Interview mit Francois Bayrou

von ChessBase
19.04.2007 – Kommenden Sonntag (22. April, Stichwahl am 6. Mai) wählen 44 Mio. wahlberechtigte Bürger aus einem Kreis von 12 Kandidaten den neuen Präsidenten der Französischen Republik. Der bisherige Staatspräsident Jaques Chirac, seit 1995 im Amt, wird nicht mehr kandidieren, so dass Frankreich in jedem Fall einen neuen Präsidenten haben wird. Zu einem der Mitfavoriten, neben dem konservativen Nicolas Sarkozy und der Sozialisten Ségolène Royal ist im Laufe des Wahlkampf der liberale Zentrumspolitiker Francoise Bayrou geworden. Europe Echecs veröffentlichte in seiner Aprilausgabe ein Interview mit dem Kandidaten. Artikel zur Wahl bei der Deutschen Welle...Europe Echecs...Nachdruck in deutscher Übersetzung...

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Interview mit Francois Bayrou
Nachdruck in deutscher Übersetzung aus „Europe Echècs“ April 2007, mit freundlicher Genehmigung.


Spielen Sie Schach und wenn ja, unter welchen Umständen haben sie das Schachspiel erlernt?

Ich spiele Schach, aber zu wenig nach meinem Geschmack. In den Weihnachtsferien spiele ich immer mit meinen Kindern, wo wir zu Hause ein „internes Turnier“ austragen. Schach Spielen habe ich an der Universität in Bordeaux gelernt, als ich in der Vorbereitungsklasse für das Literaturstudium war.

Welches sind Ihrer Meinung nach die vermittelten Qualitäten oder Tugenden des Schachs?

Meiner Meinung nach bringt das Schach zwei wichtige Vorteile mit sich: Erstens schult es unsere Abstraktions- und Konzentrationsfähigkeiten und zweitens bringt es den Respekt seinem Gegner gegenüber zum Anschein. In der heutigen Zeit gibt es zu wenige Aktivitäten, die genau diese Tugenden hervorbringen.

Kennen Sie Schachspieler der Weltspitze ?

Als ich nationaler Bildungsminister war, hatte ich das Glück Garry Kasparow zu treffen, als er noch amtierender Schachweltmeister war. Er ist ein Mann von großem Reichtum, den ich neben seinen aktuellen politischen Ambitionen auch wegen seiner Kraft der Leidenschaft für das Schach fasziniert habe.

Der Leitspruch des Internationalen Schachverbandes (FIDE) lautet « Gens una Sumus – Wir sind eine Familie“. Sind Sie empfänglich für dieses universelle und deswegen menschliche Maß, das den Dialog zwischen all den Ungleichheiten öffnet?

Dieser Leitspruch könnte der meines politischen Engagement sein. Ich glaube an die Stärke der familiären Bindung, genau wie an die nationale oder europäische Bindung. Was voranstellt, warum wir uns zusammentun, müsste der Leitspruch für jeden Politiker sein, der wirklich die Probleme unserer Mitbürger lösen will.

Präzise gesagt, überschreitet Schach die Grenzen von Alter, sozialer und kultureller Herkunft, Benachteiligungen. Glauben Sie, dass Schach Träger für die soziale Bindung sein kann?

Das Schachspiel ist ein kräftiger Träger für Beziehung, die auf dem Teilen der gleichen Leidenschaft und des Kampfgeistes basieren. Rund um die 64 Felder eines Schachbretts, heben sich die Alters-, Geschlechts- und Herkunftsunterschiede zugunsten eines gemeinsamen Kampfgeistes auf. Diesen freien Geist, den das Schachspiel vermittelt, schätze ich.

Das Schach hat 15 historische Zeitalter, ohne die Kaiser, Könige, Präsidenten und Herrscher aller Zeitalter zu nennen, die man von überall kennt. Was ist so faszinierend für die großen Machthaber am Schach?

Wenn man nach dem Grund für die Leidenschaft der Führer für diese Spiel sucht, sollte man die Möglichkeit eines totalen Triumphes nicht vergessen. Ich glaube auch nicht, dass Schach nur ein Sport für Elitäre ist. Die großen Spieler kamen zahlreich aus Unterschichten und haben im Schach ihre Fähigkeiten für einen persönlichen Erfolg gefunden Ich glaube, dass Schach ein außergewöhnlich demokratisches Spiel ist, genau genommen weil jeder, der sich dabei konzentriert und eine Leidenschaft entwickelt, die Fähigkeiten hat, jeden Gegner zu schlagen, sei es der mächtigste Politiker der Welt.

Um auf den Punkt zu kommen, warum wurden ihrer Meinung nach politische Größen wie Napoléon der Erste oder Jules Grévy, Kissinger oder Valéry Giscard d’Estaing von diesem Spiel angezogen?

Beim Schach, wie auch in der Politik muss man mehrere Schritte im Voraus denken.

Man spricht oft vom politischem oder geopolitischem Schachbrett. Denken Sie, dass es eine Parallele zwischen politischem und schachlichem Kampf gibt?

Natürlich. Der politische Kampf stellt auch die zwei wesentlichen Größen im Schachspiel dar: Taktik und Strategie. Man lernt daraus die Wichtigkeit des Studierens von vergangenen Kämpfen, ohne dabei zu vergessen, dass die Erfindung und Vorstellung neuer Lösungen die stärkste Waffe ist, um eine Partie zu gewinnen.

Wie würden sie heutzutage das Bild vom Schach in der Öffentlichkeit charakterisieren?

Die Studien haben gezeigt, dass das pädagogische Interesse am Schach groß ist und Schlussfolgerungen darbietet, an die ich mich ohne Schwierigkeiten anschließe. Dagegen bedauere ich, dass die Anzahl von Profi sowie Vereinsspielern noch nicht so ausgeprägt ist.

Hat sich ihrer Meinung nach dieses Bild während der letzten Jahre entwickelt?

Ja, mir scheint, dass sich das Bild des Schachspiels in den letzten Jahren positiv entwickelt hat. Der Medienrummel der großen Partien und vor allem die Arbeit der Vereine und lokalen Verbände haben großen Anteil daran. Ich freue mich, dass wir eine zunehmende Demokratisierung im Schachspiel erleben.

Der französische Verband hat gerade eine Rahmenvereinbarung mit dem nationalen Bildungsministerium abgeschlossen. Sollten Sie zum Präsidenten der Republik gewählt werden, würden Sie erwägen sich noch mehr für die schachliche Aktivität in Frankreich einzusetzen?

Ich wäre glücklich in der einen oder anderen Weise zur Entwicklung des Schachspiels mitzuwirken. Die staatlichen Herrscher haben in der Tat die Möglichkeit diese Aktivität zu unterstützen, besonders indem sie sie in den Schulen ausbauen

Praktisch gesehen, wären Sie bereit finanzielle Mittel bereit zu stellen, um die Sichtbarkeit des Schachs zu vergrößern?

Das Schachspiel braucht eine nationale Unterstützung; ich denke, dass es vor allem eine Reihe von lokaler Unterstützung braucht, damit sich die Vereine überall entwickeln.

Einer der größten Meister aller Zeiten, der Deutsche Siegbert Tarrasch (1862-1934), hatte erklärt: „Das Schachspiel hat wie die Liebe, wie die Musik die Fähigkeit, den Menschen glücklich zu machen“. Was halten Sie davon?

Ich glaube, dass das Schachspiel eine Fähigkeit hat: Die Menschen intelligent zu machen.

Und zum Schluss, was sind ihre Wünsche als Kandidat für das französische Schach ?

Dass die Anzahl der Spieler, Passionierten und Profispieler stetig steigt.

 

 

 

 

 


Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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