5. Heusenstamm-Sparkassen-Open mit Rekordbeteiligung

von Gerd Densing
01.12.2018 – Am letzten Sonntag ist im hessischen Heusenstamm die 5. Auflage des "Sparkassen-Opens" zu Ende gegangen. Obwohl zeitgleich die Schlussphase der Schachweltmeisterschaft lief, fanden viele Schachinteressierte den Weg in die südlich von Offenbach gelegene Kleinstadt - die Zahl der Turnierteilnehmer erreichte sogar einen Rekordwert. Unser Autor Gerd Densing war an den vier Turniertagen als Schiedsrichter und Pressewart im Einsatz, hat aber trotzdem noch Zeit zum Fotografieren und für einen ausführlichen Bericht gefunden.

ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024 ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024

ChessBase ist die persönliche Schach-Datenbank, die weltweit zum Standard geworden ist. Und zwar für alle, die Spaß am Schach haben und auch in Zukunft erfolgreich mitspielen wollen. Das gilt für den Weltmeister ebenso wie für den Vereinsspieler oder den Schachfreund von nebenan

Mehr...

Wie bereits in den Vorjahren war das Kultur- und Sportzentrum am Martinsee in Heusenstamm ein idealer Austragungsort für die 5. Ausgabe des beliebten Schachturniers. Die große Halle bot den Spielern sehr gute Turnierbedingungen mit ausreichend Platz und guten Lichtverhältnissen. Mit 424 Teilnehmern, davon 245 in der A-Gruppe, 128 in der B-Gruppe und 51 im Jugendturnier, wurde erneut ein Teilnehmerrekord aufgestellt. Damit hat sich das Event als größtes offenes Schachturnier Hessens etabliert und zählt inzwischen auch zu den größeren Schachturnieren auf Bundesebene.

Ausrichter war der Schachclub Heusenstamm e.V. mit seinem Vorsitzenden Dr. Rudolf Benninger. Die Organisation und Durchführung oblag dem Turnierdirektor und Paring-Officer Hans-Dieter Post und dem sehr gut abgestimmten und mit sonstigen Tätigkeiten voll ausgelasteten Schiedsrichter-Team um Peter Faiß. Das Turnier wurde ohne besondere Vorkommnisse bzw. Streitfälle durchgeführt. 

Die Teilnehmer wurden durch den in der Halle agierenden Restaurant- und Cateringservice bestens kulinarisch versorgt.

In allen Turniergruppen wurden insgesamt sieben Runden nach Schweizer System gespielt, im Jugendturnier allerdings mit verkürzter Bedenkzeit und auf Freitag bis Sonntag konzentriert.

Hauptsponsor des Events war die Sparkasse Langen-Seligenstadt. Dank dieses schon mehrjährigen Engagements und weiterer Sponsoren konnte, wie bereits im Vorjahr, ein Preisfonds von 10.000 € bereitgestellt werden. Über ein Drittel war für die A-Gruppe reserviert und somit ein Anreiz auch für viele Schachprofis, den Weg nach Heusenstamm zu finden und um einen der Hauptpreise zu kämpfen. Neben den Hauptpreisen in den Open A und B sowie dem Jugendturnier gab es jeweils zahlreiche Sonderpreise, beispielsweise für mehrere Rating-Kategorien und für Frauen, Senioren und Jugendliche. Nicht zuletzt erhielt auch die/der beste SpielerIn aus Heusenstamm einen Preis.

Die Züge an den 16 Spitzenbrettern wurden in jeder Runde vor Ort auf eine Leinwand und live ins Internet übertragen. Die Übermittlung verlief in Echtzeit.

Wie bereits im Vorjahr war die A-Gruppe an der Spitze recht gut besetzt (9 GM, 11 IM und 19 FM sowie 2 weibliche Titelträger).

Setzlistenerster und TOP-Favorit war der polnische Großmeister Daniel Sadzikowski, der in der ersten Mannschaft des ausrichtenden Vereins SC Heusenstamm e.V. spielt.

Großmeister Daniel Sadzikowski, rechts die deutsche WFM Lara Schulze

Turnierverlauf in der A-Gruppe

Bereits die erste Runde brachte an einzelnen Tischen Überraschungen bzw. unerwartete Ergebnisse.

An Tisch 6 konnte Dominik Laux, (Jahrgang 2006), gesetzt an Nr. 127, gegen GM Leonid Milov mit Weiß in einer Holländischen Partie ein Remis erreichen. Etwas spektakulärer war die Partie am Nachbartisch (7). Dort erreichte Rafael Müdder mit Schwarz in einem c3-Sizilianer nach einem spektakulären Figurenopfer (für 3 Bauern) und taktischen Scharmützeln gegen IM Petro Golubka ebenso ein Remis. An Brett 10 spielte Stefan Calvi gegen GM Orest Gritsak ebenfalls remis. Ansonsten gab es erst an Brett 27 und den Brettern 30-32 Remispartien. An Brett 42 gewann Diyor Bakiev gegen FM Thomas Henrich.

In der zweiten Runde gaben sich die Turnierfavoriten an den vordersten Brettern keine Blöße. An Tisch 15 erreichte Michael Braun gegen IM Dr. Julian Geske ein Remis. Ebenso spielte Igor Bordin an Tisch 20 Remis gegen FM Mateusz Paszewski. Weitere Remispartien gab es u.a. an den Brettern 20-22. Einen FM-Skalp errang an Brett 35 Matthias Hoffmann (Nr. 108 der Setzliste) mit einem Sieg gegen FM Uwe Kersten.

Die dritte Runde brachte die ersten Begegnungen von Titelträgern. Der junge deutsche Ruben Gideon Köllner rang dem Setzlistenersten GM Daniel Sadzikowski an Tisch eins – trotz Doppelbauern – aber dank zuschauender drei Glücksbringer ein Remis ab. Richard Bethke gewann an Brett 9 gegen GM Lev Gutman nach einer schönen Angriffspartie in einem offenen Sizilianer mit zweifachem Bauernopfer. An Brett 12 gewann WFM Lara Schulze gegen FM Jonas Hacker. Sie konterte in einer italienischen Partie den frühen schwarzen Bauernvorstoß am Königsflügel, öffnete den Damenflügel (schwarz hatte lang rochiert) und gewann das Schwerfigurenendspiel mit beiderseitigem Bauernwettrennen. Florian Hahn erreichte an Brett 14 gegen IM Robert Baskin ein Remis, ebenso wie Berthold Engel gegen FM Julius Muckle an Tisch 17 und Rolf Zimmermann an Tisch 24 gegen FM Mateusz Paszewski.

Nach der dritten Runde waren noch 16 Spieler mit voller Punktausbeute. Die Zwischentabelle wurde vom ukrainischen GM Andrey Sumets vor IM Christopher Noe und GM Momchil Nikolov angeführt. Bereits auf Rang vier war mit Richard Bethke (Startrang 19) der erste Nicht-Titelträger.

Maskottchen von Ruben Gideon Köllner

In der vierten Runde erreichte an Brett eins FM Jens Hirneise, nachdem er an diesem Tag schon viele Rochade-Europa-Flyer verteilt hatte, gegen GM Andrey Sumets mit Schwarz in einem Königsinder nach einem ausgeglichenen Turmendspiel ein Remis.

Taktisch hoch her ging es an Brett 3 in der Partie zwischen IM Christopher Noe und FM Adrian Gschnitzer. Bereits in schlechterer Stellung stellte der IM eine Figur ein uns musste bereits nach dem 24. Zug das Handtuch werfen. IM Roman Khaetsky erreichte am Nachbartisch gegen die Nummer 5 der Setzliste, GM Ivaljo Enchev ein schnelles Remis nach 18 Zügen. WFM Lara Schulze zeigte sich auch in der 4. Runde in guter Form und konnte GM Edouard Andreev ein ausgekämpftes remis abtrotzen.

Die Nummer 1 der Setzliste, GM Daniel Sadzikowski gab gegen FM Pascal Neukirchner bereits sein 2. Remis im Turnierverlauf ab. Dabei wurden 94 Züge bis zum blanken König absolviert.

Nach der Runde hatte sich das Feld der Spieler mit voller Punktausbeute auf nur noch 5 verdichtet.

In der fünften Runde setzten sich an den ersten drei Brettern jeweils die GMs Nikolov, Pap und Sumets gegen ihre nominell schwächeren Gegner durch. Dabei stand GM Momchil Nikolov lange Zeit in einer extrem spannenden Partie gegen IM Radoslaw Barski unter Druck und zwischenzeitlich klar auf Verlust. Das 56. c5 war wohl eine letztendlich wirkungsvolle Verzweiflungstat und die Bewertung kippte nach 56. … Ke4?? zu Gunsten von Weiß. Das Endspiel war sehr lehrreich unter dem Stichwort „die Macht eines Freibauern“.

An Brett vier endete die Partie zwischen Ivajlo Enchev und IM Robert Baskin Remis. An den Brettern 7 und 8 erreichten FM Julius Muckle gegen GM Eduard Andreev und FM Jens Hirneise gegen IM Klaus Klundt ebenfalls Remis. Der gute Lauf von WFM Lara Schulze wurde gestoppt, denn sie verlor an Brett 9 gegen den Setzlistenersten, GM Daniel Sadzikowski.

Nach der Runde verblieben mit GM Momchil Nikolov und GM Misa Pap zwei Spieler bei voller Punktausbeute. Dies war gleichzeitig die Spitzenpaarung der 6. Runde. Ob hier bereits eine Vorentscheidung über den Turniersieg fallen würde? In der Tabelle folgten mit 4,5 Punkte drei Spieler (GM Andrey Sumets, IM Petro Golubka und GM Ores Gritsak). Danach folgten 20 Spieler mit 4 Punkten.

Die Spitzenpartie in Runde 6 zwischen GM Misa Pap und GM Momchil Nikolov endete in einem ausgekämpften Damenendspiel Remis. Ebenso endete die Partie zwischen GM Andrey Sumets und Petro Golubka remis. Allerdings einigten sich die Spieler hier bereits nach 22 Zügen auf die Punkteteilung. An Brett drei gewann GM Orest Gritsak gegen seinen GM-Kollegen Ivaljo Enchev und nahm somit Tuchfühlung zur Tabellenspitze auf. IM Christopher Noe setzte sich gegen FM Jens Hirneise durch und schob sich in der Tabelle nach vorne. WFM Lara Schulze hatte es in der 6. Runde mit Lev Gutman mit einem weiteren GM zu tun. Nach einer weiteren Niederlage fiel sie in der Tabelle weiter zurück. Vor der letzten Runde führten die GM Nikolov, Pap und Gritsak mit jeweils 5,5 aus 6 die Tabelle an.

Großmeister unter sich: Misa Pap (links) und der spätere Turniersieger Momchil Nikolov

In der siebten Runde gab es an Brett 1 zwischen den führenden GMs Momchil Nikolov und Orest Gritsak ein 12-Züge-Großmeisterremis zu bestaunen. An Brett zwei entstand zwischen IM Christopher Noe und GM Misa Pap eine schöne Leningrader Partie mit Würze. Die Partie sollte eine der zeitlich längsten der Schlussrunde werden. In einem Damenendspiel mit zwei Mehrbauern setzte sich IM Christopher Noe durch und schob sich noch auf den zweiten Rang. Turniersieger wurde GM Momchil Nikolov nach Feinwertung (Gegnerschnitt und Fortschrittswertung). Bester Senior wurde GM Lev Gutman auf Platz 13.

Die Turniersieger gemeinsam mit den Organisatoren

Abschlusstabelle des A-Opens

Rang Titel Teilnehmer ELO NWZ Verein/Ort S R V Pkt. GegWr PktSum
1. GM Nikolov,Momchil 2560   vereinslos 5 2 0 6,0 2306 26,5
2. IM Noe,Christopher 2529 2542 SC Eppingen 6 0 1 6,0 2255 24,0
3. GM Gritsak,Orest 2457   vereinslos 5 2 0 6,0 2243 24,0
4. IM Barski,Radoslaw 2459 2430 SC Heusenstamm 6 0 1 6,0 2233 25,0
5. GM Pap,Misa 2473 2445 SF Augsburg 5 1 1 5,5 2291 26,0
6. GM Sumets,Andrey 2580 2521 SF Lilienthal 4 3 0 5,5 2291 24,5
7. FM Zuyev,Igor 2435 2424 SC Heusenstamm 5 1 1 5,5 2277 24,5
8. IM Baskin,Robert 2354 2370 SV Griesheim 4 3 0 5,5 2232 23,0
9. IM Golubka,Petro 2461 2474 Miejski Club Sportowy 4 3 0 5,5 2230 23,0
10. GM Andreev,Eduard 2425 2390 SC Siegburg 4 3 0 5,5 2175 23,5
11. FM Hacker,Jonas 2350 2371 SC Eppingen 5 1 1 5,5 2166 22,5
12. GM Milov,Leonid 2481 2447 SC Noris-Tarrasch Nürnb 4 3 0 5,5 2147 21,5
13. GM Gutman,Lev 2434 2422 SV Lingen 5 1 1 5,5 2136 21,5
14.   Burkhardt,Holger 2005 1972 SK Gießen 5 1 1 5,5 2113 19,0
15. FM Gschnitzer,Adrian 2365 2351 SV Walldorf 5 0 2 5,0 2264 23,0
16. FM Hirneise,Jens 2370 2371 TSV Schönaich 4 2 1 5,0 2248 22,5
17. GM Enchev,Ivajlo 2496   vereinslos 4 2 1 5,0 2228 22,5
18. GM Sadzikowski,Daniel 2544 2606 SC Heusenstamm 3 4 0 5,0 2210 22,0
19. IM Frübing,Stefan 2406 2387 SK König Tegel 4 2 1 5,0 2207 22,5
20. FM Muckle,Julius 2344 2291 SK Ludwigshafen 4 2 1 5,0 2193 22,0
21. FM Neukirchner,Pascal 2305 2302 SK Gründau 4 2 1 5,0 2159 20,0
22.   Farmani Anosheh,Yasha 2127 2078 SK Ladenburg 4 2 1 5,0 2149 21,5
23. FM Paszewski,Mateusz 2355   vereinslos 3 4 0 5,0 2144 21,0
24. FM Bomans,Arno 2262   Gambiet Opwijk 3 4 0 5,0 2139 20,5
25. IM Geske,Julian,Dr. 2382 2320 Wiesbadener SV 3 4 0 5,0 2127 21,5
26. FM Lisanti,Andre 2209 2178 TSV Schott Mainz 5 0 2 5,0 2126 20,0
27.   Chandler,Patrick 2138 2086 SC Nied 4 2 1 5,0 2124 21,0
28.   Engel,Berthold 2129 2121 BG Buchen 4 2 1 5,0 2120 21,0
29.   Hahn,Markus 2271 2244 SVG Caissa Kassel 4 2 1 5,0 2118 19,5
30.   Villwock,Martin 2182 2119 SF Essen-Katernberg 4 2 1 5,0 2111 20,5
31.   Jansen,Dirk Norbert 2209 2168 SV Weidenau/Geisweid 4 2 1 5,0 2101 20,0
32.   de Visser,Leon 2230 2219 SV Griesheim 4 2 1 5,0 2098 19,5
33.   Vakulenko,Oleksandr 1999   Gambit Kiev 4 2 1 5,0 2087 18,0
34. FM Alber,Horst 2287 2224 SK Marburg 3 4 0 5,0 2033 19,5
35.   Henrich,David 2141 2083 Frankfurter TV 4 2 1 5,0 2021 18,0

... 245 Teilnehmer

Partien

 

Turnierseite


Gerd Densing ist ein begeisterter Vereins- und Turnierspieler. Seine Eindrücke hat er in vielen Berichten auf der ChessBase-Nachrichtenseite festgehalten.

Diskutieren

Regeln für Leserkommentare

 
 

Noch kein Benutzer? Registrieren