Gerhard Hund verstorben

von André Schulz
24.06.2024 – Als Mathematiker und Informatiker war Gerhard Hund ein Pionier der Datenübertragung und Computervernetzung, aber auch für die Internet-Schachberichterstattung. Selber ein starker Spieler, war er einer der ersten, der ein Fernschachturnier im Internet organisierte und tagesaktuelle Berichte über Schachturneire auf einer eigenen Webseite veröffentlichte. Sein vier Töchter spielten alle Schach, am erfolgreichsten Barbara Hund. Gerhard Hund starb am 21. Juni Im Alter von 92 Jahren. | Foto: Ingrid Schulz

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Gerhard wurde am 4. Februar 1932 als Sohn des Physikers Friedrich Hund (1896-1997) und der Mathematikerin Ingeborg Seynsche (1905-1994) geboren. Gerhard Hunds Vater Friedrich Hund war Professor für Physik in Rostock und Leipzig, nach dem Krieg in Frankfurt, an der University of Maryland und in Göttingen. Er leistete bedeutende Beiträge in der Atomphysik und pflegte enge Kontakte unter anderem zu Werner Heisenberg, Max Born und Carl Friedrich von Weizsäcker. 1951 verließ Friedrich Hund aus politischen Gründen die DDR und zog mit seiner Familie in die BRD. Gerhard Hunds Mutter Ingeborg Seynsche, Tochter eines Professors, war die erste Frau, die an der Universität in Göttingen mit einem mathematischen Thema promovieren konnte. Nach ihrer Heirat mit Friedrich Hund 1931 stellte sie ihre wissenschaftliche Karriere zugunsten der Familie ein. Das Paar hatte sechs Kinder, von denen Gerhard Hund das älteste war.

Nach dem Krieg begann Gerhard Hund mit dem Schachspielen und trat mit einem Schulfreund in einen Schachverein ein, wurde rasch zu einem guten Turnierspieler und nahm im Sommer 1949 noch an den Ostzonen-Jugendmeisterschaft teil. Nach dem Abitur am Humanistischen Gymnasium in Jena, begann Gerhard Hund 1950 an der örtlichen Universität ein Mathematikstudium, das er nach dem Umzug der Familie in die Bundesrepublik Deutschland in Frankfurt fortsetzte und 1955 mit Diplom abschloss. Danach arbeitete er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter mit Lehrauftrag zum Thema Programmieren am Institut für Praktische Mathematik an der TH Darmstadt. 1961 wechselte er zu Bayer Leverkusen und wurde Fachbereichsleiter für Informatik und Systementwicklung. 

Noch während seines Studiums hatte Gerhard Hund seine spätere Frau Juliane Meyer (1928-1999) kennengelernt, die an der Universität Frankfurt eine Schachgruppe gegründet hatte. Das Paar heiratete 1957. Juliane Hund nahm wie Gerhard Hund regelmäßig an Schachturnieren teil, wurde 1959 Zweite bei den Deutschen Damenmeisterschaft. Nach der Geburt ihrer Kinder spielte sie vor allem Fernschach und gewann noch 1999, kurz vor ihrem Tod, die 1. Europa-Fernschachmeisterschaft der Frauen. 

Gerhard Hund hatte seine beste Zeit als Schachspieler Ende der 1950er/ Anfang der 1960er Jahre. 1960 wurde Pokalsieger von Hessen, geteilter Erster bei der Hessenmeisterschaft und 1964 mit der Mannschaft von Porz Zweiter bei der Deutschen Mannschaftsmeisterschaft. Seine damalige Wertungszahl von 52 Ingo entspricht heute etwa 2420 Elo. 

Beide, Juliane und Gerhard Hund, erwarben große Verdienste bei der Jugendförderung und wurden dafür mehrfach ausgezeichnet. Gerhard und Juliane Hunde begründeten mit ihren Kindern und Enkelkindern aber auch selber eine Art Schachdynastie. Ihre älteste Tochter Susanne (geb. 1958) spielte zahlreiche Turnier und war auch als DSJ-Mädchenreferentin aktiv. Die zweite Tochter Barbara (geb. 1959) wurde Nationalspielerin und war die erste westdeutsche Großmeisterin (WGM). Auch Isabel (geb. 1962) und Dorothee (geb. 1964) spielten Turnierschach. Die Enkeltochter Sarah (geb. 1998) setzt die Tradition in der nächsten Generation fort.

Als Computerspezialist war Gerhard Hund schon sehr früh im Bereich der Schachinformation aktiv. Schon lange vor der Veröffentlichung des Internetz beschäftigte er sich mit der Datenfernübertragung und dem Aufbau von Computernetzen. Nach seiner Pensionierung 1995 beschäftigte er sich mit dem Online-Schach, organisierte die ersten Internet-Fernschachturnier und begründete die Seite Teleschach, die er bis 2022 mit einer Vielzahl von Fotos, Daten und Berichten noch bis 2022 regelmäßig aktualisierte.

Von März 1997 bis Sommer 2005 betreute Gerhard Hund die offiziellen Webseiten der Deutschen Schachjugend im Deutschen Schachbund. Ab 1998 berichtete er tagesaktuell über die Deutsche Schachbundesliga. Dazu fuhr zu den Wettkämpfen, schrieb auf seinem Notebook die Berichte und übertrug sie mit Hilfe eines Handys auf seine Internetseiten.

Gerhard Hund hat unzählige Schachturniere und Wettkämpfe besucht und eine Vielzahl von Fotos und Berichten auf seiner Seite Teleschach, aber auch für Artikel in der Wikipedia zur Verfügung gestellt. Gerhard Hund hat in der Wikipedia etwa 4000 Fotos aus seinem Archiv veröffentlicht. Dort findet man auch detaillierte Informationen und viele Fotos zum Leben seiner Eltern und seiner Familie.

Fast bis zum Ende seines Lebens versorgte er seinen großen Freundeskreis auf seiner Facebookseite mit Informationen, Nachrichten und Bildern. Sein letzte Eintrag ist vom 8. Juni 2024 datiert und lautet. "Ich liege im Krankenhaus". Gerhard Hund starb am 21. Juni 2024. Er wurde 92 Jahre alt

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Interview beim Deutschen Schachbund (2021)...


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.