„Ich
unterstütze die Idee, Schach an allen Grundschulen als Pflichtfach einzuführen.“
Schachförderer Roman Krulich im Gespräch mit GM
Hertneck
Man
sagt, die Schachwelt ist klein, jeder kennt jeden, und doch gibt es Schachfans,
die mehr oder weniger im Stillen wirken. Es mag eine natürliche Bescheidenheit
sein, oder auch eine gewisse Öffentlichkeitsscheu die dazu führt , dass der Name
im Hintergrund bleibt. Nun jedoch – anlässlich der erstmaligen Ausrichtung eines
Großmeisterturniers auf Gran Canaria – ist der Zeitpunkt gekommen, den Schleier
zu lüften, und den langjährigen Münchener Schachförderer Roman Krulich einer
breiteren Öffentlichkeit vorzustellen. Im Gespräch mit GM Hertneck spricht er
über das Erreichte, und gewährt einen Einblick in seine Pläne für die Zukunft.

Herr Krulich, Sie sind trotz starker beruflicher Belastung als
Geschäftsführer von Krulich Immobilien seit Jahrzehnten in der Münchener
Schachszene aktiv, und zwar nicht nur als aktiver Turnierspieler sondern auch
als Mitgesellschafter der Münchener Schachakademie und als Gründer der Münchener
Schachstiftung. Gehe ich recht in der Annahme, dass Ihre Schachbegeisterung auch
nach über 30 Jahren noch immer ungebrochen ist?

Schach hat
nach all den Jahren tatsächlich immer noch etwas Faszinierendes für mich, ich
habe es als Jugendlicher erlernt und bin seitdem - mit einigen wenigen
Unterbrechungen - dieser Leidenschaft treu geblieben. Seltsamerweise entspanne
ich sogar beim Turnierschach von meinen beruflichen Belastungen. Es ist eine
eigene Welt, in die ich gerne eintauche. Die tiefe Befriedigung, eine gute
Partie gespielt zu haben, werde ich wohl nie aufgeben wollen.
Sie
haben vor einigen Jahren in München erst die Schachakademie und dann die
Schachstiftung im Team mit den Großmeistern Stefan Kindermann und Gerald
Hertneck sowie der FIDE-Meisterin Dijana Dengler gegründet. Was waren Ihre
Beweggründe dabei?
Die
Schachstiftung hat den einfachen Ansatz, Kindern auch aus weniger begüterten
Elternhäusern die Möglichkeit zu geben, dieses fesselnde und gleichzeitig
pädagogisch so wertvolle Spiel zu erlernen. Viele helfen bei ausländischen
Projekten, das macht sicher auch sehr viel Sinn, ich wollte etwas vor unserer
Haustüre tun, und es gibt leider auch im vermeintlich reichen München viele
Familien, die mit sehr wenig Geld auskommen müssen.
Schachunterricht an Schulen, und besonders an Grundschulen setzt
sich immer mehr durch. Offensichtlich nicht nur, weil die Kinder Spaß am Spielen
haben, sondern auch weil Eltern und Lehrer sich einen nützlichen Transfer auf
andere Bereiche wie die Verbesserung der Schulnoten versprechen. Worin liegt aus
Ihrer Sicht für die Kinder der konkrete Nutzen des wöchentlichen
Schachunterrichts?
Den konkreten Nutzen erkennen
wir bei all unseren Projekten mit Grundschulkindern. Sie lernen sich besser zu
konzentrieren, spielerisch lernen sie logisch zu denken und nach wenigen
Monaten verbessern sich auch ihre schulischen Leistungen. Ich unterstütze daher
die Idee, Schach an allen Grundschulen als Pflichtfach einzuführen.
Wie beurteilen Sie den bisherigen Erfolg der von Ihnen
gegründeten Münchener Schachstiftung? Hat die Stiftung Ihre Ziele bereits
erreicht, ist sie auf gutem Wege dahin, oder bleibt noch viel zu tun?
Unsere Stiftung existiert jetzt
seit knapp vier Jahren und wir haben es letztes Jahr bereits geschafft, ein
sechsstelliges Spendenaufkommen einzuwerben. Wir haben an vielen Schulen in
München Schachprojekte realisiert, und es werden immer mehr! Aber am Ziel sind
wir erst dann, wenn jedes Grundschulkind in München Schachunterricht bekommt.

Sie spielen aktiv in der 1. Mannschaft des Münchener Vereins MSA
Zugzwang, wobei das Kürzel „MSA“ für die Münchener Schachakademie steht. Seit
Beginn dieser Kooperation vor etwa zwei Jahren hat der Verein mehr als 30
Mitglieder gewonnen, und erstmals eine Jugendgruppe aufgebaut. Während andere
Schachvereine in München überaltert sind und Mitglieder verlieren, ist Zugzwang
durchgestartet, und hat seine jahrelange Stagnation im Mitgliederbereich
überwunden. Denken Sie, dass die Vereine und die Landesverbände im Deutschen
Schachbund genug für die Gewinnung von Kindern und Jugendlichen als neue
Mitglieder tun, oder anders gefragt, wie könnte man konkret den Transfer von
Schülern in die Vereine verbessern?

Meine Wahrnehmung ist, dass
Kinder und Jugendarbeit sehr viel - vielleicht zu viel - von dem persönlichen
Engagement meist ehrenamtlicher Helfer abhängt. Ich möchte keine Verbände oder
Organisationen kritisieren, aber ich finde, jeder sollte in seinem persönlichen
Umfeld nach seinen Möglichkeiten mithelfen, dass unsere Kinder die bestmögliche
Ausbildung erhalten, dann hätten wir doch viel erreicht! Die Kinder müssen aber
auch selbst ihren Beitrag leisten, und eben zum Beispiel das Angebot von
Schachkursen und Vereinen annehmen.
Bisher sind Sie nicht als Ausrichter von Schachturnieren in
Erscheinung getreten. Nun findet jedoch unter Ihrer Ägide vom 12. bis 21. Mai
auf Gran Canaria ein stark besetztes Großmeisterturnier der Kategorie XII statt.
Der Elo-Schnitt liegt bei 2549, der Altersschnitt bei 38 Jahren. Wie kamen Sie
auf die Idee, dieses Turnier ins Leben zu rufen, und wieso in Bahia Feliz auf
Gran Canaria?
Mit diesem Turnier möchte ich
einen Beitrag leisten, dass es in der Schachszene wieder mehr gut besetzte
Rundenturniere gibt. Schachmeister sind Spitzenkönner in ihrem Fach und ich
denke, es ist wichtig, Plattformen zu schaffen, wo alle Schachbegeisterten deren
Fähigkeiten bewundern können.
Wir
unterhalten seit langem ein Immobilienbüro auf Gran Canaria in der Urbanisation
Bahia Feliz, und ich finde , dass dieser Ort nicht nur aufgrund seines
wunderbaren Klimas für Spieler aller Nationen ein interessanter Ort zur Ausübung
des Schachspiels sein kann.
Das Teilnehmerfeld ist zugleich sehr gemischt und attraktiv
besetzt. Stärkster Spieler ist der Spanier Vallejo Pons, der mit 2722 Elo der
Weltspitze zuzurechnen ist. Mit Markus Ragger nimmt der stärkste Österreicher
teil, der aktuell auf Elo 2674 hochgeschossen ist, und außerdem ist der
peruanische Spitzenspieler Granda Zuniga mit von der Partie, der vor einem
Jahrzehnt das Establishment in der Schwachwelt aufmischte. Die eigentliche
Sensation dürfte aber die Teilnahme von Henrique Mecking sein, der zu seiner
besten Zeit zu den drei stärksten Spielern der Welt gehörte. War es schwer,
diese Schachlegende zu einer Teilnahme zu bewegen?
Eigentlich
war ich überrascht, wie schnell und unkompliziert Henrique Mecking zugesagt hat.
Wir freuen uns sehr dass er bei unserer Turnierpremiere dabei ist.
Turnierfavorit ist offensichtlich Vallejo Pons. Welchen
Teilnehmern trauen Sie darüber hinaus den Kampf um den Turniersieg zu?
Das ist
eine schwierige Frage, viele der 10 Teilnehmer kenne ich persönlich schon viele
Jahre, da fällt es mir schwer, einen hervorzuheben. Aber so wie es aussieht, ist
Markus Ragger derzeit in sehr guter Form, und so ist auch er mit Sicherheit ein
heißer Favorit!
Wird das Turnier auch live im Internet übertragen? Wird es auch
Kommentierungen geben?
Ja, das Internet ist doch für
Schach ein äußerst geeignetes Medium, die Partien werden auf unserer Homepage
www.ajedrezbahiafeliz.com und auch im Schachserver live übertragen.
Leider sind gerade in letzter Zeit viele Traditionsturniere eines
plötzlichen Tods gestorben, zum Beispiel Melody Amber, Linares, das Mainzer
Chess Classic und auch die Zukunft von Moskau Aeroflot scheint ungewiss zu sein.
Sicher kann man das GM-Turnier auf Gran Canaria in diese Kategorie nicht
einreihen. Dennoch stellt sich die Frage, ob Sie die Schachwelt mit einer
jährlichen Ausrichtung des Turniers bereichern möchten?
Derzeit
denken wir nicht an eine jährliche Ausrichtung, aber wir haben uns vorgenommen,
das Turnier alle zwei Jahre um diese Zeit herum auszurichten. Gerade im ersten
Jahr der Ausrichtung fällt ein sehr hoher Aufwand an, und so möchten wir es erst
mal langsam angehen lassen...
Die Münchener Spitze ist im Turnier mit Stefan Kindermann und
Gerald Hertneck vertreten. Da stellt sich die Frage, ob Sie mit diesem Turnier
einen gewissen Austausch zwischen München und der Schachwelt auf den Kanaren
begründen wollen. Gibt es dort auch Ansätze, Schach in den Schulen zu
etablieren?
Schon beruflich habe ich sowohl
in Deutschland als auch in Spanien zu tun, Spanien ist zudem eine sport- und
auch schachbegeisterte Nation. Wir haben regen Austausch mit der spanischen und
kanarischen Schachföderation und allen Schachbegeisterten auf den Kanarischen
Inseln. Dort wird auch eine hervorragende Arbeit an den Schulen geleistet. Wir
haben zum Beispiel bereits organisiert, dass Schulklassen aus der Umgebung das
Turnier regelmäßig vor Ort besuchen werden. Außerdem hat Las Palmas eine lange
Tradition an bedeutenden Schachturnieren vorzuweisen. Wir sind dort auf sehr
gute Resonanz gestoßen mit unserer Idee diese Tradition fortzusetzen.
Herr Krulich, ich denke, es wird ein spannendes Turnier, und
danke für das Gespräch.