Interview mit IM Sophie Milliet
Die französische Schachspielerin Sophie Milliet wurde am 2. November 1983 in Marseille in Frankreich geboren. Sie erhielt 2004 ihren WGM Titel, gefolgt vom IM Titel im März 2009. Mittlerweile hat sie unter vielen Erfolgen sechsmal die französische Landesmeisterschaft der Frauen gewonnen, zweimal ihr Land bei den Schacholympiaden vertreten und spielt für mehrere Klubs aus verschiedenen Ländern. Im Exklusivinterview mit Tatiana Flores berichtet sie, welche Vorteile ihr das Schach im Leben gebracht hat, über ihre wichtigsten Turniere und Partien, wie sie sich für Frauen im Schach einsetzt und vieles mehr.
IM Sophie Milliet spielt seit ihrer Jugend für Frankreich und hat zahlreiche Siege für ihr Land geholt (Foto: Yovie Insan Nugraha für JAPFA 2019)
Ich habe gelesen, dass Sie sehr sportlich sind. Welche anderen Sportarten mögen Sie? Können Sie diese gut mit dem Schach kombinieren?
Ja, das stimmt! Ich mag Sport sehr. Ich glaube, das ist ein sehr guter Ausgleich zum professionellen Schachspielen. Ich finde, es ist hilfreich, auch eine gute physische Kondition für die Turniere zu haben. Ich spiele viel Badminton und nehme sogar an kleinen Turnieren teil, wenn die Zeit es mir erlaubt. Es stimmt schon, dass mit der ganzen Zeit, die das Schach in Anspruch nimmt, nicht allzu viel dafür übrig bleibt. Es ist nicht immer leicht, sich die Wochenenden dafür freizuhalten! Aber ich genieße es sehr und gehe auch regelmäßig ins Fitnessstudio.
Welche sind die wichtigsten Turniere, an denen Sie bis jetzt teilgenommen haben?
Seit 2003 spiele ich für die französische National-Mannschaft: Ich habe mit ihr an allen europäischen Meisterschaften sowie Teammeisterschaften teilgenommen und ebenfalls an den Schacholympiaden. Ich hatte die Chance, einmal an der World Cup teilzunehmen sowie zweimal an den sehr wichtigen Turnieren Cap D’Agde. Dann wurde ich auch einmal zum Salamanca Chess Festival eingeladen, wo die Elite immer mitspielt und das war eine besonders schöne Erfahrung.
Welche sind Ihre bis jetzt wichtigsten oder interessantesten Partien gewesen?
Meine beste Leistung habe ich bei diesem Cap D’Agde Turnier erbracht, das ich gerade erwähnt habe. Dort habe ich ein Remis gegen Anatoli Karpov geschafft, einen der größten Spieler der Geschichte, was mich sehr stolz macht. Danach habe ich einmal beim Salamanca Chess Festival mit Schwarz gegen Veselin Topalov remis gespielt. Ich habe in dieser Partie tatsächlich etwas gelitten, aber am Ende konnte ich es ausgleichen! (Sie lacht). Das waren aufregende Partien.
Welcher war der schwierigste und welches der glücklichste Moment in Ihrer professionellen Karriere?
Ich würde sagen, dass die französische Einzelmeisterschaft jedes Jahr ein großes Ziel für mich ist. Generell starte ich als Favoriten und mit den Jahren habe ich es auch ganz gut gemeistert, diesen Druck zu regulieren. Es gab natürlich Jahre, in denen ich es nicht geschafft habe, wo ich nicht richtig in den "Flow" kommen konnte und das war tatsächlich schwierig, unter diesen Bedingungen zu spielen.
In den Jahren, an denen ich mich wohl beim Spielen gefühlt habe, habe ich es auch geschafft, die Meisterschaft zu gewinnen. Das ist mittlerweile schon sechsmal geschehen und es bleibt jedes Mal ein sehr wichtiges Turnier für mich.
Welche Projekte haben Sie noch für das restliche Jahr geplant?
Ich habe zu meiner Freude viel Neues im Programm und werde somit dieses restliche Jahr gut beschäftig sein. Nach jetzt fast eineinhalb Jahren Pause, was mir etwas zu lang war, freut mich das sehr. Als Erstes werde ich bei der europäischen Meisterschaft teilnehmen, die jetzt nächste Woche schon beginnt. Kurz darauf – am Ende des Monats –, spiele ich beim internationalen Turnier von San Cristóbal de La Laguna in Teneriffa mit. Danach stehen viele Turniere an, mit den verschiedenen Klubs, für die ich mittlerweile spiele. Darunter ist mein neuer italienischer Klub ASD Pedone Isolano, Wachtebeke – der belgische Klub –, natürlich auch mein deutscher Klub Schwäbisch Hall und mein spanischer Manlleu. Ich werde also in vielen Teamkämpfen bis zum Ende des Jahres mitspielen.
IM Sophie Milliet bei einer Simultanvorstellung in Katalonien für ihren Klub Manlleu im Mai 2021 (Foto: Gabri Reyes)
Wie würden Sie Ihren Spielstil beschreiben?
Mein Spielstil… Gute Frage (sie lacht). Ich würde sagen, ich bin eine ziemlich universelle Spielerin. Generell arbeite ich auf allen Gebieten sehr viel, aber ich würde sagen, dass ich grundsätzlich gerne die Initiative habe und außerdem auch eine dynamische Spielerin bin.
Hatten Sie je ein Vorbild oder eine Referenzperson zwischen den Schachspielerinnen und Schachspielern?
Darüber bin ich mir nicht ganz sicher. Es stimmt zwar, dass ich zu der Generation gehöre, in der Kasparov das Schach dominierte – als ich jung war –, und darüber hinaus mochte ich auch seinen Spielstil sehr, deswegen glaube ich, dass er eher eine Art „Leitfaden“ war, nach dem ich mich als Spielerin gerichtet und später auch entwickelt habe. Danach glaube ich, dass Judit Polgar ein großes Vorbild für alle Spielerinnen gewesen ist. Sie war eine herausragende Spielerin und ich hatte sogar einmal die Change, gegen sie anzutreten, aber da habe ich verloren! (Sie lacht).
Welche Vorteile hat Ihnen das Schachspielen in ihrem Leben gebracht?
Ich glaube, eines der größten Vorteile, die mir das Schachspielen gebracht hat, ist, dass es mir erlaubt hat, viel zu reisen. Ich hatte die Möglichkeit, Turniere überall auf der Welt zu spielen, manchmal sogar in sehr weit entfernten Ländern. Insbesondre habe ich mich in Indonesien verguckt, wo ich jetzt schon oft spielen konnte. Das ermöglicht mir natürlich Menschen aus einer anderen Kultur als die meine zu treffen, wobei wir uns gleichzeitig dank dem Schach sehr nah sind.
IM Sophie Milliet beim Grasse Échecs Turnier (Top 12) im Juni 2021
Was würden Sie in der Schachwelt verändern oder verbessern?
Ich glaube, dass generell der Stellenwert der Frau im Schach viel verbessert werden könnte. Wir könnten die Frauen im Schach viel mehr in den Vordergrund rücken, sowohl in der internationalen als auch nationalen Szene.
Nach dem Erfolg von der Serie „Das Damengambit“ hätte man glauben können, dass das helfen würde, das Frauenschach zu fördern, aber ich glaube, dass das nicht so geschehen ist. Die Förderung des Frauenschach ist generell ein Anliegen, dass mir sehr am Herzen liegt, besonders weil es so wichtig ist. Als letztes Jahr die Wahlen in der französischen Föderation waren, habe ich die Liste von Jöel Gautier unterstützt, um in dieser Richtung helfen zu können.
Ich weiß, dass Sie ein Fan vom Manga „Blitz“ von Cédric Biscay sind. Glauben Sie, dass Kunst generell eine gute Art ist, um das Schach dem großen Publikum näher zu bringen?
Ja! Ich glaube, dass Schach sich generell mit vielen anderen Gebieten verbinden lässt. Wenn ich mich mit Leuten darüber unterhalte, lassen sich schnell viele Gemeinsamkeiten zwischen dem Schach, der Kunst und auch dem Geschäftswesen feststellen. Ich finde es superinteressant, diese Annäherung zu verfolgen. Dieses Manga, das erst vor Kurzem erschienen ist, war eine sehr schöne Entdeckung. Ich mag es sehr, es zu lesen und finde es amüsant, wie gut der Kampf in jeder Schachpartie dargestellt wird. Das passt alles mit dem Darstellungsstil eines Manga auch sehr gut zusammen, finde ich und viele Sachen, die darin vorkommen, sind sehr realitätsnah und –getreu wie zum Beispiel die Psychologie in dem Spiel. Es gibt viele interessante Aspekte, die gezeigt werden und es ist sehr unterhaltsam. Ich mag es sehr!
Vielen Dank für Ihre Zeit, Frau Milliet. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Frauen-Europameisterschaft!
Tatiana Flores für ChessBase. Das Interview wurde am 05.08.2021 um 15 Uhr per Zoom auf Französisch geführt, übersetzt und transkribiert.