Interview mit Yifan Hou

von Dagobert Kohlmeyer
22.03.2016 – Yifan Hou ist die Abstand beste aktive Schachspielerin der Welt und hat gerade in Lviv im Match gegen Mariya Muzychuk den Weltmeistertitel gewonnen. Es ist das zweite Mal, dass die Chinesin den Titel im Wettkampf zurückerobert, den sie zuvor im K.o.-Turnier verloren hat. Im Interview mit Dagobert Kohlmeyer kritisiert die Weltmeisterin erneut den WM-Modus bei den Frauen und fordert eine Änderung. Mehr...

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Schachkönigin Hou Yifan ist zu neuen Taten bereit

Nur wenige Tage nach ihrem überlegenen WM-Sieg gegen Mariya Muzychuk greift die Chinesin Hou Yifan wieder zu den Schachfiguren. Die 22-jährige Weltmeisterin startet beim Qualifikationsturnier in Stavanger, wo ein Startplatz für das „Norway Chess 2016“ ausgespielt wird. Dieses Superturnier mit Weltmeister Magnus Carlsen, den Ex-Champions Wladimir Kramnik und Veselin Topalov sowie anderen Topspielern geht vom 18.-30. April über die Bühne.
In der jetzigen Qualifikation trifft Hou Yifan ab Mittwoch auf Jon Ludwig Hammer, Aryan Tari (beide Norwegen) sowie Nils Grandelius (Schweden). Das Turnier findet im Rahmen des Oster Schachfestivals in Fagernes statt. Dabei werden doppelrundig Partien mit klassischer Bedenkzeit und Schnellschach gespielt.

Trotz ihres engen Terminkalenders und nach einer überstandenen fiebrigen Erkältung war Hou Yifan so freundlich, unserem Autor Dagobert Kohlmeyer von Norwegen aus das folgende Interview zu geben.



Der WM-Kampf in Lviv verlief ganz klar. Hattest du das erwartet?

Eigentlich reiste ich sehr zuversichtlich nach Lviv, bin aber nun doch sehr froh, dass ich das Match erfolgreich beendet habe. Ich habe es geschafft, den Titel zurückzuholen. Das war umso schwieriger, wenn man bedenkt, dass vorher viele Fragen außerhalb des Bretts auf mich zukamen. Ich bin zufrieden mit dem Ergebnis, nicht nur in schachlicher Hinsicht, sondern vor allem, weil der psychologische Teil der Probleme das Endergebnis nicht beeinflusst hat.

Wie fühlst du dich nach dem vierten Titelgewinn?

Ich bin zufrieden mit dem, was ich im Match gezeigt habe. Aber ich kann nicht sagen, dass alle Gefühle, die ich habe, positiv sind. Denn das System der Ermittlung der Frauen-Weltmeisterin ist aus meiner Sicht ungerecht. Ich glaube, ich bin nicht die einzige, die so denkt. Mehr noch: Das Reglement sollte auf eine angemessene Weise verändert werden. Ich bin mir sicher, dass ein "echtes" Weltmeisterschafts-Match (so wie bei den Männern – D.K.) auf mehr Aufmerksamkeit stoßen würde.



Hast du dich lange auf das Match gegen Mariya Muzychuk vorbereitet?

Das Duell sollte im Oktober 2015 stattfinden, und dann wurde es auf März dieses Jahres verschoben. Da meine anderen Turnierplanungen vor der Ankündigung des geänderten Datums feststanden, begann meine ernsthafte Vorbereitung auf das Match erst Mitte Februar nach meinem Auftritt in Chile.

Wie ist die Zusammenarbeit mit Vladimir Chuchelov als Trainer?

Wir haben bei diesem Wettkampf nicht das erste Mal zusammengearbeitet. Ich bin froh, dass ich das Wissen von verschiedenen starken Großmeistern aufnehmen konnte. Das hat meinen Horizont erweitert und mein Schachverständnis erweitert.

Yifan Hou mit Vladimir Chuchelov

- Welches sind deine weiteren Pläne für dieses Jahr?

Ich werde in diesem Sommer mein Studium beenden, und es ist daher an der Zeit, meine Diplomarbeit ernsthaft zu beginnen. Die Zeit läuft schnell. Dies ist einer der Gründe, warum der März für mich nicht der ideale Termin für das Match war. Ich hatte viel damit zu tun, meinen um meinen Abschluss vorzubereiten. Unter den gegebenen Umständen werde ich nun einfach mein Bestes im Studium versuchen.

- Und neue Schachevents?

In der Zwischenzeit werde ich auch an einigen Turnieren teilnehmen, darunter einige sehr gut besetzte. Ich hoffe, dass es noch mehr Möglichkeiten geben wird, in diesem Jahr in Top-Turnieren zu spielen. Ganz sicher werde ich meine Anstrengungen auf dem Brett nach dem Studium verstärken.

- Wie kam es zu deinem Start beim Stavanger Qualifikationsturnier?

Ich habe die Einladung zu Beginn dieses Jahres erhalten und bin froh, dass der Veranstalter mir die Möglichkeit gibt, an der Qualifikation für solch ein Superturnier wie Norway Chess teilzunehmen.

- Möchtest du wieder einmal in Deutschland, so wie im Jahre 2015 beim Chess-Meeting in Dortmund spielen?

Na sicher! Das war im letzten Jahr eine wertvolle Erfahrung für mich, neben meinem schachlichen Ergebnis. Es wäre großartig, wenn ich in naher Zukunft wieder einmal eingeladen werden würde.

 

Bilder von der Abschlussfeier


Blumen und je ein Gemälde für die Weltmeisterin und...

... die unterlegene Mariya Muzychuk

Ein Lorbeerkranz für die neue Weltmeisterin von Schiedsrichterin Carol Jarecki, li. Georgios Makropoulous

Am Potocki-Palast...

 

... wurde eine Gedenktafel enthüllt, die auf den Wettkampf hinweist.

Fotos: Vitaly Hrabar (Turnierseite Lviv)

 

 


Dagobert Kohlmeyer gehört zu den bekanntesten deutschen Schachreportern. Über 35 Jahre berichtet der Berliner bereits in Wort und Bild von Schacholympiaden, Weltmeisterschaften und hochkarätigen Turnieren.

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