"Der Meister-Titel hat mir wirklich viele Türen geöffnet“
Ein Interview mit Deutschen Meister 2010 IM Niclas Huschenbeth
Von Axel Fritz (Mai 2011)
Herr Huschenbeth, Gratulation in der letzten ELO Liste sind Sie
mit über 2500 ELO Punkten gelistet. Dürfen und müssen wir den noch amtierenden
Deutschen Meister jetzt mit Herrn Großmeister anreden?
Nein, leider noch nicht. Ich bin noch einen gefühlten winzigen
Schritt davon entfernt. Ich habe drei Normen und Elo 2500, aber ich schätze, ich
bin wohl ein Sonderfall. Meine erste GM-Norm habe ich nämlich beim Europacup
erzielt, dem einzigen Turnier, in dem es möglich ist eine 7-rundige Norm zu
erspielen. Und diese Norm ist im Grunde jetzt nutzlos, da ich insgesamt mit
meinen beiden anderen 9-rundigen Normen auf 25 Normenpartien komme, in den
FIDE-Statuten aber 27 zum Erwerb des GM-Titels vorgeschrieben sind.
Sie haben GM Normen erzielt und über 100 ELO Punkte gewonnen.
Sportlich hat sich der Erfolg, vor einem Jahr in Bad Liebenzell Deutscher
Meister geworden zu sein, gelohnt ...
Der Meister-Titel hat mir wirklich viele Türen geöffnet, auch
Türen, mit denen ich überhaupt nicht gerechnet hatte. So habe ich z.B. ein
Angebot für ein Stipendium in den USA erhalten, damit ich deren
Universitätsmannschaft verstärke.
Schachlich gesehen durfte ich dank des Titels zweimal in der
Nationalmannschaft (Mitropa-Cup und Olympiade) spielen und auch die Teilnahme in
der A-Gruppe des Aeroflot-Turniers in Moskau ist teilweise auf den Titel
zurückzuführen.
Im letzten Jahr haben Sie bei der Schacholympiade in
Khanty-Mansiysk gespielt und 4.5 Punkte aus acht Partien geholt. Sie haben in
der Bundesliga gegen Weltklassespieler Vallejo Pons gewonnen, haben beim
Aeroflot Open gegen starke Spieler wie Markus Ragger oder Igor Lysyj bestehen
können und beim kürzlich beendeten 15. Neckar Open haben Sie nur gegen den
Sieger Arkardji Naidisch verloren und einem beachtenswerten 4. Platz gemacht.
Was tun Sie dafür?
Ich denke, der Hauptgrund für mein gutes Abschneiden in den
letzten Monaten ist, dass ich mich voll und ganz auf Schach konzentrieren kann
und nicht durch Schule oder Studium abgelenkt werde. Dies wurde mir ermöglicht
durch die Bundeswehr, in der es eine Sportfördergruppe gibt und dank der
Nominierung des Deutschen Schachbundes wurde ich in diese aufgenommen. Im
Training konzentriere ich mich hauptsächlich auf Eröffnungsanalyse und
Variantenberechnung, nebenbei schaue ich aber auch gerne die erstklassigen
Endspielvideos von Karsten Müller. Und um auch konditionell auch auf der Höhe zu
sein, geh ich häufig um die Alster joggen oder spiele ein bisschen Fußball.
Sind Sie auf dem Weg zum Schachprofi?
Ich denke, ich bin es bereits! Meine Aufgabe, die mir von der
Bundeswehr quasi vorgegeben ist, lautet, dass ich Deutschland möglichst gut
repräsentiere. Dafür trainiere ich täglich mehrere Stunden und dieses Training
hat sich in letzter Zeit auch ganz gut ausgezahlt. Aber irgendwann wird die Zeit
in der Bundeswehr ein Ende haben und dann werde ich wohl ein „ganz normaler“
Student, der nur noch ab und zu seinem Hobby frönt.
Sie starten nun Ende Mai bei den Deutschen Meisterschaften in
Bonn. Wie stehen Ihre Chancen?
Nun, im Gegensatz zu letztem Jahr werden wohl alle ganz besonders
auf der Hut sein, wenn sie gegen mich spielen. Außerdem spielen drei starke
Spieler (Buhmann, Fridman und Gustafsson) mit, die letztes Jahr wegen der EM
nicht dabei waren. Ich bin an 6 gesetzt und mein Ziel ist es, unter die ersten 5
zu kommen.
Was macht Niclas Huschenbeth, wenn er nicht Schach spielt?
Wie gesagt betreibe ich gerne den einen oder anderen Sport, jetzt
die letzten Wochen bin auf den Basketball-Geschmack gekommen, was ich eigentlich
nicht für möglich gehalten hätte. Aber ich denke, Fußball bleibt meine Sportart
No. 1. Daneben habe ich mich, nachdem ich ungefähr 10-mal gefragt wurde „Waaas,
du bist 18 und hast noch keinen Führerschein?“, in einer Fahrschule angemeldet
und schon die ersten Fahrstunden genommen. Bald werde ich dann also zu dem
erlesenen Kreis von Schachspielern mit Fahrerlaubnis gehören.
"Schach irgendwann nicht mehr aus
meinem Leben weg zu denken“
Ein
Interview mit Sarah Hoolt
Von Axel Fritz (Mai
2011)
Frau Hoolt, warum
spielen bei den Deutschen Meisterschaften die Frauen und Herren nicht zusammen
Schach?
Erst mal muss man festhalten, dass es schon ein Fortschritt ist,
die DEMs der Frauen und der Männer an einem gemeinsamen Ort auszurichten, was in
den letzten Jahren nicht der Fall war. Das erhöht die Attraktivität des Turniers
sowohl für Spieler als auch für Zuschauer. Meiner Meinung nach, wäre eine
Zusammenlegung der Meisterschaften in einem Turnier besonders für die Frauen
wünschenswert. Im Gegensatz zum Männerturnier spielen bei den Frauen die
Nationalspielerinnen nicht mit. Dies war auch in den letzten Jahren so und liegt
hauptsächlich daran, dass die DEM der Frauen schachlich nicht sehr stark besetzt
ist, was sehr schade ist. Mir persönlich würde ein gemeinsames Turnier mehr Spaß
machen.
Sie spielen reine Frauenturniere, aber auch von
männlichen Konkurrenten geprägte Turniere wie in der Bundesliga oder zahlreichen
Open. Gibt es Unterschiede im Spiel von Frauen und Männern?
Ja, es gibt Unterschiede im Schach spielen von Männern und
Frauen, wobei man das nicht verallgemeinern kann. Sicherlich gibt es auch
Frauen, die einen ähnlichen Stil wie die meisten Männer und umgekehrt spielen.
Auffällig ist, dass Männer oft sehr technische und in meinen Augen eher
langweilige Positionen spielen und versuchen einen minimalen Vorteil in einen
vollen Punkt umzuwandeln. Frauen spielen dagegen, angriffsfreudiger, taktischer
und kreativer. Während Männer auch in schlechten Positionen immer den besten Zug
machen, auch wenn dieser lediglich Chancen auf einen halben Punkt gibt, spielen
Frauen dann auch mal einen schlechteren Zug, welcher aber wieder Siegchancen mit
sich bringt und der Gegner nochmal aufpassen muss.
Vergleicht man die März und die Mai Liste des Weltschachbundes FIDE haben Sie
fast 80 ELO Punkte gewonnen. Respekt, wie machen Sie das?
Vor 2-3 Jahren stand ich schon mal kurz vor der 2300. Leider ist meine Elo dann
stark eingebrochen, weil ich mehrere schlechte Turniere gespielt hab. Aber ich
wusste, dass ich auf jeden Fall die Spielstärke besitze, irgendwann die
2300-Marke zu knacken. In den letzten Jahren hatte ich dann mal gute und wieder
schlechte Phasen, sodass ich immer zwischen 2200 und 2300 hin und hergependelt
bin. Jetzt in den letzten Monaten lief es durchweg gut für mich. Sowohl in den
Ligen als auch die letzten beiden Turniere (Cappelle la Grande,Neckar-Open) habe
ich Elo-Plus gemacht, was dann in Summe mehr als 80 Elo ergab. Den Hauptgrund
sehe ich in meinem Training zusammen mit Judith Fuchs. Seit der Olympiade in
Khanty-Mansisk trainieren wir regelmäßig, teilweise mehrmals die Woche zusammen
und es scheint sich bezahlt zu machen.
Sie können also mit reinem Gewissen den Doping - Kontrollen der Nada
(Nationale Anti Doping Agentur Deutschland) bei den Deutschen Meisterschaften
entgegensehen ...
In meinen Augen sind Doping-Kontrollen im Schach überflüssig.
Denn was bringt es einem Schachspieler Muskel aufbauende Substanzen zu sich zu
nehmen!? Man müsste dann eher Konzentration fördernde Mittel, wie z.B. Kaffee
verbieten. Bisher bin ich noch nicht kontrolliert worden und ehrlich gesagt,
fürchte ich mich ein wenig davor. Denn was ist, wenn man aus Versehen durch
Nahrung etwas Verbotenes aufnimmt. Aus Vorsicht verzichte ich sogar darauf,
Magnesiumtabletten zu mir zu nehmen, da laut Nada die Gefahr besteht, dass diese
verunreinigt sein könnten. Schach ist eben ein anderer Sport, ein Denksport. Die
Gefahr, dass Schachspieler betrügen, besteht nicht durch die Einnahme von
verbotenen Substanzen, sondern durch Nutzung verbotener Hilfsmittel, wie der
Skandal in Frankreich gezeigt hat. Deshalb sollte man eher dagegen vorgehen.
Frau Hoolt, im Meisterschaftsfeld der Frauen sind wenig
Profis zu finden. Kann eine Frau überhaupt vom Schachspielen leben?
Die Weltspitze bei den Frauen kann unter Umständen davon leben.
Die Frage ist da nur, wie gut. Denn man hat kein geregeltes Einkommen und ist
immer einem gewissen Druck ausgesetzt. Zumal es dann auch schwierig ist, eine
Familie zu gründen, wenn man als Profischachspielerin ständig unterwegs ist. Für
mich persönlich kam die Möglichkeit nie in Frage. Studium und anschließend einen
'normalen' Job ausüben, schafft für die Zukunft Sicherheit. Auch wenn es dadurch
schwierig ist, immer Studium und Schach spielen unter einem Hut zu bekommen.
Warum spielen Sie überhaupt Schach?
Ich habe das Schach spielen durch meine Eltern und meiner älteren
Schwester erlernt. Durch den Eintritt in einem Verein kam die Teilnahme an den
ersten Turnieren, wo dann ab und zu auch Pokale gewonnen wurden. Durch den
Erfolg, den Spaß bei den Turnieren, welchen man durch viele neue Freunde und dem
Schach spielen selbst hatte, war Schach irgendwann nicht mehr aus meinem Leben
weg zu denken. Auch heute könnte ich darauf nicht verzichten. Schach spielen
gehört einfach dazu und es wäre total komisch, wenn ich jedes Wochenende und
jede Ferien zur freien Planung zur Verfügung hätte.
Paarungen der 1.
Runde
Turnier der Herren
1. Natsidis, Christoph – Fridman, Daniel
2. Gustafsson, Jan – Krassowizkij, Jaroslaw
3. Bracker, Frank – Khenkin, Igor
4. Buhmann, Rainer – Mertens, Heiko
5. Bastian, Herbert – Bindrich, Falko
6. Huschenbeth, Niclas – Mueller, Oliver
7.
Kummerow, Heiko – Seel, Christian
8. Stern, Rene – Vatter, Hans-Joachim
9. Strache, Michael – Dranov, Aleksandr
10. Siebrecht, Sebastian – Svane, Rasmus
11. Molinaroli, Martin – Gschnitzer, Oswald
12. Tischbierek, Raj – Krause, Ullrich
13. Rietze, Clemens – Poetsch, Hagen
14. Lubbe, Nikolas – Zill, Christoph
15. Pitschka, Claus – Seger, Ruediger
16. Jugelt, Tobias – Lederle, Vitus
17. Kessler, Andreas – Andre, Gordon
Turnier der Frauen
1. Ries, Jutta – Hoolt, Sarah
2. Klek, Hanna-Marie – Orlova, Liubov
3. Freter; Anke – Lopatin, Olga
4. Vogel, Heike – Kohls, Vera
5. Reiter, Brigitte – Leveikina, Jevgenija
6. Schulz, Steffanie – Aden, Dagmar
7. Nestuley, Nadezda – Schmidt, Jade
8. Frey, Alisa – Weinmann, Helene