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Interview mit Rustam Kasimdzhanov
Kasimdzhanov wird Fide-Weltmeister 2004
ChessBase: Erst einmal herzlichen Glückwunsch zum Gewinn des
Europameistertitels der deutschen Nationalmannschaft, an dem du als
Eröffnungstrainer der Mannschaft beteiligt warst. Außerdem noch nachträgliche
Gratulation zu deinem Sieg bei der Meisterschaft der zentralasiatischen Länder.
Welche Länder sind das eigentlich genau?
Rustam Kazimdzhanov: Ja, vielen Dank. Das
war die Meisterschaft der asiatischen Staaten der früheren UdSSR.
Wie kam es denn zu der Zusammenarbeit mit dem Deutschen Schachbund?
Die Idee kam aus dem Kreis der Spieler. Die deutsche Mannschaft wollte einen
Trainer für die Eröffnungsarbeit und irgendwann sind sie dann auf mich gekommen.
Vor ein paar Monaten schon sprach mich Daniel Friedmann an, was ich davon halten
würde, als Eröffnungstrainer für die deutsche Mannschaft zu arbeiten.
Bundestrainer Uwe Bönsch hat bei diesen Turnieren auch viele andere,
organisatorische Aufgaben, und ich kenne ja viele der möglichen Gegner aus
meiner eigenen Turnierpraxis. Ich wusste dann erst nicht, ob aus der Idee etwas
Reales werden würde, aber dann kam es tatsächlich dazu.
Was waren deine genauen Aufgaben?
Ich war für die Eröffnungen zuständig. Wie gesagt, kenne ich viele Spieler aus
meiner eigenen Turnierpraxis, weiß, was Ihnen liegt, oder was sie nicht so mögen
und dann ging es um die ganz konkrete Vorbereitung auf die jeweiligen Gegner.
Außerdem kenne ich mich in den Eröffnungen ganz gut aus und analysiere auch
recht gut.
Ist die Betreuung einer ganzen Mannschaft, fünf Spieler, nicht sehr viel
Arbeit?
Ja, das ist es. Pro Tag habe ich etwa 6-7 Stunden gearbeitet, wie die Spieler
auch. Wir hatten ungefähr den selben Rhythmus. Manchmal habe ich aber auch noch
nachts sehr lange gearbeitet, bis Zwei, halb Drei. Im Unterschied zu meiner
Arbeit mit Anand sind hier die Ansprüche aber weniger hoch gewesen. Manchmal
reichte auch nur ein kleiner Hinweis, z.B. auf die Frage, "soll ich gegen XY
lieber diese oder jene Variante spielen" oder einfach ein Tipp, was man sich
vielleicht anschauen kann. Ich bin selber sehr zufrieden mit der Zusammenarbeit
mit den deutschen Spielern, vor allem auch, dass meine Hilfe angenommen wurde.
Das wäre nicht bei allen Mannschaften so der Fall gewesen. Wenn du z.B. Trainer
einer Mannschaft mit lauter Super-Großmeistern bist, ist es schwierig dort
akzeptiert zu werden. Die haben alle ihre eigenen Ideen. Die Zusammenarbeit mit
den deutschen Spielern war aber sehr gut, auch aus meiner Richtung gesehen.
Kam es da nicht auch zu einem Interessenskonflikt mit deiner Arbeit für
Anand?
Nein gar nicht. Ich habe Vishy berichtet, dass ich diese Anfrage der deutschen
Nationalmannschaft habe und er hatte überhaupt nichts dagegen.
Wo hat die Vorbereitung besonders
funktioniert und wo ging vielleicht auch mal etwas schief?
Insgesamt hat die Vorbereitung eigentlich sehr gut funktioniert. Ich glaube,
dass wir so etwa in jeder vierten Partie das aufs Brett bekommen haben, was wir
vorbereitet hatten. Das ist eine recht gute Quote.
Als besonders erfolgreich hat sich ja die Französische Verteidigung erwiesen.
Die Deutschen haben damit fast 100% gemacht- mit Schwarz. War das deine Idee?
Bist du ein Französisch-Experte?
Ich habe schon die eine oder andere Französisch-DVD produziert, das stimmt.
Georg Meier spielt ja sowieso Französisch, die Rubinstein-Variante ist
allerdings inzwischen auch nicht ganz leicht für Schwarz. In der Partie gegen
Sutovsky hatte er gewisse Schwierigkeiten. Daniel Fridman hat ein breites
Repertoire. Ich habe ihn tatsächlich zu Französisch überredet.
War es gegen Armenien abgesprochene
Taktik, so zu spielen, d.h. Aronian, der Schwarz hatte, mit einem Remis aus dem
Match zu nehmen?
Ja. Ich weiß nicht, ab Arkadij es vielleicht sowieso vorhatte. Aber wir haben
dann überlegt, gegen Aronian die Farbe zu opfern, also eine Weißpartie auf remis
zu spielen. Arkadij hat sehr stark gespielt bei dieser Europameisterschaft und
hätte auch gegen Aronian Chancen gehabt, wer weiß. Andererseits ist Aronian auch
ein sehr starker Spieler und die Armenier sind mit Aronian ohne Zweifel stärker
als ohne ihn. Die Idee war auch, auf die beiden Weißspieler von Armenien mehr
Druck zu legen.
Schlussfeier in Porto Carras
War das nicht von Aronian ungeschickt, den Deutschen diese Möglichkeit zu
eröffnen?
Mit Schwarz muss Aronian gegen einen starken Spieler wie Naiditsch nicht
unbedingt gewinnen. Natürlich kann er erst einmal spielen und schauen, was
passiert. Ich glaube, er hat aber gar nicht mit der Möglichkeit gerechnet, dass
Arkadij auf diese blutleere symmetrische Variante spielt.
Die deutschen Frauen haben jetzt auch schon den Wunsch nach einem
Eröffnungstrainer geäußert. Noch ein Job für dich?
Ich glaube, da wäre ich der Falsche. Bei meiner Arbeit geht es ja um sehr konkrete Analysen und Vorschläge. Bei dem Frauen muss man allgemeinere Tipps geben, wie man bestimmte Sachen spielt oder was man gegen eine bestimmte Gegnerin anstreben soll. Da ist eine schachlich nicht so spezielle, dafür aber auch psychologische Betreuung notwendig.
Russland gewinnt Frauenturnier
Gab es denn für den Sieg eine
Erfolgsprämie vom DSB?
Die Spieler haben etwas ausgemacht, ich kenne die Details nicht. Ich selbst habe eine
Pauschale bekommen und keine Siegprämie ausgehandelt.
Warum nicht?
Ich habe an diese Möglichkeit gar nicht gedacht.
Das Interview führte André Schulz.