06.11.2023 – Beide Turniersieger der Grand Swiss-Turniere auf der Isle of Man kommen aus Indien. Vidit Gujrathi gewann das offene Turnier vor Hikaru Nakamura. Der Sieg im Frauenturnier ging an Vaishali Rameshbabu. Zweite wurde Anna Muzychuk. Vincent Keymer schloss ein starkes Turnier mit einem Remis gegen Fabiana Caruana auf Platz 5 ab. | Fotos: Anna Shtourman
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Das Grand Swiss Turnier 2023 war vermutlich das bestbesetzt Turnier nach Schweizer System der Schachgeschichte. Von den 144 Teilnehmern im offenen Turnier trugen 106 den Großmeistertitel, sieben den Titel eines Internationalen Meisters. Von den 37 Spielern der Welt, die derzeit eine Elozahl über 2700 aufweisen, waren beim Grand Swiss 2023 in Douglas auf der Isle of Man 20 Spieler am Start. Ein titelloser Spieler nahm auch teil, Wu Li, der wie IM Dietmar Kolbus einen Ausrichterfreiplatz erhalten hatte.
Neben den stattlichen Preisgeldern - für die ersten Drei im offenen Turnier waren 80.000 USD, 60.000 USD bzw. 40.000 USD ausgelobt, für die gleichen Plätze im Women's Grand Swiss 25.000 USD, 17.000 USD und 15.000 USD - ging es für die Spieler vor allem um jeweils zwei Plätze für das Kandidatenturnier und das Kandidatinnenturnier. Die beiden Turniere werden im nächsten April gemeinsam in Toronto gespielt.
Keinem Spieler gelang es im Verlauf des Turnier, sich vom übrigen Feld abzusetzen. Die Spieler blieben stets eng beieinander, die Plätze waren hart umkämpft, mit wechselnden Erfolgen. Vor der letzten Runde am Sonntag hatten sich drei Spieler die beste Ausgangsposition für den Turniersieg und den kaum minder wichtigen zweiten Platz verschafft: Andrey Esipenko, Hikaru Nakamura, und Vidit Gujrathi.
Da nur zwei von den drei Spielern einen Qualifikationsplatz für das Kandidatenturnier belegen konnten, war die Schlussrunde eine ganz besondere Art des sprichwörtlichen Spiels "Reise nach Jerusalem".
Im Verlauf des Turniers hatten Esipenko, Nakamura und Vidit schon gegeneinander gespielt und so wurden ihnen Gegner aus der Verfolgergruppe hochgelost. Hikaru Nakamura spielte mit Schwarz gegen Arjun Erigaisi. Vidit traf mit Weiß auf Alexandr Predke und Esipenko mit Schwarz auf Anish Giri.
Die Partie zwischen Erigaisi und Nakamura endete in einer Sizilianischen Sweshnikov-Variante ohne Sieger. Die beiden anderen Partien der Spitzenreiter wurden jedoch entschieden.
Andrey Esipenko spielte mit Schwarz gegen Anish Giri ein Gambit, geriet jedoch auf Abwege.
Vidit führte in seiner Partie gegen Alexandr Predke die weißen Steine und widerlegte mit genauem Spiel eine geistreiche, aber nicht ganz ausreichende Idee seines Gegners.
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Damit sicherte sich Vidit den Turniersieg in diesem erstklassigen Turnier und ist mit dem schon qualifizierten Praggnanandhaa der zweite Inder im Kandidatenturnier.
Interview mit Vidit:
Den zweiten Qualifikationsplatz belegte Hikaru Nakamura. Andrey Esipenko, der als Spitzenreiter nach Feinwertung in die Schlussrunde gegangen war, bleibt nur der undankbare dritte Platz.
Hikaru Nakamura
Ein ganz hervorragendes Turnier spielte Vincent Keymer. In der Schlussrunde erzielte die deutsche Nummer eins ein Remis gegen den Weltranglistenzweiten Fabiano Caruana und wurde hinter Arjun Erigaisi mit 7,5 Punkten Fünfter. Nach der Niederlage gegen Esipenko ließ Keymer zwei überzeugende Siege folgen und darf sich über einen Elogewinn von 12 Punkten freuen.
Im Gespräch mit Caruana
In der Live-Eloliste übersprang Keymer nicht weniger als acht Plätze und ist jetzt als Sechzehnter der Weltrangliste in den Top 20 gelistet. Außerdem ist er knapp hinter Praggnanandhaa der zweitbeste 18-Jährige der Welt. Ohne die Niederlage gegen Esipenko, Keymers einzige im Turnier, hätte der beste deutsche Schachspieler wohl sogar einen der beiden Qualifikationsplätze für das Kandidatenturnier erreicht.
Zweitbester Deutscher wurde Matthias Blübaum mit 6 Punkten auf Platz 50. Frederik Svane belegte mit 5,5 Punkten Platz 53, Niclas Huschenbeth mit gleicher Punktzahl Platz 57. Huschenbeth und Frederik Svane übertrafen ihre Elo-Erwartung. Den anderen deutschen Großmeistern ging zum Schluss etwas die Luft aus. Dmitrij Kollars hat die letzten beiden Runden nicht mehr mitgespielt. Ungeachtet dessen ist diese deutsche Spielergeneration wohl die beste aller Zeiten - und immer gut aufgelegt.
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Die Siegerin des Women's Grand Swiss ist Vasihali Rameshbabu - sicher eine Überraschung. Sie ließ zahlreiche frühere Weltmeisterinnen und höher gewertete Topspielerinnen hinter sich.
Ihr Bruder Praggnanandhaa hat sich ja auch für das Kandidatenturnier im WM-Zyklus der Männer qualifiziert und so können die Geschwister gemeinsam anreisen.
Den zweiten Qualifikationsplatz holte sich Anna Muzychuk.
In der Schlussrunde reichte Vaishali ein Remis gegen Batkhuyag Munguntuul, um das Turnier als einzige Spielerin mit 8,5 Punkten zu gewinnen. Anna Muzychuk reichte ebenfalls ein Remis gegen Pia Cramling für den ungeteilten zweiten Platz mit 8 Punkten.
Interview mit Vaishali:
Die Weichen für den Erfolg hatten die beiden Spielerinnen schon in Runde zehn gestellt, als Vaishali Ex-Weltmeisterin Tan Zhongyi besiegte und Anna Muzychuk gegen Deysi Cori gewann.
Da Anna Muzychuk schon über den World Cup für das Kandidatinnenturnier qualifiziert ist, rückt Tan Zhongyi nach.
Dinara Wagner und Elisabeth Pähtz schlossen das Turnier mit Remisen gegen Deysi Cori und Anna Ushenina auf den Plätzen 24 und 29 ab.
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