Dirk Jordan gewinnt Schachturnier der Politiker
Von Dagobert Kohlmeyer
Die Traditionsveranstaltung „Politiker spielen Schach“ in Berlin
geht ins nächste Jahrzehnt. Bei der 21. Auflage am Samstag gab es ein neues
Organisationsteam und eine andere Spielstätte. Der Berliner Schachverband
demonstrierte damit sein Bemühen, das beliebte Turnier auch nach dem
altersbedingten Rückzug des Ehrenvorsitzenden Alfred Seppelt in hoher Qualität
sowie in einem würdigen Ambiente durchzuführen. Beides ist dem jungen Team
hervorragend gelungen.
Gespielt wurde im modernen Konferenzzentrum Quadriga Forum am
Werderschen Markt, nur wenige Meter vom Auswärtigen Amt entfernt.
Mitveranstalter und Medienpartner war das Magazin politik&kommunikation.
Chefredakteur Sebastian Lange ließ es sich nicht nehmen, gemeinsam mit dem
BSV-Präsidenten Carsten Schmidt die 46 Teilnehmer, unter ihnen drei Frauen, zu
begrüßen und allen viel Erfolg zu wünschen. Dann gingen die Vertreter aller
Fraktionen und Diplomaten an die Bretter.
Zwei prominente
Namen fehlen jedoch in der Startliste. Ex-Kanzler Helmut Schmidt kam aus
Altersgründen nicht, Peer Steinbrück aus Zeitnot. Nach der Panne mit dem Cover
ihres Buchs „Zug um Zug“, wo das Brett falsch steht, werden die beiden
SPD-Männer die Platte beim nächsten Schach-Treffen aber ganz sicher um 90 Grad
drehen. Die Geschichte bot auch am Rande des Politiker-Turniers noch immer
Gesprächsstoff.

Sieger nach sieben Runden im Schweizer System wurde Dr. Dirk
Jordan aus Dresden, der 6,5 Punkte erzielte und als Einziger ungeschlagen blieb.
Es war der zweite Erfolg des Chairmans der Schacholympiade 2008 bei dem Event.
Der 55-Jährige gewann die ersten sechs Partien und zeigte keine Schwächen. In
der letzten Runde konnte Jordan sich mit Weiß ein Kurzremis gegen Staatssekretär
Hans-Jürgen Beerfeltz (FDP) leisten, weil er nicht mehr einzuholen war.

Die
Ehrenränge belegten der Pasewalker Bürgermeister Rainer Dambach und Hans-Jürgen
Beerfeltz mit je 5,5 Punkten. Letzterer hatte wesentlichen Anteil daran, dass
das Politikerturnier in dem Gebäude am Werderschen Markt ein neues Zuhause fand.
Titelverteidiger Ulf von Hassel (CDU) wurde mit 5,0 Punkten Vierter, und beste
Frau war Diana Skibbe (Die Linke) aus Zeulenroda. Die Präsidentin des Thüringer
Schachbundes erzielte 4,0 Punkte.

Lomer-Wagner

Josef König

Jordan - von Hassel

Günter Nooke
Besonderen Beifall bekam Alfred Seppelt, der diesmal mitspielte
und immerhin 4,5 Punkte holte. Zur Siegerehrung erhielt der 82-Jährige ein
Schachbrett mit den Autogrammen aller Turnierteilnehmer sowie Organisatoren.


Der Tisch mit den Pokalen und Preisen (Bücher und
Schach-Software) war reich gedeckt, und Carsten Schmitt dankte den Sponsoren
ChessBase, der OrwoNet AG, dem Schachhaus Mädler sowie den Pokalstiftern
Deutscher Mieterbund und den Sportpolitischen Sprechern von CDU und SPD.
Die Firma OrwoNet aus Wolfen hatte sogar ein Foto-Buch mit
Bildern von Frank Hoppe vom 20. Jubiläumsturnier der Politiker produziert, das
alle Teilnehmer am Schluss erhielten. Geschäftsführer Dr. Gerhard Köhler, der im
Turnier mitspielte und mit 5,0 Punkten Fünfter wurde, erhielt dafür viel
Applaus.

Gerhard Köhler,links, brachte das Buch vom 20. Turnier mit
Chefredakteur Sebastian Lange erklärte, dass die Räumlichkeiten
des Konferenzzentrums auch im kommenden Jahr für das Schachturnier der Promis
zur Verfügung stehen. (politik&kommunikation
ist das einzige deutsche Fachmagazin für politische Kommunikation. Es bietet
eine professionelle Plattform für die Diskussion aktueller Themen und Trends und
berichtet unabhängig und parteiübergreifend über Kampagnen und Köpfe, Techniken
und Methoden.
politik&kommunikation erscheint im Verlag Helios Media in Berlin.

Sebastian Lange, Hans-Jürgen Beerfeltz
Bevor es dann ans Büffet ging, war noch Zeit für ein Gespräch mit
dem Turniersieger Dirk Jordan.

Glückwunsch zum erneuten Erfolg! Wie schwer oder leicht war
es diesmal?
Es war bereits meine fünfte Teilnahme und mein zweiter Sieg. So
leicht, wie es aussah, war es nicht. Die Spitze war immerhin sehr gut mit
Oberliga- oder ehemaligen Bundesligaspielern besetzt. Aber weil meine Frau mich
von Dresden nach Berlin chauffiert hat, war ich recht ausgeruht und konnte
locker aufspielen.
Was macht der Chairman der Schacholympiade 2008 heute?
Nach dem Turnier gab es einen gewissen Breack. Wenn man so ein
Großereignis fünf Jahre lang vorbereitet, sucht man anschließend neue
Herausforderungen. Ich habe mich weiter politisch engagiert. Seit vielen Jahren
bin ich ja schon Mitglied des Sportausschusses im Dresdner Stadtrat, und 2009
wurde ich auch in den Ausschuss für Kinder- und Jugendhilfe gewählt. Das sind
Ehrenämter, die sehr viel Zeit in Anspruch nehmen. Gerade der letztgenannte
Ausschuss hat große Aufgaben und deshalb eine Sonderstellung. Er wird von der
Oberbürgermeisterin persönlich geführt.
Als
Turnierorganisator bist du der Schwachwelt aber nicht ganz verloren gegangen.
Nach der
Schacholympiade in Dresden suchte ich ein neues Ziel. Gemeinsam mit
Gleichgesinnten erfanden wir etwas, das es noch nicht gab: die
Weltspiele für Behinderte (World Chess Games for Disabled) im
Schach. Sie wurden in der zweiten Oktoberhälfte in Dresden durchgeführt. Dort
traten erstmalig Blinde und Sehbehinderte, Hörgeschädigte und Körperbehinderte
in einem Turnier gegeneinander an.
Wie kamt Ihr auf diese Idee?
Im Weltsport gibt
es heute
nach jeder Sommer-und
Winterolympiade die Parolympics. Wir fragten uns, ob man so etwas nicht auch für
die Schachsportler veranstalten kann. Bei den Parolympics starten jedoch „nur“
körperbehinderte und blinde Sportler, nicht aber gehörlose Athleten. Wir wollten
alle Gruppen mit einbeziehen. Im Weltschachbund FIDE sind ja auch alle drei
Gruppen mit einem eigenen Verband vertreten und starten zu Schacholympiaden
jeweils mit einer Weltauswahl.
Gab es viel Arbeit?
Ja. Um das Turnier gründlich vorzubereiten, brauchten wir
zweieinhalb Jahre. Mit den Leuten vom ZMDI-Schachfestival hatten wir aber ein
eingespieltes Team.
Wie war die Beteiligung?
Es war ein Anfang, aber sehr ermutigend. An den Start gingen
insgesamt 35 Spieler, darunter 20 hörgeschädigte, neun körperbehinderte sowie
sechs blinde und sehbehinderte Spieler aus insgesamt sechs Ländern. Besonders
gefreut haben wir uns natürlich, dass unser Großmeister Thomas Luther aus Erfurt
gewonnen hat. Er ist ohne Zweifel einer der weltbesten behinderten
Schachspieler.
Und die Resonanz auf die Weltspiele?
Sie war ebenfalls gut, obwohl wir vorher gar nicht so viel
Werbung gemacht haben. Wir wussten ja nicht, ob das Turnier ein Erfolg wird. Die
Schach-Weltspiele genossen große Aufmerksamkeit - auch im Fernsehen wurde
mehrmals darüber berichtet. Nach meiner Meinung verdienen die behinderten
Schachspieler diese Beachtung, und Dresden wird deshalb in zwei Jahren auch die
2. Weltspiele ausrichten. Grünes Licht aus dem Rathaus vom Sportbürgermeister
gibt es schon.
Fortschrittstabelle...
Hier eine kleine Partie-Auswahl vom Berliner Politikerturnier.
Nicht jedes Spiel ist ein Meisterwerk. Aber sie zeigen, dass der Spaß am Schach
im Vordergrund stand.

Dirk Jordan – Wolfgang Gunkel
Trompowski-Angriff A45
1.d4 Sf6 1.d4 Sf6 2.Lg5 Se4 3.Lf4 d5 4.f3 Sd6 5.e3 c6 6.Sc3 e6
7.Dd2 Sc4 8.Lxc4 dxc4 9.Sge2 Lb4 10.a3 La5 11.0–0 0–0 12.b4 cxb3 13.cxb3 Lc7
14.b4 Lxf4 15.Sxf4 e5 16.Sfe2 Le6 17.Tfd1 Sa6 18.dxe5 Db6 19.Sd4 Tfd8 20.Sa4 Dc7
21.Sxe6 fxe6 22.Dc3 Td5 23.f4 Tad8 24.Txd5 Txd5 25.e4 Td8 26.Tc1 Dd7 27.Sb2 Dd4+
28.Dxd4 Txd4 29.Kf1 Sc7 30.Td1 Sb5 31.a4 Txd1+ 32.Sxd1 Sd4 33.g4 a6 34.Kf2 Sc2
35.b5 cxb5 36.axb5 axb5 37.Ke2 b4 38.Kd3 Sa3 39.Kd4 Kf7 40.h4 Ke7 41.f5 exf5
42.exf5, und Weiß gewann.
Dietrich Stratmann – Gerd Arlt
Grünfeld-Indisch D70
1.d4 Sf6 2.Sf3 g6 3.e3 Lg7 4.c4 c6 5.Ld3 0–0 6.0–0 d5 7.b3 e6
8.Lb2 Sbd7 9.c5 b6 10.b4 a5 11.a3 axb4 12.axb4 Txa1 13.Lxa1 b5 14.Sbd2 Dc7 15.h3
Te8 16.Se5 Sxe5 17.dxe5 Sd7 18.Sf3 Sxe5 19.e4 Sxd3 20.Dxd3 dxe4 21.Dxe4 e5
22.Te1 f5
... und Schwarz gewann wenig später.
Noch zwei Kurzschlüsse. Der langjährige Organisator des
Politikerturniers hatte gegen den FDP-Staatssekretär einen Blackout und verlor
seine Dame.

Hans-Jürgen Beerfeltz – Alfred Seppelt
Sizilianisch B21
1.e4 c5 2.f4 Sc6 3.Sf3 g6 4.Lb5 Lg7 5.0–0 Db6 6.Lxc6 Dxc6 7.d3 d6
8.Sc3 Sf6 9.Le3 0-0 10.Dd2 Sg4 11.Sd5 e6?? 12.Se7+ 1-0
Im Damenduell machte die Präsidentin des Thüringer Schachbundes
kurzen Prozess mit ihrer nicht so erfahrenen Gegnerin.

Diana Skibbe – Kerstin Beurich
Französisch C01
1.e4 e6 2.d4 Le7 3.Sc3 Sh6 4.Ld3 0-0 5.Lxh6 gxh6 6.Dh5 c6 7.Sf3
Lb4 8.e5 a5 9.Dxh6 Lxc3+ 10.bxc3 f6?? 11.Dxh7 matt.