Gareyev übernimmt die Führung bei der OIBM

von ChessBase
01.11.2019 – In der 6. Runde der Offenen Internationalen Bayerischen Schachmeisterschaft (OIBM) hat der Amerikaner Timur Gareyev (auf dem Foto rechts) das Spitzenspiel gegen den Ukrainer Vitaliy Bernadskiy für sich entschieden. Den Platz an der Tabellenspitze muss sich Gareyev aber zunächst mit Sergei Azarov aus Weißrussland teilen: Beide Spieler haben 5,5 Punkte auf dem Konto. | Fotos: Thomas Müller

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Pressemitteilung/ Conrad Schormann

23. Offene Internationale Bayerische Schachmeisterschaft

Runde 6, 31. Oktober 2019

Fotos von Thomas Müller

Seine Führung währte nur einen Tag. Nachdem Vitaliy Bernadskiy gestern erst die Tabellenspitze erklommen und dann das abendliche Blitzturnier gewonnen hatte, verlor er heute mit Schwarz gegen Timur Gareyev erst den Faden und dann die Partie.

Nun liegt US-Boy Gareyev mit 5,5/6 vorn – gemeinsam mit dem Weißrussen Sergei Azarov, der sich gegen Leon Mons durchsetzte. Zehn Spieler mit 5/6 sitzen den beiden Führenden im Nacken. Sollte die Siebtrundenbegegnung Gareyev-Azarov einen Sieger hervorbringen, das könnte schon eine Vorentscheidung sein.

 

Wieso bei Weiß schon das eine oder andere entwickelt ist, während bei Schwarz alles auf den Ausgangsfeldern steht? Weil Schwarz den 3…Dd8-Skandinavier gespielt und schon zwei Mal mit der Dame gezogen hat. Und das lief bis weit ins Mittelspiel ziemlich gut. Am Ende aber setzte sich Sergei Azarov durch. Nun teilt sich der Weißrusse die Tabellenspitze mit Gareyev, der ihm heute gegenübersitzt.

 

Gata Kamsky (links) am Brett, vor ihm ein London System, Standard. Und doch verkehrte Welt: Sandipan Chanda konfrontiert den ehemaligen WM-Finalisten mit „dessen“ Eröffnung.

 

Luis Engel (rechts) hat seine Drittrundenniederlage längst weggesteckt. Mit diesem Sieg in der sechsten Runde setzte er sich mit 5/6 an die Spitze der U18-Wertung. Nach Turnierleistung steht er jetzt bei 2538 und damit schon wieder über Soll.

 

Wird das Rennen um den Frauenpreis ein Zwei- oder ein Vierkampf? Noch ist das offen.

Olga Badelka hat in der sechsten Runde mit einem Sieg zu Padmini Rout aufgeschlossen, die mit einem schönen Figurenopfer auch in Richtung voller Punkt marschieren wollte, aber letztlich froh sein kann, dass sie mit einem halben davonkam.

 

Luis Engel (17) – in sechs Monaten zum GM-Titel: „Bin überrascht, wie gut das lief“

Glückwunsch! Großmeister mit 16, das ist ´ne Hausnummer. Fühlt sich jetzt irgendetwas anders an als vorher?

Bis jetzt habe ich bei Turnieren immer die GM-Norm als Ziel gehabt. Dieses Turnier ist jetzt das erste, in dem ich keine mehr brauche. Ich muss mir wohl neue Ziele suchen.

Hast du dich unter Druck gefühlt, je näher du dem Ziel GM-Titel kamst?

Überhaupt nicht. Mein Ziel für das Jahr war ja eigentlich nur, eine GM-Norm zu machen. Dann wurden es gleich drei binnen sechs Monaten. Ich bin selbst überrascht, wie gut das lief.

Insgesamt ein sensationelles Jahr für dich. GM-Titel, Deutscher Meister, Europameister.

Na ja, Mannschaftseuropameister. Die Einzel-EM lief eher unglücklich.

Hast du dich dort als Favorit gesehen? Das war ja schon ein sehr starkes Feld an der Spitze.

Trotzdem war ich am Ende ein wenig enttäuscht. In der letzten Runde hätte ich mit einem Sieg Zweiter werden können, die Partie lief gut, ich war nahe am Gewinn – und habe noch verloren. So wurde ich Achter oder Siebter, auch nicht so schlecht natürlich, aber es wäre halt mehr drin gewesen.

Du suchst „neue Ziele“ hast du gesagt. Was könnten Ziele sein? Über dem Großmeistertitel kommt ja nicht mehr viel.

Mal schauen. Ein paar Elopunkte würde ich gerne noch gewinnen. Als konkretes Ziel fällt mir die U18-Weltmeisterschaft nächstes Jahr ein, die darf ich noch einmal mitspielen. Da würde ich gerne eine Medaille holen…

…und dann tritt Schach in den Hintergrund, weil du dein Abi baust?

Ja. Danach wahrscheinlich ein Jura-Studium. Ich kann jetzt noch nicht abschätzen, wie viel Zeit mir dann für Schach bleiben wird.

Welchen Anteil hat dein Verein in Hamburg an deinem schachlichen Aufstieg?

Einen riesigen. Der HSK ist einer der Vereine mit der besten Jugendarbeit in Deutschland, vielleicht derjenige mit der besten. Das macht unheimlich viel aus und ist auch der Grund dafür, warum bei uns so viele junge Leute sind. Die Förderung ist extrem gut. Ich zum Beispiel habe Training mit Großmeister Karsten Müller bekommen, dazu kam mit Felix Meißner ein persönlicher Trainer. Felix hat seinerzeit sein Freiwilliges Soziales Jahr beim HSK gemacht. Das Einzeltraining hat mir unheimlich geholfen, das bringt viel mehr als Gruppentraining, weil der Trainer seine Inhalte individuell zuschneiden und das Training persönlicher gestalten kann.

Felix führt dein Schachblog „Luis wird Weltmeister“. Kann das weiter so heißen?

Der Titel ist aus einem Scherz heraus entstanden, damit kann ich gut leben. Felix hat das Blog eingerichtet, als ich neun war und meine erste U10-Weltmeisterschaft gespielt habe. Damals war ich irgendwo im Mittelfeld gesetzt, Nummer 70 oder so. Wir haben beide nicht erwartet, dass es so gut weiterläuft.

Gab es einen Punkt, an dem dir klargeworden ist, dass du ein Ausnahmetalent bist?

Ich bin ja recht spät in einen Verein gegangen, mit acht oder neun Jahren erst. Als ich dann in der U12-Altersklasse gespielt habe, hatte ich schon eine ziemlich gute Zahl. Da deutete sich an, dass Schach und ich wohl ganz gut zusammenpassen.

Du warst Deutscher Meister U12 und hast in den Jahren danach reihenweise Deutsche Meisterschaften gewonnen.

So viele waren das gar nicht. Einzelmeisterschaften nur drei: U12, U14 und jetzt U18. In der U16 hat es zwei Mal nicht gereicht. Einmal, weil ich in der letzten Runde eine Qualität eingestellt und verloren habe, einmal, weil David Färber am Ende punktgleich mit besserer Wertung dastand.

Also gibt es auf nationaler Ebene durchaus Jugendliche auf Augenhöhe? Deutsche Meisterschaft ist kein Selbstläufer für dich.

Nach Rating bin ich eigentlich immer Favorit. Trotzdem sind Deutsche Jugendmeisterschaften sehr schwierig, weil sich alle gut auf mich vorbereiten. Außerdem sind Jugendspieler tendenziell eh besser als ihre Zahl. Bei so einem Turnier kann alles passieren.

Dann gibt’s noch den Bayern-München-Effekt: Wenn es gegen Luis Engel geht, kniet sich jeder besonders rein.

Das merke ich an der guten Vorbereitung der Gegner. Die Eröffnungen sind bei Deutschen Meisterschaften mitentscheidend. In der letzten U16-Meisterschaft zum Beispiel habe ich vier Remisen abgegeben, weil die Leute mit Weiß extrem trocken gespielt haben. Und wenn Weiß in erster Linie nichts anbrennen lassen will, wird es schwierig. Ich bin dann gezwungen, Risiken einzugehen, um Gewinnchancen zu kreieren.

Was führt dich an den Tegernsee? Der liegt ja nicht gerade am Alsterufer.

Acht Stunden mit dem Zug! Aber Sebastian war bei uns in Hamburg, hat dort Freunde getroffen, und mich bei der Gelegenheit eingeladen. Und es ist ja ein tolles Turnier, viele interessante Spieler, also, warum nicht?

Was erwartest du sportlich?

Eigentlich wollte ich hier meine dritte Norm machen, aber die habe ich ja schon. Jetzt kann ich frei drauflos spielen. Weit vorne landen würde ich gerne.

Im Duell gegen Timo Küppers, einen anderen Youngster, hast du dir früh im Turnier eine Null eingehandelt, obwohl es lange gut für dich aussah.

Er hatte ja sogar Glück, dass er noch weiterspielen konnte. Wir hatten beide dieselbe Variante gerechnet, aber Timo hat erst später gemerkt, dass sie für mich gewinnt. Und dann hat er noch eine Ausrede gefunden. Ich stand dann zwar immer noch besser, aber die Verwicklungen waren nicht so klar und haben mich viel Zeit gekostet. Als sich die Partie drehte, hat er einfach sehr stark gespielt und mir keine Chance gelassen.

Passiert.

Ja. Und danach habe ich gleich wieder gewonnen, ich bin fast wieder im Soll.

Indien ist die am zweitstärksten vertretene Nation hier. Wie siehst du die Entwicklung dort?

Schon enorm, diese vielen sehr jungen sehr starken Spieler. Wahrscheinlich hängt das damit zusammen, dass diese Jungs sich früh auf Schach als Karriereoption fokussieren können. Das führt dann zu einer Entwicklung, wie wir sie hier gleich in der ersten Runde gesehen haben: ein Zwölfjähriger, gar nicht einmal aus der ersten Reihe, der Gata Kamsky ein Remis abnimmt. Und beim Hamburger SK haben wir ja gerade Nihal Sarin für die Bundesliga verpflichtet.

Kennst du ihn?

Nicht näher, aber ich bin ihm begegnet, als ich vor drei Jahren bei ChessBase ein Praktikum gemacht habe. Wir haben ein paar Blitzpartien gespielt, was soll ich sagen, ich hab‘ chancenlos verloren.

Rating- und Jugend-, Seniorenpreise – der Zwischenstand

Überall ist alles offen. Aber während in den Ratinggruppen und bei den Senioren die Spieler gleich dutzendweise nahe beieinander liegen, haben sich in allen Jugend-Altersgruppen jetzt erstmals einzelne Spieler einen Vorsprung vom Feld erarbeitet.

In der U16 führt Ruben Gideon Köllner mit 4,5/6, in der U18 Luis Engel mit 5/6.

Interessant ist die Gemengelage in der U14:

Der in der U14 führende Gukesh ist nominell stärker als alle Spieler in der U16 und in der U18. Insofern sollte man meinen, dass es in dieser jüngsten Altersklasse einen einsamen Alleingang gibt. Aber dem ist nicht so, ein 800 und ein 550 Elo schwächer bewerteter Spieler sind dem indischen Jung-GM auf den Fersen. Ob Patrik-Robert Maruntis und Jakub Seemann die U14 spannend halten können?

Die Jüngste 7, der Älteste 89

Turnierdirektor Sebastian Siebrecht bat vor der sechsten Runde Greta Grunert (7) und Hans-Ludwig Ellmaier (89) zu sich. Beide bekamen einen Preis, gestiftet vom Hause ChessBase.

Greta und Hans-Ludwig repräsentieren die Verbindung zwischen den Generationen, für die Schach steht: sie als jüngste, er als ältester Teilnehmer der 23. OIBM.

Turnierküken Greta Grunert (7)

Turniersenior Hans-Ludwig Ellmaier (89)

Tabelle nach der 6. Runde

Rg. Snr   Name Land EloI Pkt.
1 6 GM Azarov Sergei BLR 2586 5,5
2 5 GM Gareyev Timur USA 2591 5,5
3 9 GM Idani Pouya IRI 2568 5,0
4 10 GM Bernadskiy Vitaliy UKR 2554 5,0
5 8 GM Peralta Fernando ARG 2569 5,0
6 2 GM Eljanov Pavel UKR 2663 5,0
7 3 GM Demchenko Anton RUS 2655 5,0
8 14 GM Sandipan Chanda IND 2529 5,0
9 29 GM Womacka Mathias GER 2436 5,0
10 21 GM Korneev Oleg ESP 2504 5,0
11 22 IM Krzyzanowski Marcin POL 2500 5,0
12 19 IM Engel Luis GER 2507 5,0
13 24 IM Yankelevich Lev GER 2480 4,5
14 4 GM Sethuraman S.P. IND 2624 4,5
15 18 GM Asadli Vugar AZE 2513 4,5
16 11 GM Mons Leon GER 2552 4,5
17 20 GM Vetoshko Volodymyr UKR 2506 4,5
18 35 IM Meins Gerlef GER 2415 4,5
19 23 GM Del Rio De Angelis Salvador G. ESP 2491 4,5
20 16 GM Prusikin Michael GER 2521 4,5
21 7 GM Santos Latasa Jaime ESP 2580 4,5
22 17 GM Gukesh D IND 2520 4,5
23 33   Zajogin Alexander BLR 2426 4,5
24 1 GM Kamsky Gata USA 2685 4,5
25 45 FM Hess Max GER 2373 4,5

... insgesamt gut 500 Teilnehmer

Partien

 

Turnierseite

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Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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