17.03.2020 – Zum Auftakt des Kandidatenturniers gab es zwei Schwarzsiege. Wang Hao schlug Ding Liren und Ian Nepomniachtchi gewann gegen Anish Giri. Die beiden übrigen Partien endeten remis. Anatoly Karpov eröffnete die Runde. |Fotos: Lennart Ootes/ FIDE
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Schachturnier im Ausnahmezustand
Das Kandidatenturnier 2020 findet unter einzigartigen Umständen statt. Die ganze Welt steht unter dem Schock des sich überall ausbreitenden Corona-Virus. Überall wurden die Sportveranstaltungen abgesagt, ausgesetzt oder verschoben. Tatsächlich ist dieses Schachturnier wohl die einzige internationale Sportveranstaltung, die überhaupt noch stattfindet. Natürlich ist aber die Corona-Epidemie auch in Jekaterinburg das große Thema.
Wahrscheinlich hätte das Turnier in keinem anderen Land überhaupt noch stattfinden können. In London oder Berlin, wo die Kandidatenturnier 2013 und 2018 ausgetragen wurden, wäre ein solches Turnier wohl derzeit nicht denkbar. In Deutschland wurde das öffentliche Leben lahmgelegt und alle Veranstaltungen abgesagt. Auch im Schach: Von der Bundesliga bis zur letzten Kreisklasse wird nichts gespielt.
Die FIDE und die russischen Veranstalter haben Kritik für ihre Entscheidung erhalten, das Turnier wie geplant durchzuführen. Teimour Radjabov wollte 14 Tage vor dem Turnier wissen, welche Sicherheitsmaßnahmen geplant sind und was man für den Fall vorgesehen hat, dass einer der Teilnehmer Symptome einer Infektion zeige. Der Chinese Ding Liren hatte sich schon zuhause vor Wochen in freiwillige Quarantäne begeben und wurde gebeten, mit seinem Team 14 Tage vor dem Turnier anzureisen. Nach der Ankunft wurden die Chinesen isoliert und medizinisch beobachtet. Beim zweiten Chinesen unter den Teilnehmern Wang Hao hielt man das nicht für nötig, da Wang Hao sich seit Wochen in Japan aufhielt. Nach derzeitigen Stand gibt es aber kaum noch ein Land, das man für völlig unbedenklich halten kann.
Radjabov war mit den Antworten auch nicht zufrieden und zog sich aus dem Turnier zurück. Der Franzose Maxime Vachier-Lagrave rückte für ihn nach.
Man darf aber den Organisatoren in Russland glauben, dass sie alles unternehmen, um das Risiko einer Ansteckung möglichst gering zu halten. So ganz gelingt das aber doch nicht. Ein Bild mit einigen Hundert Gästen bei der Eröffnungsfeier wurde auf der FIDE-Seite veröffentlicht, dann aber lieber schnell wieder zurückgezogen. Auch wenn es in Russland derzeit wohl erst 75 gemeldete Corona-Fälle im ganzen Land gibt, sah das nicht nach großer Vorsicht aus.
Sonst würde man sich beim Schach über so viele Gäste und Zuschauer freuen
Beim Turnier selber wird das anders sein. Zuschauer haben keinen Zugang zum Turniersaal. Die Spieler bleiben weitgehend unter sich. In den nächsten drei Wochen sehen sie sich bis auf einige Ruhetage jeden Tag und spielen aus, wer dann gegen Magnus Carlsen um die Weltmeisterschaft spielen darf. Der Wettkampf soll im Dezember im Rahmen der Expo in Dubai stattfinden - nach heutigem Stand.
Die Favoriten des Turniers sind Fabiano Caruana und Ding Liren. Caruana ist mit großem Abstand nach hinten und kleinerem Abstand nach vorne zu Magnus Carlsen die Nummer zwei in der Weltrangliste - und in guter Form. Das Turnier in Wijk aan Zee im Januar gewann der US-Amerikaner mit einigem Vorsprung vor dem Weltmeister.
Ding Liren ist die Nummer drei und bekanntlich schwer zu besiegen.
In der ersten Runde trafen die beiden Chinesen aufeinander und mit Alexander Grischuk und Kirill Alekseenko zwei der drei Russen im Feld. Es ist bei solchen offiziellen Turnieren üblich, die Landsleute gleich am Anfang des Turniers gegeneinander spielen zu lassen.
Fabiano Caruana traf mit Schwarz auf Maxime Vachier-Lagrave. Anish Giri und Ian Nepomniachtchi bestritten die 4. Partie.
Caruana wählte in seiner Partie gegen Maxime Vachier-Lagrave die spanische Archangelsk-Variante. In einer Variante, zu der es noch ein paar Vorgängerpartien gab, brachte Caruana eine vorbereitete neue Idee ins Spiel.
Hier wurde bisher 15...De8 gespielt, um nach dem Vorstoß 16.e5 das Manöver 16...Dc6 mit Mattdrohung in Petto zu haben. Caruana spielte 15...De7 und ließ sich nach 16.e5 dxe5 den Einschlag 17.Sxf7 gefallen. Nach 17...e4 hat Weiß keinen starken Abzug. Weiß zog 18. Sd6 und tauschte auf b7, aber Schwarz hatte danach recht einfaches Spiel und stand besser. Die Partie endete aber remis.
Auch die Partie zwischen Alexander Grischuk und Kirill Alexeenko endete mit der Punkteteilung, für den Wildcard-Inhaber Alexeenko ein Erfolg.
Wang Hao
Einen nicht unbedingt erwarteten Sieg feierte Wang Hao mit Schwarz gegen Ding Liren. Wang Hao gilt manchen als Geheimfavorit bei diesem Turnier.
Hier spielte Schwarz stark 37...Td4, wonach der Bauer h4 für Weiß nicht mehr zu verteidigen ist (38.Ta3 Lxh4, Idee: 39.Th1 Tg3).
Video-Analyse von IM Georgios Souleidis
Anish Giri kam gegen Ian Nepomniachtchi schon nach der Eröffnung unter Druck.
Ian Nepomniachtchi
Der Niederländer gab seine Dame für Turm und Läufer und kämpfte nun ums Remis. Zum Schluss versuchte Giri, mit Turm und zwei Bauern gegen Dame und Bauern eine Festung zu erreichen.
Hier folgte 49...Dd5 und Schwarz gewann nach einigen Zügen.
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