H.J. Hecht: Rochaden

von André Schulz
19.11.2015 – Das deutsche Schach blickt auf eine lange Geschichte zurück. Diese besteht vor allem aus den persönlichen Erlebnissen der an ihr beteiligten Spieler. Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs in Deutschland eine Generation von starken Großmeistern heran. Einer von Ihnen, Hans-Joachim Hecht, hat jetzt dankenswerterweise seine Erinnerungen aufgeschrieben und lädt zu einer Zeitreise ein. Einladung zur Buchvorstellung...

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Hans-Joachim Hecht: Rochaden

Nach dem Zweiten Weltkrieg bildete sich in West-Deutschland eine Generation sehr starker Schachspieler heraus. Dazu gehörten unter anderem Wolfgang Unzicker (1925-2006), Lothar Schmid (1928-2013), Klaus Darga (* 1934) und Hans-Joachim Hecht (*1939). Später kamen noch Helmut Pfleger und Robert Hübner hinzu, die beide in 1940er Jahren geboren wurden.

Hans-Joachim Hecht blickt auf eine ganz besonders bewegte Jugendzeit zurück und hat die Teilung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg auf ganz besondere Weise erlebt.

Hajo Hecht wurde 1939 in Luckenwalde bei Berlin geboren. Seine Familie lebte in der sowjetischen Besatzungszone, er aber ging in Westberlin, in Lichtenrade, zur Schule, weil seine Eltern es wichtiger fanden, dass er Englisch lernte anstatt Russisch. Anfangs war das Bewegen zwischen den "Welten" noch einigermaßen problemlos möglich. Nach dem Aufstand von 1953 wurde es schwieriger und der junge Hecht quartierte sich bei einer Gastfamilie im Westen ein. Dort traf er auf den Pastor und starken Schachspieler Heinrich Früh, der Hechts Talent fürs Schach erkannte. Hechts Familie wohnte weiter im "Osten", aber Hecht begann seine Schachkarriere im "Westen".

Michael Dombrowsky hat Hajo Hecht in seinen Buch "Berliner Schach Legenden" ein Kapitel gewidmet, in dem man schon viele spannende Einblicke in die Lebensumstände der frühen Nachkriegszeit erhält. Wessen Interesse an der deutschen Nachkriegsschachgeschichte geweckt wurde, der kann nun mit Hans-Joachim Hecht selber eine (Zeit-)Reise durch dessen Lebens- und Schachwelten unternehmen. Der Berliner und spätere Münchner Großmeister hat seine Schachautobiographie verlegt und nennt sie "Rochaden". Gemeint sind seine eigenen Lebensrochaden, die ihn von Ost nach West, vom Amateur zum Profi und schließlich wieder zurück zum Schach geführt haben.

Das Buch ist gespickt mit persönlichen Bildern, Fotos und Dokumenten, die das Leben zum Kriegsende und danach plastisch illustrieren. Nach der Gründung der DDR am 7.Oktober 1949 beschlossen Hechts Eltern, die in Rangersdorf lebten, ihren Sohn in den Westen Berlins in die Schule zuschicken. Das war möglich, aber die Schüler, die sich auf den Weg machten, waren an den Übergangsstellen der Willkür der Grenzwachen ausgeliefert. Manchmal durfte man hinüber, manchmal nicht.

Schließlich erhielten die Eltern aber doch einen Strafbefehl, nicht etwa, weil ihr Sohn im Westen zur Schule ging, sondern weil er im Osten der Schulpflicht nicht nachkam. Hajo Hecht wohnte nun in der Woche zur Untermiete im Westen, am Wochenende besuchte er seine Eltern im Osten. Nach dem Abitur begann Hecht im Westen Mathematik zu studieren. Er hatte einen Ostpass, mit dem er in die DDR reisen konnte, und einen Westpass, der es ihm ermöglichte in die Bundesrepublik zu Schachturnieren zu reisen. Nachdem den DDR-Behörden sein Leben in den zwei Welten bekannt wurde und sie ihn aufforderten, seine Ausbildung im Westen zu beenden, entschloss sich Hecht zusammen mit einer seiner Schwestern zur "Republikflucht". Das war mit den Eltern abgesprochen, denen aber zur Strafe dafür von den Behörden ihr Haus weggenommen wurde.

Hauptsächlich geht es aber in Hechts Buch natürlich um Schach. Der Leser kann den kommenden Großmeister auf seinem ganzen Weg begleiten, der beim Schachklub Tempelhof beginnt. Es gibt witzige Anekdoten: Anfangs glaubte der junge Hecht beim Nachspielen von Partien tatsächlich, dass 0-0 "Nullzug" bedeutet: die Möglichkeit, auf einen Zug zu verzichten.

Hecht nimmt erst an Jugendturnieren, dann an "richtigen" nationalen und internationalen Turnieren teil, spielt in der Bundesliga und auf insgesamt zehn Schacholympiaden und dokumentiert dies alles auf 430 Seiten in lebendigen Berichten, mit zahlreichen Partien und Fotos, auf denen man viele andere bekannte Zeitgenossen, deutsche Meisterspieler und Internationale Großmeister wiederfindet - ein fantastischer Blick in eine andere Zeit, auch deshalb, weil hier viele Spieler in ihren noch jungen Jahren abgebildet sind. Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass Raymond Keene tatsächlich mal rank und schlank war?

 

 

Erschienen ist das Buch in Arno Nickels Edition Marco mit festem Einband, sehr gefällig editiert und gesetzt und kostet 36 Euro.

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Am 27. November stellt Hans-Joachim Hecht sein Buch in der Münchner Schachakademie vor:



Die Münchener Schachakademie lädt dort zu einer Buchpräsentation:

- ROCHADEN - von Hans-Joachim Hecht.

 


Abendprogramm

GM Hans-Joachim Hecht und Fernschach GM Arno Nickel, Inhaber des Schachverlags „edition marco“ präsentieren in der Münchener Schachakademie in Anwesenheit der Gastgeber GM Kindermann, GM Hertneck und FM Dengler GM Hechts neues Buch „Rochaden“. Ehrengast ist GM Pfleger. Geboten wird ein kurzer Abriss von Großmeister Hechts Schachstationen in Berlin, Solingen und München, Beispielen am Demobrett und eine offene Diskussion mit den Gästen. Im Anschluss geselliger Austausch mit open end. 

Wann: Freitag, den 27.11. um 18.30 Uhr

Wo: Münchener Schachakademie, Zweibrückenstraße 8, 80331 München

Einladung als pdf...

Ihre Anmeldung wird erbeten bis 15.11.15 telefonisch oder an info@mucschach.de .

Münchener Schachakademie GmbH
Zweibrückenstraße 8
80331 München
fon (0 89) 95 89 43 30
info@mucschach.de
www.mucschach.de

 

 


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.

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