Interview mit Reinhard Rauball

von ChessBase
30.11.2006 – Die Schachspieler unter den Fußballern habe es immer schon betont: Es gibt durchaus Ähnlichkeiten zwischen Schach und Fußball. Einstudierte Spielzüge im Fußball erinnern z.B. an auswendig gelernte Eröffnungen. In der Umfrage des Spiegels meinte Erfolgstrainer Felix Magath - selbst begeisterter Schachfan -, dass Fußball vom wissenschaftlicher erforschten Schach viel lernen könne. Zur gestrigen dritten Partie waren der Schweizer Nationalspieler Alexander Frei und Borussia Dortmunds Präsident Reinhard Rauball als Ehrengäste beim Mensch-Maschine-Wettkampf in Bonn. Der Rechtsanwalt und Experte für Sportrecht Reinhardt Rauball vertritt zudem Vladimir Kramnik im Streitfall mit der FIDE- Dagobert Kohlmeyer sprach mit ihm über Fußball, Schach und den ganzen Rest. Interview...

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"Fußball ist wie Schach strategisch angelegt“
Interview mit Dr. Reinhardt Rauball

Von Dagobert Kohlmeyer aus Bonn


Rauball, Jussupov, Resch

In den 90er Jahren spielte er beim Dortmunder Chess Meeting simultan gegen Garri Kasparow, heute ist er Rechtsberater des amtierenden Schachweltmeisters Wladimir Kramnik. BVB-Präsident Reinhardt Rauball hat auf Grund seines Jobs wenig Zeit für das königliche Spiel, aber „die WM-Partien von Elista habe ich nachgespielt, um drin zu bleiben“, sagt der bekannte Sportjurist. Mit Rauball kam Stürmer Alexander Frei zum Kiebitzen nach Bonn. Der Schweizer spielt Schach, hat es sehr früh von seinem Großvater gelernt und konnte die 3. Partie in der Bundeskunsthalle deshalb fachmännisch verfolgen. Wir stellten Dr. Rauball einige aktuelle Fragen.


Carsten Hensel und Reinhardt Rauball

Geht Wladimir Kramnik wegen seiner Null in der 5. WM-Partie noch juristische Schritte?

Als Anwalt bin ich an meine Verschwiegenheit gebunden. Fragen sie bitte Herrn Kramnik oder Herrn Hensel.


Kramnik vor der 3.Partie

Erwägen Sie vielleicht eine Schmerzensgeldforderung?

Wir haben darüber diskutiert und sind zu bestimmten Ergebnissen gekommen, aber die Veröffentlichung darüber möchte ich Wladimir Kramnik oder seinem Management überlassen. Es hängt auch einiges von den nächsten Entscheidungen der FIDE ab, wie es im WM-Zyklus weitergeht.

 

Topalows Manager Danailow hört nicht auf mit seinen Vorwürfen, was halten Sie davon?

Ich habe aus dem Duell in Elista gelernt, dass ein WM-Kampf im Schach nicht allein ein Duell Mann gegen Mann ist, sondern da spielen ganze Organisationen mit. Da hat die psychische Seite ihre ganz besondere Rolle. Sie wurde dort sehr stark ins Rennen gebracht. Eigentlich sehr schade, denn Schach ist ein toller Sport. Ich bin der Meinung, er hat solche Störmanöver nicht nötig.

Sie haben schon sehr viele Sportler juristisch vertreten. Wo liegt der Unterschied zwischen einem Denk- und einem Muskelsportler?

Bei Sportlern, die sich bewegen, steht der Bewegungsablauf im Vordergrund. Es gibt Fernsehbilder, und beim Streit wird der Videobeweis bemüht. Beim Schach geht es in erster Linie um Dinge, die sich im Kopf und manchmal auch hinter den Kulissen abspielen. Die zweite Ebene wirkt sich natürlich auf die erste Ebene aus. Das sauber zu halten und Verstöße aufzudecken, ist sicherlich etwas, was verstärkt in den Vordergrund rücken muss, wenn solche Dinge nicht aufhören.

Sehen Sie Parallelen zwischen Fußball und Schach?

Fußball ist wie Schach strategisch angelegt. Mann muss bestimmte Ballpassagen schon vorher im Kopf durchspielen. Die Lücke schaffen, die man braucht, um daraus die Offensive einzuleiten. Das wird vorher geplant und besprochen. Wie beim Schach.


Der symbolische erste Zug: Reinhardt Rauball und Alex Frei


1.d4

Die Trainerlegende Max Merkel ist gerade gestorben. Was war er für ein Mensch?

Ich habe ihn mehrfach getroffen. Er trainierte Borussia Dortmund Anfang der 60er Jahre und kam 1961 mit ihnen ins Endspiel der deutschen Meisterschaft, das dann leider verloren wurde. Merkel war ein Mann mit Charisma. Zu seiner Trainerzeit hat er schon sehr stark polarisiert. Weil er auch Methoden beim Training und bei der Vorbereitung eines Spiels entwickelte, die außergewöhnlich waren. Sie wichen von der üblichen Norm ab.


Rauball und Frei bei der 3.Partie im Publikum

Das war sicher nicht immer angenehm für die Spieler.

So ist es. Aber er hat hinterher die Seiten gewechselt und ist in den Journalismus gegangen. Von da an hat er das Tor zum Trainerjob zugemacht. Denn ich kann nicht über Spieler sehr starke Parabeln veröffentlichen lassen und vier Wochen später zu ihnen sagen: „Ich bin jetzt dein Trainer und du tust bitte, was ich gern möchte.“ Das ist sehr schwierig

Wie war Merkel im persönlichen Umgang?

Persönlich war er sehr angenehm. Man hatte viel Spaß miteinander, ich habe ihn auch mal im Urlaub getroffen. Das passte schon alles. Der Mann hat sein Leben gelebt.

Im VIP-Raum der Bundeskunsthalle ließ sich Dr. Reinhardt Rauball dann von Großmeister Artur Jussupow die Züge von Kramnik und seinem coolen Gegner erklären, inzwischen bewaffnet mit der neuesten Deep Fritz-Version, die er zu Hause in Dortmund gleich testen will.


 

 

 

 

 

 

 

 


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