Vadim MOROKHOVSKY: ‘Wir werden die
Schachwelt überraschen’
Von Misha Savinov
Das Interview mit Vadim Morokhovsky, Vorstandsvorsitzender der PIVDENNY Bank,
wurde nach dem Ende des First ACP World Rapid Cup durchgeführt. Die Bank war
Hauptsponsor dieses Turniers, aber hat noch sehr viel mehr Pläne. Ein Teil davon
betrifft die ACP – so wurde angekündigt, dass das Büro der ACP nach Odessa
verlegt wird. Außerdem ist eine der größten Banken in Odessa aktiv daran
beteiligt, starke Turniere zu organisieren, das Jugendschach zu entwickeln und
Schach in der Ukraine ganz allgemein zu fördern.

Können Sie ein paar Worte über die
Verhandlungen sagen, die der Ankündigung des World Rapid Cups in Odessa
vorausgingen?
Die Idee tauchte während des 2. Pivdenny
Gedenkturniers auf. Der Vorschlag kam von Joel Lautier, der an dem Turnier
teilnahm und damals gerade im Begriff war, seinen Posten als Präsident der ACP
aufzugeben. Am Ende verließ er den Verband, aber sein Beitrag kann nicht zu hoch
eingeschätzt werden... Uns gefiel die Idee. Einerseits bestand Einigkeit
darüber, dass wir sogar ohne die Ägide der ACP mit einem solchen Preisfond ein
ähnlich starkes, wenn nicht sogar stärkeres Feld von Großmeistern zusammen
bringen könnten. Andererseits haben wir es lieber, eine Reihe von Wettbewerben
im Rahmen eines bestimmten Systems auszutragen. Und das von der ACP
vorgeschlagene System (nämlich die ACP-Tour) sah viel versprechend aus. Als sich
später herausstellte, dass Paris keinen ausreichenden Preisfond zur Verfügung
stellen konnte und das Turnier einmal mehr gefährdet war, entschlossen wir uns,
das Turnier zu unterstützen und in Odessa auszutragen. Ein weiterer Fehlschlag
des ACP Masters hätte ernste Probleme für die ACP geschaffen...
Warum hat die PIVDENNY Bank beschlossen,
die ACP zu unterstützen und das lang erwartete ACP Masters Turnier zu
unterstützen?
Zunächst einmal sehen wir in der ACP eine
Art Prototyp von Schachgewerkschaft, die das professionelle Schach unterstützen
wird. Und zweitens ist Pavel Tregubov, der Präsident der ACP, ein sehr ehrlicher
und verlässlicher Partner, was die Zusammenarbeit für uns ebenfalls reizvoll
gemacht hat.
Die Schachwelt befindet sich in einer
ziemlich schwierigen Situation, sowohl finanziell als auch politisch. Im Prinzip
wird sie von Kirsan Ilyumzhinov allein finanziert. Vor allem ist das gegenüber
Ilyumzhinov unfair – eine Person darf nicht für alles verantwortlich sein. Sein
Besuch in Odessa hat uns gefreut, und ich glaube, unsere Kontakte mit der FIDE
werden zu weiterer Zusammenarbeit führen, aber unsere Hauptanstrengungen werden
dennoch darauf konzentriert sein, die ACP zu entwickeln. Es besteht kein
Zweifel, dass diese Organisation über großes Potential verfügt, vor allem, wenn
sie nicht nur von uns, sondern auch von den stärksten Spielern der Welt
unterstützt wird, darunter Weltmeister Vladimir Kramnik.

Wissen Sie, im Moment überlebt das
professionelle Schach sozusagen wegen der Anstrengungen, die die
Meisterkandidaten unternehmen. Und ich glaube, dass die Schachprofis begreifen
müssen, dass sie ebenfalls für ihren Sport verantwortlich sind. Das betrifft
nicht nur das Spielen und das angemessene Auftreten während der Turniere. Zum
Beispiel sind Fußballspieler und Boxer stets bereits, mit den Medien zu reden,
an Wohltätigkeits- und ähnlichen öffentlichen Veranstaltungen usw. teilzunehmen.
Sie machen das natürlich ohne Geld dafür zu verlangen – es hilft ihrem Sport,
verbessert ihr Image und ist ganz generell für beide Seiten nützlich. Solche
Pflichten zu begreifen ist höchst wichtig.
Wir führen im Moment Gespräche über die
Zukunft der ACP. Wir haben unsere Ansichten dargelegt, die, wenn sie akzeptiert
werden, zu bestimmten strukturellen Änderungen innerhalb der ACP führen werden.
Sind die Co-Sponsoren und Bankaktionäre
zufrieden über die Art und Weise, in der das Turnier ausgetragen wurde?
Was das Geschäft betrifft, so haben wir noch
keine klaren Daten über die Wirkung unserer Werbekampagne. Natürlich sind wir
unseren Partnern und dem Team, das das Turnier organisiert hat, sehr dankbar,
dem Londonskaya Hotel, den Großmeistern, die gespielt haben, den
Schiedsrichtern und natürlich dem Publikum. Dieses Turnier hat für einen
Zuschauerrekord gesorgt – unabhängigen Quellen zufolge gab es etwa 6.000
Besucher (nicht Besuche!). Wir wissen auch, dass sehr viele Leute unsere
Webseite besucht haben. Die ganze Welt kennt jetzt Odessa und das Schach in
Odessa.
Zweifellos war das Finale Leko-Ivanchuk das
Schmuckstück des Turniers. Der Besuch des FIDE-Präsidenten war erfreulich und
nützlich für uns. Der Wohltätigkeitsfond ‘Victor’ hatte die glänzende Idee der
Großmeisterpressekonferenz und des Blindspiels mit Kindern. Dies wurde bereits
während des Turniers vorgeschlagen, weshalb wir ein paar organisatorische Mängel
vielleicht hätten vermeiden können... Ich habe das Gefühl, dass wir die freie
Zeit der Großmeister, die früh aus dem Turnier geworfen wurden, nicht völlig
ausgeschöpft haben. Wir werden aus dieser Erfahrung lernen und es beim 2. World
Rapid Cup besser machen...

Wessen Idee war es, dieses Turnier World
Rapid Cup zu nennen?
Das war unsere Idee und ich glaube, wir
haben zu Recht darauf beharrt – es hat dem Turnier zusätzliche Aufmerksamkeit
verschafft. Wir sind auf die FIDE zugegangen, und es freut mich sagen zu können,
dass die FIDE diesem Titel zugestimmt hat. Die Einstellung der FIDE zu unserem
Turnier war sehr positiv.
Wie gefiel Ihnen die Atmosphäre bei dem
Turnier?
Die Atmosphäre war wunderbar! Selbst die
Spieler, die ihre Partien verloren hatten, saßen beim Abendessen am gleichen
Tisch wie die Gewinner und sprachen über das wunderbare Wetter in unserer Stadt.
Auch die Resonanz war sehr positiv und das motiviert uns, die Anstrengungen
fortzusetzen. Generell glaube ich, dass wir der Entwicklung des Schachs in
Odessa einen ziemlichen Schub gegeben haben. Turnierbesucher erzählten mir, dass
sie die Ergebnisse vorheriger Runden auf dem Weg zum Spiellokal im Radio gehört
haben…
Wann haben Sie begonnen, Werbung für das
Turnier zu machen?

Die Werbekampagne begann einen Monat vor
Beginn des Turniers – wir schalteten Anzeigen im Fernsehen und im Radio und
machten Plakatwerbung. Wir sind unseren Mediensponsoren aus Russland, Israel und
der Ukraine dankbar. Sie gaben uns entscheidend geholfen. Ich hoffe, dies zeigt
den Unternehmen, die unsere Angebote ausgeschlagen haben, dass Schachsponsoring
Früchte tragen kann... Alles allein zu machen ist sehr schwer.
Was ist Ihnen als Zuschauer und Schachfan
am deutlichsten in Erinnerung geblieben?
Ich glaube, der emotional stärkste Moment
war das Matt in der letzten Partie zwischen Morozevich-Harikrishna. Das ist das
Wesen des Armageddon-Schachs, nicht immer fair, aber so dramatisch, spannend und
spektakulär! Ich war auch beeindruckt, dass sich in allen Wettkämpfen der
stärkere Spieler durchgesetzt hat. Es gab keine inhaltsleeren oder langweiligen
Partien, der Kampf war immer spannend!
Ich glaube, wir haben die richtige
Bedenkzeit gewählt. Die Spieler konnten spektakuläre und qualitativ hochwertige
Partien spielen und die Ergebnisse waren fast immer gerecht. Außerdem
unterbindet die Schnellschachbedenkzeit jeden Betrug. Natürlich müssen wir das
Format noch ein wenig verbessern. Meiner Ansicht nach waren die Bedingungen für
die beiden Finalteilnehmer Ivanchuk und Leko nicht völlig gleich, da Ivanchuk
nach seinem Halbfinalmatch nur eine sehr kurze Pause hatte.
Andererseits musste Leko in seinem
Wettkampf Armageddon spielen...
Ja, damit war das in etwa ausgeglichen, aber
zukünftig sollten wir solche Situationen vermeiden. Ich habe mit Vassily [Ivanchuk]
gesprochen – wahrscheinlich ist es sinnvoll, das Finale an einem separaten Tag
auszutragen. Was das Budget betrifft, so ist das komplizierter, aber dies kann
durch andere Dinge wahrscheinlich ausgeglichen werden. Wir brauchen keine
psychologischen Zusammenbrüche.
Sind die Großmeister zufrieden?

Nun gut, ich glaube, da fragt man sie besser
selbst. Alle wirken zufrieden. Ich kann nicht sagen, dass ich so zufrieden bin,
wie sie es anscheinend sind, da ich immer alles besser machen möchte. Zumindest
gab es keine ernsthaften Zwischenfälle und die Zahl der Zuschauer wurde von Tag
zu Tag größer, was natürlich sehr erfreulich war. Ich hoffe, die Zuschauer im
Internet waren ebenfalls zufrieden – unsere Webseite ist informativ, es gibt
Links zu Videoaufzeichnungen mancher Partien, usw..

Können Sie etwas über Zukunftspläne in
Bezug auf das Schach sagen?
Es wurde beschlossen, dass wir das Finale
der Ukrainischen U-14 Meisterschaft in Odessa organisieren. Ende Juni-Anfang
Juli findet dann das Pivdenny Rapid Chess Turnier statt. Der genaue
Zeitpunkt steht noch nicht fest, aber es könnte fast sofort nach dem
Foros-Turnier beginnen. Wir haben vor, dieses Turnier auszubauen und auf ein
neues Niveau zu heben. Es gibt bereits viel mehr Leute, die hier spielen
möchten, als mögliche Teilnehmer. Wir werden Victor Korchnoi einladen, der
dieses Turnier von Anfang an unterstützt hat. Wir werden Yury Drozdovskij
einladen, den stärksten Spieler Odessas. Joel Lautier, der Gewinner des letzten
Jahres, wird ebenfalls eingeladen werden. Und dann müssen wir nachdenken.
Bislang hätten wir gerne Spieler mit einer Elo-Zahl von mehr als 2700; wir haben
die Idee, ein Schnellschach Superturnier zu schaffen.
Wie gewöhnlich wird es ein Open geben, das
nur am städtischen Jahrestag stattfindet. Wahrscheinlich nennen wir das Mayor’s
Cup, Bürgermeisterpokal. Und wir arbeiten daran, die Stadtmeisterschaft von
Odessa zu organisieren. Wir hätten gerne alle Großmeister, die in Odessa leben,
dabei. Allerdings ist das natürlich auch deren Verantwortung...
Ich nehme an, Sie könnten das stärkste
Teilnehmerfeld zusammen bekommen, indem Sie dem Sieger eine Fahrkarte zum Rapid
Superturnier versprechen?
Vielleicht – eine solche Gelegenheit würde
für unsere Großmeister, von denen viele jung und ehrgeizig sind, viel bedeuten.
Aber ich bin nicht sicher, ob wir das machen. Die Lage ist komplex; das hat
nicht nur etwas mit Geld zu tun, sondern auch mit der Liebe zu unserer Stadt.
Mir liegt sehr daran, dass die Spieler das verstehen. Noch einmal, Schachspieler
müssen begreifen, dass es Dinge gibt, die wichtiger sind als Geld – das Ansehen
der Stadt, das Ansehen des Sports...
So, damit sind Herbst und Winter ganz
generell noch nicht belegt. Unsere Pläne reifen noch. Wir verhandeln über den
2. World Rapid Cup. Es gibt ein Angebot der FIDE, das wir prüfen. Und wir
haben unsere eigenen Ideen – sie kommen vielleicht vollkommen unerwartet, aber
wenn wir die Verträge mit den Spielern unterschreiben, dann werden wir die
Schachwelt überraschen. Tatsächlich ist der Zeitplan dieses Jahr sehr eng –
neben den traditionellen Turnieren gibt es die Kandidatenwettkämpfe und die
Weltmeisterschaft in Mexiko...
Und wir werden unsere eigene Schachschule
gründen. Ich habe das mit Bareev diskutiert (der für das Jugendschach in
Russland verantwortlich ist), und ich bin ihm sehr dankbar dafür, dass er seine
Hilfe inklusive Lehrmaterial angeboten hat. Außerdem wird es ein Treffen der
ukrainischen Trainer geben, das zusammen mit dem Ukrainischen Schachverband
organisiert werden wird.
Wie werden Sie die Schule nennen?
Die Schule wird wahrscheinlich Pivdenny
Schachschule genannt werden. Sie könnte nach Geller, Tomato, Eingorn oder
Ivanchuk benannt werden, aber wir möchten keinen unserer hervorragenden
Großmeister verärgern. Pivdenny Schachschule ist ein neutraler Name, deshalb
bleiben wir bei.
Während des World Cups wurde gesagt, dass
Sie auch Schulschachprojekte in Odeass und Umgebung ins Leben rufen, können Sie
darüber mehr erzählen?
Wir werden Schach als Wahlfach in Schulen
und Heimen fördern. Vor allem letzteres, da die Kinder, die keine Eltern haben,
sich in einer besonders schweren Lage befinden.
Können Sie kurz zusammenfassen, warum die
PIVDENNY Bank sich für das Schach entschieden hat?
Unser Ziel ist die Förderung und Entwicklung
des Schachs und wir möchten in Odessa eines der Weltzentren des Schachs
schaffen. Wir werden kluge Leute groß ziehen und kluge Leute werden sich
schließlich für eine kluge Bank entscheiden und unsere verlässlichen Kunden
werden!