Gunina gewinnt Superfinale der Frauen
Von Anna Burtasova
Das Superfinale der Frauen
2011, das über die Russische Landesmeisterschaft entschied, ist beendet. Wie so
oft in Frauenturnieren war der Kampfgeist groß und der Kampf um den Titel bis
zur letzten Runde offen.
Valentina Gunina ist wegen
ihres Studiums von Murmansk nach Moskau gezogen, aber sie möchte weiter in der
Hauptstadt leben, auch wenn sie dieses Jahr ihren Abschluss macht. Ihr gefällt
die pulsierende Schachszene der Stadt. Sie gab zu, dass ihre beinahe einzige
Vorbereitung auf das Superfinale die regelmäßige Teilnahme an den Blitzturnieren
war, die jeden Samstag im Zentralschachklub abgehalten werden. “Natürlich hätte
ich mich gründlicher vorbereiten sollen, aber ich musste ein paar private
Angelegenheiten regeln”, meinte Gunina. Doch mangelndes Training hielt die
22-jährige nicht davon ab, im Superfinale furios aufzuspielen. Zwei Runden vor
Schluss lag sie mit 6 aus 7 an der Spitze des Feldes. Ihre größte Rivalin war
Baira Kovanova mit 5,5/7. Hinter den beiden Spitzenreiterinnen folgten eine
ganze Reihe von Spielerinnen, die hofften, mit einem starken Schlussspurt noch
auf die Medaillenränge zu kommen.
Vor der achten Runde, in
der Gunina mit Weiß gegen die zweifache russische Meisterin (2009 und 2010)
Alisa Galliamova antreten musste, erklärte die Tabellenführerin in einem auf der
offiziellen Turnierwebseite
www.russiachess.org
veröffentlichten Interview, dass sie großen Respekt vor ihrer Gegnerin hätte und
“eigentlich einfach nur Remis spielen wolle”.
Doch nach einem doppelten
Figurenopfer in der Eröffnung verschmähte Gunina ein mögliches Dauerschach und
spielte trotz Materialnachteils weiter auf Gewinn. Aber ihr Angriff kam bald zum
Erliegen und sie erlitt ihre erste und einzige Niederlage.
“Natürlich habe ich gesehen,
dass ich Dauerschach geben konnte”, erklärte Gunina nach der Partie. “Aber ich
habe meine Stellung zu optimistisch eingeschätzt und wollte die spannende Partie
nicht einfach beenden, sondern weiter kämpfen. Einer meiner Trainer nennt mich
“Kämpferin”, das ist einfach mein Charakter. Manchmal versuche ich mich zu
zügeln. Und vielleicht ist es letztendlich gut, dass Alisa mir eine kalte Dusche
verpasst hat.”
Charochkina bereitet sich auf den Kampf vor
Doch Gunina konnte die
Tabellenführung behaupten, da ihre Rivalin Kovanova nach 115 Zügen gegen Daria
Charochkina verlor, die im ersten Drittel des Turniers an der Spitze gelegen
hatte. Die Moskauerin Charochkina ist im Westen nicht allzu bekannt, aber in
Moskau hat sie eine Reihe bedeutender Turniere gewonnen und obwohl sie in der
Setzliste des Turniers auf dem letzten Rang lag, ist sie eine starke und
unberechenbare Gegnerin. Vor allem ist sie unberechenbar – ihre Ergebnisse
schwanken stark und sie kann sehr stark, aber auch katastrophal spielen.
Natalia Pogonina, die im
Vorjahr knapp Zweite geworden war, konnte in Runde 8 den eher psychologisch
begründeten und objektiv weniger starken Angriff von Tataina Shadrina abwehren
und schob sich damit mit 5 Punkten auf Platz Drei. So hatte die achte Runde das
Rennen um den Titel wieder spannend gemacht.
Die Entscheidung musste in der
letzten Runde fallen. Gunina brauchte nur ein Remis, um sich den Titel zu
sichern, aber der Kampf um Silber und Bronze war noch völlig offen.
Hier ein Blick auf die
Paarungen der letzten Runde:
Kovanova (4.5) – Gunina (6)
Pogonina (5) – Charochkina (4.5)
Galliamova (4.5) – Zaiatz (4.5)
Bodnaruk (1.5) – Kosteniuk (3.5)
Girya (3) – Shadrina (3)
Dieses Mal konnte sich Gunina zügeln und ihren Kampfgeist im Zaum halten. Nach
einer Stunde Spielzeit nutzte sie die Möglichkeit, Zugwiederholung zu erzwingen
und sicherte sich so den Titel der Russischen Landesmeisterin 2011.
Der
Kampf um die Plätze Zwei und Drei dauerte allerdings weit länger an. Pogonina
brauchte einen Sieg, denn bei einem Remis wäre sie von der Siegerin der
Begegnung Galliamova – Zaiatz eingeholt worden. Aber die junge Mutter (deren
Sohn anders als im Vorjahr dieses Mal nicht bei der Meisterschaft dabei war)
hatte dieses Mal kein Glück – Charochkina gewann die Partie und sicherte sich
eine Medaille.
Charochkina in Aktion
Galliamova, die direkt vom Grand-Prix Turnier zum Superfinale gekommen war,
wirkte in der ersten Hälfte des Turniers uninspiriert und müde, aber in der
Schlussrunde nutzte sie all ihre Kampfkraft und Erfahrung und behielt gegen
Elena Zaiatz die Oberhand.
“20
Partien in 27 Tagen – das ist einfach zu viel für mich! Das sind mehr Partien,
als ich das ganze Jahr zuvor gespielt habe”, meinte Galliamova nach dem Ende des
Turniers. “Ich bin so müde, dass ich erst einmal ans Meer fahren muss, um mich
eine Weile auszuruhen. Mein zweiter Platz war sehr glücklich, denn ich habe hier
kein besonders gutes Schach gezeigt!”
Tatsächlich hatte Galliamova die deutlich bessere Wertung als Charochkina und so
landete sie überraschend (wenn man den Turnierverlauf bedenkt) auf dem zweiten
Platz. Und wer hätte gedacht, dass Charochkina, die das erste Mal an einem
Superfinale teilnahm, sich in den ersten Runden an die Spitze setzen würde, um
am Ende die Bronzemedaille zu gewinnen?
Die
Abschlussfeier fand im gleichen Saal statt und alle Teilnehmerinnen erhielten
ein Exemplar des Buches “Michail Botvinnik: Eine Chronik in Bildern”. Die
Superfinale der Männer und der Frauen waren dieses Jahr dem Andenken an den
Ex-Weltmeister gewidmet. Die ersten drei erhielten Medaillen, Gunina erhielt
außerdem noch den Pokal und Blumen. Das Preisgeld erwähnen wir hier natürlich
nicht. Traditionell erhält die Siegerin des Supercups auch einen Platz in der
Nationalmannschaft, aber da ist Gunina bereits Mitglied.
Tatiana Shadrina landete nur auf dem achten Platz, aber mit Siegen gegen
Charochkina und Kovanova hatte sie beim Kampf um den Sieg doch ein Wörtchen
mitzureden.
In
Runde 7 gewann Shadrina gegen Kovanova, die auf Rang Zwei lag.
Shadrina und Zaiatz zu Beginn der Runde
Elena Zaiatz, die Siegerin der Higher League, die in Minsk lebt und dort Kinder
trainiert, aber für Russland spielt, zeigte nicht ihr bestes Schach und landete
am Ende auf dem sechsten Platz.
Olga
Girya fing sich nach ihrem sehr schlechten Start, aber erzielte am Ende nicht
mehr als 3,5 Punkte, die ihr den neunten Platz einbrachten.
Die
wunderbare Alexandra Kosteniuk war diesen Sommer nicht in Form. 4 Punkte, 7.
Platz.
Auch
für Anastasiya Bodnaruk lief es nicht wirklich gut: 2 Punkte, 10. Platz
Die
Teilnehmerinnen warten auf den Beginn der Siegerehrung.
Die
Gewinnerin der Bronzemedaille: Daria Charochkina
Ihre
Niederlage in der letzten Runde katapultierte Pogonina aus den Medaillenrängen.
Ilya
Levitov, Chairman des Russischen Schachverbands, gratuliert Turniersiegerin
Valentina Gunina
Ilya
Levitov wechselt ein paar Worte mit der Turniersiegerin
Die
glückliche neue Russische Meisterin
Alisa
Gallimova (2.), Valentina Gunina (1.) und Daria Charochkina (3.)