Ist Stralsunder Schachspitzensportler indirekter Beweis für Parallel-Universum?

von ChessBase
24.03.2005 – Die u.a. von David Deutsch (s. Interview im Spiegel 11/2005) vertretene Theorie des Multiversums ist eine von mehreren Erklärungsmodellen zur Quantenmechanik. Der Vorsitzende eines Stralsunders Sportvereins, Claus-Peter Sch., ist möglicherweise der indirekte Beweis für die Richtigkeit dieser Theorie. In den vergangenen Jahren hat er durch herausragende Leistungen auf unzähligen Problemschachwettbewerben auf sich aufmerksam gemacht und ließ sich von der Stadt Stralsund und den örtlichen Medien als Problem-Schach-Ass ehren. Die Leser der Ostseezeitung wählten ihn sogar zu ihrem Sportler des Jahres 2004. Seine glaubwürdigen Berichte von den Turnieren warfen ein lebendiges Licht auf das Problemschach. Nur: Weder Turniere noch Resultate und auch nicht die Namen der anderen Teilnehmer sind auf diesem Planeten verifizierbar. Nicht einmal der Verband Orthodox Problem Chess Foundation lässt sich in dieser Welt finden. Aber irgendwo müssen die zahlreichen Veranstaltungen doch statt gefunden haben. Die einzige Erklärung scheint die Existenz eines Paralleluniversums zu sein. Olaf Teschke hat versucht, dem Phänomen mit den Mitteln mecklenburg-vorpommerischen Humors auf die Spur zu kommen. Zur Problemschach-Köpenickiade...

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"...un denn segelt wi so langsam rund Kap Hoorn..."
oder

"Peter Lurenz sall läwen! Hurra!"


" Sitt de Seelüd obens mol, so bi Grog un Beer
Ward vertellt so allerhand, as dat fröher weer
Seemansgarn, mol fin, mol groff, ward denn kräftig spunn'n
Wenn 't nich ümmer Wohrheit is, denn is dat eb'n erfunn'n.
Refrain:
Un denn segelt wi so langsam rund Kap Hoorn
Un de See, de steiht von Achtern und von Vorn
Un de Storm, de weht ut Ost, West, Süd un Nor'n
Un denn segelt wi so langsam rund Kap Hoorn"

plattdeutscher Liedklassiker


In den letzten Jahren hat sich meine Kolumne redlich bemüht, den Schachspielern aus Mecklenburg die langen Winterabende etwas heiterer zu gestalten, die dunklen Wolken der Melancholie zu vertreiben und den ernsten, verbissenen, einsamen Kampf der Caissa-Eleven mit etwas Humor aufzulockern. Dennoch gebietet mir die Bescheidenheit einzusehen, dass mein Wirkungsbereich ausgesprochen begrenzt geblieben ist. Gegenüber den Titanen des mecklenburg-vorpommerschen Humorismus bin ich nur ein kleines Licht.

Ich meine damit nicht solche Klassiker wie John Brinckmann, dessen "Peter Lurenz bi Abukir" diese Rubrik ihr Leitmotiv verdankt. Auch wenn diese Geschichte vielleicht der unerreichte Gipfelpunkt plattdeutscher Humoristik ist - die modernen Nachfolger müssen sich nicht verstecken.

Eine Hochburg des norddeutschen Witzes ist uns' lütt Stadt ann' Strelasund. Vielleicht liegt es ja an der jahrhundertealten Seefahrertradition der Hansestadt, dass man gewohnt ist, in trauter Runde sein Garn zu spinnen, und es geübte Zuhörer gibt, die geduldig dabeisitzen, ohne eine Miene zu verziehen, im Stillen die brillianten und detaillierten Schilderungen zu würdigen wissen. Da muss man dem Erzähler auch mal nachsehen, wenn er ein wenig über die Stränge schlägt...

Auch wenn ich nur aus der insularen, ungebildeten Provinz komme, kann ich die Hochachtung vor den großen Kreativen nachfühlen. Was mir leider fehlt, ist die vornehme hanseatische Zurückhaltung und Selbstbeherrschung. Nur kurze Zeit habe ich es geschafft und die immer genialeren Geschichten genossen, aber es ist nicht mehr auszuhalten - inzwischen kann ich das Lachen selbst bei den geringsten Anlässen kaum noch verkneifen, sei es dass mir eine "Ostsee-Zeitung" vor die Augen kommt, oder ich sehe eine Aufgabe "Matt in zwei Zügen", oder die Ausschreibung des Dresdener Marathon-Blitzes erinnert mich an das "24-Stunden-Problemschachturnier", selbst "Olympia" oder simple Ortsnamen wie "Wien", "Bremen" oder "Lanzarote" bringen ein seltsames Grinsen auf mein Gesicht, das bei Umherstehenden zu Recht Befremden auslöst.

Weil das kein Dauerzustand werden kann, und bin ich - sehr gegen meinen Willen - gezwungen, als Therapie hier einmal die ganzen Geschichten zu dokumentieren. Gleichzeitig wird hoffentlich in der Zusammenstellung einmal das ganze Genie eines Spitzensportlers aus Stralsund und des "Sport-Asses von der Küste 2004" (mit überwältigender Mehrheit und mehr Stimmen als Hansa Rostock) so richtig deutlich und kann auch von einer breiten Öffentlichkeit gewürdigt werden. Ich möchte seiner Kreativität an dieser Stelle jedenfalls noch einmal meine größte Hochachtung zollen. In Zusammenarbeit mit seinen Bewunderern ist ihm über Jahre hinweg eine historische Leistung gelungen. Endlich hat unser Land den Spitzensportler, den es verdient.


1. As dat allens anfungen hett

... ick heww mi de gesamte Nautik denn Winter so scharp dörch denn Kopp gahn loten,
dunn musst ik ja dat gröttste Glück hebben,
datt mi de besäggte Brägenknuppen nich rieten deht, don kreeg de Navegatschon
een Schubbs glieks in dat neegste Johrdusend, mit een Wuurd, denn erfunn' ik de
horizontale Peilung öwer den submarinen Pegel mit dem duwwelten Sneller."

Ut: John Brinckman, "Peter Lurenz bi Abukir"

 

Als ich 1982 seinerzeit als Zehnjähriger ernsthaft mit Schachspielen anfing, wartete ich jeden Monat ungeduldig auf die Zeitung SCHACH, um sie nach ihrem Erscheinen von vorne nach hinten genauestens durchzulesen. Zwar waren die Turnierberichte meist ein halbes Jahr alt und das Papier weit von Hochglanz entfernt, die Kommentare aber dreimal so gut wie heute, und außerdem hatte man noch die Leidenschaft der Jugend. Ganz weit hinten gab es immer die Rubrik "Problemschach" und das jeweilige Halbjahreswettlösen. Während meine schachliche Karriere ziemlich durchschnittlich blieb, nahm hier eine sehr viel glanzvollere Laufbahn ihren Anfang: Die Problemspalte konnte unter den neuen Teilnehmern auch die Lösergemeinschaft Claus-Peter Sch. und Uwe Kutschborski aus Stralsund vermelden. Uwe Kutschborski ist leider Mitte der 80er Jahre gestorben, so dass wir keine Augenzeugenberichte aus den frühen Anfangsjahren eines Genies haben, doch der Name Sch. ist inzwischen jedem Schachfreund in MV ein Begriff.

Landfremde müssen wir da noch überzeugen, etwa Udo Degener, der in einer Mail vom 11.02.2005 schrieb "...in meinen Augen ist Claus-Peter Sch. ein moderner Baron..." nein, den Teil der Mail zensieren wir lieber, ich zitiere den großen Problemexperten nur mal mit einen Satz den Anfang der Karriere betreffend: "...Bleibt zum Schluss noch ein Blick in die Teilnehmerliste des monatlichen Lösewettbewerbes der Zeitschrift "SCHACH". Hier beteiligte sich Sch. lediglich von 1982 bis 1984, ohne allerdings durch besondere Leistungen aufzufallen..."

Dem muss an dieser Stelle einmal deutlich widersprochen werden. Durchweg lag die Lösergemeinschaft im vorderen Bereich, und in SCHACH 5/84 ist sogar verzeichnet, dass sie im 70. Halbjahreswettlösen 212 Punkte und damit den 30. Platz von immerhin 371 Teilnehmern erreicht hatte. Das langte sogar für einen Buchpreis, der für die dreißig Besten vergeben wurde.

Leider fiel die Lösergemeinschaft danach wieder zurück und konnte nicht mehr ganz vorne mitspielen, hörte bald sogar völlig mit der Teilnahme auf. Den vermutlichen Grund konnten Leser zwanzig Jahre später in der Ostsee-Zeitung finden: Schon 1983 durfte Claus-Peter die Farben der DDR in Wien vertreten, siehe diesen OZ-Artikel (bitte übrigens die "Einzüger" beachten, die lt. Einleitung in Wien gelöst werden :-) ). Klar, dass man bei solchen Herausforderungen nicht mehr zum Einsenden kommt. Immerhin ist es ein riesiger Vertrauensbeweis, als 23jähriger ins nichtsozialistische Ausland delegiert zu werden (auch wenn die Funktionäre sicher vom Talentbeweis des Buchpreises in SCHACH beeindruckt waren), wo selbst Spitzenspieler zu dieser Zeit keine Reiseerlaubnis mehr bekamen. Hervorzuheben ist auch die moralische Integrität des Jugendtalentes - im Gegensatz zur üblichen Praxis fertigte er nicht einmal Berichte über seinen Aufenthalt im Feindgebiet an. Wenn sich damals nur alle so vorbildlich verhalten hätten...


2. Dat kümmt noch väl bäder

"Wat se nich seggn, Herr Lurenzen! Wenn se dat nich wiern,
ik wur dat man glatt nich glöwn!"
"Vägätn's eer Räd nich, Herr Block,
vägätn's eer Räd nich! Dat kümmt noch väl bäder!"

Ut: John Brinckman, "Peter Lurenz bi Abukir"

Leider, leider reicht das OZ-Online-Archiv nicht mehr in die Anfänge vor fünf, sechs Jahren zurück, so dass die ersten Sch.-Artikel mir nicht mehr zugänglich sind. Man erinnert sich im Lande noch dunkel an die ersten Turnierteilnahmen und -erfolge. Mit der Zeit wuchs dann die Zahl der Titel, Pokale und Urkunden, die nicht nur von der Zeitung vermeldet, sondern auch stolz von Claus-Peter vorgezeigt wurden.

Übrigens sollten wir hier einige Genauigkeit walten lassen. Einige OZ-Leser hätten ja zum Beispiel vor einigen Jahren sich wundern können (sie haben es haben es freilich nicht getan), als die Deutschen Einzelmeisterschaften im Schach in Binz stattfanden, einige Runden lang (OZ berichtete) der Deutsche Meister im Problemschach Arno Zude an der Spitze lag. Für alle, die sich gefragt haben "War das nicht Claus-Peter Sch.?" (allerdings ist mir kein OZ-Leser bekannt, der sich das gefragt hat), hier die notwendige Präzisierung: Alle in der OZ benannten Sch.-Turniere wurden im Rahmen des "OPCF" ausgetragen, des "Orthodoxen Problemschachverbandes". Das erklärt übrigens vieles auf einen Schlag, zum Beispiel warum man unseren Spitzenspieler nicht in der Rangliste der Problemlöser findet. Das Ratingsystem des OPCF ist nämlich sehr speziell, siehe diesen Artikel.

Alles klar? Es gibt keine offizielle Rangliste, außer derjenigen, die in der OZ veröffentlicht wird :-) (Man beachte den Verfasser "G.Peter"=Gernot Peter, diese mysteriöse Person wird uns noch ebenso begegnen wie der "Drittplazierte Bernd Schulz".)

Mehr zum OPCF kann man im Internet suchen (wenn auch nicht finden):

OPCF & Schach...
OPCF & chess...
Orthodox problem chess foundation
...

Kein Wunder allerdings, dass dieser Verband so versteckt ist, er scheint einfach zu exklusiv zu sein, man vergleiche die letzte Turnierankündigung vom 23.02. Besonders feinsinnig die Ausladung für "anderweitig organisierte Mitglieder des Problemschachs".

Da ich jedoch nicht zu letztere zu gehören meinte, schickte ich am selben Tag meine Anmeldung ab:

"Sehr geehrter Herr Sch.,

mich würde das angekündigte OPCF-Turnier in HH-Bergedorf interessieren. Leider war auf der Ankündigung keine Adresse zu finden - wo findet es genau statt, und wo kann man sich bei den Schachfreunden in HH anmelden (wäre für die genaue Planung der Anreise am Samstag früh gut zu wissen - zwar gibt es inzwischen ja eine gute ICE-Verbindung Berlin-HH, aber man muss ja noch nach Bergedorf, und ich möchte mich nun nicht in letzter Minute vor Ort anmelden...)?

Vielen Dank, Olaf Teschke"

Damit hatte ich offenbar schon die Kapazität gesprengt, jedenfalls kam schon am 24.02. diese Mitteilung. Eine Antwort auf meine Mail habe ich leider bis heute nicht erhalten. Ist ja auch blöd, wenn plötzlich noch jemand teilnehmen will, der nicht eingeplant ist... Nur Zyniker würden jetzt behaupten, es sei ein seltsames Turnier, das schon von einer zusätzlichen Meldung gesprengt wird. Aber kleine Verbände sind eben schnell überfordert.

Als großer Fan der OZ-Artikel wäre ich sogar als Zuschauer zu diesem Turnier gefahren, aber leider wird ja selbst die Adresse geheim gehalten...

Wir halten also fest: Der OPCF ist ein sehr kleiner, sehr unbekannter Verband. Ich könnte an dieser Stelle eine Reihe von Mails ausgewiesener Problemexperten (wie etwa dem Turnierwart der "Schwalbe") einfügen, die sogar behaupten dass keinem von ihnen der Verband oder auch nur irgendein Mitglied bekannt ist, leider könnten aber einige Passagen als Beleidigung aufgefasst werden. Nunja, das liegt vielleicht auch daran, dass sie sich die Konkurrenz vom Hals halten wollen? Oder an der Empfindlichkeit der Problemschächer hinsichtlich des Urheberrechts? (Vergleiche hierzu z.B. diese Aufgabe mit dem Urdruck von Guido Cristoffanini, 1925 in L'Echiquier (dank an Udo Degener für diese Info!)).

3. Hei is dei Gröttste

" Un dunn keem Nelson up mi to, keek mi mit een Oog scharp an
- dat anner hemm' se em jo in Korsika utschotn -
und leeg sien een Arm üm mi
- dei anner wier em ja vor Teneriffa afhannen kamen -
un denn reepen oll de Seelüd lud:
'Peter Lurenz sall läwen! Hurra!'"

Ut: John Brinckman, "Peter Lurenz bi Abukir"

In den letzten Jahren näherte sich die Schachkarriere unvergleichlichen Gipfeln, und die Berichte wurden immer konkreter und detaillierter (Übersicht...), besonders gelungen und pietätvoll die Idee mit dem Goldenen Kranz, der erst nach Ableben verliehen wird). Damit haben wir auch jetzt genug Anhaltspunkte, um der Frage nachzugehen, ob der OPCF vielleicht einfach nur ein kleiner, versteckter Verband ist, der seine eigenen Wettkämpfe ausspielt. Wir starten chronologisch mit dem Vierundzwanzig Stunden - Marathon - Problemturnier, das immer im November in Dresden stattfindet :-) na, da wissen wir wenigstens, woher die Idee ist - was die Blitzer machen, können wir im orthodexen Problemschach auch! Prüfen wir also mal die Details mit Google, etwa

27. Problemschach-Turnier...
Bill Farmer & chess & Dresden...
Schach-Marathon & Vaas...
chess marathon & Vaas...

Nicht sehr üppig, und das bei 58 Teilnehmern! Zu dumm, dass auch von den Dresdener Schachfreunden niemand ein solches Turnier (und gar in der 27. Auflage) kennt... aber vielleicht zählt man im OPCF ja auch anders, zumal man nichts über ein 26. Problemschach-Turnier findet, oder 25, 13, 17, eigentlich alle Zahlen...

Dann gab es 2003 einen kleinen Rückschlag mit dem Hexenschuss, leider sind die Teilnehmer der Bestenermittlung in Hamburg nicht aufgeführt, so dass es nichts zu prüfen gibt. Man beachte allerdings, dass 2003 noch die Bedenkzeit acht Stunden beträgt, während das Turnier 2004 in Bremen sich nicht entscheiden kann, ob es zehn Stunden oder acht Stunden oder sechs Stunden lang dauert. Hier haben wir auch endlich wieder Namen, und da es sich um eine deutsche Bestenermittlung handelt, können wir nicht nur googeln

Bartuschow...
(
huch, der ist aber selten)
Fridjof Hirsch...
Walter Scharf & Schach,


sondern sogar in den
Telefonbüchern nachschauen, und siehe da, es gibt weder einen F. Hirsch in ganz München (bemerkenswerte Leistung!) noch einen Bartuschow in Dortmund (ok, Bartuschows gibts ja in ganz Deutschland nicht) und auch keinen W. Scharf im Frankfurter Telefonbuch (was ganz schön überraschend ist).

Kurz zuvor gab es übrigens noch den
europäischen Mannschaftswettbewerb auf "Lanzerote" ;-) mit fast denselben Teilnehmern, dazu allerdings noch dem russischen Überflieger Dr. Nikolai Garnejew (auch dies ein Topleistung, ein plausibel klingender nichtexistenter slawischer Name, und es liegt nicht an der Transkription, auch im kyrillischen Web gibt's den Namen nicht). Dummerweise kam hier die Punktzählung etwas durcheinander, Garnejew wurde nämlich erster mit 100 Punkten, wo es doch an jedem der drei Tage 100 Punkte gab und Herr Sch. allein 289,5 holte! Naja, nicht so schlimm, schliesslich hatte es ja sowieso "keine Auswirkung auf die Rangliste" (die bekanntlich sowieso nicht offiziell existiert.)

Und dann gab es noch die europäische Einzel-Bestenermittlung, und wie im Vorjahr (damals in Stockholm) wurde CPS Zweiter. Das Zitat "zuviel Respekt vor mir" finde ich brilliant. Dass man Angst vor einem anderen Löser haben kann, der an einem anderen Brett sitzt, das gibt dem Ganzen doch irgendwie den Touch des Zweikampfs. Neben den üblichen Verdächtigen nahmen hier auch "Ole Lars" und "Bernhard Voehs" teil... ("Ole Lars aus Finnland" ist für mich auch ein echter Geistesblitz. Wir kennen ja wenigstens vom Skispringen ein paar finnische Namen wie Nykänen oder Ahonen, und selbst ein zugezogener Schwede würde Ole Larsson (oder Larsen, wenn Däne) heißen, aber Ole Lars?! Nicht schlecht!)

Schließlich kam es aber dazwischen zum Höhepunkt der Saison: Was Shirov nicht geschafft hat (es gab bei Olympia 2000 in Sidney einmal eine Schau-Schnellpartie), was der FIDE trotz jahrelangen Mühens nicht gelungen ist, nämlich Schach olympisch zu machen, das nahmen die OPCF und ihre Stars in Angriff, siehe hier oder hier.

Trotz der professionellen Medienarbeit, mit der der Verband bisher brillierte, blieb dieser Schaukampf jedoch leider der breiteren Öffentlichkeit verborgen, und nicht einmal das NOK bekam etwas davon mit. Nnoch schlimmer, dieses Versäumnis konnte selbst nach einer Nachfrage bei der FIDE und in Athen nicht behoben werden:

...
ich beziehe mich auf Ihre Email-Anfrage bzgl. eines angeblichen Demonstrationsturniers während der Olympischen Spiele in Athen. Nach Rücksprache mit dem Weltverband (World Chess Federation), mit Sitz in Athen, hat es einen derartigen Schaukampf dort während der Spiele 2004 nicht gegeben. Ein offizieller Demonstrations-Schaukampf hat nur während
der Olympischen Spiele in Sydney 2000 stattgefunden. Ich hoffe, dass Ihnen die Angaben weiterhelfen. Für nähere Informationen steht Ihnen sicherlich auch die World Chess Federation (www.fide.com) zur Verfügung (Tel. +30.210.9212047).

Mit freundlichen Grüßen
Sabine Krapf

 

In diesem ereignisreichen Jahr war es endlich überfällig, die verdienten Früchte zu ernten: Nach mehrmaligen Anläufen bei der Wahl zum Sportler des Jahres der OZ gab es 2004 plötzlich eine ganze Flut von Stimmen für unser Schach-As vom Sund, und es endete mit einem triumphalen Sieg! Angesichts all der Erfolge redlich verdient, aber dennoch überraschend, dass ein Schachspieler so viele Stimmen bekommt. Zum Glück hab es ja quasi eine Life-Berichterstattung, wie die Stimmen zustande kamen, nämlich hier und hier. Nicht schlecht! Da haben sich die Schachfreunde richtig Mühe gegeben. Aber waren es nun 475 Stimmen bei sechs Turnieren oder 585 Stimmen bei fünf Turnieren? Oder beides zusammen? Müssen jedenfalls große Turniere mit über 100 Teilnehmern gewesen sein, soviel hatten wir in dem Zeitraum doch gar nicht?! Mich persönlich hatte ja vor allem interessiert, wer die sieben Großmeister waren, und fragte nach:

"...
als langjähriger Leser der Ostsee-Zeitung bin ich immer wieder begeistert von der Akribie und Detailliertheit Ihrer Recherchen und Artikel. Dazu trotzdem aus Neugier einmal eine Frage: In der OZ vom 15. Januar stand folgender Artikelanfang:

'Sport) Attraktive Preise zu gewinnen Rostock (OZ) Der Postberg bei der OZ-Leserumfrage wächst täglich an. Mehr als 25 000 Stimmen sind bereits ausgezählt. Gernot Peter vom Schach-Verband OPCF und Bernd Schulz unterstützten Claus-Peter Sch.. Bei fünf Turnieren in Deutschland gingen sie für den Stralsunder auf Stimmenjagd. 585 Schachfreunde entschieden sich für Sch., darunter sieben internationale Großmeister. ...'

Nun sind ja (wie ich als Schachspieler oft leidvoll erfahren muss) selbst hervorragende Meister in der breiten Öffentlichkeit meist unbekannt (einmal abgesehen von solchen Ausnahmekoryphäen wie Claus-Peter Sch.). Wie schaffen Sie es nur, unter den tausenden Stimmen (oder auch nur den 585) die internationalen Großmeister herauszufinden? Das ist eine redaktionelle Meisterleistung und würde selbst mir schwer fallen! Und wer sind eigentlich die sieben Großmeister (vielleicht ja doch so bekannte Namen, dass wir stolz sein können, dass sich der Ruf unserer Spitzensportler inzwischen so weit verbreitet hat)?

Mit besten Grüßen, Olaf Teschke"

Von der zuständigen Sportredaktion konnte ich leider noch keine Antwort erhalten... (P.S.: Inzwischen bemüht sich die OZ aber anerkennenswert energisch um Aufklärung, wo viele Zeitungen es wahrscheinlich totgeschwiegen hätten...)

Nach wie vor ist jedoch der folgende ist mein absoluter Lieblingsartikel.

Ein Glück, dass er vor einem halben Jahr bei all den Hartz IV-Diskussionen noch nicht erschienen war! Seinerzeit wimmelte ja Stralsund (wegen der hohen Arbeitslosenquote) vor westlichen Journalisten, die sich manchmal in unfairen negativen Berichten über die Unfähigkeit unserer pommerschen Mitbürger überschlugen. Was hätten die daraus gemacht, dass scheinbar tausende Leser es plausibel fanden, wie eine massive Schachfigur unbemerkt vom Tisch in den angezogenen Strumpf fällt? Zwar laufen zuweilen in der Stadt komische Gestalten herum, aber Leute mit Trichtersocken habe ich noch nicht dabei gesehen. Da haben wir nochmal Schwein gehabt, wie dumm hätten wir vor dem Rest der Welt dagestanden! Oder ist das jetzt sowieso der Fall...?

Olaf Teschke, 24.03.2005,
zuerst erschienen in der Satirekolumne
Old Mecklenburg forever

 

 

 

 


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