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Die erste Hälfte der 1980er Jahre war eine spannende Zeit im Schach. Nachdem Anatoly Karpov lange Zeit die Szene beherrscht hatte und kaum einen ernsthaften Gegner hatte, war ihm dann doch mit dem jungen Garry Kasparov ein gleichwertiger Rivale entstanden. Und der schickte sich an, Karpov den Weltmeistertitel streitig zu machen. Im ersten Anlauf, beim epischen 48 Partien dauernden ersten Wettkampf der beiden in Moskau war Kasparov noch gescheitert. Beim Wiederholungswettkampf 1985 sollte es dann passieren. Im Januar 1985 lag Kasparov in der FIDE-Eloliste auch schon vor Karpov.
Die Elozahlen waren damals noch nicht so explodiert, wie das heute der Fall ist. 2500 Elo reichten, um in die Top 100 zu kommen. Im Vergleich zu heute lagen die Zahlen fast durchweg 150 Punkte tiefer. Kasparov und Karpov führten die Liste vom Januar 1985 an. Dahinter klaffte eine große Lücke. Jan Timman war mit 2650 als Dritter "Best of the Rest".
Das waren die 30 besten Spieler jener Zeit:
January 1985 - FIDE Rating List
1 . Kasparov,G. USR 2715
2 . Karpov,An. USR 2705
3 . Timman,J. NED 2650
4 . Vaganian,R. USR 2640
5 . Beliavsky,A. USR 2635
6 . Portisch,L. HUN 2635
7 . Kortchnoi,V. SUI 2630
8 . Polugaevsky,L. USR 2625
9 . Nunn,J. ENG 2615
10 . Ribli,Z. HUN 2615
11 . Huebner,R. FRG 2605
12 . Smyslov,V. USR 2600
13 . Ljubojevic,Lj. YUG 2595
14 . Agzamov,G. USR 2590
15 . Yusupov,A. USR 2590
16 . Chandler,M. ENG 2585
17 . Spassky,B. USR 2580
18 . Andersson,U. SWE 2575
19 . Nikolic,Pr. YUG 2575
20 . Dzindzichashvili,R. USA 2570
21 . Miles,A. ENG 2570
22 . Romanishin,O. USR 2570
23 . Tukmakov,V. USR 2570
24 . Adorjan,A. HUN 2565
25 . Sax,Gy. HUN 2565
26 . Tal USR 2565
27 . Christiansen,L. USA 2560
28 . Hort,V. CSR 2560
29 . Seirawan,Y. USA 2560
30 . Spraggett,K. CAN 2560
Quelle: http://fidelists.blogspot.com/2008/02/january-1985-fide-rating-list.html
Einige Spieler der damals weltbesten 30 Spieler leben heute nicht mehr: Vassily Smyslov, Vikor Kortschnoj, Michail Tal, Gyula Sax und Antony Miles. Auch Georgy Agzamov, damals 31 Jahre alt, hatte nach Erscheinen dieser Liste nur noch wenige Monate zu leben. Mit 2590 Elo war er zu diesem Zeitpunkt, im Januar 1985, 14ter der Weltrangliste. Es war die beste Platzierung in seinem kurzen Leben.
Georgy Tajievich Agzamov wurde am 6. September 1954 in Almalyk (auch: Olmaliq) geboren. Heute wäre also sein 65ster Geburtstag. Agzamovs Geburtsort liegt im Osten des heutigen Usbekistan, zu jener Zeit Usbekische Sowjetrepublik und Teil der Sowjetunion. Der Ort gehört zur Provinz der usbekischen Hauptstadt Taschkent, wurde erst 1951 gegründet und hat heute wie damals etwa 110.000 Einwohner. Georgy Agzamovs Vater Tajihon war von Beruf Chirurg und außerdem ein starker Schachspieler. Er brachte auch seinen drei Söhnen Vyacheslav, Valery und Georgy das Spiel bei. Bei allen dreien fielen die Lehren auf fruchtbaren Boden, am meisten beim jüngsten Sohn Georgy.
Bereits im Alter von zwölf Jahren gewann Georgy Agzamov 1966 die Stadtmeisterschaft der Erwachsenen von Almalyk mit einem außerordentlichen Ergebnis, 16 Punkte aus 18 Partien. 1971 wurde er Vizemeister bei der UdSSR-Juniorenmeisterschaft in Riga. 1973 nahm er erstmals bei der Meisterschaft der Usbekischen Sowjetrepublik teil. Den Titel konnte er später, 1976 und 1981, zweimal auch gewinnen. Mit 19 Jahren wurde er zum "Meister des Sports" ernannt. Nach der Schulzeit absolvierte Georgy Agzamov zunächst ein Studium der Philologie (Englisch und Literatur), bevor er sich danach ganz aufs Schach konzentrierte.
1981 nahm Georgy Agzamov zusammen mit seinem Bruder Vyacheslav an einem Turnier in Erevan teil, wurde geteilter Erster, Vierter nach Wertung. Sein Bruder belegte den fünften Platz, neben ihm in der Tabelle. Bei der Spartakiade der Völker im Mai 1981 führte Agzamov schon das Team Usbekistans am ersten Brett an, traf dort unter anderem auf die Weltmeister Michail Tal und Tigran Petrosian sowie auf weitere Topspieler, musste dabei aber auch einiges an Lehrgeld zahlen.
Im gleichen Jahr qualifizierte er sich für das Finale der Sowjetischen Meisterschaft in Frunze. Garry Kasparov und Lev Psakhis gewannen das Turnier. Agzamov belegte hier einen ausgezeichneten sechsten Platz, punktgleich mit Beliavsky, vor Jussupov. Eine steile Karriere kündigte sich an.
Petrosian gegen Agzamov
In den folgenden Jahren erzielte Agzamov weitere herausragende Ergebnisse bei verschiedenen Turnieren. Zu seinen besten Erfolgen gehörten die Turniersiege bei den Turnieren Belgrad 1982, Vrsac 1983, Sochi 1984, Tashkent 1984, Bogota 1984, Potsdam 1985 und Calcutta 1986. Der Turniersieg beim Tschigorin Memorial in Sochi 1984 war dabei seine beste Leistung überhaupt. Agzamov gewann mit einem ganzen Punkt Vorsprung vor Romanishin und besiegte unter anderem Michail Tal.
Agzamov-Tal
In dieser Partie zeigte er große Geduld und Hartnäckigkeit und vielleicht war dies der Ausgangspunkt für die berühmte Redewendung unter russischen Spitzenspielern: "Ich weiß nicht, wie es steht, aber Agzamov würde weiterspielen."
1982 hatte die die FIDE Agzamov zum Internationalen Meister ernannt. Auch seine beiden Brüder konnten diesen Titel erreichen. Als Georgy Agzamov 1984 auch den Großmeistertitel zugesprochen bekam, war er damit der erste Spieler Usbekistans, und sogar der erste Spieler Zentralasiens, der diese Auszeichnung erhielt.
Georgy Agzamov
Georgy Agzamov liebte komplizierte Partien mit taktischen Finessen, hatte aber auch in der Verteidigung einige Stärken. Er spielte hartnäckig auf Gewinn, verfolgte lange strategische Pläne, konnte aber auch giftig sein. In der Eröffnung war er meist sehr gut vorbereitet.
Bei einem seiner letzten Turniere traf Agzamov 1986 in Kolkata auf den jungen Viswanathan Anand, damals 16 Jahre alt, und ließ dem späteren Weltmeister keine Chance.
Agzamovs Leben endete am 27. August 1986 auf tragische Weise. Nach dem Semifinale der sowjetischen Meisterschaft in Sewastopol unternahm Agzamov in der Abenddämmerung einen Sparziergang in den Bergen. Dort stolperte er wohl oder rutschte aus, fiel in eine Schlucht und war dort verletzt zwischen zwei Felsen eingeklemmt. Andere Spaziergänger, die das Unglück beobachtet hatten, holten Hilfe, doch das Rettungsteam kam zu spät.
In Gedenken an den ersten Großmeister des Landes organisiert der usbekische Schachverband regelmäßig Agzamov Memorial Turniere.