Mädchen und Frauen im Schach
Eine zentrale Frage im 27-minütigen Interview stellte Kim Chakanetsa von der BBC: "Warum befinden sich nicht mehr Frauen in Ihrer Position?"
Judit Polgar antwortete, dass sie eine praktisch einzigartige Schacherziehung genossen hätte. Als sie fünf Jahre alt war, nahmen ihre Eltern sie von der Schule und unterrichteten sie zu Hause - mit dem Ziel, sie im Schach an die Spitze zu bringen. Als sie acht war, spielte sie den ganzen Tag fast nur Schach.
Auch Hou Yifan betonte, wie wichtig harte Arbeit und der Wunsch, gewinnen zu wollen, sind. Aber die Möglichkeit, zu trainieren und zu spielen, sei ebenfalls wichtig, genau wie frühe Erfolge in Turnieren. Solche Erfolge hätten ihr viele weitere Möglichkeiten eröffnet. Anders als bei Judit Polgar, wo Vater und Mutter die Konzentration auf das Schach unterstützen, wollte Hou Yifans Vater zwar, dass seine Tochter Schach lernt, doch die Mutter der späteren Weltmeisterin wollte zunächst, dass sie sich auf Dinge konzentriert, die "besser zu Mädchen passen, wie Tanzen".
Polgar erinnerte sich auch daran, wie sie das erste Mal gegen einen Großmeister gewonnen hat - im Alter von elf Jahren. Wie man ihr nach der Partie erzählte, hat der Großmeister diese Niederlage nicht gut aufgenommen — angeblich soll er sogar mit dem Kopf gegen die Fahrstuhltür gehämmert haben. Im Interview geht Polgar nicht weiter darauf ein und nennt keine Namen, aber der erste Großmeister, gegen den sie gewonnen hat, war Lev Gutman. Sie besiegte ihn 1987 in einer spektulären Angriffspartie im Sizilianer.
So spielt man Sizilianisch!
Auf dieser DVD stelle ich die wichtigsten Systeme der Sizilianischen Verteidigung vor. Anhand eigener Partien zeigt Elisabeth Pähtz, was die typischen Pläne und Strategien sind und welche taktischen Motive eine Rolle spielen.
Mehr...
Polgar führt ihre einzigartigen Erfolge, ihren Aufstieg in die Top Ten, auf die Einstellung zurück, die ihr ihre Eltern von frühester Kindheit an vermittelt hätten. Und auf die Tatsache, dass sie auf Frauenturniere verzichtet hat, um gegen die stärksten Gegner zu spielen. "Wenn man sich höhere Ziele setzt, dann kann man auch mehr erreichen."
"Leider gibt es keine anderen Spielerinnen, die es auch nur unter die Top 100 gebracht haben. Das ist ein ernstes Problem, und alle suchen nach einer Erklärung, auch die Schachspielerinnen selbst."
Andere Themen, die diskutiert wurden, waren Judit Polgars vergeblicher Versuch, bereits 1992 in der ungarischen Nationalmannschaft im offenen Turnier bei der Olympiade zu spielen, Hou Yifans absichtlicher Verlust beim Open in Gibraltar 2017, Nigel Shorts Ansichten über Frauen und Spitzenschach, die Vor- und Nachteile von reinen Frauenturnieren und die Bedeutung, die das Schach im Leben von Judit Polgar und Hou Yifan hatte und immer noch hat.
Polgar: "Schach hat mir so viel gegeben und ich wurde dadurch zu der Person, die ich bin — offen, tolerant, neugierig."
Übersetzung aus dem Englischen: Johannes Fischer
Zum vollständigen Interview (englisch).
Links