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Das englische Seebad Hastings hat sich auf zweifache Weise in die Annalen eingetragen. 1066, und zwar am 28. September, landete hier der Normanne Wilhelm der Eroberer mit seinem Heer und lieferte sich wenig später, am 14. Oktober in der Nähe, bei der Stadt Battle, eine entscheidende Schlacht mit dem Heer des letzten angelsächsischen Königs Harald II. (Harold Godwinson). Harold II. wurde besiegt und getötet.
Der Grund für die Auseinandersetzung war der Tod des englischen Königs Eduard des Bekenners, der ohne Nachfolger gestorben war. In der Ratsversammlung der englischen Kleinkönige wurde Harold Godewind als König gewählt, hatte allerdings mit seinem Bruder Tostig von Northumbria und dem norwegischen König Harald Hardrade ernsthafte Widersacher, wie man weiß. Außerdem vertrat noch Wilhelm II., Herzog der Normandie, mit aller Entschiedenheit die Auffassung, dass der verstorbene Eduard ihm den englischen Thron versprochen hatte, und war gewillt, diesen Anspruch durchzusetzen, notfalls mit Gewalt.
Wilhelm II rüstete bereits im Juli 1066 eine Armee, in der Absicht, über die Straße von Dover nach England überzusetzen. Harold II. war dies bekannt und er warb ebenfalls eine Streitmacht an. Wilhelm II. wartete jedoch mit seinem Angriff und war im Gegensatz zu seinem Widerpart auf der Insel auch in der Lage, sein Heer über mehrere Wochen zu versorgen und zusammenzuhalten. Die Armee von Harold II. fiel indes im Gegensatz dazu nach und nach auseinander. Am 8. September begann Harold II. offiziell mit der Auflösung und zog sich nach London zurück. Zu seinem Pech wurde ein Großteil seiner Flotte beim Rückzug durch den Kanal auch noch im Sturm zerstört.
Dann überschlugen sich die Ereignisse: Eine Armee von Harolds verbündeten Widersachern Tostig und Harald Hardrade landete an der englischen Küste und zog nach York. In mehreren Schlachten besiegte Harold seine beiden Rivalen und zog dann nach Süden, um jetzt Wilhelm II. den Weg zu versperren, der inzwischen übergesetzt hatte. Allerdings erwies sich das Heer von Harold II. der französisch-normannischen Invasionsarmee als unterlegen, auch aus Erschöpfung infolge der vorangegangenen Schlachten. Harold II. wurde besiegt und getötet.
Die Geschichte der Invasion ist im Teppich von Bayeux aufgestickt. Der ganze Teppich...
Wilhelm II. zog weiter nach Norden. Bis Weihnachten 1066 hatte sich der Großteil der südenglischen Städte und Lokalfürsten dem neuen Herrscher unterworfen. Am Weihnachtstag ließ Wilhelm II. sich in der Westminster Abbey zum englischen König krönen. Der Rest ist bekannt (Robin Hood, Investiturstreit, Magna Carta, Rosenkriege, Heinrich VIII, Linksverkehr, Francis Drake, Elisabeth I und II, Brexit). Es war dies das letzte Mal, dass England von einer Invasionsarmee erfolgreich erobert werden konnte. Auch später gab es noch Versuche, zuletzt 1940, aber sie scheiterten alle.
Ein wichtiger Baustein des erfolgreichen Heerzuges von Harold II. war sicher auch dessen Geduld. Er wartete mit seinem Angriff, bis die Armee seines Gegners auseinanderbrach. Auch hier galt also schon Nimzowitschs Erkenntnis, dass die Drohung stärker ist als die Ausführung. Damit sind wir beim Schach.
Die Schachtradition reicht in Hastings bis in die letzte Dekade des 19. Jahrhunderts zurück. Nach einigen überlieferten Wettkämpfen wurde 1895 das erste große Internationale Schachturnier ausgetragen. Mit Steinitz und Lasker nahmen der erste und der zu dieser Zeit aktuelle Weltmeister teil. Viele weitere große Namen sind in der Liste der 22 Teilnehmer zu finden. Sieger des Turniers wurde jedoch nicht der Weltmeister, sondern der junge US-Amerikaner Harry Nelson Pillsbury. Tschigorin, der gegen Steinitz zweimal ohne Erfolg um den Weltmeistertitel gekämpft hatte, wurde Zweiter. Erst dann kam der Weltmeister, gefolgt von Tarrasch und Steinitz.
Stehend (von links): Albin, Schlechter, Janowski, Marco, Blackburne, Maróczy, Schiffers, Gunsberg, Burn, Tinsley.
Sitzend (von links): Vergani, Steinitz, Tschigorin, Em. Lasker, Pillsbury, Tarrasch, Mieses, Teichmann.
Zum Zeitpunkt seines Turniersieges war der aus Boston stammende Pillsbury erst 23 Jahre alt. Er starb leider jedoch schon wenige Jahre später, 1906, an den Folgen einer Syphilis, damals eine unheilbare Krankheit.
Die Schachtradition in Hastings ging weiter, hatte dann aber erst wieder 1922 mit dem "Turnier der sechs Meister" seinen nächsten großen Höhepunkt. Aljechin gewann vor Rubinstein. Seit dem "Hastings International Chess Congress" von 1921 findet das Turnier nun fast ohne Unterbrechung alljährlich statt - nur in den Kriegsjahren des Zweiten Weltkrieges ruhten die Bretter und Figuren. Hastings ist damit das älteste noch bestehende Traditionsturnier. So gut wie alles, was Rang und Namen in der Schachgeschichte hat, ist auch mindestens einmal nach Hastings gereist, um hier an den Weihnachtsturnieren teilzunehmen, darunter jeder der ersten zehn Schachweltmeister: Willhelm Steinitz, Emanuel Lasker, José Raul Capablanca, Alexander Aljechin, Max Euwe, Michail Botvinnik, Vassili Smyslov, Michail Tal, Tigran Petrosjan und Boris Spassky sowie der zwölfte Schachweltmeister Anatoli Karpov. Nur der Name von Robert James Fischer fehlt aus dieser Epoche.
1930/31 tauchte auch der geheimnisvolle Mir Sultan Kahn in Hastings auf und wurde hinter Euwe und Capablanca Dritter. Bei den nächsten beiden Turnieren spielte er ähnlich erfolgreich mit. In seiner kurzen aktiven Zeit war Sultan Khan einer der weltbesten Spieler. Der Statistiker Jeff Sonas zählte ihn zwischen 1931 und 1934 zu den zehn besten Spielern. Sultan Kahn stammte aus einem Dorf aus dem heutigen Pakistan, damals Britisch Indien und war der Diener eines indischen Obersten namens Nawab Sir Malik Umar Hayat Khan, der sich einige Zeit in England aufhielt. 1934 zog Sultan Khan mit seinem Dienstherren wieder nach Indien zurück und verschwand aus der Schachwelt.
Die Tradition der Rundenturniere mit bekannten Spielern endete 2003. Die Organisatoren setzten die Schachtradition aber mit Offenen Turnieren fort. Und natürlich war und ist das Turnier in Hastings auch eine beliebte Adresse für viele junge indische Schachspieler. Einer von ihnen, D. Sengupta, trug sich in diesem Jahr in die Siegerliste ein. Sengupta kam als einziger Spieler auf 7 Punkte.
Einen sensationellen Erfolg feierte sein ganz junger Landsmann R. Praggnanandhaa. Der vielleicht kommende indische Superstar und mögliche Anand-Nachfolger ist erst elf Jahre alt und jüngster IM überhaupt. Er wurde Dritter nach Zweitwertung. Außer ihm holten vier weitere Spieler 6,5 Punkte: Miklos Galyas (Ungarn), Bogdan Lalic (Kroatien), Das Arghyadip (Indien) und Haria Ravi (16 Jahre, England). Der Inder Sethuraman S.P. (Indien) war Wertungsbester der Spieler mit 6 Punkten. Karthikeyan Murali (Indien) wurde Zehnter. Nicht weniger als fünf indische Spieler belegten also Plätze in den Top Ten.
D. Sengupta
R. Praggnanandhaa
Haria Ravi war bester Engländer
Im indischen Duell gegen Siwa Mahadevan erwies sich Praggnanandhaa in einer forcierten Variante als theoriefester:
Es nahmen auch einige Spieler aus Deutschland teil, aber keine Titelträger.
Rg. | Name | EloI | Pkt. | ||
1 |
|
GM | SENGUPTA Deep | 2575 | 7,0 |
2 |
|
IM | GALYAS Miklos | 2473 | 6,5 |
|
IM | PRAGGNANANDHAA R | 2452 | 6,5 | |
|
GM | LALIC Bogdan | 2443 | 6,5 | |
|
IM | DAS Arghyadip | 2399 | 6,5 | |
|
FM | HARIA Ravi | 2382 | 6,5 | |
7 |
|
GM | SETHURAMAN S.P. | 2647 | 6,0 |
|
GM | FIER Alexandr | 2590 | 6,0 | |
|
GM | GLEDURA Benjamin | 2584 | 6,0 | |
|
GM | KARTHIKEYAN Murali | 2530 | 6,0 | |
|
GM | RASMUSSEN Allan Stig | 2502 | 6,0 | |
|
IM | TAN Justin | 2451 | 6,0 | |
13 |
|
GM | GORMALLY Daniel W | 2493 | 5,5 |
|
GM | HEBDEN Mark L | 2492 | 5,5 | |
|
IM | KJARTANSSON Gudmundur | 2468 | 5,5 | |
|
FM | HANSEN Mads | 2452 | 5,5 | |
|
IM | CHENG Bobby | 2446 | 5,5 | |
|
GM | FLEAR Glenn C | 2428 | 5,5 | |
|
FM | THYBO Jesper Sondergaard | 2352 | 5,5 | |
|
IM | BATES Richard A | 2347 | 5,5 | |
|
PLAYER Edmund C | 2239 | 5,5 | ||
|
WGM | MAISURADZE Nino | 2231 | 5,5 | |
|
IM | MARUSENKO Petr | 2214 | 5,5 | |
|
FM | LYELL Mark | 2203 | 5,5 | |
|
BOINO Claudio | 2066 | 5,5 |
... 99 Spieler
Kleiner Spaß am Rande: Keine Elektronik bleibt unentdeckt
Der Schachstand. Es gab auch Bücher
Wie beeindruckend die Tradition der Turniere von Hastings sind, kann man eigentlich erst ermessen, wenn man die lange Liste vor sich sieht. Wir haben einmal die Seiten aus dem Turnierindex der Mega Database 2017 aneinander geklebt. In jedem Turnier, vor allem der früheren Jahre, nahmen großartige Spieler teil und spielten viele fantastische Partien:
Ein Streifzug durch die ganze Schachgeschichte, nur an einem einzigen Ort!
Fotos vom Hastings Chess Congress 2017: Brendan O'Gorman (Turnierseite)