Es ist wie eine Revolution
Interview mit Silvio Danailov
Von Dagobert Kohlmeyer
Der Internationale Meister aus Bulgarien
hat sich seit geraumer Zeit als umtriebiger Schachmanager einen Namen gemacht.
Berühmteste Schützlinge des 44-Jährigen sind sein Landsmann Veselin Topalov
sowie die beiden Ukrainer Ruslan Ponomarjov und Sergej Karjakin. Das Mobitel
Masters ist Danailows bisheriges Meisterstück. Silvio hatte als Turnierdirektor
in Sofia alle Hände voll zu tun, beantworte aber am letzten Wochenende im Grand
Hotel gern unsere Fragen.
Hast du mit dem Turnier einen Traum
verwirklicht?
Ja, in der Tat. Schon sehr lange hatte ich
vor, so ein Event zu organisieren, weil ich immer daran dachte, man müsste ein
echtes professionelles Turnier durchführen. Die Idee kam mir, als sich der
Remisvirus unter den Topspielern zu stark ausbreitete. Und dieser Misere haben
wir mit dem Mobitel Masters den Kampf angesagt. Aus dem Grunde wurden die
Regeln eingeführt, die schnelle Großmeisterremisen verbieten.
Wie lange hast du an dem Projekt
gearbeitet?
Etwa zwei Jahre harter Arbeit liegen hinter
mir und meinem Team. Erst musste ein guter Sponsor gefunden werden. Das ist mit
Mobitel vollauf gelungen. Viele Leute, vor allem aus Bulgarien, haben mir
geholfen, die Sache zu realisieren. Insgesamt arbeiteten etwa 30 Personen für
das Turnier. Jetzt haben wir etwas Gutes geschafft, und wie man sieht, war das
Mobitel Masters ein sehr großer Erfolg nicht nur für Bulgarien, sondern für die
gesamte Schachwelt.
Was kostete das ganze Turnier?
Der Gesamtetat belief sich auf etwa 600 000
Euro. Darin waren alle Gelder für Organisation und die Honorare der Spieler
enthalten.
Und wie viel bekamen die Stars
dafür, dass sie im Grand Hotel von Sofia die Figuren setzten?
Der finanzielle Fonds für die Teilnehmer
betrug 300 000 Euro. Aber darunter ist kein Preisgeld zu verstehen, sondern wir
bezahlen die Spieler nach ihrem Marktwert. Es ist etwa so wie beim Boxen. Wenn
dort zum Beispiel Tysen und Klitschko gegeneinander kämpfen und Klitschko
gewinnt, bekommt der Amerikaner dennoch mehr, weil er den größeren Namen hat.
Hier bei uns war es ähnlich: Ein Spieler, über den die Medien mehr berichten,
erhielt auch mehr Geld.
Verrätst du uns ein paar Zahlen?
Nein, das kann ich nicht. Es ist einfach
ein Geschäftsgeheimnis. Eins kann ich dir aber verraten: Mein Schützling
Veselin Topalov erhielt überhaupt nichts für seine Teilnahme.
Wieso das?
Weil er einen Vertrag mit dem Hauptsponsor
Mobitel hat. Der Start beim Masters gehörte zu seinen Verpflichtungen. Jedes
Jahr erhält Topalow von dem Unternehmen eine bestimmte Summe. Der Vertrag wurde
vor zwei Jahren geschlossen, und im Vorjahr hat schon das Schnellschach-Match
Anand – Topalow unter dem Patronat von Mobitel in Sofia stattgefunden. Es war
eine gelungene Veranstaltung.
Wird das Mobitel Masters zum Impuls
für das Schach in Bulgarien?
Ganz bestimmt. Aber ich hoffe, nicht nur
für unser Land, sondern für die ganze Welt. Es ist eine kleine Revolution, denn
ich nehme an, allen Schachfreunden gefallen die neuen Regeln, weil die Partien
interessanter werden.
Auch in dem schönen Park am Grand
Hotel wurde viel gespielt. Man sah unzählige Fans, die sich um edle
Schachtische scharten. Wie populär ist das Spiel in Bulgarien?
Die Leute lieben Schach bei uns sehr. Und
sicher trägt Weselin Topalow mit seinen Leistungen auch dazu bei. Mobitel hat
auf meinen Vorschlag hin im Park zehn Marmortische aufstellen lassen, auf denen
Schach gespielt werden kann. Das gehörte auch zu den materiellen
Sponsorleistungen des Unternehmens.
Die FIDE plant für den Herbst ein
Turnier in Argentinien, um einen Titelträger zu ermitteln. Weil es vorher schon
so viele Pannen gab: Glaubst du als langjähriger Schachmanager daran, dass es
stattfinden wird?
Ja, ich denke schon, dass es veranstaltet
wird.
Eine hier in Sofia geplante
Pressekonferenz mit Großmeister Miguel Quinteros wurde aber kurzfristig
abgesagt. Warum?
Ich hatte Quinteros ein Visum besorgt, und
er wollte einen Tag und eine Nacht in Sofia bleiben, um vor den
Fachjournalisten über den Stand der Vorbereitungen zu berichten. Aber das
Flugzeug von London hierher war überbucht, und sie haben seine Reservierung
gestrichen. So flog er nach Südamerika zurück.
Du hast einige FIDE-Funktionäre zum
Turnier eingeladen: Zurab Asmaiparaschwili und Georgios Makropoulos. Was taten
sie hier?
Asmai war hier der Chefberater, man könnte
auch sagen, der Remisexperte. Als erfahrener Großmeister hat er die drei
Schiedsrichter Espejo, Postowski und Nikolopoulos in Streitfällen unterstützt,
wenn eine komplizierte Stellung einzuschätzen war. Dann musste entschieden
werden, ob sie remis gegeben werden kann oder nicht. Und Makropoulos war
einfach zu Gast hier.
Wie ist dein Verhältnis zur FIDE,
nachdem das Match deines Schützlings Ruslan Ponomarjow gegen Garri Kasparow vor
zwei Jahren geplatzt ist?
Es ist ein sachliches Verhältnis. Warum
sollte es schlecht sein? Die Ente, die Kasparow in die Welt gesetzt hat, dass
Ponomarjow und ich Geld als Schadenersatz für das ausgefallene Match bekommen
haben, ist lachhaft und entbehrt jeder Grundlage. Ich meine, jeder sollte
seinen Job ordentlich machen und basta.
Viele Stars und Ehrengäste wie der
Fußballer Stoitschkow kamen zum Turnier. Nur Bulgariens Schachkönigin
Antoaneta Stefanova wurde vermisst. Hast du sie nicht eingeladen?
Antoaneta war mit anderen Dingen
beschäftigt und nicht in Bulgarien. Sie hielt sich während des Mobitel Masters
in Russland, in Griechenland sowie in Italien auf, nur nicht zu Hause.
Respekt, Silvio, für das großartige
Turnier und danke für das Gespräch!