Jakovenko führt beim Superfinale der Russischen Meisterschaft

von ChessBase
13.12.2006 – Kurz vor Beginn des so genannten Superfinales der Russischen Meisterschaft hatte Alexander Morozevich seine Teilnahme abgesagt - vielleicht wegen seines schlechten Abschneidens beim Tal-Memorial. Er folgte damit einer guten Tradition dieses Turniers, denn in den Vorjahren zogen schon Anatoly Karpov und Alexander Grischuk kurzfristig zurück. So ist mit Peter Svidler nur einer der russischen Schach-Großkopferten vertreten. Stattdessen rücken eine Reihe von Nachwuchsspielern zur Spitze auf. Einer von ihnen ist Dmitry Jakovenko, der das Feld nach acht Runden anführt. Ihn und die anderen stellt Misha Savinov in seinem Bericht dem "Westen" vor. Turnierseite... Liveübertragung...Bericht, Fotos, Partien, etc...

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Russisches Superfinale: Runden 1 bis 8...


 

Das Superfinal der Russischen Meisterschaften
Von Misha Savinov, Moskau

 


Riecht Schach…

Die Ausrichtung des ersten Superfinales der Russischen Meisterschaft war 2004 ein Meilenstein für den neuen Schachverband. Ein lang erwartetes, klassisches Rundenturnier führte in Moskau zu viel Aufmerksamkeit durch die Medien, aber, und das war am wichtigsten, zeigte auch, dass der neue Schachverband seine Aufgabe ernst meinte. Nach Jahren, in denen es ein Schattendasein fristete, wurde das Schach wieder ein beliebter und finanziell attraktiver Sport. Auch andere Turniere wurden organisiert, zum Beispiel avancierte die Russische Mannschaftsmeisterschaft zum wohl stärksten Mannschaftswettbewerb der Welt, und konnte sich durchaus mit der Europäischen Meisterschaft messen – doch das Superfinale blieb ein Gipfel, den jeder russische Schachspieler gerne erklimmen wollte. Starke Qualifikationsturniere, die man höhere Liga nannte, wurden von fast jedem dieser Spieler besucht.


Schach ist ein Spiel der Aufmerksamkeit

Nachdem ich diese Erklärung vorausgeschickt habe, muss ich jetzt erläutern, warum bei jedem Superfinale ein paar Spitzengroßmeister ihre Einladungen abgelehnt haben. Karpov schockierte alle, als er 2004 einen Tag vor Beginn des Turniers seine Teilnahme zurückzog. Aber das ist Karpov, nicht wahr … 2005 stieg Alexander Grischuk aus, weil der erste Preis von $50.000 auf $40.000 gesenkt wurde und man diesen Betrag auf die restlichen Preise aufschlug. Nebenbei bemerkt, sagt uns das nicht etwas über den verbesserten Lebensstandard eines ‘durchschnittlichen’ Spitzenschachspielers? 2006 entschied sich Alexander Morozevich einfach dagegen, im Superfinale zu spielen. War er deprimiert wegen seiner schlechten Leistung beim Tal-Memorial? Wahrscheinlich.

Ohne Morozevich sah man beim diesjährigen Superfinale ein extrem junges Feld. Vielleicht fällt es westlichen Schachfans deshalb ein wenig schwer, dem Superfinale zu folgen. Das breite Publikum kennt Svidler, Rublevsky, vielleicht Jakovenko, womöglich Najer und Inarkiev – aber wer sind diese anderen Jungs?


Kaffeepause von Sergey Rublevsky, oder hier könnte Ihre Werbung stehen


Glückloser Evgeny Najer


Die Moskauer Sergey Grigoriants und Ernesto Inarkiev

Wie kann man dieses Ding mit drei IMs ‘Super-’ nennen? Pff!


Das jugendliche Superfinale


Wer in 13 Zügen Remis macht, wird brutal interviewt


Der Sieg wird genossen


Ironisch: Marat Makarov, Großmeister, Trainer von Nikita Vitiugov

Also, es ist besser, Sie merken sich diese Namen! Selbst der komplizierteste … Ian Nepomn… Nepomniachtchi (‘chtch’ ist ein einzelner Buchstabe im Kyrillischen) ist wahrscheinlich ein weiteres Genie der 1990er Generation.


Ian Nepomniachtchi und Sergey Shipov

Sergey Dolmatov, Trainer der Nationalmannschaft, glaubt, dass Ian zu Karjakin und Carlsen aufschließen kann. Morozevich und Shipov gaben ihm wertvollen Unterricht. Die neue Hoffnung des russischen Schachs ist ein wirklicher Typ, aber dies bestätigt doch eigentlich nur sein Talent, nicht wahr?

Das Gute an einem Rundenturnier ist, dass es die Persönlichkeiten der Spieler enthüllt. Wie überstehen sie die Distanz? Wie reagieren sie auf Niederlagen? Wie gut können sie sich auf bestimmte Gegnerschaft vorbereiten? Haben sie Angst vor den stärkeren Spielern? Wie gehen sie mit der Medienaufmerksamkeit um? Und wo weiter und so fort.


Interview mit Shipov

Natürlich waren mir, als ich in Moskau nach den ersten vier Runden ankam, die Namen gut bekannt, doch ich wollte die Leute kennen lernen. Und ich bin froh, sie getroffen zu haben, denn dadurch war ich in Bezug auf das russische Schach gut gestimmt. Diese Leute haben Stil. Jeder von ihnen.

Schließlich haben sie sich qualifiziert und das war schwer. Unter denen, die dabei auf der Strecke blieben, befanden sich (in zufälliger Reihenfolge) Khalifman, Zvjaginsev, Dreev, Motylev, Kobalia, Bareev, Timofeev, Sakaev… Aus dieser Liste könnte man ein eigenes phantastisches Turnier zusammenstellen und die jungen Spieler haben sich als stärker erwiesen, wenn auch nur an diesem Ort und zu dieser Gelegenheit. Ein langweiliger, träger Mensch, der sich von allen anderen nicht unterscheidet, hätte das per definitionem nicht geschafft.

Halten Sie dieses Turnier nicht für uninteressant, nur weil Moro die Einladung abgelehnt hat und das Feld minderjährig wirkt. Schauen Sie sich die Partien an und ich bin sicher, Sie finden etwas Interessantes. Werfen Sie einen Blick auf Ernesto Inarkievs epischen Sieg über Denis Khismatullin, vor allem, wenn Sie Königsindisch-Fan sind.


Denis Khismatullin hat außer Schach nie irgendeinen Sport betrieben. Glauben Sie das?

Genießen Sie Sergey Grigoriants’ feine Behandlung der Najdorf-Variante gegen Evgeny Najer. Lassen Sie sich durch Ian Nepomniachtchis (vielleicht ‘Nepo’, um es kurz zu machen? Nur ein Scherz) unglaublichen Kampfgeist inspirieren, der ihn die Partie gegen Dmitry Jakovenko kostete, aber gegen Big Denis belohnt wurde. Schauen Sie sich an, wie ungewöhnlich Evgeny Tomashevsky den Kampf beginnt, eine Person, die wirklich neue Pfade geht.


Der kreative Nikita Vitiugov gewinnt bislang mehr Erfahrung als Partien

Zurück zum Turniergeschehen, am Anfang sah es so aus, als könnte es zwei Sieger geben, Svidler und Jakovenko.


Die Petersburger sind unterschiedlich gelaunt


Zwei GMs: Zagrebelny ist Journalist, Janovsky Trainer


Svidler ist entschlossen

Zwei andere Spieler mit +2, Alekseev und Khairullin, haben erst einmal weniger Weißpartien und genießen noch nicht so eine Autorität bei den anderen Teilnehmern.


Evgeny Alekseev entdeckt einen zauberhaften Zugzwang


Evgeny Alekseev analysiert seine Partie

Vielleicht ist Svidler nicht in seiner Bestform, aber er arbeitet viel, um das zu ändern.


Vielleicht ist Peter erschöpft, aber er kämpft weiter um die Goldmedaille


Analytische Komplikationen

Er kniet sich wirklich in jede Partie hinein, und verschmäht manchmal Remisfortsetzungen auf Kosten seiner Stellung, nur damit er weiterkämpfen kann. Ich denke, solch eine Einstellung müsste von den Schachgöttern (oder Dämonen? Wer regiert das Schach überhaupt?) belohnt werden; mit anderen Worten, gelegentliche Glanzpartien von Svidler können häufiger werden und dann wird er unaufhaltsam sein.

Jakovenko war der offizielle Kommentator des Superfinales 2004 und jetzt steigt er rasch zu einem Bewohner des schönen 2700-Landes auf. Dieser Mann hat eindeutig etwas vor und sein eiserner Wille (ähnlich dem von Bareev oder vielleicht bilde ich mir das nur ein) spielt in diesem Rennen eine ziemliche Rolle.


So hört man auf zu rauchen – die Methode von CoolWizard (der ICC-Nick)

Abgesehen davon gilt Jakovenko allgemein als einer der besten Endspielkenner der Welt, der sowohl in technischen wie auch ‘kreativen’ Endspielen glänzt. Eine andere Facette seines Spiels besteht in seiner Verteidigungskunst und … Glück. Glück – oder vielleicht ein gut entwickelte Intuition. Von Zeit zu Zeit verblüfft Dmitry Leute dadurch, dass er Partien gewinnt (oder fast verlorene Stellungen Remis hält), indem er eine Reihe von Idealzügen spielt, ohne sich die Mühe zu machen, wirkliche Begründungen für sie zu finden. Nicht Smyslov, aber seine Hand weiß auch, wohin sie seine Figuren stellen muss.


Durchdringende Blicke des amtierenden Meisters


Schach mit Tomashevsky: Die Dame wird zuerst entwickelt


Augenduelle

Im Moment führt Jakovenko das Feld alleine an, aber ich mache mir ein bisschen Sorgen, dass er müde werden könnte. Die Niederlage gegen Khairullin war ein Zusammenbruch, der aber nicht einfach so geschah – einen Tag zuvor spielte Jakovenko eine sehr lange und anstrengende Partie gegen Nepomniachtchi. In Runde 8 schlug er zurück und gewann gegen Najer, aber dies war ein typischer Sieg, der langsam aus einer Remisstellung heraus erzielt wurde. Dmitry scheint den Schwung zu verlieren. Allerdings könnte ihm der freie Tag helfen, sich zu regenerieren.

Ein buddhistischer Ausspruch besagt, dass alles miteinander verbunden ist. Dies ungewöhnlich jugendliche Superfinale findet während eines Moskauer Winters statt, der wahrscheinlich der wärmste aller Zeiten ist (überhaupt kein Schnee und jeden Tag Temperaturen um die +8 C°). Die Zeiten ändern sich, nicht wahr. Wenn wir die Änderungen akzeptieren und ihnen folgen, dann bleiben wir in der Gegenwart. Andernfalls riskiert man, in der Vergangenheit zu bleiben.


Gehen Sie schon? 


Nöö, wir bleiben, um zu sehen, wie die anderen analysieren


Kateryna Lahno trifft Vladimir Barsky


Aus den Kommentaren nach der Partie kann man immer etwas lernen


Kennen wir uns?


So, die Party endet um 5 Uhr morgens?

P.S. Wie versprochen, Jungs, keine Fotos von Ernesto Inarkievs Geburtstagsparty! Ernesto, noch einmal vielen Dank, das war großartig!

 

 

 

 

 

 


Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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