Kandidatenturnier: Caruana und Alekseenko punkten

von André Schulz
19.04.2021 – Heute endlich, nach über einem Jahr Pause, wurde das Kandidatenturnier in Jekaterinburg fortgesetzt. Mit Hilfe einer Neuerung setzte Caruana Vachier-Lagrave in der Bauernraubvariante unter Druck und kam schließlich im Endspiel mit einer Qualität mehr zum Erfolg. Den zweiten Tagessieg verbuchte Alekseenko gegen Grischuk. | Fotos: Lennart Ootes/ FIDE

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Nach der längsten Halbzeitpause aller Zeiten wurde heute das Kandidatenturnier 2020 wieder aufgenommen. Als das Turnier vor über einem Jahr in Jekaterinburg begann, hatte die weltweite Corona-Pandemie auch Russland schon ergriffen. Teimour Radjabov sagte damals aus diesem Grund seine Teilnahme ab, da er um seine Gesundheit fürchtete. Statt seiner kam Maxime Vachier-Lagrave als Nachrücker ins Turnier.

Das Turnier begann und man hoffte, durch Fiebermessen vor den Runden Anzeichen für Infektionen frühzeitig zu erkennen. Medizinisches Personal stand bereit, um im Notfall sofort Maßnahmen zu ergreifen. Der spanische Journalist Leontxo Garcia verbrachte die ganze Zeit des Turniers in Quarantäne in seinem Hotelzimmer. Alexander Grischuk machte bei den Pressekonferenzen nach den Runden kein Hehl aus seiner Unzufriedenheit über die Turnierbedingungen. Nach dem ersten Umgang musste das Turnier dann doch abgebrochen, genauer unterbrochen, werden. Russland hatte verkündet, die Grenzen zu schließen. Die Spieler hätten sonst auf unbestimmte Zeit in Russland bleiben müssen. Die nichtrussischen Spieler wurden damals mit einem Privat-Jet noch gerade rechtzeitig von der FIDE ausgeflogen.

FIDE-Präsident Arkady Dvorkovich eröffnet die Partie von Wanga Hao und Ding Liren

Nun geht es also weiter. Inzwischen erlebt die Welt die dritte Welle der Corona-Pandemie, mit einigen neuen Mutanten des Virus. Eigentlich ist die Zahl der Infektionen jetzt höher als vor einem Jahr bei der ersten Welle. Aber mit Testen und Impfstoffen ist man nun besser gerüstet und die FIDE betrachtete das Risiko bei einem Turnier mit recht kleiner Teilnehmerzahl offenbar als kalkulierbar.

Als Favoriten auf den Turniersieg hatte man vor dem Turnier Fabiano Caruana und Ding Liren betrachtet. Nach sieben Runden lagen jedoch Nachrücker Maxime Vachier-Lagrave und Ian Nepomniachtchi in Führung.

In der achten Runde des Turniers, der ersten des zweiten Umgangs, mussten die beiden Spitzenreiter ihre Führung gegen zwei ihrer Verfolger, gegenFabiano Caruana und Anish Giri verteidigen. Die beiden Chinesen Ding Liren und Wang Hao trafen aufeinander und mit Kiril Alexeenko gegen Alexander Grischuk stand ein weiteres Treffen zweier Landsleute auf dem Paarungszettel.

Wenn man gegen Maxime Vachier-Lagrave spielt, kann man sich ziemlich sicher sein, dass nach 1.e4 die Najdorf-Variante kommt und nach 1.d4 die Grünfeld-Verteidigung.

Vor dem FIDE-Logo

In seiner Weißpartie gegen den Franzosen entschied sich Fabiano Caruana für die Najdorf-Variante und hatte hier gegen die Bauernraub-Variante etwas vorbereitet. 

 

16.c3 [16.Le2 hatte Vachier-Lagrave schon in ein paar Partien auf dem Brett, z.B.: 16...Lc5 17.Lg3 Dd5 18.c4 Lxd4 19.Txd4 Da5+ 20.Td2 0–0= Giri,A (2779)-Vachier Lagrave,M (2775) Paris 2019, 0–1 (47)]

16...Lc5 [16...Le7 17.Lxe7 Kxe7 18.Sf3 Dc7 19.Le2 Sf6 20.Sd6 Td8 21.Sf5+ Kf8 22.Dc5+ Dxc5 23.Txd8+ Se8 24.Sd6 Ld7 0–1 (24) Beveridge,C (2010)-Gomes,J (2095) ICCF email 2014]

17.Lg3 Dd5

 

18.Lc4 [Dieses Figurenopfer ist die vorbereitete Neuerung. 18.Ld6 Lxd6 19.Sb5 Dxd1+ 20.Kxd1 Le5 21.Sbd6+ Ke7 22.Sc4 Td8 23.Kc2 Lc7 24.Le2 Sc6 25.Td1 b5 26.Scd6 f6 27.c4 b4 28.Lh5 Sce5 29.c5 a5 30.Sxf6 Kxf6 31.c6 Lxd6 32.Txd6 Ke7 33.Td1 Sxc6 34.Dg3 b3+ 35.Kb2 Kf8 36.Dc7 Kg8 37.Dxc6 1–0 (37) Beveridge,C (1963)-Milde,L (2075) ICCF email 2013]

18...Dxc4 19.Ld6 [Droht Lxc5.] 19...Sf6 [19...Lxd6? 20.Sxd6+; 19...Lxd4 20.Txd4 Db3]

20.Sxc5 Sd5

 

21.De5 [Eine taktisch sehr komplexe Stelllung. Weiß hat das sicher schon in der Vorbereitung auf dem Brett gehabt. Schwarz muss die Aufgaben am Brett lösen.]

21...Tg8 [21...Dxc3+ 22.Kf2 Db2+ 23.Kg3 Sf6 24.Thf1 sieht gefährlich für Schwarz aus.]

22.Sdxe6 fxe6 23.Sxe6 Dxc3+ [23...Lxe6? 24.Dxe6+ Kd8 25.Dxg8+ mit Gewinn.; 23...Sf6!? 24.Sg5+ Le6 25.Dxe6+ Dxe6+ 26.Sxe6 Kf7 27.Sc7 Ta7 28.0–0 ist ähnlich wie die Partiefolge.]

24.Dxc3 Sxc3 25.Sc7+ Kf7

 

26.Td3 Se4 [Schwarz behält die Mehrbauern, gibt dafür aber eine Qualität. 26...Ta7!? kam in Betracht. 27.Txc3 Kg6 28.0–0 Kh7 29.Sd5 Sc6 30.Lc5 b6!=]

27.0–0+ Kg6 28.Sxa8 Sc6 29.Sb6 Td8 30.Sxc8 Txc8 31.La3 [31.Te1!? Sf6 32.Tb1 b5 33.Tc1]

31...Tc7 32.Tf4 Sf6 33.Lb2 Se7 34.Lxf6 gxf6 35.h4 h5 36.Tg3+ Kf7 37.Tg5 Tc1+ 38.Kh2 Sg6 39.Tf2 Sxh4 40.Txh5 Sg6 41.Th7+ Ke6 42.Txb7 Se5 43.Tb6+ Tc6 44.Txc6+ Sxc6 45.Kg3 Kf7 46.Tc2 Sb4 47.Td2 Sc6 48.Kf4 Kg6 49.Td6 Se5

 

50.Txa6 [Das Endspiel ist laut Tablebases remis.]

50...Sf7 51.Ke4 Sh6 52.Ta5 Sf7 53.Ta3 Sd6+ [53...Sg5+ 54.Ke3 Se6 55.Ta7 Sg5]

54.Kf4 Sf5 55.Td3 Sh6? [Nun ist das Endspiel objektiv verloren. Tablebases: Matt in 43 Zügen. Richtig war 55...Sg7; oder 55...Se7]

56.Tg3+ Kf7 57.Ke4 Sg8 58.Kf5 Se7+ 59.Kf4 Sd5+ 60.Kg4 [Der korrekte Gewinnweg war 60.Kf5 Se7+ 61.Ke4]

60...Kg6 [Nun ist die Partie wieder objektiv remis.]

61.Kf3+ Kf7 62.Ke4 Se7? [Und hier war 62...Sc7 der richtige Zug.]

63.Kf4 [Schneller gewinnt 63.Tb3]

63...Sd5+ 64.Kf5 Se7+ 65.Ke4 Sg8 66.Th3 Kg6 67.Ta3 Kf7 68.Kf4 Sh6 69.Tg3 Sg8 70.Kg4 Se7 71.Kh5 Sd5 72.Tf3 Ke6 73.g4 Ke5 74.Kg6 [74.Kg6 Sf4+ 75.Kf7 Sd5 76.Tf5+ Kd6 77.Txd5+ Kxd5 78.Kxf6 und gewinnt.] 1–0

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Im russischen Derby zwischen Kirill  Alexeenko und Alexander Grischuk hatte Letzterer mit Schwarz zur Klassischen Variante der Französischen Partie gegriffen und auch dort auf b2 mit der Dame einen Bauern geraubt. Weiß erhielt den Bauern bald zurück und nach Damentausch stand eine komplexes Endspiel auf dem Brett. Im späteren Verlauf erhielt Grischuk dank eines Freibauern auf der d-Linie die Initiative. Alekseenko eliminierte diesen mit Hilfe eines Qualitätsopfers und brachte nun seinen Trumpf nach vorne, einen Freibauern auf der e-Linie. Dieser Bauern erwies sich schließlich als entscheidender Vorteil und brachte Alekssenko den vollen Punkt ein. 

Thema der Partie zwischen Ian Nepomniachtchi und Anish Giri war die Sizilianische Sveshnikov-Variante. In einer der aktuellen Hauptvarianten waren die Fronten bald nach der Eröffnung festgefahren und keiner der beiden Spieler sah eine Möglichkeit, seine Position zu verbessern.

Die Partie zwischen Wang Hao und Ding Liren wurde in einer forcierten Variante der Schottischen Partie geführt, in der es eine Reihe von Vorgängerpartien gibt, die allesamt Remis mit Dauerschach endeten. So auch diese Partie, nach 28 Zügen.

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André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.

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