Verbündeter. FRITZ 20 ist mehr als nur eine Schach-Engine – es ist eine Trainingsrevolution für ambitionierte Spieler und Profis. Egal, ob Sie Ihre ersten Schritte in die Welt des ernsthaften Schachtrainings machen oder bereits auf Turnierniveau spielen: Mit FRITZ 20 trainieren Sie effizienter, intelligenter und individueller als je zuvor.

Der Autor ist ein indischer Großmeister, der mit 2720 ELO seine höchste Wertungszahl erlangte. Er ist Goldmedaillengewinner der Asienspiele 2006 sowie Bronzemedaillengewinner der Olympiade 2014. Zudem arbeitete er in der Funktion des Sekundanten für den Ex-Weltmeister Vishy Anand in dessen Titelkämpfen gegen Magnus Carlsen 2013 und 2014. Diese aktive Karriere lässt ihn auf einen Fundus von eigenen Partien zurückblicken, in denen er die Gelegenheit hatte, selbst etwas zu opfern. Das zeigt sich auch in der Auswahl der Partiebeispiele, die primär aus der Praxis des Autors stammt.

Struktur und didaktischer Aufbau

Der Fritz-Trainer ist klar strukturiert und logisch aufgebaut, womit er sich an eine breite Zielgruppe richtet. Das erlaubt einem, das Material bereits an jene heranzutragen, die erste Erfahrungen mit der Thematik des Opfers sammeln sollen, ohne sie gänzlich zu überfordern.

Neben einer kurzen Einführung zur Definition eines Opfers sowie verschiedenen theoretischen Konzepten, die als absolute Grundvoraussetzung verstanden werden sollten, führt der Kurs durch verschiedene Dimensionen des Opferspiels. Angefangen mit einem simplen Bauernopfer, über das Qualitätsopfer (Schwerfigur für eine Leichtfigur) bis hin zum sensationellen Damenopfer werden Lernende Schritt für Schritt angeleitet und mithilfe von Beispielen aus der Praxis getestet. Dabei gehen einer jeden Lektion theoretische Ideen voran, die dann in der Praxis und den Beispielen Anwendung finden.

Der Aufbau ist sehr durchdacht, da mit jedem Folgekapitel der „Preis“ für das Opfer und das damit verbundene materielle Investment steigt, wodurch auch die Verantwortung steigt, für diesen Faktor Gegenwert zu erhalten bzw. aufrechtzuerhalten.



Auf diesem 60 Minutes zeigt der bekannte Trainer Adrian Mikhalchishin Eröffnungen mit frühem Qualitätsopfer. So bereichern Sie Ihr Repertoire, verbessern Ihr Schachverständnis und haben die Möglichkeit, die Entwicklung moderner Schachtheorie zu verfolgen.
Die moderne Schachtheorie bewertet Zeit und Entwicklung oft höher als Material. Bauernopfer in der Eröffnung sind seit Jahrhunderten Standard, aber seit zehn bis fünfzehn Jahren versuchen Spitzenspieler auch immer öfter Varianten, in denen eine Seite die Qualität opfert. Solche Qualitätsopfer in der Eröffnung führen zu strategisch und taktisch komplexen Stellungen, die gut vorbereiteten Spielern viele Gewinnchancen bieten. Auf diesem 60 Minutes zeigt der bekannte und erfolgreiche Trainer Adrian Mikhalchishin Eröffnungen mit frühem Qualitätsopfer. Diese Eröffnungen bereichern Ihr Repertoire, verbessern Ihr Schachverständnis und geben Ihnen die Möglichkeit, die Entwicklung moderner Schachtheorie zu verfolgen.

Kostenloses Videobeispiel: Introduction

Zielgruppe und Voraussetzungen

Die Erklärungen aus den Videos richten sich meines Erachtens an eine deutlich stärkere Zielgruppe, sofern man den maximalen Gewinn im Blick hat. Um das Thema Opfer zu verstehen, ist es wichtig, das Motiv eines Bauern-, Qualitäts-, Figuren- oder Damenopfers im materiellen Sinne als einen von vielen Stellungsfaktoren zu sehen, die sich im Laufe einer Partie verschieben. Hierfür benötigt es neben einem Überblick der verschiedenen Stellungsmerkmale auch ein Verständnis für die Wechselwirkung der einzelnen Faktoren, die im ständigen Mit- und Gegeneinander stehen.

Kostenloses Videobeispiel: Sacrificing a Pawn for Initiative

Nimmt man ein Bauernopfer in Kauf, um die eigene Entwicklung voranzutreiben oder um einen König an der Rochade zu hindern, so verschiebt man den Faktor Material für den der Königssicherheit bzw. der Entwicklung. Es entsteht Kompensation für das investierte Material. Das ist es auch, was ein Opfer von einem Patzer unterscheidet, da klare Kompensation angestrebt wird.

Die Kunst des Opferspiels liegt darin, den Gegenwert für das investierte Material richtig einschätzen zu können, sodass die Kompensation im Idealfall mindestens ausreichend ist. Das „perfekte Opfer“ sollte jenes sein, welches die Investition überkompensiert bzw. eine Transformation (Gewinnverwertung bzw. Gewinnumwandlung) des Vorteils in einen anderen erlaubt (z.B. bessere Leichtfigur, besseres Endspiel, etc.). Hier besticht der Kurs mit den Ausführungen und Analysen des Großmeisters, da diese Linie klar erkennbar wird.

Positionelle Qualitätsopfer gehören zu den wichtigsten und faszinierendsten strategischen Waffen im Schach. Auf dieser DVD erläutert Sergey Tiviakov, warum das positionelle Qualitätsopfer eine so starke Waffe ist und wie man es einsetzt.

Es ist jedoch auch eben diese für den Kurs benötigte Grundlage, die ihn sehr anspruchsvoll macht! Das öffnet den Fritz-Trainer somit ebenfalls einer Zielgruppe jenseits des Vereinsniveaus und macht ihn für verschiedene Spielstärken attraktiv. Hier sehe ich den größten Nutzen des Kurses, da die Erklärungen viele Einsichten in das Verständnis von Spitzengroßmeistern bieten.

Zusatzmaterial und praktische Hilfsmittel

Neben den Videolektionen enthält der Fritz-Trainer umfangreiches Zusatzmaterial:

  • Theoriekapitel mit Stichpunkten und Erklärungen
  • Übungsstellungen

Es ist gut, dass der Autor seine eigenen Partien zur Besprechung des Themas heranzieht, was für ein Verständnis und Erfahrung in diesem Stellungstyp spricht. Jedoch fällt die Zahl der Übungsstellungen etwas gering aus, wenn man bedenkt, wie der Kurs strukturiert ist. Bei fünf Kapiteln nur vier Übungsstellungen zur Verfügung zu stellen, ist etwas wenig und hier hätte es dem Kurs gutgetan, auch auf die Praxis anderer Spieler zurückzugreifen und dem Publikum Partiebeispiele zum besagten Thema zum Ausspielen mitzuliefern.

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Fazit: Ein starker Beitrag zu einem komplexen Thema

Mit „The Art of Sacrificing“ gelingt Krishnan Sasikiran ein guter Beitrag zur äußerst komplexen Thematik des Opferspiels im Schach, in denen man lernt, wie man die verschiedenen Stellungsmerkmale gegeneinander aufwiegt. Mit vielen Stichpunkten, die als Gedankenstütze während der eigenen Partien dienen, gibt der Kurs einen didaktisch gut aufgebauten und strukturierten Kurs, um Schritt für Schritt und mit langsam steigendem materiellem Risiko in die Thematik eingeführt zu werden. Die vorgeschlagene Spielstärke ergibt sich durch die Voraussetzungen, die dem Kurs zu Grunde gelegt werden müssen, um maximalen Nutzen herausziehen zu können.

Gesamtwertung: 4/5

Positiv:
✔ Ein komplexes Thema systematisch heruntergebrochen
✔ Klarer Aufbau des Kurses
✔ Erklärungen auf den Punkt gebracht
✔ Partiebeispiele aus der Praxis des Autors

Negativ:
– Für absolute Einsteiger ohne Überblick über die Stellungsmerkmale sehr schwierig
– Trainingsstellungen fallen viel zu kurz aus.

Zum Autor:

Krishnan Sasikiran ist ein indischer Schachgroßmeister und nach dem ehemaligen Weltmeister Vishy Anand der zweite Inder, der eine Elo-Zahl von 2700 erreicht hat. Seine höchste Elo-Zahl war 2720 (2012), womit er auf Platz 21 der Weltrangliste stand. Als Goldmedaillengewinner der Asienspiele 2006 und Bronzemedaillengewinner der Olympiade 2014 in Tromsø, Norwegen, war Sasikiran von 1998 bis 2022 einer der wichtigsten Spieler der indischen Nationalmannschaft und hat in mehr als zwei Jahrzehnten mehrere Medaillen für sein Land gewonnen. Er hat viele geschlossene und offene Turniere gewonnen und Vishy Anand als Sekundant bei seinen Matches gegen Magnus Carlsen 2013 (Chennai, Indien) und 2014 (Sotschi, Russland) unterstützt.

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Lukas Köpl, geboren 1989, ist ein leidenschaftlicher Vereins- und Turnierspieler, der mit aktiver Trainer- und Schiedsrichterlizenz seit mittlerweile über 15 Jahren erfolgreich als Schachtrainer tätig ist. Zu seinem erweiterten Themenfeld zählen journalistische Tätigkeiten für Schachzeitschriften und Verlage sowie die aktive Vereins- und Jugendarbeit. Als Schachspieler vertrat er über die Jahre in diversen Ligen bei mehreren Vereinen das Spitzenbrett.
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