In der Sonne von Mallorca

von Andreas Albers
06.12.2017 – Palma de Mallorca war Austragungsort des letzten Grand Prix-Turniers, aber die ganz große Spannung wollte nicht aufkommen. Die Schach-Schlachtenbummler konnten sich aber im parallel durchgeführten Open austoben. (Foto: Andreas Albers)

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In der Sonne von Mallorca: FIDE-Grand-Prix und Artur Pomar Open

Bereits im Winter 2016 wurde Turnierorganisator Sebastian Nadal ein wenig nervös: „Ich darf noch nichts sagen, aber wir bekommen vermutlich ein Riesen-Event nach Palma de Mallorca, Ihr müsst unbedingt kommen!“ Seit Jahren organisiert Nadal gemeinsam mit seinen Mitarbeitern unter dem Label „Winterchess“ zahlreiche Schachturniere für jedermann auf der Insel. Palma, Magaluf, Can Picafort immer mit hervorragenden Hotelkonditionen und direkt am Strand Mallorcas, vom Amateur-Open über Rundenturniere, bis zu kleineren und größeren Open ist für jeden Geschmack etwas dabei und Nadal hilft bei jeder Gelegenheit.

Doch nun wurden selbst die erfahrenen Organisatoren unruhig, Anfang des Jahres wurde dann bekannt: Die FIDE wird die letzte Auflage des Grand-Prix und damit die Entscheidung über die letzten beiden Qualifikationsplätze zum Kandidaten-Turnier in Berlin auf der Insel stattfinden lassen.

Palma de Mallorca 

Bei knapp 20 Grad, strahlendem Sonnenschein und direkt am Strand wurde mit gutem Hotel und edlem Spielsaal für das Wohlbefinden gesorgt, lediglich der System eines Schweizer Systems mit geringer Teilnehmerzahl hat sich schlicht und einfach nicht bewährt, schon gar nicht, wenn es eigentlich nur zwei Teilnehmer gibt, für die jeder einzelne Platz wirklich wichtig ist. Auf der anderen Seite ist auch klar, dass das abendliche Durchklicken am Rechner zusätzliche Langweile erzeugt, gerade auch wenn man das Ergebnis bereits kennt. Auch ein Fußballspieltag würde nicht gerade spannender werden, wenn man schlicht und einfach die Ballbewegungen drei Stunden nach Abpfiff im Schnelldurchlauf nachvollziehen würde.

Levon Aronian

Als Zuschauer vor Ort kommt schlicht eine andere Spannung auf, die angestrengten Gesichter, das eine oder andere Pokerface, sinnierende Blicke an die Decke, der eine spult seine Züge a tempo herunter, hat zwei Bauern weniger, der Gegner steckt Zeit hinein, keine Datenbanken greifbar in denen man abgleichen kann, wie weit alles Theorie ist, Schach live ist einfach etwas Besonderes. Schade, dass vor Ort keine Kommentierung angeboten wurde, die Gewinner des Tages (und manchmal auch Remis-Helden) wurden für die Internet-Gemeinschaft um kurze Statements gebeten, ansonsten lediglich ein kleiner Bildschirm mit vielleicht 15 Sitzplätzen, das war schon alles was die „Fans“ genießen konnten. Insgesamt konnte man den Eindruck bekommen, dass das ganze Event nicht für Besucher konzipiert war (was sicherlich nicht den spanischen Verantwortlichen, sondern dem Internet-Sponsor und den FIDE-Verantwortlichen anzukreiden ist), hoffen wir dass im März in Berlin die Bedingungen so geschaffen sind, dass die deutsche Schach-Fangemeinde voll auf Ihre Kosten kommt!

Nach der, zumindest für die beiden „Möchtegern-Kandidaten“ Radjabov und Vachier-Lagrave, dramatisch-tragischen letzten Runde wurde zur Siegerehrung geladen, die üblichen Fotos wurden gemacht, Sekt und Häppchen, die Organisatoren und Repräsentanten halten Ihre Reden und die Spieler?

Spaß beim gemeinsamen Lösen

Sie scharen sich um ein Brett und sind gebannt: der indische Großmeister Ganguly, seines Zeichens lange Jahre Sekundant im Team Anand, in Mallorca aber für Pentala Harikrishna arbeitend, hatte eine Studie aus seiner App gezaubert:

 

Plötzlich sind alle dabei, man merkt, wie sehr diese Topleute unser Spiel lieben, es wird viel gelacht und wirklich jeder schaut vorbei und macht seine Vorschläge, um das Rätsel zu lösen. Harikrishna weist irgendwann Peter Svidler in einer Variante darauf hin: „Peter, Du hast keine Chance hier Schachmatt zu setzen, es ist keine Grünfeld-Stellung! Ich weiß, Du kennst jedes Matt im Grünfeld, aber hier?“. Wenig später ist es gelöst, die Spieler können sich also wieder den Ehrungen zuwenden, doch direkt geht es weiter, jetzt sind die beiden Chinesen Li Chao und Ding Liren am Start und zeigen Ihre Lieblingsstudie:

 

Neben dem Grand-Prix und seinen Weltstars fand auch ein kleines Open im Herzen von Palma de Mallorca statt, zu Ehren der spanischen Legende Artur Pomar fanden sich über 80 Spieler ein, davon einige Urlauber aus Deutschland. IM Stefan Löffler davon der Ratingstärkste, der zwar nicht in die Preise gelangte, aber zumindest eine hübsche Kurzpartie ablieferte:

 

The Classical French - Main Line

Nach 1.e4 e6 2.d4 d5 3. Sc3 Sf6 4. e5 Sfd7 5. f4 c5 6. Sf3 Sc6 7. Le3 untersucht der Autor die Hauptvariante mit 7... a6 und b5, das mutige Vorgehen mit 7... cxd4 8. Sd4 Db6 und die ruhigeren Stellungen, die nach 7...cxd4 8. Sd4 Lc5 entstehen.

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Jade Schmidt, li.

Einzige deutsche Preisträgerin war WFM Jade Schmidt, die beste Spielerin unter Elo 2200 wurde und der ebenfalls ein ästhetische Meisterleistung gegen den favorisierten Landsmann FM Dirk Maxion gelang:

 

Weitere Partien sind leider nicht erhalten, Turniersieger wurde mit 5,5/7 Turnierfavorit GM Igors Rausis, lettischer Großmeister, der mittlerweile unter tschechischer Flagge an den Start geht. Lange Jahre war Rausis als Trainer weltenbummlerisch unterwegs: Ägypten, Libyen, Vereinigte Arabische Emirate, Algerien, Iran, aber seit einiger Zeit widmet er sich wieder seinem eigenen Schach und ist trotz Senioren-Alter wieder bei Elo klar über 2600 angekommen, Respekt!

Rausis, li.

Auch ohne den Grand-Prix bleibt Mallorca also für Schach-Touristen ein absoluter Tipp und mit dem Namen Sebastian Nadal und „Winter-Chess“ findet man die richtige Anlaufstelle für den nächsten Urlaub an den 64 Feldern.

Fotos: Andreas Albers

Winter Chess...

 

 


Schachspieler, Trainer, Organisator ... manchmal auch einfach "Mädchen für alles".

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