GM Petro Golubka Sieger des Echternacher Open 2024

von Gerd Densing
20.06.2024 – Der früher Weltklasse Großmeister und WM-Kandidat Ulf Andersson startete beim Echternacher Open am besten, verlor aber aber zum Ende des Turniers an Energie und Konzentration. So konnte der ukrainische Großmeister Petro Golubka das Traditionsturnier für sich entscheiden. Gerd Densing berichtet aus Luxemburg.| Fotos: Gerd Densing

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GM Petro Golubka gewinnt Echternacher Open 2024

Nach dem Wiederaufleben des Echternacher Opens im Großherzogtum Luxemburg nach längerer Pandemiepause im vergangenen Jahr fand es auch dieses Jahr wieder statt. Am vergangenen Wochenende vom 15.-16.06.2024 wurde die inzwischen 28. Auflage des zweitätigen und neunrundigen Schnellschachturniers vom örtlichen Verein De Sprenger Echternach ausgerichtet.

Das Turnierkonzept (zahlreiche Helfer vom Verein, 2 Tage, 9 Runden, unverändert gute Verpflegung und immer gleicher Turniersaal in der alten Abtei) blieb unverändert. Im Detail ergaben sich aber dieses Jahr doch einige – eher positive – Veränderungen. Erstmals wurde das Turnier für die Berücksichtigung bei der Auswertung der FIDE-Schnellschach-ELO angemeldet. Der Bedenkzeit-Modus wurde geändert von bislang 45 + 0 in 40 + 5. Dieses neue Inkrement führte zu elektronischen Uhren an allen Brettern, deutlich weniger Unruhe bei Zeitnot und wegfallenden Zeitnotschlachten der Vergangenheit mit fliegenden Figuren, teilweise auch an den Spitzenbrettern.

Streitfälle gab es so keine zu verzeichnen, wie Hauptschiedsrichter Olivier Jeitz mir berichtete. Die 5 Sekunden Inkrement sind eigentlich genug Zeit, die Figuren vernünftig auf den 64 Feldern zu platzieren. Einziger Nachteil war, dass der veröffentlichte Zeitplan nicht immer ganz genau eingehalten werden konnte. Einzelne Runden begannen mit fünfminütiger Verspätung. Aber das tat der guten Stimmung unter den Spielern und der großen Fairness keinen Abbruch. Erstmals wurden die Paarungen über Chess-Results veröffentlicht und konnten fast in Echtzeit von den Spielern aufgerufen werden. Der üblicherweise große Andrang vor den langen Papierlisten an den drei Aushang-Stellen entfiel dieses Jahr eher.

Das Teilnehmerfeld war wieder bunt gemischt aus vielen bekannten aber auch neuen Gesichtern aus den Benelux-Ländern und auch dem nahegelegenen Rheinland. Ich erinnere mich da an die Erstteilnahme des Schachfreundes Friedhelm Heuser aus Brühl.

Die Teilnehmerliste auf der Turnierseite vom 14.06. ließ bei 356 Voranmeldungen vielleicht auf einen Teilnehmerrekord hoffen (dieser wurde mit 359 Teilnehmern im Vorjahr erzielt). Wegen ein paar kurzfristigen Absagen spielten letztendlich 342 Personen aus allen Altersklassen und Spielstärkebereichen mit, darunter 37 Titelträger. Während in früheren Zeiten gelegentlich Spieler mit 2700 bzw. ehemalige 2700er oder immer einige Spieler mit über 2600 ELO mitspielten, waren dieses Jahr – basierend auf den Schnellschach-ELO-Zahlen – „nur“ drei Spieler mit 2500 oder höherer ELO am Start. Das sollte aber der Qualität und der Spannung der Partien bzw. dem Turniererfolg insgesamt keinen Abbruch tun.

Zum Turnierverlauf:

In den ersten drei Runden gab es keine größeren Überraschungen an den vorderen Brettern. In der Runde 4 gab es jedoch das ein oder andere Remis – auch an den vorderen Brettern bei ersten Duellen von Titelträgern an den Spitzenbrettern.

Den ersten Tag beendeten schließlich nur GM Vitaly Kunin (in der luxemburgischen Liga seit einigen Jahren für den Verein Bonneweg im Einsatz) und „Open-Spezialist“ GM Petro Golubka aus der Ukraine mit voller Punktausbeute.

Sie bildeten die Tabellenspitze vor 8 Spielern mit 4,5 aus 5. Die beiden spielten in der 6. Runde remis, sodass sich danach mit dem erstmals in Echternach teilnehmenden GM Matthew J. Turner aus Schottland und Wirtzeld Open 2024 Sieger GM Ulf Andersson zwei weitere Spieler punktgleich in die Tabellenspitze spielten.

In der 7. Runde zeigte GM Ulf Andersson erneut seine sehr gute Endspieltechnik und gewann in einem zwischendurch sehr remislich aussehenden Turm-Endspiel an Brett eins gegen den Setzlistenersten GM Vitaly Kunin.

Andersson schlägt Kunin

Dieses Endspiel ist in der kleinen Partiedatenbank enthalten und kann – zu Lehrzwecken – gerne nachgespielt werden. An Tisch zwei spielten die GM’s Golubka und Turner remis, sodass Turniersenior Andersson mit 6,5 aus 7 alleiniger Tabellenführer war vor einem breiten Verfolgerfeld mit 9 Spielern mit 6 aus 7.

Die vorletzte Runde brachte an Tisch eins eine spannende Partie. Der schottische GM Turnier brachte im Sinne Tals ein spannendes Turmopfer, was in einem Mittelspiel endete mit zwei Bauern gegen Leichtfigur, wobei ein Bauer ein Freibauer war. Die Partie ist ab dem Mittelspiel auch in der Partiedatenbank zum Nachspielen enthalten.

GM Andersson verbrauchte mit Schwarz viel Zeit und das Turnier war wohl auch anstrengend, sodass ihm im weiteren Verlauf ein paar Ungenauigkeiten unterliefen und er letztendlich in einem verlorenen Turmendspiel landete. Er verteidigte sich zäh, eine Maschine hätte es – trotz zweier Minusbauern vielleicht remis gehalten – aber in einer praktischen Schnellschach-Partie mit ablaufender Uhr ein unmögliches Unterfangen.

Turnier gegen Andersson

An Tisch zwei überspielte GM Petro Golubka seinen Landsmann GM Andrey Sumets im späten Mittelspiel und Endspiel und gewann seine Partie. Und auch der vielmalige Echternach-Turnierteilnehmer IM Dieter Morawietz aus Köln gewann gegen den für Echternach in der luxemburgischen Nationaldivision regelmäßig spielenden IM Christopher Noe und kam auch auf 7 Punkte aus 8 Runden.

Die Schlussrunde brachte an Brett eins ein sehr schnelles kurzes Remis nach wenigen Zügen zwischen IM Morawietz und GM Turner. Jetzt lag es an dem immer fein gekleideten (oftmals mit Fliege und Weste wie ein Snooker-Spieler) und zuweilen exzentrisch aber sehr sympathisch wirkenden GM Petro Golubka zu schauen, ob mit Schwarz an Brett zwei gegen die Schachlegende GM Ulf Andersson mehr drin ist als ein Remis.

GM Golubka spielte im gesamten Turnier immer relativ schnell und schrieb seine Partien auch immer mit – einschließlich Bedenkzeitverbrauch! Beeindruckend. Dank seines Fleißess, kann die von ihm auch kommentierte Partie der Schlussrunde (sowie eine weitere Partie) in der kleinen Partiedatenbank nachgespielt werden.

Für mich als Zuschauer war es eine sehr spannende Zeit, vorne an den Spitzenbrettern zu kiebitzen und auch gelegentlich mit dem Smartphone zu filmen und die Züge für die Nachwelt festzuhalten. In der Schlussrunde sah die weiße Stellung von GM Andersson gegen Ende fast schon wie eine kleine Festung aus. Aber Schwarz konnte mit seinem König zum Damenflügel rüber laufen und seine Freibauern unterstützen und weiß in Zugzwang bringen. Golubka gewann die Partie und erreichte als einziger Spieler 8 Punkte aus 9 Partien und gewann das Turnier souverän.

Für GM Andersson waren die letzten beiden Runden wohl enttäuschend und er fiel mit 6,5 aus 9 in der Abschlusstabelle weit zurück auf Platz 14. Besonders hervorzuheben ist der starke Auftritt von FM Simon Degenhard aus Heilbronn, der in der Schlussrunde an Tisch 3 gegen einen zwischenzeitlich in einzelnen Runden indisponiert wirkenden GM Vitaly Kunin gewann, auf 7,5 Punkte kam und 4. wurde.

Simon Degenhard schlägt Vitaly Kunin

Die Tochter des Vorjahressiegers, WIM Inna Agrest spielte auch erneut ein starkes Turnier und kam auf 6,5 Punkte und erreichte als beste Dame einen guten 18. Platz im Schlussranking.

Inna Agrest und Michael Wiedenkeller spielten remis.

Inna Agrest

Das Turnier war wieder sehr gut organisiert. Leider war das Wetter erneut schlecht und regnerisch, sodass die Siegerehrung dieses Jahr im schönen, alt ehrwürdigen Spiegelsaal stattfand.

FM Serge Brittner (Vorsitzender des ausrichtenden Vereins) zeigte sich bei der Siegerehrung sehr zufrieden mit dem Turnierablauf und begrüßte die sehr junge, seit Juli 2023 amtierende sympathische Echternacher Bürgermeisterin Carole Hartmann, die nach ein paar netten Grußworten die ganze Siegerehrung lang mit dabei war, die Preise überreichte und auch mit auf den Fotos ist. Sie berichtete, dass das Turnier anfänglich (1993) so klein war, dass alle Spieler im Spiegelsaal Platz hatten, inzwischen aufgrund der großen Teilnehmerzahl aber auch Nebensäle und der Kreuzgang für die vielen Bretter mit genutzt würde und der Austragungsort ideal sei – was die Spieler (und Ausrichter) sicherlich bestätigen können.

Der Büchertisch

Hier eine Tabelle mit den Spitzenplatzierungen bis Rang 25:

Endstand nach 9 Runden

Rg. Name Pkt.  Wtg1 
1 Golubka, Petro 8 41,5
2 Turner, Matthew J 7,5 40,5
3 Morawietz, Dieter 7,5 39
4 Degenhard, Simon 7,5 38,5
5 Wirig, Anthony 7,5 38,5
6 Milov, Leonid 7,5 36
7 Sumets, Andrey 7 38
8 Noe, Christopher 7 38
9 Klip, Hans 7 37,5
10 Wiedenkeller, Michael 7 37,5
11 Haub, Thorsten Michael 7 37,5
12 Hortolani, Sven-Holger 7 35,5
13 Boidman, Yuri 7 33
14 Andersson, Ulf 6,5 39,5
15 Kunin, Vitaly 6,5 39
16 Cernov, Henrik 6,5 37
17 Barzen, Pascal 6,5 37
18 Agrest, Inna 6,5 36,5
19 Lenaerts, Lennert 6,5 36,5
20 De Haan, Eric 6,5 36,5
21 Cernov, Vadim 6,5 35
22 Seul, Georg 6,5 35
23 Maltezeanu, Stefan 6,5 34,5
24 Chassard, Cedric 6,5 34
25 Stanic, Zoran 6,5 34

342 Teilnehmer

Partienauswahl

Sieger Golubka

Die Top 10 mit der Bürgermeisterin

Vollständige Rangliste und weitere Tabellen auf Turnierseite bzw. Chess-Results.

Turnierseite...

Internetseite des Schachclubs-Echternach...

Ergebnisse, Rundenpaarungen, Startrangliste und Abschlusstabelle hier bei Chess-Results....

Mit Turnierschach geht es bereits übernächstes Wochenende in Luxemburg weiter beim Diekirch Open. Samstags, am 6. Juli zunächst mit Blitz und am Sonntag dem 7. Juli mit einem Schnellschachturnier. Informationen unter www.schachclub-nordstad.lu.


Gerd Densing ist ein begeisterter Vereins- und Turnierspieler. Seine Eindrücke hat er in vielen Berichten auf der ChessBase-Nachrichtenseite festgehalten.
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