Kandidatenturnier: Giri schlägt Wang Hao

von André Schulz
20.04.2021 – Der Gewinner des zweiten Spieltages beim Kandidatenturnier ist Anish Giri. Er gewann seine Weißpartie gegen Wang Hao und zog damit mit Fabiano Caruana auf dem zweiten Tabellenplatz gleich. Nepomniachtchi bleibt Spitzenreiter. Ding Liren verpasste einen Sieg gegen Maxime Vachier-Lagrave. | Fotos: Lennart Ootes

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Traumstart für Fabiano Caruana in der 8. Runde des wieder aufgenommen Kandidatenturniers in Jekaterinburg. Mit einer ausgebufften Vorbereitung gegen Maxime Vachier-Lagraves Hauptwaffe gegen 1.e4, die Najdorf-Variante und hier die Bauernraubvariante, konnte Caruana seinen Gegner unter Druck setzten und am Ende ein  Endspiel mit Mehrqualität erreichen. Objektiv war es remis, doch in der Praxis schwer zu spielen. Nicht einmal Magnus Carlsen, der weltbeste Endspieler, wusste genau zu sagen, warum der eine Zug Remis hält, der andere aber nicht.

Mit dem Punktgewinn überholte Caruana Vachier-Lagrave in der Tabelle und rückte auf Schlagdistanz an den Spitzenreiter Ian Nepomniachtchi heran. Der russische GM hatte Anish Giris Sweshnikov-Variante nicht knacken können und remis gespielt.

Alekseenko-Caruana

In der 9. Runde traf Caruana nun auf Kiril Alekseenko. Mit einem weiteren Sieg konnte Caruana Nepomniachtchi vielleicht sogar schon einholen.

Alekseenko-Caruana

Alekseenko war durch eine Wildcard und ins Turnier gerückt und nimmt derzeit Rang 41 in der FIDE-Weltrangliste ein, mit knapp 2700 Elo. Nach der erzwungenen Turnierpause lag Alekseenko zusammen mit Ding Liren am Tabellenende. Dass er aber nicht etwa die Rolle des Schäfleins in einem Rudel Wölfe spielen wollte zeigte Alekseenko gestern in seiner Partie gegen Alexander Grischuk. Erst entkräftete Alekseenko Grischuks Initiative mit einem Qualitätsopfer, dann setzte er seinen Gegner mit einem Freibauern unter Druck und führte die Partie zum Gewinn. 

Alekseenko begann mit 1e4 und nach 1...e5 entstand die Moderne Variante der Italienischen Partie. Hier hatte Alekseenko mit dem frühen Zentrumsvorstoß d3-d4 eine Fortsetzung abseits der Hauptvarianten vorbereitet. In große Schwierigkeiten konnte er Caruana damit nicht bringen. Auf der anderen Seite neutralisierte er den US-Großmeister und trug am Ende des Tages einen halben Punkt davon.

Grischuk-Nepomniachtchi

Spitzenreiter Ian Nepomniachtchi traf in Runde 9 auf seinen Landsmann Alexander Grischuk. Der stest einfallsreiche Grischuk antwortete auf Nepomniachtchis Grünfeld-Verteidigung mit der reichlich analysierten neueren Abtauschvariante und brachte dann mit 9.h3 einen sehr ungewöhnlichen Zug. Nach 9...Sc6 folgte das aus ähnlichen Stellungen bekannte Bauernopfer 10.d5. Nepomniachtchi nahm das Angebot auf Kosten des Tausches seines Fianchettoläufers an und bot sogleich die Rückgabe des Bauern an. Doch Grischuk blieb auf Gambitkurs mit einigermaßen neuen Stellungsbildern in dieser Variante. Bald darauf wurden aber schon die Damen getauscht und im Endspiel steht Schwarz in der Grünfeld Verteidigung dank seiner Bauernmehrheit am Damenflügel ja selten schlecht. Tatsächlich verflachte die Partie schnell und endete im Turmendspiel remis.

Karsten Müller hat das Endspiel analysiert:

 

Start der Runde am Brett von Ding und Vachier-Lagrave

Ding Liren-Vachier-Lagrave

Die Partie zwischen Ding Liren und Maxime Vachier-Lagrave hatte aufgrund des bisherigen Turnierverlaufs eine besondere Spannung. Ding Liren war als einer der Favoriten in das Turnier gegangen, doch verzeichnete dort einen Fehlstart. Wenn die Nummer Drei der Welt noch Chancen auf den Turniersieg wahrnehmen will, muss er nun seine Partien riskant anlegen. Maxime Vachier-Lagrave war nur als Nachrücker ins Turnier gekommen, lag aber nach der Hälfte an der Spitze. Die Niederlage gegen Caruana am Vortag hatte aber vielleicht Spuren hinterlassen. Der Franzose bot nach 1.d4 die Grünfeld-Verteidigung an, wechselte aber nach sehr frühem h2-h4 doch lieber in Königsindische oder Benoni-Stellungsbilder, vielleicht eine Vorbereitung fürchtend. Hier übernahm Ding aber bald die Initiative und stand dann mit einem gedeckten Freibauern im Schwerfigurenendspiel ganz ausgezeichnet. Vachier-Lagrave verteidigte sich jedoch zäh und schließlich verlor Ding die Geduld, rückte mit seinem Freibauern vor und verlor diesen. Danach war der weiße Vorteil perdu. Die Partie endete remis.

Giri-Wang Hao

Anish Giri, schon in Wijk in guter Form

Am vierten Tisch spielte Anish Giri gegen Wang Hao. Thema dieser Partie war die Katalanische Eröffnung und die beiden Spieler betätigten sich in einer der Hauptvarianten. Giri erreichte eine sehr bequeme Stellung mit einigem Vorteil.

 

Eine typische Katalanisch-Stellung, in der Weiß mit seinen aktiveren Figuren ein kleines Plus hat.

25.Tc1 h6 26.Dd7 Sf6 27.Dd6 g6 28.b3 h5 29.Kh2 Kg7? [Schwarz kann nichts unternehmen und muss abwarten. 29...Tc8? 30.Txc8+ Dxc8 31.De7; 29...Dd8!?]

30.Dd4 [Die Drohung ist Sd7. 30.Db6 mit der Idee 30...-- 31.Tc5 war auch gut.]

30...Td8 31.Db2 [31.Dc3!? ist genauer.]

31...Db8 [31...Tc8!?]

 

[Weiß steht besser, aber wie nutzt man das aus?]

32.b4 [32.Dc3!? sieht stark aus, mit Ideen wie 32...Da7 (32...b6 33.Sc6; 32...Td5 33.Dc7 Dxc7 34.Txc7) 33.Dc7 Tf8 34.Sxg6 (Oder 34.Tg1 mit der Drohung 34...-- 35.Txg6+) 34...Kxg6 35.Tg1+ Kh7 36.De7 Sd5 37.Dg5]

32...axb4 33.Tc4 b3 [33...b6!? und auf 34.Txb4 folgt 34...Td1 mit der hässlichen Drohung Da8 und Gegenspiel.]

 

34.Tb4 Da7? [Danach bricht Weiß in die schwarze Stellung ein. Richtig war 34...Dd6 35.Dxb3 (35.Txb3 Dd1 36.Txb7 Td2 mit Gegenspiel.) 35...Dd2]

35.Txb3 Dxa4 36.Txb7 De8 37.Ta7 Td5 38.Db7 Se4 39.Sxf7 1–0


Ergebnisse

 

Tabelle

 

Partien

 

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André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.

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