30.06.2022 – Drei Siege und ein Remis, das war die Bilanz der zehnten Runde des Kandidatenturniers in Madrid. Das Remis spielte Nepomniachtchi (Bild) gegen Teimour Radjabov und damit baute er seine Führung auf 1,5 Punkte aus, da Caruana mit Schwarz gegen Duda verlor. Nakamura kam gegen Firouzja zu einem souveränen Sieg und Ding gewann mit Schwarz gegen Rapport eine bemerkenswerte Partie voller ungewöhnlicher taktischer und strategischer Motive. | Foto: David Llada
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Nach 1.d4 Sf6 2.c4 Sc6! ergreift Schwarz die Initiative und versucht Weiß dazu zubringen, seine zentralen Bauern vorzustoßen, nur um dann mit präzisem Gegenspiel ihre Schwäche zu zeigen.
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Kandidatenturnier, Runde 10
Abgesehen vom Remis in der Partie zwischen Ian Nepomniachtchi und Teimour Radjabov bot die zehnte Runde kämpferisches und spannendes Schach. Fabiano Caruana, Ding Liren und Alireza Firouzja spielten mit Schwarz alle scharfe - wenn auch nicht unbedingt gute - Varianten und luden ihre Gegner von Anfang an zum Kampf ein
Doch von den dreien war nur Ding erfolgreich, der gegen Richard Rapport seinen zweiten Sieg in Folge holte. Caruana und Firouzja hingegen gerieten schnell in die Defensive und mussten am Ende eine Niederlage quittieren.
Damit liegen Ding, Nakamura und Caruana jetzt gemeinsam auf Platz, 1½ hinter Tabellenführer Nepomniachtchi. Im Interview nach der Partie verriet Nepomniachtchi seine Strategie - eine Strategie, mit der er auch beim letzten Kandidatenturnier Erfolg gehabt hatte:
Wie ich bereits vor zwei Jahren gesagt habe, ist es sehr wichtig, möglichst ohne Niederlage durchs Turnier zu gehen. Wenn man nicht verliert, dann laufen die Dinge mit Sicherheit gut.
Tatsächlich ist Nepomniachtchi der einzige Spieler in Madrid, der noch keine einzige Partie verloren hat.
H. Nakamura 1-0 A. Firouzja
Alireza Firouzja, der in Runde 9 eine Glanzpartie gegen Richard Rapport gewann, zeigte sich auch gegen Nakamura kämpferisch und griff mit Schwarz zur Najdorf-Variante, um bald darauf mit einer Neuerung das Spiel zu verschärfen.
13 Jahre zuvor hatte Alexander Morozevich hier in einer Partie gegen Maxime Vachier-Lagrave den weißen Springer mit der Dame geschlagen. Firouzja spielte jedoch 10...gxf6, was die schwarze Bauernstruktur zersplittert, aber Schwarz dynamische Chancen geben kann.
Aber Nakamura zeigte sich unbeeindruckt und brachte seine Figuren in Ruhe auf gute Felder. Firouzja geriet zunehmend unter Druck und Nakamura beendete die Partie mit einem Qualitätsopfer, das ihm durchschlagenden Königsangriff sicherte.
Der Turm auf d5 ist gefangen, aber nach 23.Sxd4 Dxd5 24.Sf5 kann Schwarz den weißen Angriff nicht mehr parieren. Firouzja gab im 32. Zug auf.
Gegen das Matt gibt es keine Verteidigung.
Hikaru Nakamura im Interview nach der Partie | Foto: FIDE / Stev Bonhage
Nach diesem souveränen Sieg gab Nakamura seinem abendlichen Rückblick auf die Partie den selbstbewussten Titel: "Dear YouTube, I destroyed Firouzja".
J. Duda 1-0 F. Caruana
In den ersten neun Runden des Turniers konnte Jan-Krzysztof Duda keine einzige Partie gewinnen, aber in Runde 10 beendete er diese Serie mit einem Sieg gegen Caruana. Caruana spielte mit Schwarz verbissen auf Gewinn, um den Rückstand auf Tabellenführer Nepomniachtchi zu verringern, aber wie so oft führte der Griff zur Brechstange auch dieses Mal nicht zum Erfolg.
In dieser Stellung dachte Caruana 25 Minuten nach, um dann das sehr zweischneidige 17...g5 zu spielen. Aber nachhaltige Drohungen konnte Schwarz im weiteren Verlauf der Partie nicht aufstellen, vor allem, da der schwarze Springer auf a5 die ganze Zeit im Abseits stand.
Erst im 35. Zug konnte Caruana den Springer mit 35...Sb7. wieder ins Spiel bringen, aber da stand Weiß am Königsflügel bereits deutlich besser. Duda leistete sich bei der Verwertung seines Vorteils zwar einige Ungenauigkeiten, aber holte am Ende dennoch seinen ersten vollen Punkt in Madrid.
Ding war mit einer Niederlage gegen Nepomniachtchi in das Kandidatenturnier gestartet und hatte danach in einer Reihe von Partien gute Chancen ausgelassen. Aber auf der Zielgeraden kommt er immer besser in Schwung und nach seinem Sieg in Runde 9 gegen Duda gewann er in Runde 10 auch noch gegen Rapport.
In einer faszinierenden Partie mit ungewöhnlichen Motiven brachte Rapport hier das einfallsreiche und kreative Figurenopfer 33.Sc4. Weiß gibt eine Figur, aber öffnet die Stellung und hofft, den schwarzen König erfolgreich angreifen zu können.
Nach 33...bxc434.dxc4 gab Ding mit 34...Tc6 einen Teil seines Materials zurück, um den weißen Angriff abwehren zu können. Rapport antwortete mit 35.La4.
In dieser taktisch unübersichtlichen Stellung konnte Ding jedoch alle weißen Drohungen parieren, und wickelte am Ende in ein Endspiel ab, in dem er trotz Minusqualität auf Gewinn stand.
Das Läuferpaar, der aktive König und der Freibauer auf der b-Linie geben Schwarz mehr als ausreichend Kompensation für die Qualität. Rapport probierte noch 46.Txd4 exd4 47.Lxd4+, aber auch das Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern ist verloren für Weiß.
Kreativ und mutig: Richard Rapport | Foto: FIDE / Stev Bonhage
Carlos ColodroCarlos Colodro stammt aus Bolivien und ist Spanisch-Philologe. Seit 2012 arbeitet er als freier Übersetzer und Autor. Schach, Literatur und Musik sind seine großen Leidenschaften.
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