Master Class Band 2: Mihail Tal
Dorian Rogozenco, Mihail Marin, Oliver Reeh und Karsten Müller stellen den 8. Schachweltmeister und seine Eröffnungen, sein Verständnis der Schachstrategie, seine Endspielkunst und nicht zuletzt seine unsterblichen Kombinationen in Videolektionen vor.
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Am Dienstag verstarb Jonathan Penrose. Er gehörte in den 1960er Jahren zu den führenden englischen Schachspielern, war zehnfacher britischer Landesmeister und wurde mit einem Schlag berühmt, als er 1960 bei der Schacholympiade in Leipzig den amtierenden Weltmeister Michail Tal in einer spektakulären Partie besiegte. Er war der erste Engländer, dem dieses Kunststück nach 61 Jahren gelang. Dies war die einzige Niederlage der hoch überlegenen UdSSR-Mannschaft bei dieser Schacholympiade.
Tatsächlich hatte Penrose in seiner Vorbereitung eine Partie entdeckt, die der finnische Meister mit einem Kaarle Ojanen gegen Tals Mannschaftskollegen Paul Keres mit einem neuartigen Bauernopfer gewonnen hatte. Penrose adaptierte die Idee und war damit gegen Tal ebenfalls erfolgreich. Seitdem heißt dieses Opfer "Penrose-Opfer".
Penrose-Tal. Leipzig 1960
Als Penrose am Abend nach der Partie den Speisesaal betrat, wurde er von den dort versammelten Spielern mit stehenden Ovationen begrüßt. Am folgenden Tag berichteten mehrere britische Tageszeitungen auf ihren Titelseiten von diesem historischen Sieg.
Die Schacholympiade in Leipzig war wohl Penroses "Turnier des Lebens." Er gewann dort auch noch gegen den Ex-Weltmeister Max Euwe und stand gegen den späteren Weltmeister Bobby Fischer auf Gewinn. Penrose bot aber in Zeitnot Remis an. Fischer nahm an und zeigte Penrose dann die Gewinnführung.
Penrose war ein ausgezeichneter Spieler, der aber Zeit seines Lebens Amateur blieb. Am 7. Oktober 1933 in Colchester geboren, entstammte er einer Familie von Akademikern, die allesamt auf ihren Gebieten sehr erfolgreich waren und in der Schach schon immer eine Rolle gespielt hatte. Von allen Familienmitgliedern erwies sich Jonathan Penrose im Schach als der Talentierteste und gewann schon in seiner Jugendzeit Turniere und Meisterschaften. Nach dem Schulabschluss konzentrierte er sich aber auf sein Psychologie-Studium und wurde später Dozent an der Middlesex University.
1958 gewann Penrose die ersten von sechs aufeinanderfolgenden britischen Meisterschaften. Zwischen 1966 und 1969 gewann er vier weitere Titel. Jonathan Penrose spielte mehrfach für die britische Auswahl bei Schacholympiaden und war 1968 in Lugano am ersten Brett ungeschlagen zweitbester Spieler hinter Tigran Petrosian.
1970 wurde Penrose bei zwei Turnieren während der Partien ohnmächtig, das zweite Mal bei der Schacholympiade 1970 in Siegen, und legte danach eine vorübergehende Turnierpause ein. Ende der 1970er Jahre zog er sich vom Turnierschach zurück, spielte danach aber noch erfolgreich Fernschach. Sein letztes Turnier am Brett war die 66. Britische Meisterschaft. 1993 ernannte die FIDE ihn zum Großmeister ehrenhalber. 1971 war er wegen seiner Verdienste um das Schach zum OBE ernannt worden.
Jonathan Penrose wurde 88 Jahre alt.
Portrait von Paul Werner Wagner
Paul Werner Wagners, Publizist, Kulturmanager und Begründer der Emanuel-Lasker-Gesellschaft, portraitiert seit 2002 in jeder zweiten Wochenendausgabe der Berliner Zeitung berühmte Schachspieler. Hier ist sein Portrait von Jonathan Penrose
Die älteste urkundlich erwähnte städtische Siedlung in Großbritannien ist Colchester. In der einstigen Festungsstadt wurde 1933 Jonathan Penrose geboren. Sein Vater war ein berühmter Psychiater und Genetiker, der auch Endspielstudien komponierte. Seine Brüder Oliver und Roger sind berühmte Mathematiker. Jonathan erlernte bereits mit vier Jahren Schach. Er wurde Mitglied vom Hampsteadt Chess Club. Mit vierzehn Jahren gewann er die britische Juniorenmeisterschaft und nahm 1952 mit England an der Schacholympiade in Helsinki teil. Bis 1974 kam Penrose auf weitere acht Olympiaeinsätze mit zum Teil herausragenden Ergebnissen.
Aufsehen erregte der junge Engländer 1960 bei der Schacholympiade in Leipzig, wo er gegen Bobby Fischer remis spielte und Weltmeister Michail Tal sensationell schlug. Penrose gewann zehnmal die Britische Meisterschaft. Die FIDE verlieh ihm 1961 den Titel "Internationaler Meister" und 1993 den "Ehren-Großmeister".
Penrose lehrte Psychologie an der Universität und zog sich ab 1975 weitgehend vom Turnierschach zurück. Er widmete sich dem Fernschach und wurde auch hier Großmeister. Bei der 9. Fernschach-Olympiade gewann Jonathan Penrose 1987 mit England die Goldmedaille. Für seine herausragenden Verdienste erhielt der "Gentleman des Schachs" 1971 den Orden des Britischen Empire.
Artikel bei British Chess News...