Hensel widerspricht Topalov

von ChessBase
29.10.2006 – In einem Interview für De Volkskraant während des Essent-Turniers in Hoogeveen hat Veselin Topalov seine Anschuldigungen gegenüber Kramnik erneuert, dieser hätte im Wettkampf in Elista möglicherweise mit Hilfe von Computern gespielt und wäre deshalb so oft nicht am Brett gewesen. Im Weiteren gab Topalov eine Darstellung der Vorgänge in Elista aus seiner Sicht. Dieser wird von Carsten Hensel, Manager von Kramnik, mit einer Erklärung für die Presse widersprochen. Hensel fügt seinen Erläuterungen eine schriftliche Erklärung von Valery Bovaev, dem Vorsitzenden des Executive Committees in Elista bei. Demnach sind schon am 25.September, nach den ersten beiden Partien, zum ersten Mal Videoaufzeichnungen von Makropoulos und Asmaiparashvili angefordert und zusammen mit "Experten des Topalov"-Teams in Topalovs Wohnhaus ausgewertet worden. Weitere Besichtigungen von Aufzeichnungen gab es am 27. und 28.September. Presseerklärung...

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Presseerklärung:
 

Der Chessbase Bericht vom 27.10.2006 enthält Zitate und Behauptungen von Großmeister Veselin Topalov, die nicht den Tatsachen entsprechen.

Topalov: "I underestimated the reaction of my body. It's not so strange that it relaxed after the intense concentration of the match in Elista. Should I not have come here to play? That did not occur to me for one moment. I have never ever breached a signed contract. I am not Kramnik. How often has he withdrawn with vague complaints of fatigue? This spring he withdrew from the tournament in Monaco immediately after he had signed the contract for the match against me."

 

Vladimir Kramnik hat niemals in seiner Karriere einen Vertrag gebrochen. Die Nichtteilnahme an den Turnieren in Corus 2006 und Monaco 2006 erfolgte aus Krankheitsgründen. Dies geschah im engen Kontakt und Einverständnis der Organisatoren, deren frühzeitig medizinische Zertifikate vorgelegt wurden. Die Verträge wurden im gegenseitigem Einvernehmen aufgelöst. Falsch ist demnach auch die Behauptung Kramnik habe sich vom Turnier in Monaco nach der Unterzeichnung des WM-Vertrages zurückgezogen. Richtig ist, dass der WM-Vertrag im April 2006 unterzeichnet wurde und die Auflösung des Monaco-Vertrages aus Krankheitsgründen bereits im Februar 2006 erfolgte.

 

Topalov: “After the fourth game my manager asked to see the surveillance tapes in order to find out exactly how my opponent was spending his time in the restroom. He he saw that Kramnik visited the toilet very frequently, and so we became suspicious. Naturally this is suspicious behavior. The toilet was the only area that was not covered by the surveillance cameras.”

 

Aufgrund dieser Äußerung veröffentlichen wir einen Bericht des Herrn Valery Bovaev, Vorsitzender des Executive Committees in Elista. Aus dieser Erklärung geht eindeutig hervor, wer bei der Ansicht der video recordings – unter Verletzung der Persönlichkeitsrechte von Vladimir Kramnik – welche Rolle gespielt hat. Es wird deutlich, dass die video recordings nicht erst nach der 4. Partie angefragt wurden, sondern schon Tage zuvor.

 

Topalov: "The Appeals Committee agreed to lock up the toilets in the restrooms. Kramnik reacted like an injured innocent. Contract this and contract that, how dare they insult me. It is always the same with him. He breaks the rules continuously, but heaven forbid his own rights should be touched. That Kramnik did not show up for the fifth game was his own fault. He thought he could get away with anything. I would have preferred to play the game and see our protest comprehensively addressed. Instead I got one free point. But Kramnik got his way in all the other points. He could do anything he wanted in his restroom, and the Appeals Committee was dismissed.

The consequence was that starting from the sixth game I no longer knew whom I was playing against. Kramnik had been quite vulnerable in the past year, but in this match he hardly made any tactical mistakes. I began to have doubts. Was Kramnik my opponent or was it Kramnik assisted by a computer? In order to keep him at the board as much as possible I started playing very quickly. Too quickly sometimes. The blunder which caused me lose the ninth game was the result of a decision I had taken too quickly.”


 

Herr Topalov bleibt die Antwort schuldig, welche Regeln Vladimir Kramnik gebrochen haben soll. Das Gegenteil war der Fall. Durch den Vertragsbruch des Appeals Committee’s der FIDE hat übrigens Partie 5 im juristischen Sinne niemals stattgefunden. Das Ergebnis des Wettkampfes im klassischen Schach lautet demnach 6:5 zu Gunsten von Vladimir Kramnik.

Die im folgenden von Herrn Topalov geäußerten Zweifel sind nichts anderes als eine peinliche Entschuldigung im Zusammenhang mit einer schweren sportlichen Niederlage. Widersprüchlich ist auch die Tatsache, dass alle Maßnahmen zur Verhinderung etwaiger Manipulationen (Glaswand mit integriertem Lichtvorhang, Bann aller elektronischer Signale im Spielbereich, den Ruheräumen und den Toiletten, physische Untersuchung der Spieler sowie aller Räumlichkeiten vor Beginn jeder Partie) vom Team Kramnik eingebracht wurden. Das Team Topalov hat sich vor Beginn der 1. Partie so gut wie überhaupt nicht um diese Sicherheitsaspekte gekümmert. Fest steht, dass seitens der Organisation alle Anstrengungen unternommen wurden, jegliche Art von Manipulationen von vornherein auszuschließen. Weitere Verschärfungen der Kontrollen während des Wettkampfes wurden von Vladimir Kramnik begrüßt und teilweise selbst gefordert. Es wurde in Elista ein Standard entwickelt, der für die Zukunft des Profischach beispielgebend sein kann.

Dass sich Team Topalov dennoch dazu hat hinreißen lassen, enge Bindungen zu hochgestellten FIDE-Funktionären zu nutzen, um Vladimir Kramnik zu beschädigen ist ein beispielloser Akt von Unsportlichkeit, der nicht nur in der Schachwelt seinesgleichen sucht. Dies gilt im Zusammenhang mit

  • der Herausgabe der privaten video recordings unter Verletzung von Persönlichkeitsrechten
  • der widerrechtlichen Aberkennung von Partie 5 nach Vertragsbruch durch die FIDE und auch
  • den indirekten Anschuldigungen und Betrugsvorwürfen unter Rufschädigung der Person Kramnik.

Das folgende PR-Desaster des Team’s Topalov resultierend aus Unprofessionalität und der Unterschätzung der Intelligenz der Öffentlichkeit sowie die klare sportliche Niederlage ist nichts anderes als ein Sieg der Gerechtigkeit. Die Akzeptanz dieser Niederlage durch Herrn Topalov ist aus meiner Sicht der einzig vernünftige Satz in diesem Interview.

Dortmund/Germany, 28.10.2006

Carsten Hensel
(Manager to Vladimir Kramnik, World Chess Champion)

 

 

 


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