ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024
ChessBase ist die persönliche Schach-Datenbank, die weltweit zum Standard geworden ist. Und zwar für alle, die Spaß am Schach haben und auch in Zukunft erfolgreich mitspielen wollen. Das gilt für den Weltmeister ebenso wie für den Vereinsspieler oder den Schachfreund von nebenan
Die Wiener Kaffeehäuser und das Schachspiel verbindet eine wechselhafte und anekdotenreiche Geschichte. Ihre besten Tage liegen schon etwas länger zurück. In den Büchern von Michael Ehn kann man mehr darüber erfahren. Im 1899 eröffneten Café Museum, zu dessen Stammkundschaft einst Egon Schiele, Gustav Klimt und Oskar Kokoschka zählten, kam Schach erst viel später, nämlich ab etwa 1970 auf. In dieser Zeit traf sich die Szene noch im Café Laudon. Doch als das Laudon 1985 zu einem asiatischen Restaurant umgebaut wurde, schlug die Stunde des am Karlsplatz liegenden Café Museum, und das Spiegelzimmer wurde zum Refugium der Schachsüchtigen.
Damals war das Museum für den Fotografen Erich Reismann, wie er es selber rückblickend ausdrückt, sein Büro. In seiner Bude hielt er es nicht aus und hatte kein Telefon. Außerdem lag das Kaffeehaus näher bei den Redaktionen, für die er arbeitete. Schach kannte er vom Gymnasium. Dort gab es einen Schachklub, für den er einige Jahre in Wien Liga gespielt hatte. Als der Schachboom einsetzte, wusste Reismann also, was gespielt wurde und erzockte sich bei Partien um die üblichen fünf oder zehn Schilling sein Kaffeegeld. Tauchten Touristen auf, die das Spiel zu meistern glaubten, wussten die Profis die Einsätze aber auch geschickt auf ein Vielfaches zu steigern.
Die Könige des Schachzimmers hießen Khaled Mahdy, genannt Kaletto, und Reini Lendwai. Manche Gäste kannte man nur unter ihrem Kaffeehausnamen. Da war der „tonnenschwere Gerold“, der eigentlich ein schlanker Mann war. Oder der „Ingenieur“, der einmal von seinen Niederlagen so erledigt war, dass er ging, ohne seine Collie-Hündin mitzunehmen. Weil niemand den richtigen Namen des Ingenieurs geschweige denn seine Wohnanschrift wusste, nahm sich bis auf weiteres ein Kellner des Tiers an. Verirrte sich eine Frau ins rauchgeschwängerte Schachzimmer, was gewöhnlich nur alle paar Wochen vorkam, brabbelte einer der Stammgäste: „I brauch ka Puppn, i brauch Kartoffelsuppn.“ Konsumiert wurde wenig, Die Kellner ließen es durchgehen, brachten regelmäßig Tabletts voll mit kostenlosem Wasser ins Schachzimmer, und mancher drückte beim Abrechnen auch mal ein Auge zu.
Dieses eigenartige Biotop weltentrückter Zeitgenossen verdiente eine journalistische Betrachtung, fand Reismann. Mit der Schach-WM 1987 ergab sich ein passender Aufhänger. Der WIENER, ein Zeitgeistmagazin für Männer, beauftragte ihn und Manfred Sax mit einer Reportage. Der Fotograf und der Autor arbeiteten damals regelmäßig zusammen. Erkundungen am Rande der Gesellschaft führten sie zu Punkern, Obdachlosen und Drogensüchtigen. Ihre Reportagen über die österreichische Neonazi-Szene fanden, während Kurt Waldheim Präsident der Republik Österreich war, auch international Abnehmer. Sax zog später nach England um, pendelt aber noch regelmäßig in die Redaktion des WIENER. Reismann machte sich als Magazinfotograf vor allem mit Porträts einen Namen.
Als die Pandemie losging und wenig zu tun war, widmete er sich seinem Schwarz-Weiß-Archiv und stieß dabei auf die rund 500 Schachfotos. Dabei erinnerte er sich daran, dass im Museum früher oft Arbeiten von Studenten der um die Ecke liegenden Kunstakademie hingen. Wie wäre es, wenn dort Abzüge seiner Reportage zu sehen wären?
26 großformatige Abzüge aus der 1987 entstandenen Fotoserie von Erich Reismann sind nun hier zu sehen.
Mehr Bilder in der Galerie (s.o.)
Michaela Drescher wurde im Café Museum von Kineke Mulder für ihre Porträtserie „Liebenswerte Schachfiguren“ aufgenommen.
Michaela Drescher (Foto: Kineke Mulder)
In der Zwischenzeit hatten die Betreiber mehrmals gewechselt. Mitte der Neunzigerjahre wurde Schach neben die Toilette verbannt, weil das angestammte Zimmer als Nichtraucherzone benötigt wurde. Ein gemeinsames Protestschreiben der Schachspieler blieb wirkungslos. Als 2003 Renovierungen begannen, war Schluss mit Schach. Auch das studentische Publikum kommt nicht mehr. Seit dem Umbau zielt das Preisniveau eher auf Touristen ab. 2010 ist das Museum von Familie Querfeld übernommen worden.
Foto: Sandra Felber
Foto: Sandra Felber
Irmgard Querfeld gefiel Reismanns Vorschlag. 26 großformatige Abzüge, alle Schwarz-Weiß, sind noch bis mindestens Ende März zu sehen. Dazu passend hat der WIENER die damalige Reportage ins Netz gestellt. Dass Schach wieder willkommen ist, sprach sich rasch herum. Der Verein Frau Schach und die Schachgruppe der Philharmoniker haben im Museum einen neuen Treffpunkt gefunden.
„Geniales Schach im Café Museum 1980“, täglich 8 - 21 Uhr, Café Museum, Operngasse 7, Wien
Schachsüchtig-Reportage im WIENER...
Eine Welt im Schachzimmer, Der Standard...
Liebenswerte Schachfiguren, Porträts von Kineke Mulder...