Ex- Weltmeister gegen Amateur oder die Chance die man nicht hat zu nutzen!
Von
Martin
Pototschnig
Fotos: chess.at
Als ich
nun endgültig sicher war am 16. April gegen den Ex- Weltmeister spielen zu
dürfen, machte sich verständlicher Weise ein wenig Nervosität breit. Knappe 1000
Elo Unterschied und die Gewissheit gegen einen der erfolgreichsten Schachspieler
aller Zeiten spielen zu dürfen stellten mich vor das Problem, wie kann man
einigermaßen unbeschadet ein solches Zusammentreffen überstehen? Die Erkenntnis,
dass alles andere als eine Niederlage eine Sensation wäre, half mir ein wenig
mich zu sammeln und zu versuchen das Beste für mich daraus zu machen.
Also wie
bereite ich mich vor? Man nehme Chessbase und suche Partien, in denen der Ex-
Weltmeister verloren hat. Ganz einfach, oder? Naja, so viele waren es nun auch
nicht und kann ich denn Karpov so überspielen wie Kasparov oder Polgar? Nein,
das würde auch nicht funktionieren. Aber ich muss etwas versuchen, also Sevilla
19…, na ich weiß nicht mehr so genau, da gabs doch einige Partien und den
Sensationssieg von Kasparov mit Grünfeldindisch.
Das ist
es, das will ich mir ansehen!
Also man
nehme Karpov- Kasparov [D87] und versucht zu verstehen, was man vorher nie
verstanden hat. Bis 14. Kxf1 hat auch ein Spieler wie ich die Chance den Herren
zu folgen.
Aber ab da
wird es schon schwierig. Auch halb so wild, einfach sich die Züge merken und
Schluss. Aber Karpov macht doch sicher nicht den Fehler gegen mich knappe 20
Jahre später nochmals? War das denn alles umsonst? Wo war denn jetzt eigentlich
der entscheidende Moment der Partie?
Oh Gott,
scheinbar in Zeitnot, ohne es genau zu wissen, greift der amtierende Weltmeister
Karpov fehl und verliert die Qualität und letztendlich die Partie. Aber Zeitnot,
das haben wir doch bei Simultan gar nicht!? Wieder alles umsonst, also suche ich
eine ähnliche Partie und finde Sie 1989 zwischen Georgiev gegen Ivanchuk. Also
wieder durchspielen, versuchen zu verstehen und merken! Ja jetzt glaube ich, ich
hätte es verstanden.
Also
nichts wie auf in die Lugner City, es wird schon gehen, zusammenreißen und
wenigstens die ersten Züge unbeschadet überstehen. Pünktlich um 13.55 Uhr
erscheint der Exweltmeister.
Jede Menge
Zuseher befinden sich in der mehrstöckigen „Lugner Arena“ und niemand geringerer
als der Hausherr selbst begrüßt den Superstar. Sogar der ORF hat sich angesagt
und interviewt eifrig den Ex- Weltmeister während sich die Teilnehmer
bereitwillig zur Schlachtbank setzen, zumindest hatte ich ein derartiges Gefühl.
14.30 Uhr,
der Jubilar Ferdinand Peitel zieht als erster mit Schwarz gegen Karpov. So
startet der Ex- Weltmeister die Simultanrunde, gegen 31 Gegner, gegen den
Uhrzeigersinn und wie nicht anders zu erwarten kommt er auch zu mir.
Sehr
anständig, wie bei allen anderen Teilnehmern schüttelt er mir die Hand und zieht
1., oh Graus, e4! Alles war umsonst gewesen, nicht der Damenbauer war es, den er
angezogen hat, sondern der vor dem König! Aus mit Sevilla, meiner Vorbereitung
und allen Träumen. Aber warte, dachte ich mir, es muss doch etwas geben, was er
genauso wenig beherrscht als ich! Nachdem wir doch Schach und nicht Tischtennis
spielten wagte ich mich an das Experiment und ich gebe zu für mich ein bereits
erforschtes, 1…d5. Ja und so spielen der Exweltmeister Anatoly Karpov und der
unbekannte Amateur Martin Pototschnig Skandinavisch!
Karpov,Anatoly - Pototschnig,Martin [B01]
Simultan Wien, 16.04.2005
1.e4 d5 2.exd5 Dxd5 3.Sc3 Da5 4.d4 Lf5 5.Sf3 c6 6.Lc4 Sf6 7.0–0 Sbd7 8.De2 e6
9.Lf4 Lb4 10.Sd1 0–0 11.Se3 Sh5 12.Lg5 Shf6 13.a3 Ld6 14.b4 Dc7 15.Sxf5 exf5
16.Dd3 Se4 17.Ld2 Sxd2 18.Dxd2 Sf6 19.c3 Tad8 20.Dc2 g6 21.Tfe1 Tfe8 22.h3 Kg7
23.Sg5 Sd5 24.Sf3 Sf6 25.Kf1 Lf4 26.a4 Se4 27.Ld3 Sg5 28.Sg1 Se6 29.a5 a6 30.Lc4
Td6? 31.Te2 Te7 32.Tae1 Lg5 33.Sf3 Lf6 34.Db3 Dc8 35.g3 h5 36.h4 Dd7 37.Kg2 Sd8
38.Txe7 Lxe7 39.Se5 Dc7 40.Lxf7 Tf6 41.Lxg6 Txg6 42.Sxg6 Kxg6 43.Dg8 1–0
Zum Nachspielen...
Die Beurteilung über die
Qualität der Partie überlasse ich jetzt allen Experten, ich kann nur eines
sagen, es hat großen Spaß gemacht, es war ein einmaliges Erlebnis für mich und
ich bedanke mich beim Veranstalter, dass ich dabei sein durfte. Es war einfach
ein großartiger Tag für den Österreichischen Schachsport!
Martin Pototschnig
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