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Siegerehrung in Khanty-Mansiysk
Niklesh Jain: Noch einmal herzlichen Glückwunsch zum Sieg im Grand Prix. Du kämpfst jetzt um den Weltmeistertitel. Was ist das für ein Gefühl?
Ju Wenjun: Danke! Das fühlt sich ziemlich gut an. Ich bin meinem Traum einen Schritt näher gekommen. Khanty-Mansiysk war das bislang schwerste Turnier meiner Karriere. Vor allem in den ersten sechs Partien stand ich unter großem Druck. Ich konnte mich während der Partie nicht einmal an die Varianten erinnern, die wir morgens vor der Partie vorbereitet hatte. In den letzten fünf Partien haben sich die Dinge dann normalisiert, und ich habe getan, was ich am liebsten tue - einfach Spaß am Spielen haben.
Für Ju Wenjun ist es der bislang wichtigste Sieg in ihrer Karriere
NJ: Wie bist Du in das Turnier gegangen? Einerseits musstest Du in Khanty-Mansiysk "nur" 90 Grand Prix Punkte holen, um Humpy Koneru in der Grand Prix Gesamtwertung von Platz eins zu verdrängen, andererseits waren in Khanty-Mansiysk auch Spielerinnen wie Valentina Gunina, Alexandra Kosteniuk und Harika Dronavalli dabei, die Dich im Grand Prix noch überholen konnten.
JW: Ja, vor dem Turnier hatten etliche Spielerinnen noch Chancen auf den Grand Prix Gesamtsieg. Ich habe zum Glück mit 7.0/11 gewonnen und damit war die Entscheidung im Grand Prix eindeutig.
Platz | Spielerin | Rating | Total |
---|---|---|---|
1 | Ju Wenjun (China) | 2580 | 413,3 |
2 | Koneru Humpy (India) | 2557 | 335,0 |
3 | Valentina Gunina (Russia) | 2525 | 287,0 |
4 | Alexandra Kosteniuk (Russia) | 2555 | 277,0 |
5 | Dronavalli Harika (India) | 2543 | 272,0 |
6 | Zhao Xue (China) | 2508 | 250,0 |
7 | Nino Batsiashvili (Georgia) | 2489 | 245,0 |
8 | Anna Muzychuk (Ukraine) | 2561 | 223,3 |
9 | Mariya Muzychuk (Ukraine) | 2532 | 220,0 |
10 | Sarasadat Khademalsharieh (Iran) | 2435 | 212,0 |
11 | Nana Dzagnidze (Georgia) | 2507 | 205,0 |
12 | Natalia Pogonina (Russia) | 2492 | 195,0 |
13 | Antoaneta Stefanova (Bulgaria) | 2512 | 173,3 |
14 | Hou Yifan (China) | 2635 | 160,0 |
15 | Olga Girya (Russia) | 2450 | 157,0 |
16 | Natalia Zhukova (Ukraine) | 2448 | 140,0 |
17 | Pia Cramling (Sweden) | 2461 | 125,0 |
18 | Bela Khotenashvili (Georgia) | 2426 | 110,0 |
19 | Almira Skripchenko (France) | 2455 | 110,0 |
20 | Lela Javakhishvili (Georgia) | 2461 | 100,0 |
21 | Elina Danielian (Armenia) | 2444 | 20,0 |
22 | Tan Zhongyi (China) | 2492 | 20,0 |
NJ: Du bist mit einem Remis gegen Natalia Zhukova in Runde 1 ins Turnier gestartet, in Runde 2 hast Du gegen Lela Javakhishvili gewonnen, danach folgten drei Remis, aber in Runde 6 hast Du dann gegen Alexandra Kosteniuk verloren. Wie hast Du Dich von dieser Niederlage erholt?
JW: Nach der Partie gegen Kosteniuk hatte ich 3.0/6 und lag wieder bei 50%. Um das Turnier zu gewinnen, musste ich vier Punkte aus den letzten fünf Partien holen. Eine schwere Aufgabe, vor allem, da ich in den ersten sechs Partien nicht gut gespielt hatte. Und nach der Niederlage gegen Kosteniuk war ich ziemlich durcheinander. Aber eine Freundin von mir meinte, wir sollten uns einen lustigen Film anschauen. Hinterher war ich wieder entspannt. Am nächsten Tag habe ich mich ganz normal auf meine nächste Partie vorbereitet und zum Glück auch gewonnen!
Ju Wenjun nach ihrer Partie gegen Kosteniuk
NJ: Du hast eine schöne Partie gegen Gunina gewonnen. Kanntest Du die Vorgängerpartie Swinkels gegen Sasikiran?
Ju Wenjun vs Valentina Gunina
Hier opferte Gunina einen Springer mit 14...Sxf2, aber der nachfolgende Angriff schlug nicht durch
Na ja, ich kannte die Partie von Sasikiran, aber hatte mich vor der Partie nicht darauf vorbereitet. Aber ich hatte keine Angst, als Valentina diese Variante spielte. Ich glaube, wenn Weiß korrekt spielt, dann ist es Schwarz, der um das Remis kämpfen muss.
NJ: In der achten Runde hast Du kampflos gegen Almira Skripchenko gewonnen. Wusstest Du, dass sie nicht zur Partie kommen würde?
JW: Ich habe etwa 20 Minuten vor der Partie gehört, dass sie vielleicht aus gesundheitlichen Gründen nicht zur Partie kommen würde. Das war kein schönes Gefühl. Natürlich verbessert dieser Punkt meinen Stand in der Tabelle, aber das ist etwas ganz Anderes als um den Punkt zu kämpfen wie alle anderen Spielerinnen. Man könnte sagen, ich war zugleich froh und traurig.
Ein kampfloser Sieg in Runde acht
NJ: Die Partie in der zehnten und vorletzten Runde gegen Nino Batsiashvili war vielleicht Deine wichtigste Partie in dem Turnier. Hat die Spannung vor der Partie nachgelassen, weil Du zuvor schon gegen Gunina und Sarasadat Khademalsharieh gewonnen hattest oder wolltest Du auf Biegen und Brechen gewinnen, um Dir den Turniersieg zu sichern?
JW: Tatsächlich ist diese Partie meine Lieblingspartie aus Khanty-Mansiysk. Nach meinem Sieg stand fest, dass ich den Grand Prix gewonnen hatte und das war eine große Erleichterung. Die Partie wurde am 30. November gespielt und ich konnte mir in Ruhe den Schnellschach-Tie-Break anschauen, der den WM-Kampf zwischen Carlsen und Karjakin entschieden hat!
Vor der Partie hatte ich das Ziel, aus den letzten beiden Runden mindestens einen Punkt zu holen. Und da ich Schwarz gegen Nino hatte, wollte ich solide spielen. Aber sie strebte eine zweischneidige Stellung an und das gab mir die Chance, auf Gewinn zu spielen!
Nino Batsiashvili vs Ju Wenjun
Schwarz am Zug - was ist die beste Fortsetzung?
Ju Wenjun gegen Nino Batsiashvili - der Beginn einer entscheidenden Partie
NJ: Wie hast Du Turniersieg und Grand Prix Gewinn gefeiert?
JW: Nun, nach meinem Sieg in Khanty-Mansiysk bin ich nach Shenzhen gefahren, um in der chinesischen Liga für meine Mannschaft aus Shanghai zu spielen!
NJ: Wer trainiert Dich im Moment?
JW: Das möchte ich lieber nicht verraten! Wie sagt man doch - erst ein Geheimnis macht eine Frau zur Frau!
NJ: Wie bereitest Du Dich auf die K.o.-Weltmeisterschaft vor, die im Februar in Teheran beginnt? Bist Du weniger motiviert, weil bereits feststeht, dass Du die Herausforderin der künftigen Weltmeisterin bist?
JW: Nein, ich will mein Bestes geben. Sollte ich ausscheiden, dann nur, weil ich nicht gut gespielt habe, aber nicht, weil mir die Motivation gefehlt hat. Ich werde mich auf jede Partie gründlich vorbereiten, vor allem mit Blick auf den Stil meiner Gegnerinnen.
NJ: Was sagst Du zur Kopftuch-Debatte, die sich entzündet hat, weil die Weltmeisterschaft in Teheran stattfindet?
Ju Wenjun beim Frauen Grand in Teheran 2016 (Foto: Alina L'Ami)
JW: Es ist das gute Recht jeder Spielerin, nicht an der Frauenweltmeisterschaft teilzunehmen. Ich werde jedoch spielen. Das ist mein fünftes Turnier im Iran und ich reise dort als Schachspielerin hin, um einfach nur Schach zu spielen.
NJ: Was hältst Du vom aktuellen Modus der Frauenweltmeisterschaften? Findest Du es okay, dass jedes Jahr um die Weltmeisterschaft gespielt wird oder wäre Dir ein anderes Format lieber?
JW: Der aktuelle Modus gibt mir mehr Möglichkeiten, Weltmeisterin zu werden. Ich finde ihn okay.
NJ: Was hältst Du von Hou Yifans Entscheidung, aus dem WM-Zyklus auszusteigen und auf die Verteidigung ihres Titels zu verzichten?
JW: Ich respektiere Hou Yifans Entscheidung und wünsche ihr für die Zukunft allen nur denkbaren Erfolg. Ihr Rückzug vom Weltmeisterschaftszyklus gibt mir mehr Chancen.
NJ: Was möchtest Du im Schach noch erreichen?
JW: Frauenweltmeisterin werden. Außerdem möchte ich mein Rating verbessern. Und ich hoffe, eines Tages in einem Spitzenturnier zu spielen.