ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024
ChessBase ist die persönliche Schach-Datenbank, die weltweit zum Standard geworden ist. Und zwar für alle, die Spaß am Schach haben und auch in Zukunft erfolgreich mitspielen wollen. Das gilt für den Weltmeister ebenso wie für den Vereinsspieler oder den Schachfreund von nebenan
Der Grund? Levon Aronian ist zu Gast. Das Treffen ist schon Monate zuvor geplant gewesen, aber wegen des dicken Terminkalenders des armenischen Großmeisters erst jetzt möglich geworden.
Juri Sarubin begrüßt den Gast
Der Weltranglistendritte kommt in Begleitung seines Vaters Grigori, erzählt den begeisterten Zuhörern aus seinem Leben und zeigt eigene Partien.
Levon Aronian mit Vater Grigori
Vorher haben die eifrigen Mitglieder des Schachklubs viele Fragen an den Gast, die alle geduldig beantwortet werden. Selbst die Feinheiten des Fischer-Random-Schachs erklärt Levon am Demonstrationsbrett. Der engagierte Klubleiter Juri Sarubin sowie alle anderen Anwesenden sind begeistert. Auch unser eingeladener Schachreporter Dagobert Kohlmeyer erfährt an diesem Abend vom armenischen Schachhelden Aronian interessante Neuigkeiten.
„Wir mögen dynamische Stellungen“
Interview mit Olympiasieger Levon Aronian
Von Dagobert Kohlmeyer
Wir haben gerade die Fussball-WM, die nicht nur Deutschland in einen Freudentaumel versetzt. Siehst du dir die Spiele im Fernsehen an?
Ich schaue hin und wieder, kann aber nicht sagen, dass ich ein großer Fußballfan bin. Bisher hatte ich Argentinien die Daumen gedrückt. Sie spielten zu Beginn des Turniers den besten Fußball.
Was tut sich im armenischen Fußball?
Wir haben momentan leider keine besonders erfolgreiche Mannschaft. Früher zu sowjetischen Zeiten besaßen wir gute Spieler. Aber ich bin kein Spezialist für diese Sportart. Der Fußball-Experte in unserer Familie ist meine Mutter.
Aha. Das ist interessant und selten. - Kommen wir zu deinem Spezialgebiet, dem Schach. War der Olympiasieg eures Teams in Turin der größte Erfolg seit Tigran Petrosjans WM-Titel?
Ich kann und möchte beide Ereignisse nicht direkt miteinander vergleichen, aber im Prinzip war es schon ein sehr großer Erfolg. Unglaublich viele Leute in Armenien haben sich jedenfalls sehr darüber gefreut.
Welches Ziel hattet ihr euch für Turin gestellt?
Wir wollten wie immer gut spielen und zumindest eine Medaille holen.
Wie erklärst du dir den Einbruch der Russen, die mit einer starken Truppe antraten und nur Sechster wurden?
Einen Grund sehe ich darin, dass sie mit Alexander Morosewitsch und Sergej Rublewski zwei zu angriffslustige Spieler in ihren Reihen hatten, die nicht in Form waren und zu viele Punkte einbüßten.
Es gibt die Meinung, dass die armenischen Spieler der Eröffnungsvorbereitung nicht die gleiche Beachtung schenken wie zum Beispiel die russischen Großmeister.
Da ist etwas dran. Die Russen sind theoretisch sicher besser als wir. Ihr Schachwissen ist größer, keine Frage. Aber dieses Manko machten wir in Turin, so glaube ich, ganz gut wett, indem wir dynamische Stellungen anstrebten, die wir sehr gut spielen können.
Hat euer sportbegeisterter Staatspräsident euch zur Goldmedaille gratuliert?
Er beglückwünschte uns gleich nach Beendigung des Turniers in Turin.
Armenien gegen Kuba
Gab es für euren Olympiasieg eine dicke Prämie?
Ja, wir haben sie schon bekommen. Jeder Spieler hat 18 000 Dollar erhalten.
Das ist viel Geld. Schach wird ja in Armenien vom Staat sehr gefördert. Wie hoch ist euer Stipendium?
Die finanzielle Unterstützung für die Spitzenleute des Schachs beträgt jeweils 6 000 Dollar im Jahr.
Du bist schon einige Zeit Schachprofi. Hast du vorher eine Berufsausbildung absolviert?
Ich habe die Universität in Jerewan besucht und an der dortigen Sportfakultät studiert. Im Spezialfach Schach habe ich das Diplom erworben. Also könnte ich jetzt ohne weiteres als Trainer arbeiten.
Momentan spielst du ja, und zwar auf höchstem Niveau. Wer trainiert dich denn?
Mein Sekundant ist Gabriel Sargissjan, und vor wichtigen Wettkämpfen wie der Olympiade trainiere ich mit Arschak Petrosjan.
Wie erklärst du dir deine großen Erfolge? Man mag nicht glauben, was Kollegen über dich schreiben, wenn sie dich als faules Genie bezeichnen. Ist es wahr, dass du dich kaum auf einen Wettkampf vorbereitest?
Ich tue in der Tat nicht sehr viel, aber natürlich das Nötigste, um im Wettkampf bestehen zu können. Zum Glück habe ich sehr gute Schachfreunde, die mir viel bei meiner Arbeit helfen. Nachdem ich durch meine Erfolge finanziell unabhängig geworden bin, kann ich mir gute Helfer auch leisten.
Du bist schon Weltranglisten-Dritter, Levon. Wie geht es jetzt weiter? Nimmst du Kurs auf den WM-Titel?
So weit sehe ich mich noch nicht. Es ist ja auch alles unklar. Sicher scheint nur zu sein, dass Kramnik und Topalow jetzt das Vereinigungsmatch spielen werden. Dann sehen wir weiter. In diesem Herbst sollen ja laut FIDE-Beschluss auch die WM-Kandidatenkämpfe über die Bühne gehen, aber weder Orte, noch ein genauer Zeitpunkt stehen fest.
Dein Gegner ist der junge Magnus Carlsen. Wo wollt ihr spielen? Hast du Respekt vor ihm?
Er spielt für sein Alter äußerst stark. Ich fürchte ihn nicht, aber nehme ihn ernst. Da es in Norwegen nicht so viele Schachturniere gibt, wäre es gut, das Kandidaten-Match dort auszutragen. Ich hätte kein Problem damit.
Startest du nächstes Jahr in der Schach-Bundesliga wieder für den SC Kreuzberg?
Nein, ich habe mein Engagement nicht verlängert. Einmal fehlt mir bei meinen vielen Verpflichtungen die Zeit, zum anderen sehe ich keinen großen Nutzen darin, in der Bundesliga zu spielen.
Das Chess Meeting in Dortmund steht Ende des Monats an. Du wirst dort u.a. auf Kramnik, Leko und Swidler, also auf stärkste Konkurrenz treffen. Freust du dich?
Ja sehr. Ich habe noch nie in Dortmund gespielt und freue mich auf die neue Herausforderung. Es wird sicher nicht leicht werden, aber ich will mein Bestes geben.
Danke Levon, für das Gespräch!
Dann führte Levon Aronian in Berlin einige Spiele aus seiner eigenen Turnierpraxis vor. Zum Erstaunen der Anwesenden zeigte er als erste Partie keine von der Olympiade in Turin, sondern eine aus dem vorjährigen Aeroflot Open in Moskau gegen den St. Petersburger Großmeister Valeri Popow. Sie ist nicht fehlerfrei gewesen, räumte der Weltranglistendritte ein, aber hatte ein hübsches Finale.
Läufer nach g7
Db3 war ein wichtiger Zug
Mit zwei kräftigen Turmzügen zerschlug Weiß am Ende die schwarze Stellung.
L.
Aronian - V. Popow, Areoflot Open 2005 ...