John Nunn: Held

von ChessBase
20.03.2002 – John Nunn? Ist das nicht der bekannte englische Autor und Verleger, der früher auch mal Schach gespielt hat. Ist er nicht sogar Großmeister?" Tatsächlich! GM John Nunn ist heute maßgeblich am Verlag Gambit beteiligt. Er spielt zwar viel weniger Schach als früher, aber immer noch genau so gut. Für Lübeck hat er zuletzt 10 von 11 Punkten (incl.Pokal) geholt. Sogar als Spion ist er tätig: Vor dem letzten Kampf schrieb er seiner Mannschaftsleitung: "Murray Chandler will am Wochenende nach Lübeck fahren und sucht eine Unterkunft. Er hat mich um Hilfe gebeten. ... Ich frage mich, was Chandler wohl in Lübeck zu tun hat." Chandler spielt manchmal für Solingen. Viele fragen sich, was eigentlich die Mannschaftsführer während der Kämpfe zu tun haben. Von Zweien wissen wir es nun: Eckard Strompowski (Lübeck) hört offenbar Puccini-Opern (s. sein Bericht vom Wochenende) und Christian Zickelbein scheint sich mit der Geschichte von Hansestädten zu beschäftigen (s. weiter unten). Nunn: Kommentierte Partie Nunn-Lobron (englisch)...Strompowski: Ah dolce e notte! quante stelle....

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Oh! dolce e notte! quante stelle
von
Eckhard Stomprowski

“Der Himmel voller Sterne” wie es Giacomo Puccini in seiner „Madame Butterfly“ zum Ausdruck bringt, trifft in etwa auch das Lübecker Glücksgefühl, als am Sonntagnachmittag Rustam Kasimdzhanov erzwungenermaßen in das Remis gegen Mickey Adams einwilligen musste. Ein wichtiger Stolperstein wurde aus dem Weg geräumt. Dennoch, mit SV Castrop Rauxel, SV Wattenscheid und SF Neukölln warten weitere drei, die darüber entscheiden, ob der Champagner in der Flasche bleibt oder nicht.



 

Richten wir aber zunächst den Blick zurück. Trotz der etwas desaströsen Ligaergebnisse von Aljechin Solingen, wurde dieser vorentscheidenden Schlacht mit einigem Bangen entgegengesehen. Frühzeitig stand fest, dass uns mit Alexei Shirov und Evgeni Bareev zwei wichtige 2700er fehlen würden. Beide waren in Monaco beim „Amber“ aktiv, wo allerdings auch die Solinger Spitzenspieler Alexander Morozevich und Jeroen Piket im Einsatz waren. Unsere weit verbreitete „Spionagetruppe“ versorgte uns noch mit einigen Zusatzinformationen bezgl. des Einsatzes von John Emms und Eric Lobron bzw. der Abwesenheit von Matthew Sadler, doch sehr vielmehr war nicht zu erfahren, abgesehen vielleicht einer mail unter dem Subjekt „Tourist“ von John Nunn dieses Inhalts:

Dear Ede,
I have received a curious request from a British GM. It seems that Mr Murray Chandler and his girl friend Anne are coming to Hamburg on the same flight as Jon Speelman and myself. He asks if there is room for him to be given a lift to Lubeck with us. I wonder what he could
possibly be doing in Lubeck? 

Nun, was Murray nach Lübeck zog, war nicht schwer zu erraten. All diese Informationen waren zwar ein wenig hilfreich für die Vorbereitung, doch blieben noch (zu) viele spekulationsträchtige Optionen.

Unsere einziges Lübecker Heimspiel brachte auch einige Premieren mit sich. Nach dem „Holiday Inn“, dem „Radisson Senator“ war der Bürgerschaftssaal des Rathauses das dritte Spiellokal in der dritten Saison. Erstmals konnten wir den Zuschauern mit Mickey Adams, Jon Speelman, Julian Hodgson, Dr. John Nunn und Stuart Conquest auch das (fast) komplette englische Nationalteam präsentieren.

Vor dem Auftritt im Rathaus wurde am Freitagabend die günstige Gelegenheit genutzt, die Lübecker Spitzenspieler in einem 11-rundigen Blitzturnier einzuspannen. Außer Mickey und Julian, die erst gegen 23.00 Uhr eintrafen, waren alle dabei und es war Wladimir Epichine, der sich mit 10,5 Punkten vor Simen Agdestein und John Nunn die Beute von ein paar Euros sicherte. Mit fast 50 Blitzenthusiasten war der Zuspruch auch diesmal enorm.

Pünktlich um 14.00 Uhr wurde es dann anderentags ernst. Der Lübecker Stadtpräsident Peter Oertling ließ es sich nicht nehmen, die angereisten Gäste persönlich zu begrüßen. Die Auftaktbegegnung gegen die SG Heiligenhaus verlief dann doch weitaus glatter, als manche Berufspessimisten geargwöhnt hatten. 7,5:0,5 spricht natürlich eine deutliche Sprache, aber Mickey Adams bemühte sich gegen Almira Skripchenko-Lautier vergebens um den vollen Punkt und Stuart Conquest musste gegen seinen ehemaligen Boss Ulrich Perschke ebenso fast über die ganze Distanz gehen wie Simen Agdestein gegen den Belgier Eddy van Beers. Stuart musste dabei besondere Findigkeit unter Beweis stellen, denn Persche „drohte“ seine Leichtfiguren gegen das Bauernpaar b5/c4 zu opfern, wonach Stuart erst mal hätte beweisen müssen, wie man mit zwei Springern matt setzt.

Mittlerweile hatte Solingen unseren Reisepartner mit 5:3 doch verdient in die Knie gezwungen. Konnte im Vorjahr auf Solinger Boden noch Schützenhilfe geleistet werden, erwiesen sich die Klingenstädter in dem Duell diesmal überlegen.

In der Begegnung gegen den mehrfachen Deutschen Meister aus dem bergischen Land sollten also die Vorentscheidung fallen. Nach zwei Stunden Spielzeit waren die Meinungen in dem angrenzenden Foyer weitgehend geteilt.

Einigkeit bestand darin, dass Julian Hodgson gegen den jungen Heißsporn Laurent Fressinet eine bedenkliche Stellung zu verteidigen hatte. Die eingeklemmte Dame auf h7 verbunden mit  heftiger weißer Attacke schien für Lübeck nichts Gutes zu verheißen. Langsam kam aber an einigen Brettern Optimismus auf. „John Nunn und Wladimir Epichine stehen gut“ befanden die Auguren im Nebenraum. Ähnliches wurde ins Brett 1 hineingeheimnist. Wenig tat sich am Ende der Stafette. Nach 25 bzw. 30 Zügen trennten sich nach relativ ereignisarmen Verlauf Stuart gegen Chandler und Simen gegen Naumann remis. Bei diesen Stand blieb es nicht lange, da John Nunn und Wladimir Epichine uns in Front brachten und damit die Prognosen am Kaffeetisch bestätigten. Der am Vortag aus Reykjavik angereiste Eric Lobron strich – allerdings auch schon in schwieriger Stellung – nach dem Einsteller 37. Dc6x nebst Gabel auf e7 als Erster die Segel. John Nunn unterstrich damit erneut seine phantastische Form. Mit 10 Punkten aus den letzten 11 Begegnungen (Liga und Pokal) erspielte er ein phantastisches Score und ich bin auf seine neue Elo-Zahl gespannt.

Wladimir überspielte mit weiß den Weltklassemann Pedrag Nicolic am Damenflügel und nach dem Gewinn des Bauern b7 kurz vor der Zeitkontrolle war von ihm nur noch Technik gefragt, die Wladimir trefflich demonstrierte. Mittlerweile hatte Julian die Stellungssorgen gelöst und gegen Laurent Fressinet ins remis abgewickelt. Blieben die Begegnungen von Jon Speelman gegen Artur Yussupov, Mickey Adams gegen Rustam Kasimdzhanov und Lars-Bo Hansen gegen John Emms.

Jon hatte sich mal wieder weit aus dem Fenster gelegt. Etwas zu weit; denn der Konter vor Artur führte zu klaren weißen Stellungsvorteilen und letztlich zum Anschlusstreffer. Unnötig, wie sich in der späteren Analyse zeigte. Jon hatte den Remisweg wegen einer tödlichen Mattwendung verworfen, allerdings wäre das befürchtete Damenschach nur durch Überspringen des eigene Turms möglich gewesen! Nun ja, immerhin hat Jon gezeigt, dass er – aber auch andere Spieler des Teams – bereit sind, in so wichtigen Begegnungen Verantwortung zu übernehmen. Beim Stand von 3,5:2,5 für den LSV stellten sich die beiden letzten Bretter wie folgt dar. Das Endspiel von Lars-Bo war reichlich unklar (S + 3B gegen L+2B) und Mickey entwickelte einigen Druck gegen den geschwächten Königsflügel von Rustam. Dann ging es relativ schnell: Lars-Bo meldete ein Endspiel von K/S gegen K/L – remis und Mickey hatte mit dem Einschlag 50. Dg6x+ sich auf Siegeskurs gebracht. Dieses Vorhaben braucht dann aber nicht weiter verfolgt werden und aus „der Position der Stärke“ musste Rustam die Solinger Niederlage besiegeln, was zu den eingangs erwähnten Emotionen führte.

Mittlerweile hatte der HSK mit 6,5:1,5 seine Schäfchen lange im Trocknen. Nur Lubomir musste nachsitzen, bevor er sein Endspiel gegen Dutreeuw unter Dach und Fach brachte.

Ein langes Wochenende ging mit einem Essen in der „Schiffergesellschaft“, zu der „galaxis“ – Chef Winfried Klimek einlud, zu Ende. Die Gestaltung eines solchen Events war nicht ohne Mühen. Vom Auf- und Abbau über das Kuchenbacken der Spielerfrauen bis zur Gestaltung der Internetpräsentation (www.chess-online.de) gab es einiges zu tun, doch mit vielfältiger Hilfe war es zu schaffen. Es ist nicht einfach zu erklären, was uns nun drei Spiele vor Saisonende bewegt. Belassen wir es mit Ramiro aus Rossinis „La Cenerentola“: Le direi, ma non ardisco- was ich fühle, kann ich nicht zeigen. Mal sehen, wie es am Saisonende aussieht.

 

 

 


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