Das Interview erschien in
Nachdruck mit freundlicher Genehmigung
Mit Schrippenschach gegen die
Globalisierung
Kampfboote gegen
Brötchen: Eine Installation aus ungewöhnlichem Material soll die
Globalisierung und deren Folgen anprangern. Im Interview für die
Tageszeitung „Neues Deutschland“ (ND) erläutert der Künstler ALFONS KÖRBEL
(64), ein pensionierter Kunsterzieher aus dem westfälischen Schöppingen bei
Münster, das Werk "Global Schach" dem Autor DR. RENÉ GRALLA.
Foto: Rüdiger Wölk
ND: In Ihrer Installation
treffen dunkle Holzschiffe auf Schrippen und Brotlaibe ...
ALFONS KÖRBEL: ... und die
schwarzen Felder sind die genormten Platten aus anthrazitfarbenem Beton, den
Sie von Bürgersteigen kennen. Während ich die weißen Felder mit
Weizenkörnern aufgeschüttet habe.
ND: Lässt sich das auch
spielen?
KÖRBEL: Das ist nicht
meine primäre Intention, aber grundsätzlich ist das möglich. Denn ich
verwende ja Brote in unterschiedlichen Größen, zum Beispiel sind die Bauern
getrocknete Brötchen.
ND: Und wie erkennen wir
Dame und König?
KÖRBEL: Die Dame ist ein
zartes Weißbrot, den König symbolisiert ein Laib Mischbrot.
ND: Das ist Ihr Beitrag
zur Globalisierungskritik ...
KÖRBEL: ... Schiffe tragen
Entdecker und Kolonisatoren um die Welt. Und dort, wo die Eroberer landen,
plündern sie die Reichtümer. So dass den betroffenen Menschen die
Lebensgrundlage entzogen wird.
ND: Sie meinen damit nicht
nur die Vergangenheit, sondern auch die Gegenwart ...
KÖRBEL: ... die
Globalisierung von heute ist bloß ein anderes Wort für Kolonialismus.
ND: Warum haben Sie
ausgerechnet Schach als Leitmotiv gewählt?
KÖRBEL: Zwei Könige wollen
ihre Territorien ausweiten, alles dreht sich um Herrschaft und Macht. Ich
finde, das ist ein ausgezeichnetes Bild und bringt die Verhältnisse auf den
Punkt.
ND: Ihre schwarze Armada
lässt den Verteidigern keine Chance ...
KÖRBEL: ... die Brot-Seite
repräsentiert jene Länder, die seit Jahrhunderten ausgebeutet werden. Das
darf nicht länger hingenommen werden, das möchte ich den Betrachtern klar
machen.
ND: Dass ein Kreativer
derart explizit Position bezieht, ist im durchkommerzialisierten
Kunstbetrieb der Gegenwart leider zur Ausnahme geworden.
KÖRBEL:
"Drei-Klassen-Gesellschaft" heißt ein anderes Objekt, das ich bereits vor
einiger Zeit geschaffen habe. Drei Steinplatten sind übereinander
geschichtet, ein Baumstamm hält sie zusammen wie ein großer Dübel. Das Holz
ist jedoch vergängliches Material, sobald es zerfällt, kollabiert die
Konstruktion. Der Baumstamm ist meine optische Metapher für jene Schicht der
Gesellschaft, die alle Lasten trägt. Ich weiß, dass meine
Möglichkeiten begrenzt sind, mit meiner Arbeit Veränderungsprozesse im
öffentlichen Bewusstsein in Gang zu setzen. Trotzdem stecke ich nicht auf.
ND: Immerhin können Sie
Ihre Gedanken aussäen wie Körner, die irgendwann keimen und Früchte
tragen. Offenbar nicht von ungefähr sind Weizenkörner ein wichtiges Element
Ihrer Schachinstallation ...
KÖRBEL: ... das ist ein
schöner Brückenschlag. Ich hoffe, dass sich irgendwann etwas zu bewegen
beginnt.
ND: Indem Sie Ihre Haltung
über den Umweg Schach den Menschen nahe bringen, zeigen Sie, dass dieses
Spiel kein weltabgewandter Zeitvertrieb bleiben muss, sondern sogar ein
politisches Statement sein kann ...
KÖRBEL: ... das ist mein
Anliegen.
ND: Werden Sie Ihr "Global
Schach" auch während der kommenden Denksportolympiade im November 2008 in
Dresden ausstellen?
KÖRBEL: Ich freue mich auf
einen Anruf vom Organisationskomitee.
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Weitere Informationen zu
"Global Schach" direkt bei: Alfons Körbel, Tel.: 02545 / 15 15; Email:
Alfons.Koerbel@t-online.de; Website:
http://www.koerbel-kunst.de/