Das Motto "Mia san mia" beschreibt sehr präzise das Selbstverständnis des
deutschen Rekordmeisters FC Bayern München, bei dem der Begriff "Erfolg" nämlich
ganz anders definiert wird als sonstwo. So verstand der damalige Bayerntrainer
Erich Ribbeck seinerzeit das bayrische Eigenverständnis nach dem Lesen der
Münchner Zeitungslektüre am Montag ziemlich schnell sehr genau und wusste der
Presse zu berichten, dass man es hier offenbar schon als kleine Krise ansieht,
wenn der Gegner über die Mittellinie kommt.
Felix Magath, nach seinem Erfolg mit dem VFB Stuttgart an die Isar geholt,
schaffte 2004/2005 das Double und verteidigte dies sogar in der folgenden Saison
- das war zuvor noch keiner Mannschaft gelungen. Doch das war zuwenig für
bayrische Verhältnisse. Denn zweimal schied Magath in der Champions League in
der frühen K.o-Phase aus und war dann sogar zeitweise in der Bundesliga auf
Platz vier abgerutscht. Der bekennende Schachfan wurde vorzeitig aus dem Vertrag
entlassen.
Nachdem man jüngst zweimal dem erhofften Gewinn der Champions League zwar
nahe kam, aber doch scheiterte - besonders bitter war die Niederlage vor zwei
Jahren im "Finale dohoam", trotz drückender Überlegenheit gegen Chelsea - und
nachdem Dortmund drohte, den Bayern den Rang abzulaufen, gab Sparfuchs Uli
Hoeneß nun seine Zurückhaltung in Bezug auf den Erwerb von Spielern endgültig
auf und man begann in Bayern zu klotzen.
So holte man zum Beispiel Mario Mandzukic als Ergänzung für Gomez, mit dem
man trotz 26 Bundesligatoren in der Saison 2011/12 und 12 Champions-League-Toren -
nur Messi war besser - irgendwie unzufrieden war und hatte mit Ersatzspieler
Claudio Pizarro einen der erfolgreichsten Stürmer der Bundesligageschichte
ebenfalls noch im Kader. Die vielleicht drei besten Mittelstürmer der Liga waren
den Bayern aber noch nicht genug und so bemühte man sich auch noch um
Lewandowski. 30 Millionen-Mann Gomez hat inzwischen die Flucht ergriffen. Dank
weiterer Neuzugänge wie Dante oder Martinez gewannen die Bayern unter Jupp
Heynckes nach zwei Jahren unseliger Vizemeisterschaften in der letzten Saison
endlich wieder die deutsche Meisterschaft mit 91 Punkten bei einem Torverhältnis
von 98:18 und nicht weniger als 25 Punkten Vorsprung. Im Halbfinale der Champion
League wurde der langjährige Platzhirsch des europäischen Fußballs, der FC
Barcelona, mit 7:0 nach Hin-und Rückspiel geradezu gedemütigt und anschließend
auch das Finale gegen Dortmund gewonnen. Der Sieg im Pokal war nur eine
Formsache.
Anderswo wäre man nach dem Gewinn dieses "Triples" vielleicht aus dem
Häuschen und würde sich auf den Lorbeeren ausruhen, doch in München denkt man an
die Zukunft und möchte den Erfolg zementieren. Mit Götze und Thiago Alcantara
holte man zwei Spieler, die die beste Mannschaft Europas tatsächlich noch
verstärken können, wobei man beim Wechsel von Götze in lieb gewonnener
Gewohnheit noch etwas beim ärgsten Bundesliga-Konkurrenten wildern konnte. Im
nächsten Jahr kommt ja auch noch Lewandowski.
Von Jupp Heynckes mussten die Bayern sich auch trennen. Der Erfolgstrainer
gab nicht rechtzeitig Signal, ob er verlängern will oder nicht. Und so
schnappten die Bayern sich Wundertrainer Pep Guardiola. "Pep" spricht auch
schon ganz gut deutsch und wird deshalb nicht das Schicksal von Giovanni
Trappatoni erleiden, der an mangelnden Sprachkenntnissen scheiterte. Der Spanier
wird in Bayern Wunder bewirken, da ist sich die deutsche Sportpresse in ihrer
Berichterstattung schon jetzt einig. Aber welche?
Was sind die Ziele des FC Bayern München? Dank seiner Verstärkungen wird
Bayern München in der kommenden Saison die Meisterschaft sicher mit einem noch
größeren Vorsprung verteidigen. Nur wenige Mannschaften werden es noch wagen,
die Mittellinie zu überschreiten. Es ist nicht auszuschließen, dass der Gewinn
der Schale schon bei Halbzeit der Saison feststeht. Könnte der FC Bayern München
mit seiner A- und mit ihrer B-Mannschaft an der Champions League teilnehmen, so
würde er sich im Finale vermutlich selbst gegenüber stehen. Oder man spielt mit
der einen A-Mannschaft in der Champions League und mit der B-Mannschaft in der
Bundesliga. Vielleicht plant der
intergalaktische Fußballbund aber auch eine interplanetarische Champions League,
von der wir noch nichts wissen,
und die Münchner bereiten sich schon auf die Auseinandersetzungen mit
vierfüßigen Aliens vor...
Was aber ist nun neu an Pep Gardioalas System? Was könnte er besser machen
als Jupp Heynckes? In einem Beitrag für Eurosport erklärt Experte Martí Perarnau,
wie Guardioala Anleihen beim, genau: Schach, nimmt. Die Doppelsechs, in
den letzten Jahren das Nonplusultra der Fußballtheorie, ist tot. Stattdessen
übernimmt Bastian Schweinsteiger als Zentralspringer die Rolle des Regisseurs
oder Spielmachers, wie man es auch mal nannte. Dazu gibt es aber auf den Außenpositionen
noch zwei starke Türme und zwei flinke Läufer.
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Von André Schulz