Interview mit Vadim Morokhovsky

von ChessBase
13.02.2007 – Zu Beginn des Jahres organisierte die Spielerorganisation ACP in Odessa mit dem ACP Rapid World Cup ihr erstes großes Turnier. Möglich wurde dies durch das Engagement der Pivdenny Bank und deren Vorstandsvorsitzenden Vadim Molokhovsky. Die Pvdenny Bank mit Sitz in Odessa war zuvor bereist als Sponsor bei anderen Schachveranstaltungen in Erscheinung getreten, z.B. beim Geller Memorial. Nach dem erfolgreichen ACP Rapid World Cup haben die Pivdenny Bank und die ACP eine weiter gehende Zusammenarbeit vereinbart. In diesem Zusammenhang wird die ACP auch ihr Büro nach Odessa verlegen. Michael Savinov sprach mit Vadim Molokhovsky. Mehr...

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Vadim MOROKHOVSKY: ‘Wir werden die Schachwelt überraschen’
Von Misha Savinov

Das Interview mit Vadim Morokhovsky, Vorstandsvorsitzender der PIVDENNY Bank, wurde nach dem Ende des First ACP World Rapid Cup durchgeführt. Die Bank war Hauptsponsor dieses Turniers, aber hat noch sehr viel mehr Pläne. Ein Teil davon betrifft die ACP – so wurde angekündigt, dass das Büro der ACP nach Odessa verlegt wird. Außerdem ist eine der größten Banken in Odessa aktiv daran beteiligt, starke Turniere zu organisieren, das Jugendschach zu entwickeln und Schach in der Ukraine ganz allgemein zu fördern.

Können Sie ein paar Worte über die Verhandlungen sagen, die der Ankündigung des World Rapid Cups in Odessa vorausgingen?

Die Idee tauchte während des 2. Pivdenny Gedenkturniers auf. Der Vorschlag kam von Joel Lautier, der an dem Turnier teilnahm und damals gerade im Begriff war, seinen Posten als Präsident der ACP aufzugeben. Am Ende verließ er den Verband, aber sein Beitrag kann nicht zu hoch eingeschätzt werden... Uns gefiel die Idee. Einerseits bestand Einigkeit darüber, dass wir sogar ohne die Ägide der ACP mit einem solchen Preisfond ein ähnlich starkes, wenn nicht sogar stärkeres Feld von Großmeistern zusammen bringen könnten. Andererseits haben wir es lieber, eine Reihe von Wettbewerben im Rahmen eines bestimmten Systems auszutragen. Und das von der ACP vorgeschlagene System (nämlich die ACP-Tour) sah viel versprechend aus. Als sich später herausstellte, dass Paris keinen ausreichenden Preisfond zur Verfügung stellen konnte und das Turnier einmal mehr gefährdet war, entschlossen wir uns, das Turnier zu unterstützen und in Odessa auszutragen. Ein weiterer Fehlschlag des ACP Masters hätte ernste Probleme für die ACP geschaffen...

Warum hat die PIVDENNY Bank beschlossen, die ACP zu unterstützen und das lang erwartete ACP Masters Turnier zu unterstützen?

Zunächst einmal sehen wir in der ACP eine Art Prototyp von Schachgewerkschaft, die das professionelle Schach unterstützen wird. Und zweitens ist Pavel Tregubov, der Präsident der ACP, ein sehr ehrlicher und verlässlicher Partner, was die Zusammenarbeit für uns ebenfalls reizvoll gemacht hat.

Die Schachwelt befindet sich in einer ziemlich schwierigen Situation, sowohl finanziell als auch politisch. Im Prinzip wird sie von Kirsan Ilyumzhinov allein finanziert. Vor allem ist das gegenüber Ilyumzhinov unfair – eine Person darf nicht für alles verantwortlich sein. Sein Besuch in Odessa hat uns gefreut, und ich glaube, unsere Kontakte mit der FIDE werden zu weiterer Zusammenarbeit führen, aber unsere Hauptanstrengungen werden dennoch darauf konzentriert sein, die ACP zu entwickeln. Es besteht kein Zweifel, dass diese Organisation über großes Potential verfügt, vor allem, wenn sie nicht nur von uns, sondern auch von den stärksten Spielern der Welt unterstützt wird, darunter Weltmeister Vladimir Kramnik.

Wissen Sie, im Moment überlebt das professionelle Schach sozusagen wegen der Anstrengungen, die die Meisterkandidaten unternehmen. Und ich glaube, dass die Schachprofis begreifen müssen, dass sie ebenfalls für ihren Sport verantwortlich sind. Das betrifft nicht nur das Spielen und das angemessene Auftreten während der Turniere. Zum Beispiel sind Fußballspieler und Boxer stets bereits, mit den Medien zu reden, an Wohltätigkeits- und ähnlichen öffentlichen Veranstaltungen usw. teilzunehmen. Sie machen das natürlich ohne Geld dafür zu verlangen – es hilft ihrem Sport, verbessert ihr Image und ist ganz generell für beide Seiten nützlich. Solche Pflichten zu begreifen ist höchst wichtig.

Wir führen im Moment Gespräche über die Zukunft der ACP. Wir haben unsere Ansichten dargelegt, die, wenn sie akzeptiert werden, zu bestimmten strukturellen Änderungen innerhalb der ACP führen werden.

Sind die Co-Sponsoren und Bankaktionäre zufrieden über die Art und Weise, in der das Turnier ausgetragen wurde?

Was das Geschäft betrifft, so haben wir noch keine klaren Daten über die Wirkung unserer Werbekampagne. Natürlich sind wir unseren Partnern und dem Team, das das Turnier organisiert hat, sehr dankbar, dem Londonskaya Hotel, den Großmeistern, die gespielt haben, den Schiedsrichtern und natürlich dem Publikum. Dieses Turnier hat für einen Zuschauerrekord gesorgt – unabhängigen Quellen zufolge gab es etwa 6.000 Besucher (nicht Besuche!). Wir wissen auch, dass sehr viele Leute unsere Webseite besucht haben. Die ganze Welt kennt jetzt Odessa und das Schach in Odessa.

Zweifellos war das Finale Leko-Ivanchuk das Schmuckstück des Turniers. Der Besuch des FIDE-Präsidenten war erfreulich und nützlich für uns. Der Wohltätigkeitsfond ‘Victor’ hatte die glänzende Idee der Großmeisterpressekonferenz und des Blindspiels mit Kindern. Dies wurde bereits während des Turniers vorgeschlagen, weshalb wir ein paar organisatorische Mängel vielleicht hätten vermeiden können... Ich habe das Gefühl, dass wir die freie Zeit der Großmeister, die früh aus dem Turnier geworfen wurden, nicht völlig ausgeschöpft haben. Wir werden aus dieser Erfahrung lernen und es beim 2. World Rapid Cup besser machen...

Wessen Idee war es, dieses Turnier World Rapid Cup zu nennen?

Das war unsere Idee und ich glaube, wir haben zu Recht darauf beharrt – es hat dem Turnier zusätzliche Aufmerksamkeit verschafft. Wir sind auf die FIDE zugegangen, und es freut mich sagen zu können, dass die FIDE diesem Titel zugestimmt hat. Die Einstellung der FIDE zu unserem Turnier war sehr positiv.

Wie gefiel Ihnen die Atmosphäre bei dem Turnier?

Die Atmosphäre war wunderbar! Selbst die Spieler, die ihre Partien verloren hatten, saßen beim Abendessen am gleichen Tisch wie die Gewinner und sprachen über das wunderbare Wetter in unserer Stadt. Auch die Resonanz war sehr positiv und das motiviert uns, die Anstrengungen fortzusetzen. Generell glaube ich, dass wir der Entwicklung des Schachs in Odessa einen ziemlichen Schub gegeben haben. Turnierbesucher erzählten mir, dass sie die Ergebnisse vorheriger Runden auf dem Weg zum Spiellokal im Radio gehört haben…

Wann haben Sie begonnen, Werbung für das Turnier zu machen?

Die Werbekampagne begann einen Monat vor Beginn des Turniers – wir schalteten Anzeigen im Fernsehen und im Radio und machten Plakatwerbung. Wir sind unseren Mediensponsoren aus Russland, Israel und der Ukraine dankbar. Sie gaben uns entscheidend geholfen. Ich hoffe, dies zeigt den Unternehmen, die unsere Angebote ausgeschlagen haben, dass Schachsponsoring Früchte tragen kann... Alles allein zu machen ist sehr schwer.

Was ist Ihnen als Zuschauer und Schachfan am deutlichsten in Erinnerung geblieben?

Ich glaube, der emotional stärkste Moment war das Matt in der letzten Partie zwischen Morozevich-Harikrishna. Das ist das Wesen des Armageddon-Schachs, nicht immer fair, aber so dramatisch, spannend und spektakulär! Ich war auch beeindruckt, dass sich in allen Wettkämpfen der stärkere Spieler durchgesetzt hat. Es gab keine inhaltsleeren oder langweiligen Partien, der Kampf war immer spannend!

Ich glaube, wir haben die richtige Bedenkzeit gewählt. Die Spieler konnten spektakuläre und qualitativ hochwertige Partien spielen und die Ergebnisse waren fast immer gerecht. Außerdem unterbindet die Schnellschachbedenkzeit jeden Betrug. Natürlich müssen wir das Format noch ein wenig verbessern. Meiner Ansicht nach waren die Bedingungen für die beiden Finalteilnehmer Ivanchuk und Leko nicht völlig gleich, da Ivanchuk nach seinem Halbfinalmatch nur eine sehr kurze Pause hatte.

Andererseits musste Leko in seinem Wettkampf Armageddon spielen...

Ja, damit war das in etwa ausgeglichen, aber zukünftig sollten wir solche Situationen vermeiden. Ich habe mit Vassily [Ivanchuk] gesprochen – wahrscheinlich ist es sinnvoll, das Finale an einem separaten Tag auszutragen. Was das Budget betrifft, so ist das komplizierter, aber dies kann durch andere Dinge wahrscheinlich ausgeglichen werden. Wir brauchen keine psychologischen Zusammenbrüche.

Sind die Großmeister zufrieden?

Nun gut, ich glaube, da fragt man sie besser selbst. Alle wirken zufrieden. Ich kann nicht sagen, dass ich so zufrieden bin, wie sie es anscheinend sind, da ich immer alles besser machen möchte. Zumindest gab es keine ernsthaften Zwischenfälle und die Zahl der Zuschauer wurde von Tag zu Tag größer, was natürlich sehr erfreulich war. Ich hoffe, die Zuschauer im Internet waren ebenfalls zufrieden – unsere Webseite ist informativ, es gibt Links zu Videoaufzeichnungen mancher Partien, usw..

Können Sie etwas über Zukunftspläne in Bezug auf das Schach sagen?

Es wurde beschlossen, dass wir das Finale der Ukrainischen U-14 Meisterschaft in Odessa organisieren. Ende Juni-Anfang Juli findet dann das Pivdenny Rapid Chess Turnier statt. Der genaue Zeitpunkt steht noch nicht fest, aber es könnte fast sofort nach dem Foros-Turnier beginnen. Wir haben vor, dieses Turnier auszubauen und auf ein neues Niveau zu heben. Es gibt bereits viel mehr Leute, die hier spielen möchten, als mögliche Teilnehmer. Wir werden Victor Korchnoi einladen, der dieses Turnier von Anfang an unterstützt hat. Wir werden Yury Drozdovskij einladen, den stärksten Spieler Odessas. Joel Lautier, der Gewinner des letzten Jahres, wird ebenfalls eingeladen werden. Und dann müssen wir nachdenken. Bislang hätten wir gerne Spieler mit einer Elo-Zahl von mehr als 2700; wir haben die Idee, ein Schnellschach Superturnier zu schaffen.

Wie gewöhnlich wird es ein Open geben, das nur am städtischen Jahrestag stattfindet. Wahrscheinlich nennen wir das Mayor’s Cup, Bürgermeisterpokal. Und wir arbeiten daran, die Stadtmeisterschaft von Odessa zu organisieren. Wir hätten gerne alle Großmeister, die in Odessa leben, dabei. Allerdings ist das natürlich auch deren Verantwortung...

Ich nehme an, Sie könnten das stärkste Teilnehmerfeld zusammen bekommen, indem Sie dem Sieger eine Fahrkarte zum Rapid Superturnier versprechen?

Vielleicht – eine solche Gelegenheit würde für unsere Großmeister, von denen viele jung und ehrgeizig sind, viel bedeuten. Aber ich bin nicht sicher, ob wir das machen. Die Lage ist komplex; das hat nicht nur etwas mit Geld zu tun, sondern auch mit der Liebe zu unserer Stadt. Mir liegt sehr daran, dass die Spieler das verstehen. Noch einmal, Schachspieler müssen begreifen, dass es Dinge gibt, die wichtiger sind als Geld – das Ansehen der Stadt, das Ansehen des Sports...

So, damit sind Herbst und Winter ganz generell noch nicht belegt. Unsere Pläne reifen noch. Wir verhandeln über den 2. World Rapid Cup. Es gibt ein Angebot der FIDE, das wir prüfen. Und wir haben unsere eigenen Ideen – sie kommen vielleicht vollkommen unerwartet, aber wenn wir die Verträge mit den Spielern unterschreiben, dann werden wir die Schachwelt überraschen. Tatsächlich ist der Zeitplan dieses Jahr sehr eng – neben den traditionellen Turnieren gibt es die Kandidatenwettkämpfe und die Weltmeisterschaft in Mexiko...

Und wir werden unsere eigene Schachschule gründen. Ich habe das mit Bareev diskutiert (der für das Jugendschach in Russland verantwortlich ist), und ich bin ihm sehr dankbar dafür, dass er seine Hilfe inklusive Lehrmaterial angeboten hat. Außerdem wird es ein Treffen der ukrainischen Trainer geben, das zusammen mit dem Ukrainischen Schachverband organisiert werden wird.

Wie werden Sie die Schule nennen?

Die Schule wird wahrscheinlich Pivdenny Schachschule genannt werden. Sie könnte nach Geller, Tomato, Eingorn oder Ivanchuk benannt werden, aber wir möchten keinen unserer hervorragenden Großmeister verärgern. Pivdenny Schachschule ist ein neutraler Name, deshalb bleiben wir bei.

Während des World Cups wurde gesagt, dass Sie auch Schulschachprojekte in Odeass und Umgebung ins Leben rufen, können Sie darüber mehr erzählen?

Wir werden Schach als Wahlfach in Schulen und Heimen fördern. Vor allem letzteres, da die Kinder, die keine Eltern haben, sich in einer besonders schweren Lage befinden.

Können Sie kurz zusammenfassen, warum die PIVDENNY Bank sich für das Schach entschieden hat?

Unser Ziel ist die Förderung und Entwicklung des Schachs und wir möchten in Odessa eines der Weltzentren des Schachs schaffen. Wir werden kluge Leute groß ziehen und kluge Leute werden sich schließlich für eine kluge Bank entscheiden und unsere verlässlichen Kunden werden!

 


Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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