Heute: Start zur Deutschen Meisterschaft

von ChessBase
26.05.2011 – Heute beginnt in Bonn die Deutsche Einzelmeisterschaft. Ausrichter ist der Schachbund NRW, der die Meisterschaft anlässlich seines 150jährigen Jubiläums in seinen Wirkungsbereich geholt hat. Erstmals finden die allgemeine Meisterschaft und die Meisterschaft der Frauen am gleichen Ort statt. Im Rahmen der Titelkämpfe treffen sich die Delegierten der Landesverbände zudem am 4. Juni  zum Bundeskongress des DSB. Neben anderen Tagesordnungspunkten steht die Wahl eines neuen Präsidenten an, da der bisherige Präsident Prof. Robert von Weizsäcker nicht mehr kandidiert. Zur Wahl stehen Hans-Jürgen Weyer und Herbert Bastian. Auch der Landesverband NRW führt seinen Landeskongress durch (29. Mai). Bei der Deutschen Meisterschaft nehmen 34 Spieler teil. Daniel Fridman, Jan Gustafsson und Igor Khenkin führen die Setzliste an. Im Frauenturnier mit 16 Teilnehmerinnen weist Nationalspielerin Sarah Hoolt die beste Elozahl auf. Rundenbeginn ist 14 Uhr. Alle Partien werden auf der Turnierseite übertragen. Axel Fritz sprach mit Titelverteidiger Niclas Huschenbeth und Favoritin Sarah Hoolt.Offizielle Seite... Mehr zum Bundeskongress... Mehr zum Landeskongress NRW ...Interviews, Paarungen der 1. Runde...

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"Der Meister-Titel hat mir wirklich viele Türen geöffnet“
Ein Interview mit Deutschen Meister 2010 IM Niclas Huschenbeth

Von Axel Fritz (Mai 2011)

Herr Huschenbeth, Gratulation in der letzten ELO Liste sind Sie mit über 2500 ELO Punkten gelistet. Dürfen und müssen wir den noch amtierenden Deutschen Meister jetzt mit Herrn Großmeister anreden?

Nein, leider noch nicht. Ich bin noch einen gefühlten winzigen Schritt davon entfernt. Ich habe drei Normen und Elo 2500, aber ich schätze, ich bin wohl ein Sonderfall. Meine erste GM-Norm habe ich nämlich beim Europacup erzielt, dem einzigen Turnier, in dem es möglich ist eine 7-rundige Norm zu erspielen. Und diese Norm ist im Grunde jetzt nutzlos, da ich insgesamt mit meinen beiden anderen 9-rundigen Normen auf 25 Normenpartien komme, in den FIDE-Statuten aber 27 zum Erwerb des GM-Titels vorgeschrieben sind.

Sie haben GM Normen erzielt und über 100 ELO Punkte gewonnen. Sportlich hat sich der Erfolg, vor einem Jahr in Bad Liebenzell Deutscher Meister geworden zu sein, gelohnt  ...

Der Meister-Titel hat mir wirklich viele Türen geöffnet, auch Türen, mit denen ich überhaupt nicht gerechnet hatte. So habe ich z.B. ein Angebot für ein Stipendium in den USA erhalten, damit ich deren Universitätsmannschaft verstärke.

Schachlich gesehen durfte ich dank des Titels zweimal in der Nationalmannschaft (Mitropa-Cup und Olympiade) spielen und auch die Teilnahme in der A-Gruppe des Aeroflot-Turniers in Moskau ist teilweise auf den Titel zurückzuführen.

Im letzten Jahr haben Sie bei der Schacholympiade in Khanty-Mansiysk gespielt und 4.5 Punkte aus acht Partien geholt. Sie haben in der Bundesliga gegen Weltklassespieler Vallejo Pons gewonnen, haben beim Aeroflot Open gegen starke Spieler wie Markus Ragger oder Igor Lysyj bestehen können und beim kürzlich beendeten 15. Neckar Open haben Sie nur gegen den Sieger Arkardji Naidisch verloren und einem beachtenswerten 4. Platz gemacht. Was tun Sie dafür?

Ich denke, der Hauptgrund für mein gutes Abschneiden in den letzten Monaten ist, dass ich mich voll und ganz auf Schach konzentrieren kann und nicht durch Schule oder Studium abgelenkt werde. Dies wurde mir ermöglicht durch die Bundeswehr, in der es eine Sportfördergruppe gibt und dank der Nominierung des Deutschen Schachbundes wurde ich in diese aufgenommen. Im Training konzentriere ich mich hauptsächlich auf Eröffnungsanalyse und Variantenberechnung, nebenbei schaue ich aber auch gerne die erstklassigen Endspielvideos von Karsten Müller. Und um auch konditionell auch auf der Höhe zu sein, geh ich häufig um die Alster joggen oder spiele ein bisschen Fußball.

Sind Sie auf dem Weg zum Schachprofi?

Ich denke, ich bin es bereits! Meine Aufgabe, die mir von der Bundeswehr quasi vorgegeben ist, lautet, dass ich Deutschland möglichst gut repräsentiere. Dafür trainiere ich täglich mehrere Stunden und dieses Training hat sich in letzter Zeit auch ganz gut ausgezahlt. Aber irgendwann wird die Zeit in der Bundeswehr ein Ende haben und dann werde ich wohl ein „ganz normaler“ Student, der nur noch ab und zu seinem Hobby frönt.

Sie starten nun Ende Mai bei den Deutschen Meisterschaften in Bonn. Wie stehen Ihre Chancen?

Nun, im Gegensatz zu letztem Jahr werden wohl alle ganz besonders auf der Hut sein, wenn sie gegen mich spielen. Außerdem spielen drei starke Spieler (Buhmann, Fridman und Gustafsson) mit, die letztes Jahr wegen der EM nicht dabei waren. Ich bin an 6 gesetzt und mein Ziel ist es, unter die ersten 5 zu kommen.

Was macht Niclas Huschenbeth, wenn er nicht Schach spielt?

Wie gesagt betreibe ich gerne den einen oder anderen Sport, jetzt die letzten Wochen bin auf den Basketball-Geschmack gekommen, was ich eigentlich nicht für möglich gehalten hätte. Aber ich denke, Fußball bleibt meine Sportart No. 1. Daneben habe ich mich, nachdem ich ungefähr 10-mal gefragt wurde „Waaas, du bist 18 und hast noch keinen Führerschein?“, in einer Fahrschule angemeldet und schon die ersten Fahrstunden genommen. Bald werde ich dann also zu dem erlesenen Kreis von Schachspielern mit Fahrerlaubnis gehören.

 

"Schach irgendwann nicht mehr aus meinem Leben weg zu denken“
Ein Interview mit Sarah Hoolt
Von Axel Fritz (
Mai 2011)

Frau Hoolt, warum spielen bei den Deutschen Meisterschaften die Frauen und Herren nicht zusammen Schach?

Erst mal muss man festhalten, dass es schon ein Fortschritt ist, die DEMs der Frauen und der Männer an einem gemeinsamen Ort auszurichten, was in den letzten Jahren nicht der Fall war. Das erhöht die Attraktivität des Turniers sowohl für Spieler als auch für Zuschauer. Meiner Meinung nach, wäre eine Zusammenlegung der Meisterschaften in einem Turnier besonders für die Frauen wünschenswert. Im Gegensatz zum Männerturnier spielen bei den Frauen die Nationalspielerinnen nicht mit. Dies war auch in den letzten Jahren so und liegt hauptsächlich daran, dass die DEM der Frauen schachlich nicht sehr stark besetzt ist, was sehr schade ist. Mir persönlich würde ein gemeinsames Turnier mehr Spaß machen.

Sie spielen reine Frauenturniere, aber auch von männlichen Konkurrenten geprägte Turniere wie in der Bundesliga oder zahlreichen Open. Gibt es Unterschiede im Spiel von Frauen und Männern?

Ja, es gibt Unterschiede im Schach spielen von Männern und Frauen, wobei man das nicht verallgemeinern kann. Sicherlich gibt es auch Frauen, die einen ähnlichen Stil wie die meisten Männer und umgekehrt spielen. Auffällig ist, dass Männer oft sehr technische und in meinen Augen eher langweilige Positionen spielen und versuchen einen minimalen Vorteil in einen vollen Punkt umzuwandeln. Frauen spielen dagegen, angriffsfreudiger, taktischer und kreativer. Während Männer auch in schlechten Positionen immer den besten Zug machen, auch wenn dieser lediglich Chancen auf einen halben Punkt gibt, spielen Frauen dann auch mal einen schlechteren Zug, welcher aber wieder Siegchancen mit sich bringt und der Gegner nochmal aufpassen muss.

Vergleicht man die März und die Mai Liste des Weltschachbundes FIDE haben Sie fast 80 ELO Punkte gewonnen. Respekt, wie machen Sie das?

Vor 2-3 Jahren stand ich schon mal kurz vor der 2300. Leider ist meine Elo dann stark eingebrochen, weil ich mehrere schlechte Turniere gespielt hab. Aber ich wusste, dass ich auf jeden Fall die Spielstärke besitze, irgendwann die 2300-Marke zu knacken. In den letzten Jahren hatte ich dann mal gute und wieder schlechte Phasen, sodass ich immer zwischen 2200 und 2300 hin und hergependelt bin. Jetzt in den letzten Monaten lief es durchweg gut für mich. Sowohl in den Ligen als auch die letzten beiden Turniere (Cappelle la Grande,Neckar-Open) habe ich Elo-Plus gemacht, was dann in Summe mehr als 80 Elo ergab. Den Hauptgrund sehe ich in meinem Training zusammen mit Judith Fuchs. Seit der Olympiade in Khanty-Mansisk trainieren wir regelmäßig, teilweise mehrmals die Woche zusammen und es scheint sich bezahlt zu machen.

Sie können also mit reinem Gewissen den Doping -  Kontrollen der Nada (Nationale Anti Doping Agentur Deutschland) bei den Deutschen Meisterschaften entgegensehen ...

In meinen Augen sind Doping-Kontrollen im Schach überflüssig. Denn was bringt es einem Schachspieler Muskel aufbauende Substanzen zu sich zu nehmen!? Man müsste dann eher Konzentration fördernde Mittel, wie z.B. Kaffee verbieten. Bisher bin ich noch nicht kontrolliert worden und ehrlich gesagt, fürchte ich mich ein wenig davor. Denn was ist, wenn man aus Versehen durch Nahrung etwas Verbotenes aufnimmt. Aus Vorsicht verzichte ich sogar darauf, Magnesiumtabletten zu mir zu nehmen, da laut Nada die Gefahr besteht, dass diese verunreinigt sein könnten. Schach ist eben ein anderer Sport, ein Denksport. Die Gefahr, dass Schachspieler betrügen, besteht nicht durch die Einnahme von verbotenen Substanzen, sondern durch Nutzung verbotener Hilfsmittel, wie der Skandal in Frankreich gezeigt hat. Deshalb sollte man eher dagegen vorgehen.

Frau Hoolt, im Meisterschaftsfeld der Frauen sind wenig Profis zu finden. Kann eine Frau überhaupt vom Schachspielen leben?

Die Weltspitze bei den Frauen kann unter Umständen davon leben. Die Frage ist da nur, wie gut. Denn man hat kein geregeltes Einkommen und ist immer einem gewissen Druck ausgesetzt. Zumal es dann auch schwierig ist, eine Familie zu gründen, wenn man als Profischachspielerin ständig unterwegs ist. Für mich persönlich kam die Möglichkeit nie in Frage. Studium und anschließend einen 'normalen' Job ausüben, schafft für die Zukunft Sicherheit. Auch wenn es dadurch schwierig ist, immer Studium und Schach spielen unter einem Hut zu bekommen.

Warum spielen Sie überhaupt Schach?

Ich habe das Schach spielen durch meine Eltern und meiner älteren Schwester erlernt. Durch den Eintritt in einem Verein kam die Teilnahme an den ersten Turnieren, wo dann ab und zu auch Pokale gewonnen wurden. Durch den Erfolg, den Spaß bei den Turnieren, welchen man durch viele neue Freunde und dem Schach spielen selbst hatte, war Schach irgendwann nicht mehr aus meinem Leben weg zu denken. Auch heute könnte ich darauf nicht verzichten. Schach spielen gehört einfach dazu und es wäre total komisch, wenn ich jedes Wochenende und jede Ferien zur freien Planung zur Verfügung hätte.


Paarungen der 1. Runde
 

Turnier der Herren
 1. Natsidis, Christoph – Fridman, Daniel
 2. Gustafsson, Jan – Krassowizkij, Jaroslaw
 3. Bracker, Frank – Khenkin, Igor
 4. Buhmann, Rainer – Mertens, Heiko
 5. Bastian, Herbert – Bindrich, Falko
 6. Huschenbeth, Niclas – Mueller, Oliver
 7. Kummerow, Heiko – Seel, Christian
 8. Stern, Rene – Vatter, Hans-Joachim
 9. Strache, Michael – Dranov, Aleksandr
10. Siebrecht, Sebastian – Svane, Rasmus
11. Molinaroli, Martin – Gschnitzer, Oswald
12. Tischbierek, Raj – Krause, Ullrich
13. Rietze, Clemens – Poetsch, Hagen
14. Lubbe, Nikolas – Zill, Christoph
15. Pitschka, Claus – Seger, Ruediger
16. Jugelt, Tobias – Lederle, Vitus
17. Kessler, Andreas – Andre, Gordon

Turnier der Frauen
1. Ries, Jutta – Hoolt, Sarah
2. Klek, Hanna-Marie – Orlova, Liubov
3. Freter; Anke – Lopatin, Olga
4. Vogel, Heike – Kohls, Vera
5. Reiter, Brigitte – Leveikina, Jevgenija
6. Schulz, Steffanie – Aden, Dagmar
7. Nestuley, Nadezda – Schmidt, Jade
8. Frey, Alisa – Weinmann, Helene

 

 

 

 

 

 


Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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