Runde 5, 4.Juli 2008
Leko, Peter |
- Nepomniachtchi, Ian |
½-½ |
Mamedyarov, Shakhriyar |
- Kramnik, Vladimir |
½-½ |
Ivanchuk, Vassily |
- Naiditsch, Arkadij |
1-0 |
Van Wely, Loek |
- Gustafsson, Jan |
0-1 |
Dortmund:
Partien bis Runde 5...
Jan Gustafsson gewinnt in 18 Zügen
Von Dagobert Kohlmeyer
Bekommt Dortmund einen neuen Schachkönig?
Zwei Runden vor Abschluss des Chess-Meetings liegt der Turnierneuling Jan
Gustafsson sensationell an der Spitze. 3,5 aus 5 Partien in diesem Klassefeld –
einfach großartig!
Der Hamburger Großmeister spielte heute im
Schauspielhaus mit Schwarz gegen Loek van Wely (Niederlande). In dem Damengambit
wählte Gustafssons Gegner eine äußerst scharfe Variante und schreckte auch nicht
vor Bauernopfern zurück. Es entbrannte ein Kampf auf Leben und Tod, in dem der
deutsche Nationalspieler den kühleren Kopf behielt. Kaltblütig wehrte Gustafsson
alle Angriffe der weißen Figuren ab. Van Wely verlor bei seiner überstürzten
Attacke zu viel Material und musste schon im 18. Zug entnervt aufgeben. „Er
kennt die Varianten nicht so genau wie Jan“, lautete ein Kommentar von
Großmeister Konstantin Landa im Pressezentrum.
Wie zur Bestätigung sagte uns Jan dann nach
der Partie: “Wir haben gestern mit Paco lange analysiert und eine Variante
gefunden, mit der wir ihn überraschen konnten. Es war nicht so einfach, da Loek
und ich uns aus der gemeinsamen Arbeit ja sehr gut kennen (Jan war im Januar in
Wijk aan Zee Sekundant Van Welys – D. K.).
„Loek hat die Variante an der kritischen
Stelle offensichtlich nicht so gut analysiert und 14. …Dxa2 nicht auf seiner
Rechnung gehabt. Danach war die Partie eigentlich schon zu Ende“, lautete das
lakonische Resümee des Hamburger Großmeisters.
Geht es jetzt in diesem Stil so weiter,
Jan?
Ich denke nur von Tag für Tag.
Peter Leko sagte uns dann noch, dass Jan
gegen die Großen auf Grund seiner Theoriekenntnisse immer gut aussieht. „Das
wussten wir schon vor dem Turnier“.
Jan Gustafsson hat jetzt als einziger des
Feldes 3,5 Punkte aus fünf Partien. Der 29-Jährige zeigt bei seiner Premiere in
Dortmund keinerlei Respekt vor den großen Stars. Wird er am Ende allen anderen
die Show stehlen? Peter Leko aus Ungarn bemühte sich zwar mit viel Geduld, die
Sizilianische Verteidigung von Jan Nepomniachtchi aus Moskau zu knacken, um mit
Gustafsson gleichzuziehen. Mehr als leichte Stellungsvorteile konnte der Ungar
nicht herausholen – Remis. Die beiden Spieler liegen in der Tabelle nur einen
halben Punkt hinter Jan zurück. Das Wochenende im Dortmunder Schauspielhaus
verspricht Hochspannung. Noch zwei Runden, dann ist das Sparkassen Chess-Meeting
2008 schon wieder Geschichte.
Morgige Spitzenpaarungen sind die Duelle
Gustafsson - Leko, Kramnik - Nepomniachtchi.
Der Star aus
Baku
Shakryar Mamedjarow aus Aserbaidschan ist
hier schon ein bekanntes Gesicht. Er spielt nach seiner Premiere im Vorjahr zum
zweiten Mal bei den Dortmunder Schachtagen.
Bislang ist er noch unbesiegt. Der
23-jährige Spätstarter fing erst mit neun Jahren an, Schach zu spielen. Er
entwickelte sich aber schnell und wurde 2002 Juniorenweltmeister. Shakryar,
dessen Vorname „Sitz des Königs“ bedeutet, wird hier von seinem Freund Schachin
Guseinow, einem Schachlehrer, begleitet.
Beide leben in der Hauptstadt Aserbaidschans
Baku, die eine große Schachtradition hat. Dort wurde der mehrfache Weltmeister
Garri Kasparow geboren. Seine Nachfolger Teimur Radjabow, der auch schon in
Dortmund spielte oder Mamedjarow haben längst das Erbe des Schachtitanen
angetreten und sich in der Weltspitze etabliert. „Bei der Schacholympiade in
Dresden wollen wir um die Medaillen mitspielen“, erklärt Shakryar. „Einen Mann
wie Kasparow brauchen wir heute nicht unbedingt in unserem jungen Team. Er ist
ein Mythos, aber warum sollte man ihn an den Schachtisch zurückholen? Mit 45
Jahren wäre er beinahe zu alt“. Selbstbewusste Worte Mamedjarows, der aus einer
sportlichen Familie stammt. Sein Vater war ein bekannter Ringer, die beiden
Schwestern spielen ebenfalls Schach auf hohem Niveau und gehören zum Damenteam
Aserbaidschans.
Dass die internationale Spitze im Schach mit
Ausnahme von Anand und Kramnik immer jünger wird, beweisen vor allem der
17-jährige Norweger Magnus Carlsen, der voriges Jahr im Dortmunder
Schauspielhaus ebenfalls die Figuren zog oder der gleichaltrige Jan
Nepomniachtchi aus Moskau, der sich hier in diesen Tagen die den Respekt der
Großen verschaffte. Zwei Runden vor ultimo liegt Jan gemeinsam mit Peter Leko
hinter Jan Gustafsson in der Spitzengruppe.
Wladimir Kramnik führte nach dem zweiten
Ruhetag die schwarzen Steine gegen Mamedjarow.
Der achtfache Dortmund-Sieger trennte sich
von seinem Gegner remis und hat nur noch theoretische Chancen auf den
Gesamtsieg. Wer Wladimir kennt, der weiß, dass dieser in „seinem Turnier“ nicht
alle Karten aufgedeckt hat. Allerdings verrät Kramnik kein Geheimnis, wenn er
sagt: „In Gedanken bin ich schon jetzt beim schachlichen Höhepunkt des Jahres,
meinem WM-Kampf gegen den Inder Vishy Anand in Bonn. Dieses Match hat für mich
oberste Priorität“. Der mit Spannung erwartete Zweikampf in der Bundeskunsthalle
beginnt Mitte Oktober und geht über 12 Partien.
Kramnik gegen
Drillinge
Das traditionelle Blitzturnier im Dortmunder
Rathaus war wieder ein Gaudi für alle Schachfreunde.
Ian Nepomniachtchi auch beim Schaukampf konzentriert
Amateure gegen Profis, fünf Minuten gegen zwei. In den meisten
Fällen die genügten den Stars 120 Sekunden, um die Gegner vom Brett zu fegen.
Aber nicht immer. Jan Gustafsson lehnte ein
Remisangebot von Patrick Werner aus Dortmund ab und sein Blättchen fiel zuerst!
Arkadij Naiditsch büßte gegen Marcell Aulich (SF Brackel) gar die Dame ein.
Wassili Iwantschuk gab dem siebenjährigen
Jonas Dohr aus St. Augustin bei Bonn ein Remis ab. Dessen Drillingsbruder Niklas
spielte gegen Wladimir Kramnik, um dessen Tisch sich die größte Zuschauertraube
gebildet hatte.
Er bekam ein Leichtfiguren-Matt, aber lernte
viel. Schwester Christin sah ebenfalls zu, sie spielt kein Wettkampfschach wie
ihre Brüder, sondern reitet lieber. Alle hatten bei dem Event wie immer viel
Spaß.