ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024
ChessBase ist die persönliche Schach-Datenbank, die weltweit zum Standard geworden ist. Und zwar für alle, die Spaß am Schach haben und auch in Zukunft erfolgreich mitspielen wollen. Das gilt für den Weltmeister ebenso wie für den Vereinsspieler oder den Schachfreund von nebenan
Die folgende Rezension erschien zuerst bei Glarean Magazin.
Nachdruck mit freundlicher Genehmigung
Computer-Schach: Fritz 19 veröffentlicht (Chessbase)
Von Walter Eigenmann
Im Zwei-Jahre-Rhythmus veröffentlicht die in Sachen Schach-Software führende Hamburger Firma Chessbase abwechselnd ihre zwei bekanntesten Flaggschiffe: Die Datenbank Chessbase und das Turnier-/Analyse-Programm Fritz. Heuer war mal wieder Fritz an der Reihe, nun bereits in seiner 19. Version. Was hält diese in Schachspieler-Kreisen nach wie vor beliebte Software diesmal parat an Novitäten?
Angreifer, Feigling, Schwindler oder Endspiel-Zauberer: Ich zeig‘ Dir, wie man gegen jeden Typ gewinnt! Nach meinen WM-Siegen 2022 und 2023 bin ich amtierender Computerschach-Weltmeister und freue mich jetzt darauf, Dir zu zeigen, wie Du Deinem Gegenüber noch stärker begegnest. Mit meiner innovativen Trainingsmethode simuliere ich typische Spieler-Persönlichkeiten, die Du aus Turnieren und Onlineschach kennst: forsche Angreifer, vorsichtige Feiglinge, lahme Passivspieler, aber wie gewinnt man gegen sie? Dein Fritz zeigt Dir wie es geht! Und für schöne Angriffe, Kombinationen oder Opfer gibt es die neuen ChessBase Cards als Belohnung für Dich.
Die letzten drei Versionen zeigten immer stärker einen ganz bestimmten Trend der Fritz-Programmierer rund um Chessbase-Chef Matthias Wüllenweber: Weg vom Spitzen-Programm, hin zum Sparring-Partner. Denn in unseren aktuellen Engine-Zeiten, da die Freewares (wie z.B. Stockfish oder LeelaChess oder Berserk) die Kommerziellen (wie z.B. Dragon oder Fritz oder Shredder) bezüglich Spielstärke längst egalisierten oder teils gar deklassierten, besann man sich firmenstrategisch bei CB auf die Kernkompetenz von Fritz: Die Schach-Software soll nicht mehr Computer-Turniere gewinnen, sondern der großmeisterliche “Lehrer und Spielgefährte” des (Vereins-)Schachspielers sein.
Diese strategische Vorgabe ist folgerichtig in Fritz 19 erneut vorangetrieben worden: Kernstück der jüngsten Version sind nun sechs sog. “Spieler-Persönlichkeiten”: Wählt man auf dem Start-Screen die einzige Rubrik, die seit F18 geändert wurde, nämlich “Spielen” (gegenüber “Berührt/Geführt” in F18), kriegt man sechs Animal Personalitys sowie sechs Spielstufen zur Auswahl. Die Stärke-Klassen (vom Einsteiger bis zum GM) fanden sich schon in F18, neu stehen nun sechs verschiedene Tiere für ebenso viele gegnerische “Persönlichkeiten” zur Verfügung:
Fritz 19 - Persönlichkeiten und Spielstufen - Glarean Magazin
Der Hund – schachlich der Stärkste des Sextetts – symbolisiert einen “Allround-Gegner”, der Stier einen “Aggressiven Gegner”, der Fuchs ist ein “Schwindler”, die Eule steht für einen “Positionellen Gegner”, die Maus ist der “Ängstliche Gegner”, während die Schildkröte einen “Endspielkenner” meint. Mit diesen sechs Charakteren deckt die Software die wichtigsten Grundtypen der Schachspieler ab.
Wer gegen das Programm spielt, kann sog. “Trophäen” sammeln, insgesamt 136 an der Zahl. Trophäen-Gewinne führen ihrerseits zu Punkten: Eine “Bronze-Trophäe bringt einen Punkt, eine silbrige fünf Punkte und eine “Gold-Trophäe” zehn Punkte. Ab zehn Punkten erhält dann der Spieler sog. Sammelkarten, insgesamt lassen sich (pro CB-Account) 217 solcher in Haupt- und Unterserien organisierten Karten erspielen. Wen übrigens diese ganze Sammelkarten-Sache nicht interessiert, kann sie auf dem Chessbase-“Markt” für Dukaten tauschen oder verkaufen; Dukaten können beim Kauf neuer CB-Software angerechnet werden. Es wird interessant sein, zu beobachten, ob dieser ganze neue Karten-Dukaten-Markt von der User-Community akzeptiert und zu einem regen Kauf- und Tausch-Handel in der breiten Schachwelt führen wird.
Zurück zu den sechs “tierischen Persönlichkeiten”. Die Integration von Spieler-Typen in Schachsoftware ist ja nicht neu; erinnert sei nur z.B. an den legendären “Chessmaster“, der schon vor einigen Jahrzehnten eine ganze Palette solcher Charaktere zur Wahl anbot. Neu ist bei Chessbase aber nun, dass sie – basierend auf der aktuellen, von Frank Schneider programmierten Fritz-19-Engine – mittels KI-Algorithmen generiert wurden.
Fritz 19 - Personality-Game gegen den Schwindler-Fuchs - Glarean Magazin
Caro-Kann-Spiel gegen den schwindelnden Fuchs…
Die Frage ist also, in wie weit diese Personalitys tatsächlich dem propagierten Typus entsprechen. Hört bzw. liest man sich im Netz unter den bisherigen Anwender-Reaktionen (z.B. in einschlägigen Schach-Foren) rum, darf diese Frage mit ja beantwortet werden. Man ist einhellig der Meinung, dass die sechs Viecher – basierend auf Neuronalen Netzen – tatsächlich recht adäquat ihren jeweils deklarierten Spiel-Eigenschaften entsprechen. Eine differenzierte Einschätzung des Sextetts liefert beispielsweise Stefan Liebert in einer Rezension auf der Chessbase-Webseite.
In einschlägigen Schach-Foren wurde zuweilen kritisiert, dass die grafische Animation der Tiere einen “gequälten” Ausdruck anzeige, wenn sie auf Verlust stehen. Demgegenüber ist zu sagen, dass sie auch ein höhnisches und schadenfreudiges Grinsen zur Schau stellen, wenn sie am Gewinnen sind… 😉
Fritz 19 - Cover der Sammelkarten-Serie Chess-Art Pin-Ups - Glarean Magazin Das Pin-Ups-Deckblatt der 14-teiligen Sammelkarten-Serie “Chess-Art”: “Weibliches Selbstbewusstsein und die Kraft der Dame im Schach” |
Natürlich geht aber auch hier nichts über die persönliche Erfahrung; wer selber nacheinander gegen diesen Kleinzoo Partien spielt, findet bald heraus, welcher Sparring-Partner das eigene Spiel im Training voranbringen könnte. Auch der Schreibende hat etliche Schnellpartien gegen den “Hund” und Co. gespielt; die Realisierung der div. Typen ist wirklich verblüffend und erinnert durchaus an die Spielabende im eigenen Schachverein.
Differenziert geht u.a. der dt. Großmeister Karsten Müller in einem Chessbase-eigenen Youtube-Video auf die Spielweisen der neuen F19-Charaktere ein.
Als kleines Praxis-Exempel hier eine erste schnelle Bullet-Partie des Schreibenden (PGN-Download) gegen den “Ängstlichen Einsteiger”, inklusive die spätere, automatisierte Kommentierung durch die neue Fritz-19-Engine. (Natürlich wurde es alles andere als eine “fantastische” Partie, aber recht informativ bezüglich der fraglichen “Maus”; Der “Human-Touch” ist jedenfalls offensichtlich):
Features-Import aus Chessbase-17
Natürlich erhielt der neue Fritz noch ein paar weitere Novitäten verpasst. Die wichtigsten sind:
Auf noch weitere, eher kosmetische Programm-Änderungen sei hier nicht weiter eingegangen.
Vereinzelt wurden in div. Schach-Foren über Software-Probleme berichtet (Book-Handling, Zeit-Management, Analyse-Outputs, Online-Play-Probleme, Tablebase-Zugriff). Ich persönlich konnte hier – nach Installation des aktuellsten Updates Nr. 5 – keinen dieser “Bugs” bei F19 reproduzieren.
Die neue Fritz-Engine, programmiert von “Ginko”-Macher Frank Schneider und als Default-Motor mitgeliefert, ist durchaus einen näheren Blick wert. Obwohl, es sei vorweggenommen, der jüngste Fritz-Motor gegenüber dem Vorgänger sicher an Stärke zugelegt hat, darf man das diesbezügliche PR-Geklingel von Chessbase selber nicht so ernst nehmen. Denn zwar werben die Hamburger durchaus korrekt damit, dass Fritz nun “nach den WM-Siegen 2022 und 2023 der amtierende Schach-Computer-Weltmeister” sei. Aber wenn man weiß, dass an der letztjährigen WM in Valencia neben Fritz (alias “Ginkgo Valencia”) nur gerade drei weitere Programme – nämlich Arasan, Jonny und Stoofvlees – teilnahmen (überdies drei klar drittklassige Engines), dann relativiert sich dieser Titel doch erheblich…
Fritz 19 - Chessbase Screenshot des Online-Taktik-Trainings - Glarean Magazin
Die Chessbase-Online-Präsenz für das persönliche Taktik-Training
Im gleiche Atemzuge muss aber auch betont werden, dass auf extrem hohem Niveau gejammert wird, wenn man der neuen Fritz-Engine vorwirft, sie sei wieder nicht unter den Top-Ten des aktuellen Engine-Zirkus‘ zu finden (dort übrigens meist als “Gingko-Valencia” gelistet). Tatsächlich würde nicht nur Stockfish-16 (die aktuelle Nummer Eins unter den Engines), sondern auch Fritz-19 absolut jeden der menschlichen Weltklasse-Spieler – das Jahrhundert-Genie Magnus Carlsen eingeschlossen – in Grund und Boden spielen in einem regulären Match über 20 Turnier-Partien (und das ganz ohne Eröffnungs- und Endspiel-Datenbanken).
Das folgende Ergebnis eines kleinen Turniers – es ist statistisch natürlich nicht belastbar, spiegelt aber recht genau die Ergebnisse der “großen” Engine-Vergleiche wie z.B. CCRL wider – ordnet die Performance von Fritz-19 gegenüber den aktuellen Leadern ein. (Houdini – seinerzeit das führende Programm der Prä-NN-Zeit – zeigt als Letztplazierter drastisch auf, welche enormen Fortschritte die Schachprogrammierung in den letzten Jahren gemacht hat:
Fritz-19-Blitzturnier - Glarean Magazin
Das Turnier-Setting: Bedenkzeit=3min+2sec; PermanentBrain=On; Openings=Five-moves-Book; AMD-Ryzen9-5950x; 12 Threads/Engine; GUI=Fritz18; TB=Szyzygy-5-men
Hier lassen sich die Partien downloaden (PGN & CBV)
Insbesondere in taktischer Hinsicht scheint Fritz nochmals eine Steigerung erfahren zu haben. Zwei Beispiele:
In der folgenden, sehr komplexen Stellung ist 19.e4! der nachweislich beste Zug. Fritz-19 findet ihn bereits nach wenigen Minuten, die meisten anderen Programme tappen auch nach einer Viertelstunde noch im Dunkeln:
Neverov, V.
Brodsky, M.
Alusta 1994
19.cxd419…Bf620.d5Bxc321.Bxc3exd522.Bxa5dxc423.Bc3=19…Bxe420.d5exd521.Bxd5Bxd522.Qxe7=20.Ne521.fxe622.Kh8(Line):23.
In einer Partie J. Van Forrest gegen A. Giri 2022 erhielt Weiß die Chance zu einem wirkungsvollen Qualitätsopfer. Während die meisten modernen Engines auf 16. Sf3 beharren, spielt Fritz-19 in null-komma-null Sekunden das stärkere 16. Txf6!
VanForeest, J.
Giri, A.
Wijk Aan Zee 2022
16.gxf616…cxd417.Qg4+−17.Qc617…cxd418.cxd4Qd719.Nb3+−18.Qd619.Kh820.Bc821.
(In Original-Rezension wurde hier noch die Notation eines Blitz-Sieges von Fritz 19 gegen seinen Vorgänger Fritz 18 abgedruckt.)
Die Frage ist einfach zu beantworten: Wer nicht gegen Schachsoftware spielen mag und auch nicht Wert auf umfangreiche Online-Anbindungen oder auf computergesteuertes Schach-Training legt, der überspringe locker Fritz-19. Wer hingegen Fritz nach wie vor fürs ausgeklügelte Analysieren von Partien oder fürs Aufsetzen differenzierter Engine-Turniere benützen will, der kann sich Fritz-19 zulegen: Im Bundle u.a. mit einem brandneuen Eröffnungsbuch, einer aktualisierten Fritz-19-Datenbank sowie einem sechsmonatigen Premium-Account für die Plattform Playchess.com mag der Kaufpreis in Ordnung sein.
Ich persönlich hätte mir allerdings in Fritz-19 noch einige Wow-Momente mehr gewünscht; Von den neuen “Tier”-Charakteren mal abgesehen bietet der neue Fritz schlicht zu wenig wirklich Neues. Nach einer zweijährigen Entwicklungszeit durfte man stärkere Erweiterungen z.B. beim Turnier-Setting oder beim Stellungstest-Handling erwarten.
Aber zugegeben sei auch: Nach bald zwei Jahrzehnten ein mit Features eh schon vollgestopftes Programm immer noch spürbar und nachhaltig zu updaten ist keine leichte Aufgabe für ein Software-Haus. Umso interessierter sieht man nun der nächsten, der Jubiläums-Ausgabe dieses Klassikers entgegen…
Angreifer, Feigling, Schwindler oder Endspiel-Zauberer: Ich zeig‘ Dir, wie man gegen jeden Typ gewinnt! Nach meinen WM-Siegen 2022 und 2023 bin ich amtierender Computerschach-Weltmeister und freue mich jetzt darauf, Dir zu zeigen, wie Du Deinem Gegenüber noch stärker begegnest. Mit meiner innovativen Trainingsmethode simuliere ich typische Spieler-Persönlichkeiten, die Du aus Turnieren und Onlineschach kennst: forsche Angreifer, vorsichtige Feiglinge, lahme Passivspieler, aber wie gewinnt man gegen sie? Dein Fritz zeigt Dir wie es geht! Und für schöne Angriffe, Kombinationen oder Opfer gibt es die neuen ChessBase Cards als Belohnung für Dich.
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