"Go West!" - SC Frankfurt-West feiert 100-jähriges Bestehen

von Hartmut Metz
20.06.2024 – Frankfurt-West ist Hans-Walter Schmitts Heimatverein und war seinerzeit Mitorganisator der Chess Classic Frankfurt. "Go West!", die Hymne der Pet Shop Boys war die Erkennungsmelodie der Turniere. Jetzt feiert der Klub sein 100-jähriges Bestehen mit einem großen Schachfest. | Fotos: Hartmut Metz

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„Go West“ hebt nicht nur zum Jubiläum die Stimmung

SC Frankfurt-West feiert Ende Juni 100-jähriges Bestehen mit Simultan an 100 Brettern und der deutschen Chess960-Meisterschaft

Hätte Hans-Walter Schmitt das geahnt oder früher gewusst, hätte der umtriebige Turnierorganisator versucht, einen anderen Termin für das Jubiläum zu finden – oder gar die britischen Pop-Ikonen zum Jubiläums-Event seines SC Frankfurt-West zu locken. Zuzutrauen wäre es ihm! Auch wenn es äußerst ambitioniert klingt, ja vielleicht sogar großmäulig – aber als Präsident des SC Frankfurt-West schaffte er auch Gewaltigeres, was ihm anfangs keiner zugetraut hätte. Warum also nicht die Pet Shop Boys ins nahe Frankfurt locken?

„Go West“ die Schach-Hymne der 90er Jahre

Das Elektro-Pop-Duo spielt am 28. Juni in Mannheim nur knapp 90 Kilometer entfernt in der SAP Arena. Die „Jungs aus der Zoohandlung“ lieferten nicht nur den passenden Slogan zum 100-jährigen Bestehen des SC Frankfurt-West: „Go West“! Der Hit von 1993 passt vom Titel her optimal zu dem Schachclub aus dem Frankfurter Westen. „Go West“ war deshalb die Hymne schlechthin bei den größten Schachveranstaltungen Deutschlands in den 90er Jahren: Zu den Frankfurt Chess Classic (FCC) und dem Nachfolgeturnieren nach der Jahrtausendwende, den Chess Classic Mainz (CCM), pilgerten alljährlich tausende Schach-Fans aus aller Welt.

Bei den Schnellschach-Events wussten die Teilnehmer: Erschallte „Go West“ in der Halle, folgte Action auf den 64 Feldern. Der Schachclub aus dem Frankfurter Westen erklomm als Macher der FCC anno 2000 seinen absoluten Höhepunkt als bei der „Premiere der Top Ten“ erstmals in der Schach-Historie alle zehn Topspieler auf dem Globus bei einem Event antraten: Frankfurt-West-Ehrenmitglied Viswanathan Anand und Garri Kasparow standen damals im Fokus.

Simultan an 100 Brettern zum 100-jährigen Bestehen

Inzwischen ist es zwar deutlich ruhiger um Schmitt und den SC Frankfurt-West geworden, aber das 100-jährige Bestehen soll wieder für etwas Aufsehen sorgen: Am Freitag, 28. Juni, bittet der Jubiläumsclub zu einer Simultanveranstaltung an 100 Brettern: Ab 16 Uhr können sich in der Stadthalle Frankfurt-Zeilsheim Amateure mit den Großmeistern Michael Prusikin und Klaus Bischoff messen. Beide übernehmen jeweils 25 Bretter. Die beiden Fide-Meister Bennet Hagner, seines Zeichens auch U14-Weltmeister im Schnellschach, und Christian Schramm treten an den 50 anderen Brettern an. Ein paar wenige Plätze sind aktuell noch frei und können unter https://chess-tigers.de/index_news.php?id=103235&rubrik=1 beantragt werden.

Anand wird per Videokonferenz zugeschaltet

Ab 19 Uhr ist dann die Geburtstagsfeier  geplant, bei der Chess Tigers Schach-Förderverein 1999 e.V. als Veranstalter fungiert. Ein paar Reden unter dem Thema „100 und eine Nacht“ bilden den Rahmen, kündigen die Chess Tigers an: Der Frankfurter Oberbürgermeister Mike Josef und der erste Schirmherr und Exminister Heinz Riesenhuber haben ihr Erscheinen zugesagt. Beim „Come together“ wird vor allem der indische Ex-Weltmeister Anand aus dem spanischen Leon per Video zugeschaltet. Vor Ort sind neben dem deutschen Rekord-Blitzmeister Bischoff weitere Legenden: Artur Jussupow  als ehemaliger WM-Kandidat ist an vorderster Front zu nennen. Er ist als weltberühmter Trainer und Buchautor auch involviert, weil Jussupow als Universitäts-Professor der Chess Tigers Schachuniversität engagiert ist.

Vlastimil Hort, re, noch in jungen Jahren

Vlastimil Hort war als Ehrengast vorgesehen, musst aber aus gesundheitlichen Gründen absagen. Der 80-Jährige war nicht nur Stammgast bei den FCC und den CCM. Der Liebling der Fans, der zusammen mit Helmut Pfleger Schach im TV während der WM-Kämpfe populär machte, zählte zu den größten Unterstützern von Schmitt bei einer anfangs krude wirkenden Idee, die heutzutage en vogue ist.

Fischer-Freund Hort und Schmitt puschen Chess960

Hort gehörte zu den engsten Freunden von Bobby Fischer, dessen großer Fan Schmitt stets war. Deshalb verfielen die beiden Deutschen auf den Gedanken, die Idee des US-Amerikaners, das Fischer Random Chess (FRC), zu popularisieren. Dafür wurden sie zunächst müde belächelt. Aber sie beharrten darauf und spielten es immer bei den Turnieren des SC Frankfurt-West.

Hartmut Metz Sieger bei den Deutschen Chess960-Meisterschaften

Schmitt macht Chess960 fit fürs Marketing

Den sperrigen Namen machte Schmitt zunächst marketingfähiger. Der „Motor der Westler“ zeigte Gespür für einprägsame Namen und machte den Begriff Chess960 salonfähig. Hinter dem englischen Schach-Begriff platzierte die deutsche Turnierorgansisator-Ikone kurzerhand die Zahl der verschiedenen Möglichkeiten, die sich bei der Auslosung der Startaufstellung ergeben können. Die 960 Anfangspositionen verhindern, dass die Spieler sich mit ellenlangen Theorievarianten befassen müssen, die daheim die Engines berechnen und vorgeben. So kommt es ab dem ersten Zug gleich aufs Spielverständnis an und nicht erst nach teilweise 25, 30 oder noch mehr Zügen unter Spitzenspielern! Die einzige Ausnahme ist dabei die übliche Startaufstellung … Heute ist der Weltranglistenerste Magnus Carlsen der größte Befürworter von Chess960.

Ganz ohne ihr Kind können die „Westler“ natürlich auch an ihrem Jubiläum nicht auskommen. Der Samstag, 29. Juni, steht aber zunächst im Sinne der Nachwuchsarbeit der Chess Tigers ganz im Zeichen der  Jugend: Die Youth Classic laden in den drei Altersgruppen U10, U14 und U18 zu siebenrundigen Schnellschach-Turnieren ein. Der stolze Preisfonds liegt dabei bei mehr als 5.000 Euro!

9. Offene Deutsche Schnellschach-Meisterschaft im Chess960 am 30. Juni

Am Sonntag, 30. Juni, steht dann Chess960 im Mittelpunkt. Einmal mehr tragen die Frankfurter unter der Regie der Chess Tigers die 9. Offene Deutsche Schnellschach-Meisterschaft im Chess960 aus. Die Besetzung verspricht hochklassiges Schach: Bischoff wie Jussupow zählten bereits zu den Topplatzierten, wenn der SC Frankfurt-West als Organisator mit den Chess Tigers zu den deutschen Meisterschaften baten. Die Chess Tigers haben sich dabei mit ihrer illustren Besetzung schon den Mannschaftstitel gesichert. Diesmal soll auch Prusikin mitspielen. Zudem hat sich mit Daniel Fridman ein weiterer Großmeister und Anwärter auf den Einzeltitel angemeldet. Der Preisfonds für das siebenrundige Turnier, bei der zur Grundbedenkzeit von 20 Minuten jeweils fünf Sekunden pro Zug kommen, beträgt 3.000 Euro.

Hans-Walter Schmitt beim "Simultan" gegen Artur Jussupov und Klaus Bischoff

„Westler“ werden inbrünstig beim 100-jährigen Vereinsjubiläum bei „Go West“ einstimmen

Zum perfekten Glück von Schmitt fehlt jetzt nur noch ein Abstecher der Pet Shop Boys am Wochenende. Und sollten die Briten zu seinem Leidwesen doch nur in Mannheim live singen, schallt zumindest aus den Boxen lautstark als Hymne: „Go West“! Und alle „Westler“ werden voller Inbrunst beim 100-jährigen Vereinsjubiläum einstimmen: Denn „Go West“ hebt die Stimmung ...


Hartmut Metz ist Redakteur bei den Badischen Neuesten Nachrichten (BNN) mit Hauptsitz in Karlsruhe. Er schreibt außerdem unter anderem für die taz, die Frankfurter Rundschau und den Münchner Merkur über Schach und Tischtennis. Zudem verfasst der FM und Deutsche Ü50-Seniorenmeister 2023 von der Rochade Kuppenheim regelmäßig Beiträge für das Schach-Magazin 64, Schach-Aktiv (Österreich) und Chessbase.de.
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