Galliamova nach Stichkampf russische Meisterin

von ChessBase
29.11.2010 – Vor der letzten Runden des Superfinales der russischen Frauenmeisterschaft hatten Alisa Galliamova, Nazi Paikidze und Tatiana Kosintseva mit je 6,5 Punkten die besten Chancen auf den Titel.  Galliamova und Kosintseva trennten sich überraschend schnell remis. Paikidze unterlag gegen Vera Nebolsina und war damit raus aus dem Rennen. Stattdessen zog Natalia Pogonina nach einem Sieg über Tatiana Shadrina, der erst nach sechs Stunden feststand, nach Punkten an der Spitze gleich und wies gegenüber T. Kosintseva sogar die bessere Zweitwertung auf, wodurch sie sich für den Stichkampf gegen Galliamova qualifizierte. Diesen entscheid Galliamova dann jedoch für sich und verteidigte damit ihren Titel. Anna Burtasova berichtet von den dramatischen Ereignissen der zweiten Turnierhälfte im Moskauer Zentralschachklub und dem spannungsgeladenen Turnierende.Turnierseite...Bericht, Bilder, Endstand, Partien...

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Alisa Gallimova gewinnt das Superfinale der Russischen Frauenmeisterschaften zum zweiten Mal in Folge
Die Entscheidung fiel in einem Entscheidungsmatch, da drei Spielerinnen nach dem regulären Turnier punktgleich an der Spitze lagen.
Bericht und Bilder von WGM Anna Burtasova


Die letzten beiden Runden zogen eine Menge Zuschauer an.


Der zweite Teil des Superfinales der Russischen Frauenmeisterschaften verlief dramatisch und spektakulär. Nadezhda Kosintseva, die ausgezeichnet ins Turnier gestartet war, durchlief eine Schwächephase und war beim Kampf um die Meisterschaft bald aus dem Rennen.


Einer der Zuschauer – ein treuer Fan der Kosintseva-Schwestern – überreichte Nadezhda ein von ihm gemaltes Porträt. Die ältere Schwester war über das Ergebnis der Partie enttäuscht, aber das hübsche Geschenk heiterte sie ein wenig auf.


Nadezhda Kosintseva als Gemälde

Anders ihre jüngere Schwester, die sich von einem schlechten Start erholte und danach keine einzige Partie mehr verlor.


Tatiana Kosintseva rettete sich in Runde Neun gegen Shadrina in einem schlechteren Endspiel ins Remis. In der vorhergehenden Runde hatte Kosintseva gegen Kosteniuk gewonnen. Die Frauenweltmeisterin hätte im 39. Zug ausgleichen können, aber übersah diese Möglichkeit in Zeitnot.

In der siebten Runde konnte sich Tatiana Kosintseva gegen Natalia Pogonina mit Mühe ins Remis retten. Mit einem kreativen Figurenopfer, dem sich ein Qualitätsopfer anschloss, brachte die mit Weiß spielende Pogonina ihre Gegnerin an den Rand einer Niederlage, aber ermüdet von den Berechnungen der vielen komplizierten Varianten willigte sie am Ende in einer Stellung, die man durchaus noch hätte weiter spielen können (und in der Pogonina zwar einen Turm weniger, aber dennoch Vorteil hatte!) ins Remis ein.


Anastasiya Bodnaruk verfolgt die Partie Pogonina – Tatiana Kosintseva, in der Weiß einen Turm geopfert hat!

Nazi Paikidze hatte Glück, gegen Olga Girya (deren Name auf manchen Webseiten mit „Kugelhantel“ übersetzt wurde, was zwar im Wortsinne richtig, aber moralisch fragwürdig ist – denn seit wann übersetzt man Nachnamen?) ins Remis entschlüpfen und die Führung behaupten zu können. Ihre Stellung war verdächtig, aber die Russin, die für den Schachverband Georgiens spielt, verteidigte sich gut und rettete einen halben Punkt.

Alisa Galliamova gewann gegen Bodnaruk und nachdem sie nach sieben Runden gemeinsam mit Pogonina auf dem zweiten Platz gelegen hatte, begann sie damit ihren Schlussspurt an die Spitze der Tabelle.

In der nächsten Runde gewann sie gegen die Tabellenführerin Paikidze. Bis ganz zum Schluss hätte Paikidze, die mit Turm und Bauern gegen das Läuferpaar spielte, Remis halten können, einmal sogar einzügig, aber übersah in Zeitnot die Rettungsmöglichkeiten.

In Runde 9 gelang Galliamova dann noch ein weiterer Sieg – dieses Mal gegen Vera Nebolsina – und damit setzte sie sich an die Spitze des Feldes.


Alisa Gallimova gewinnt in Runde Neun.

Zweite war Paikidze mit 6 Punkten.


Nazi Paikidze gibt dem russischen Sportkanal ein Interview.

Es schien, als sollte die Titelverteidigerin keine große Mühe mehr haben, auch dieses Jahr Russische Meisterin zu werden, aber wie in einem guten Krimi geschahen nach ruhigem Auftakt unerwartete Dinge. In Runde 10 ging alles drunter und drüber. Alisa Galliamova verlor mit Schwarz gegen Valentina Gunina, die schlecht ins Turnier gestartet war, aber im zweiten Teil wieder zu gewohnter Form fand.


Valentina Gunina verteilt ein Autogramm nach ihrem Sieg gegen Galliamova, der die Meisterschaft spannend hielt.

Diese Partie wurde durch die Nicht-Remis-Regel, in bei diesem Turnier angewandt wurde, beeinflusst. Zunächst schien es, als müsste man die Frauen gar nicht zwingen, Remisangebote durch den Schiedsrichter zu unterbreiten – denn die Mädels wollten ja ohnehin kämpfen, aber ohne diese Regel wäre das gesamte Finale vielleicht anders verlaufen! Nach 24… Le7 ging Alisa Galliamova zum Hauptschiedsrichter Bolotinsky, um die Erlaubnis einzuholen, ihrer Gegnerin Remis anzubieten. “Ich ging ans Brett, um mir die Stellung anzuschauen. Galliamova hatte einen Bauern mehr, aber die Partie enthielt noch jede Menge Leben, also akzeptierte ich das Remisangebot nicht”, erklärte der Schiedsrichter nach der Partie. Objektiv gesehen muss man sagen, dass Galliamova trotz des Mehrbauern schlechter stand, also hätte Gunina vielleicht ohnehin kein Remis angenommen, aber wer weiß, wer weiß… Wie auch immer, in der Partie brach Schwarz in wenigen Zügen zusammen und verlor erst einen Bauern und dann die Partie.

Damit wurde Galliamova von Tatiana Kosintseva, die gegen Olga Girya gewann, und auch von Nazi Paikidze eingeholt, die mit Minusbauern gegen Nadezhda Kosintseva Remis halten konnte.

Hinter dem Führungstrio mit 6,5 Punkten lag Natalia Pogonina mit 6 Punkten auf der Lauer. Theoretisch hatte sie ebenfalls noch Chancen auf eine Medaille. Die letzte Runde dieses hart umkämpften Frauenturniers hätte dann spannender nicht sein können!

Galliamova hatte Weiß gegen Tatiana Kosintseva, Paikidze hatte Weiß gegen Nebolsina und Pogonina spielte mit Schwarz gegen Shadrina.

Als man sie am Abend zuvor nach dieser entscheidenden Partie fragte, antwortete Kosintseva wiederholt, dass sie sich auf diese Partie wie auf jede andere vorbereiten würde, und dass es zu einem ernsthaften und interessanten Kampf kommen würde. Tatsächlich dauerte die Partie nur 18 Züge. Dieses Mal fand Galliamova eine Zugwiederholung und dagegen konnte der Schiedsrichter nichts einwenden. Anschließend gingen die beiden Führenden in den Ruheraum, um die anderen Partien zu verfolgen.


Nadezhda Kosintseva verteilt ein Autogramm auf dem Programmheft des Superfinales.


Dann ist ihre Schwester Tatiana an der Reihe.

Das Schicksal der Meisterschaft lag in den Händen von Paikidze. Mit einem Sieg wäre sie alleinige Erste gewesen. Aber sie war nervöser denn je, machte ein paar Fehler und verlor schnell. Diese Niederlage kostete sie nicht nur die Goldmedaille, sondern überhaupt alle Medaillen! Am Ende landete Paikidze auf dem undankbaren vierten Platz.

Großen Kampfgeist zeigte Pogonina, die nach sechs Stunden gegen Shadrina gewann. Am Ende zeigte sie gute Technik, als sie das Endspiel Dame gegen Turm langsam und umsichtig zum Gewinn führte.


Direkt nach dem Sechs-Stunden-Sieg gegen Shadrina, mit dem sich Pogonina für das Tie-Break-Match qualifizierte. Natalia und ihr Mann Petr Zhdanov.

Damit teilten sich drei Spielerinnen mit je 7 Punkten die Plätze 1 bis 3 – Tatiana Kosintseva, Alisa Galliamova und Natalia Pogonina.

Den Regeln zufolge mussten die beiden Erstplatzierten ein Entscheidungsmatch über den Titelgewinn austragen. Über den dritten Platz entschied die Sonneborn-Berger Zahl. Hier erwischte es Tatiana Kosintseva, die zur Bronzemedaillegewinnerin erklärt wurde.

Nach einer Stunde Pause begann der Entscheidungswettkampf zwischen Galliamova und Pogonina noch am gleichen Abend.


Kurz vor Beginn der zweiten Tie-Break-Partie, der letzten Partie der russischen Frauenmeisterschaft.

Gespielt wurden zwei Partien mit einer Bedenkzeit von 15 Minuten für die ganze Partie plus 10 Sekunden Zeitaufschlag pro Zug. Sollte danach noch keine Entscheidung gefallen sein, standen Blitzpartien auf dem Programm, und sollten die keine Siegerin bringen, wäre es zum Armageddon gekommen.

Aber nach der langen Partie, die Pogonina gespielt hatte, war sie zu müde. In der ersten Partie konnte sie noch knapp entkommen, aber in der zweiten verlor sie mit Weiß ohne viel Gegenwehr.

Alisa Galliamova, die nach 2009 zum zweiten Mal in Folge Russische Meisterin geworden war, erklärte, ganz glauben konnte sie das erst, als sie den Pokal in Händen hielt, aber dass sie schon drei Runden vor Schluss, als sie die Tabellenführung übernommen hatte, vom Sieg im Superfinale geträumt hatte.

 

 

Stichkampf:

 

 

Der Raum mit dem großen Monitor ist während des Entscheidungswettkampfs gedrängt voll.

Großmeister Eugeny Bareev kommentierte die laufenden Partien mit Humor und Leichtigkeit.

Unterstützt wurde er dabei von Aleksandra Kosteniuk. Die Zuschauer konnten ebenfalls Züge vorschlagen und das machte das Ganze zu einer aufregenden interaktiven Show.


Pokale und Blumen warten auf die Siegerinnen.


Händeschütteln nach dem Match.

16 Die Drittplatzierte, Tatiana Kosintseva, die russische Meisterin Alisa Galliamova und die russische Vize-Meisterin Natalia Pogonina.


Die Spielerinnen mit Arkady Dvorkovich, dem Vorsitzenden der Aufsichtskommission des Russischen Schachverbands und dem Präsidenten des Russischen Schachverbands, Ilya Levitov.


Zwei Mal in Folge russische Meisterin!


Natalia Pogonina mit ihrem einjährigen Sohn Nikolay und Vera Nebolsina.

 

 

 

 


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