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Am 18. Mai 2018 wurde Ju Wenjun neue Frauenweltmeisterin. In einem Wettkampf über zehn Partien schlug sie Titelverteidigerin Tan Zhongyi mit 5½ : 4½.
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Niklesh Jain (NJ): Welchen Eindruck hat Tan Zhongyi in dem Wettkampf auf dich gemacht? Wie hat sie gespielt?
Ju Wenjun (JW): Nun, ich kenne Tan Zhongyi seit den Chinesischen Jugendmeisterschaften 2000! Sie ist sehr talentiert und mittlerweile ein Star des chinesischen Schachs. Wir sind sehr gut befreundet. Sie ist nicht gut ins Match gestartet und vielleicht hat sie das unter Druck gesetzt und nervös gemacht. Ich glaube, sie kann besser spielen. Aber sie ist eine Kämpferin und hat bis zum Schluss nicht aufgegeben! Ich habe den höchsten Respekt für meine Gegnerin.
Tan Zhongyi | Foto: Gu Xiaobing
NJ: Wie beurteilst du deine Leistung im WM-Kampf? Glaubst du, du hast gut gespielt oder wurde der Wettkampf von der großen Anspannung diktiert?
JW: Ich glaube, ich habe ziemlich gut gespielt. In der ersten Runde hatte ich allerdings ein Problem — ich habe in der Eröffnung viel Zeit verbraucht und hatte dann am Ende in einer komplizierten Stellung nur noch zehn Minuten übrig. Aber irgendwie habe ich die Partie Remis gehalten. Doch ich habe gesehen, dass ich zu viel Zeit verbrauche und in den folgenden Partien schneller gespielt. Außerdem habe ich ein besseres Gefühl für ihre Eröffnungswahl bekommen. In der zweiten und dritten Partie habe ich dann gewonnen und lag im Wettkampf vorne.
Natürlich ist der Druck in einem solchen Wettkampf groß. Zur Entspannung habe ich Musik gehört oder Spaziergänge mit meinem Trainer gemacht. Aber ich glaube, wenn man in Führung liegt, ist der Druck weniger groß.
Ju Wenjun mit ihrem Trainer und Sekundanten Ni Hua | Foto: Gu Xiaobing
Angela Franco (AF): Welche Partie des Wettkampfs gefiel dir am besten?
JW: Die fünfte Partie - ich habe mit Schwarz gewonnen.
Partie fünf nimmt Formen an! | Foto: Gu Xiaobing
NJ: In der sechsten Partie sah es so aus, als ob du Remis halten kannst, aber am Ende hast du verloren. Was ist passiert?
JW: Die Partie war lang. Sie hat das Endspiel gut behandelt und mich überspielt. Aber 40 Züge lang wurde kein Bauer gezogen und keine Figur geschlagen, noch zehn Züge mehr und ich hätte Remis reklamieren können. Ich habe meinem Gedächtnis nicht getraut und deshalb die Schiedsrichter gebeten, die Zahl der Züge zu prüfen - danach habe ich aufgegeben!
Tan Zhongyi gewann das Damenendspiel in Partie sechs | Foto: Gu Xiaobing
Siegerehrung - Ju Wenjun ist neue Frauenweltmeisterin und erhält €120.000 Preisgeld | Foto: Gu Xiaobing
Angela Franco (AF): Wer ist die wichtigste Person in deinem Leben und wer hat dir geholfen, Weltmeisterin zu werden? Wer waren deine Sekundanten in diesem Wettkampf?
Ju Wenjun (JW): Meine Familie, Freunde, und Leute, die mich immer unterstützt haben, sind wichtig. Ni Hua ist mein Trainer. Wir arbeiten seit 2016 offiziell zusammen, aber nachdem ich mich für den WM-Kampf gegen Tan Zhongyi qualifiziert hatte, haben wir die Zusammenarbeit verstärkt und uns vor allem die Eröffnungen von Tan angeschaut. Während des Wettkampfs kam noch Wang Yue dazu. Er ist mit Ni Hua gut befreundet und hat mir viele wertvolle Tipps gegeben.
Ju Wenjun inmitten ihres Teams! | Foto: Gu Xiaobing
AF: Was würdest du jungen Schachspielerinnen raten, die in deine Fußstapfen treten wollen?
JW: An sich glauben und Schach spielen, weil es Spaß macht! Und wenn man Zeit hat, etwas für sein Schach tun!
Ju Wenjun (recht) beim Gewinn einer ihrer ersten Medaillen | Foto: Archiv Ju Wenjun
AF: Hast du Dinge opfern müssen, um deine Ziele zu erreichen?
JW: Ich hatte nicht viel Zeit für Schule und Studium und auch nicht für Reisen oder Urlaub. Aber das ist okay, denn nichts macht mich so glücklich wie das Schach.
Ju Wenjun als zehnjährige | Foto: Archiv Ju Wenjun
AF: Wie hast du dich während des Wettkampfs auf die Partien vorbereitet?
JW: Vor den Partien habe ich mich vor allem ausgeruht. Ich wollte an nichts denken. Einfach Schach spielen und die Ruhe bewahren!
Die neue Frauenweltmeisterin bei der Siegerehrung | Foto: Official website
AF: Was sind deine nächsten Ziele?
JW: Ich hoffe, ich kann die Elo-Marke von 2600 knacken - und kann meine Zahl dann vielleicht noch weiter verbessern. Einmal war ich schon über 2600, aber dann habe ich sofort wieder Elo-Punkte verloren. Ich glaube, jetzt kann ich wieder über 2600 kommen. Ich hoffe, ich bekomme Einladungen zu starken Turnieren, in denen ich dann spielen kann!
Im März 2017 war Ju Wenjun kurze Zeit über 2600 (klicken oder antippen des Bildes führt zu einer größeren Version) | players.chessbase.com
AF: Wie sieht ein normaler Tag im Leben der Ju Wenjun aus?
JW: Das hängt ganz von meiner Laune ab. Manchmal arbeite ich fünf bis sechs Stunden, manchmal nicht einmal eine Stunde! Während des Wettkampfs habe ich mich ein oder zwei Stunden vorbereitet, aber mehr auch nicht, denn ich wollte meine Energie für die Partie bewahren.
Niklesh Jain (NJ): Du bist jetzt Weltmeisterin - was ändert sich dadurch in deinem Leben? Wird Ju Wenjun bald heiraten?
JW: Ich bin immer noch ich! Und ich liebe das Schach mehr als je zuvor. Ich würde gerne etwas tun, um das Schach in Shanghai zu fördern. Was Heiratspläne betrifft, so kann ich da keine genauen Vorhersagen machen. Sagen wir, die Chancen stehen 50:50! (lächelt)
NJ: Gefällt dir der aktuelle Modus der Frauenweltmeisterschaften?
JW: Das aktuelle Format gibt mehr Spielerinnen die Chance, Weltmeisterin zu werden. Aber über die Frage, ob das Format als solches gut oder schlecht ist, habe ich noch nicht lange genug nachgedacht.
NJ: Hou Yifan hat erklärt, dass sie keine Frauenturniere mehr spielen will. Was sagst du dazu?
JW: Ich respektiere ihre Entscheidung. Sie hat Gründe dafür.
Ju Wenjun und Hou Yifan | Foto: Sharjah Women's Grand Prix 2014
NJ: Wenn du die Gelegenheit hättest, in einem oder mehreren Wettkämpfen gegen starke Spieler anzutreten, würdest du das tun? Und gegen wen würdest du am liebsten spielen?
JW: Natürlich würde mir solche Wettkämpfe sehr gefallen. Eine gute Gelegenheit, um besser zu werden und neue Erfahrungen zu sammeln. Am liebsten würde ich vielleicht gegen Ding Liren spielen! Er ist Chinas Nummer eins und vielleicht bald über 2800!
Ding Liren | Foto: Lennart Ootes, Norway Chess
NJ: Warum ist das Frauenschach in China so erfolgreich? Was macht China anders als andere Länder?
JW: Als Jugendliche bin ich nach Peking gegangen, und habe dort mit einer ganzen Reihe von starken Schachspieler und Schachspielerinnen im gleichen Haus gelebt. Spieler und Spielerinnen haben sich oft getroffen und Ideen ausgetauscht. Das hat sehr geholfen. Und es gab starke Trainer und erfahrene Spieler, die immer bereit waren, einem etwas Neues beizubringen. Ich glaube, es ist sehr wichtig, eine Umgebung zu schaffen, in der man gut Schach trainieren kann, und ich glaube, das ist in China der Fall.
Bei der Schacholympiade 2016 in Baku gewann die chinesische Frauennationalmannschaft die Goldmedaille.
NJ: Als neue Frauenweltmeisterin lastet der Druck der Titelverteidigung jetzt auf Dir. Wer sind Deine größten Rivalinnen?
JW: Die nächste Frauenweltmeisterschaft ist ein K.o.-Turnier, das Ende des Jahres in Russland stattfinden soll. In einem K.o.-Turnier kann alles passieren. Ich glaube, alle Spielerinnen mit mehr als 2500 Elo haben gute Chancen, Weltmeisterin.
Übertragung aus dem Englischen: Johannes Fischer
Die Fragen stellten Niklesh Jain, Chefredakteur von ChessBase India Hindi und WIM Angela Franco aus Kolumbien.
Das Paar lebt 16.000 Kilometer voneinander entfernt, aber das Schach hat sie zusammengebracht.