The Classical French - Main Line
Nach 1.e4 e6 2.d4 d5 3. Sc3 Sf6 4. e5 Sfd7 5. f4 c5 6. Sf3 Sc6 7. Le3 untersucht der Autor die Hauptvariante mit 7... a6 und b5, das mutige Vorgehen mit 7... cxd4 8. Sd4 Db6 und die ruhigeren Stellungen, die nach 7...cxd4 8. Sd4 Lc5 entstehen.
Carlsen fehlt trotz neuer Brille klare Sicht
Blübaum rettet „ziemlich grausame Partie“ gegen den Weltmeister / Hou schlägt Caruana und Naiditsch bezwingt Vachier-Lagrave
Ein kurzes Lächeln huscht über die Lippen von Magnus Carlsen. Der Applaus schwoll merklich an, als Turnierchef Sven Noppes den Weltmeister als letzten der Großmeister-Riege in der Karlsruher Schwarzwaldhalle begrüßte. Eine Traube von Fans machte Fotos mit dem Smartphone, die Stühle vor der Bühne füllten sich prall. Die 1202 Teilnehmer an den mit 40500 Euro dotierten Open-Wettbewerben schauten ehrfürchtig nach oben zu ihrem Heros. Spielen musste Carlsen nun aber alleine. Die Auslosung hatte ihm zwar in der ersten der sieben Runden die schwarzen Steine beschert – aber mit der deutschen Nachwuchshoffnung Matthias Blübaum hatte „nur“ der Vorjahressieger des starken A-Open den Aufschlag gegen ihn.
Ein leichtes Lächeln huscht Magnus Carlsen über die Lippen, als zu seiner Begrüßung starker Applaus aufbrandet. Mit neuer Frisur und Brille sorgt er für noch mehr Aufsehen als mit der Partie gegen Matthias Blübaum. (Foto: Turnierseite)
Der Bremer geriet in einem Königsinder auch bald in leichten Stellungsnachteil – und noch schlimmer: Auf der Uhr sah es nach 18 Zügen ganz schlecht aus mit lediglich verbliebenen 22 Minuten (plus 30 Sekunden Bonus pro ausgeführten Zug). „Die Partie war ziemlich grausam – ich dachte zwischendurch schon, dass ich aufgeben kann“, gewährte Blübaum Einblicke in sein Innenleben – die Furcht vor den Lavierkünsten des Weltmeisters ist offensichtlich exorbitant. Carlsen saß wie immer stoisch da und drückte mit der Zuversicht eines Weltmeisters. Zweierlei war jedoch anders als sonst: Zum einen trug er eine modische Wuschelfrisur. Ob der neue Style der Freundin geschuldet ist, die der Norweger haben soll? Die Medien interessierte das Thema natürlich, doch die Holde ward in Karlsruhe bis dato nicht gesehen im Gegensatz zu Papa Henrik. Weit auffälliger am neuen Look des Modells der Marke G-Star war allerdings die große Brille. Erhoffte sich der Superstar der Denkerszene einen noch besseren Durchblick auf dem Brett, wie die Internet-Kommentatoren um Lawrence Trent und Peter Leko ulkten? Den beiden und ihrem weltweiten Publikum berichtete Carlsen, dass ihm bisher die Augenärzte freistellten, ob er wegen seiner leichten Kurzsichtigkeit eine Brille trägt oder nicht. „Nachdem ich aber zuletzt häufiger Kopfschmerzen bekam, war nach ein paar Tests rasch klar: Ich brauche die Gläser“, berichtete der Weltmeister.
Bühne mit Übertragung der vier Partien. (Foto: Turnierseite)
Freilich gegen Blübaum half ihm das nach viermonatiger Turnierpause nicht genügend. Die Rechner zeigten stets nur leichten Vorteil für den Weltranglistenersten an. So scheiterte Carlsens Taktik, „den gegnerischen Zeitdruck zu nutzen, um meine Stellung zu verbessern“. Blübaum überraschte Schwarz mit 23.Lg2. „Daran dachte ich nicht, weil ich glaubte, dass Weiß sich nicht auf c4 nehmen lassen kann“, erzählte Carlsen bei der Analyse. Den Isolani verteidigte Blübaum jedoch bis zum Schluss. Im Endspiel mit Turm und Springer ließ der gebürtige Lemgoer, der am Dienstag 20 Jahre alt wird, nichts mehr anbrennen. Ein schönes vorzeitiges Geburtstagsgeschenk!
Ähnlich blutleer verlief das zweite Remis des Auftakts: Levon Aronian drückte vergeblich ein bisschen gegen Georg Meier – ein Erfolg für den Nationalspieler, der gerade in Stockholm sein Studium abschließt. Bei den letzten Grenke Chess Classic verlor Meier dauernd mit Schwarz. Spannung garantierten dagegen die beiden anderen Duelle auf der Bühne: Hou Yifan schlug im gefühlten zehnten Duell zum ersten Mal Fabiano Caruana. „Ich stand schon ein paarmal gut, aber er entwischte mir stets“, erinnerte sich die Chinesin. Diesmal gelang der Weltranglistenersten jedoch der erste Erfolg über einen 2800er! Der fiel auch relativ leicht. „Ich musste nicht viel tun“, befand Hou bescheiden. Das Eröffnungskonzept des Amerikaners missriet in der Berliner Verteidigung. Leko pries 15.h3! als „sehr stark wegen der Idee Sh2 und Sg4. Danach fiel es uns schwer, gute Züge für Schwarz zu finden“, erahnte der ehemalige Vizeweltmeister die Probleme des Weltranglistendritten. Mit 17...c5 brach Caruana alle Brücken hinter sich ab, ohne Verwirrung stiften zu können. Diesmal ließ sich Hou nicht beirren, obwohl man „Caruana drei- oder viermal totschlagen muss“, wusste Leko. Während Caruana nach der unerwarteten Auftaktschlappe schnellen Schrittes flüchtete, freute sich seine Bezwingerin über den finalen Mattangriff und den damit einhergehenden Schub fürs eigene „Selbstvertrauen“. Das hatte wenige Tage zuvor durch zwei „ganz schlechte Partien“ im Zweikampf mit Wassili Iwantschuk gelitten, der einmal mit Schwarz eine ihr peinliche Kurzpartie gewann und mit 3:1 die Oberhand behalten hatte. Nun hoffe sie auf eine Wende und bedankte sich artig „für die große Ehre, an einem solchen Turnier mit vier Top-Ten-Spielern teilnehmen zu dürfen“.
Hou Yifan (von rechts) analysiert mit den Kommentatoren Peter Leko und Lawrence Trent den Sieg über Fabiano Caruana. Leko ist voll des Lobes über das Spiel der Chinesin. (Foto: Turnierseite)
Noch aufregender, weil weniger einseitig, verlief die laut Arkadij Naiditsch „sehr spannende Partie“ mit Maxime Vachier-Lagrave. In einem Franzosen opferte der Weltranglistenfünfte einen Bauern. Das aktive weiße Spiel vermochte der Wahl-Aseri nur durch ein originelles Manöver einzudämmen: „Nachdem ich vorher schnell gespielt hatte, brauchte ich für 15...Ta7 eine halbe Stunde. Da hatte ich natürlich dann die Idee mit Sa8 nebst Sc7“, gewährte Naiditsch Einblicke in seine Denkweise und verzichtete auf 15...De7 nebst Sd8 und Se6, weil ihm der Gegenstoß mit a4 unangenehm schien. Der Springerzug nach a8 brachte „MVL“ völlig aus dem Konzept. „Auf e6 zu nehmen, war ein Fehler“, befand Vachier-Lagrave. „e6 kam zu schnell“, assistierte Naiditsch und schob nach, „nach 18.Sxe6 war ich ziemlich glücklich und sah nicht, wie Weiß weiterkommen will.“ Im Endspiel hoffte der Favorit auf ein paar Tricks, die Naiditsch mühelos umschiffte. Der von Sponsor Wolfgang Grenke als stets „belebendes Element“ in Turnieren eingeschätzte Baden-Badener Bundesliga-Topscorer freute sich, dass er „nach zwei Jahren mal wieder an einem hochkarätigen Turnier teilnehmen darf. Ich bin motiviert“, verkündete der deutsche Ex-Nationalspieler und glaubt, „hier kann jeder jeden schlagen.“
Nach zwei Jahren wieder bei einem Topturnier dabei: Arkadij Naiditsch erobert gleich wieder einen großen Skalp mit dem von Maxime Vachier-Lagrave. (Foto: Turnierseite)
Bei den letzten Grenke Chess Classic 2015 hatte Naiditsch sogar Carlsen bezwungen und gab erst im Stichkampf den Turniersieg aus der Hand. Ob ihm diesmal ein ähnlicher Coup gelingt? Obwohl sämtliche Mitfavoriten Federn ließen, war Carlsen nach der Partieanalyse mit Leko und Trent leicht grantig. An Kopfschmerzen kann das nicht mehr gelegen haben – die neue Brille beseitigte ja diese. Auf neue Einblicke lässt das modische Accessoire allerdings noch warten.
Die zweite Runde der GRENKE Chess Classic beginnt am Sonntag den 16. April um 15 Uhr. Die Paarungen lauten:
TNr | Teilnehmer | - | TNr | Teilnehmer | Ergebnis | ||
---|---|---|---|---|---|---|---|
8. | Naiditsch, Arkadij | - | 5. | Caruana, Fabiano | - | ||
6. | Meier, Georg | - | 4. | Hou, Yifan | - | ||
7. | Carlsen, Magnus | - | 3. | Aronian, Levon | - | ||
1. | Vachier-Lagrave, Maxime | - | 2. | Bluebaum, Matthias | - |
20 Spieler mit 4,5/5 im A-Open an der Spitze
Undurchsichtig bleibt auch die Lage im Open! Wiesen nach vier Runden noch neun der 688 Akteure im A-Open die Optimalpunktzahl auf, schwappte die „Remiswelle“ (wie es Pressechef Georgios Souleidis nannte) durch die Schwarzwaldhalle. Vier Remis an den Spitzenbrettern sorgten für den Schulterschluss von 20 Spielern, die durchweg 4,5 Zähler aufweisen. Unter diesen befinden sich auch drei Deutsche: Neuprofi Rasmus Svane (Hamburger SK) gab gegen Alexander Moiseenko (Russland) seinen ersten halben Zähler ab. Alexander Graf (SF Deizisau) pirschte sich nach einem Fehlstart durch ein Remis ebenfalls heran. Auf eine Großmeister-Norm darf Nikolas Lubbe (SF Neuberg) hoffen. Der IM mit exakt 2500 Elo bremste Nationalspieler Rainer Buhmann in Runde fünf aus. Der Hockenheimer steht mit 3,5 Punkten immer noch besser da wie ein halbes Dutzend Großmeister-Kollegen: Philipp Schlosser (SF Deizisau), Tomasz Markowski (Polen) oder Vladimir Potkin weisen lediglich 3/5 auf! Schlosser und Potkin mussten nach einem frühen Sieg vier Remis quittieren, was die Güte des Feldes belegt.
Rasmus Svane (links) führt die deutsche Riege im A-Open an. Gegen Alexander Moiseenko gibt der Lübecker sein erstes Remis ab. (Foto: Turnierseite)