Karpov einmal geschlagen

von ChessBase
19.04.2005 – Vergangenen Sonntag war der 12.Weltmeister der Schachgeschichte, Anatoly Karpov, zu Gast in Wien. Zunächst besuchte er die Ausstellung "Schach im Wiener Kaffeehaus" im Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseum. Danach spielte er im Einkaufszentrum Lugner City ein Simultan gegen 31 Schachfreunde. Unter anderem kam es zur Begegnung zweier Weltmeister, denn einer der Gegner war der österreichische Fernschachweltmeister Tunc Hamarat. Trotz der teils schweren Gegnerschaft erarbeitete sich der Ex-Weltmeister ein überragendes Ergebnis. Er gewann 26 mal, spielte viermal remis und musste sich ein einziges mal geschlagen geben. Einer seiner Widersacher war Martin Pototschnig, der bewegt darüber Auskunft gibt, wie man sich gegen einen Weltmeister vorbereitet und was es einem nutzt. Bericht, Fotos, Partien...

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Ex- Weltmeister gegen Amateur oder die Chance die man nicht hat zu nutzen!
Von Martin Pototschnig
Fotos: chess.at

Als ich nun endgültig sicher war am 16. April gegen den Ex- Weltmeister spielen zu dürfen, machte sich verständlicher Weise ein wenig Nervosität breit. Knappe 1000 Elo Unterschied und die Gewissheit gegen einen der erfolgreichsten Schachspieler aller Zeiten spielen zu dürfen stellten mich vor das Problem, wie kann man einigermaßen unbeschadet ein solches Zusammentreffen überstehen? Die Erkenntnis, dass alles andere als eine Niederlage eine Sensation wäre, half mir ein wenig mich zu sammeln und zu versuchen das Beste für mich daraus zu machen.

Also wie bereite ich mich vor? Man nehme Chessbase und suche Partien, in denen der Ex- Weltmeister verloren hat. Ganz einfach, oder? Naja, so viele waren es nun auch nicht und kann ich denn Karpov so überspielen wie Kasparov oder Polgar? Nein, das würde auch nicht funktionieren. Aber ich muss etwas versuchen, also Sevilla 19…, na ich weiß nicht mehr so genau, da gabs doch einige Partien und den Sensationssieg von Kasparov mit Grünfeldindisch.

Das ist es, das will ich mir ansehen!

Also man nehme Karpov- Kasparov [D87] und versucht zu verstehen, was man vorher nie verstanden hat. Bis 14. Kxf1 hat auch ein Spieler wie ich die Chance den Herren zu folgen.

Aber ab da wird es schon schwierig. Auch halb so wild, einfach sich die Züge merken und Schluss. Aber Karpov macht doch sicher nicht den Fehler gegen mich knappe 20 Jahre später nochmals? War das denn alles umsonst? Wo war denn jetzt eigentlich der entscheidende Moment der Partie?

Oh Gott, scheinbar in Zeitnot, ohne es genau zu wissen, greift der amtierende Weltmeister Karpov fehl und verliert die Qualität und letztendlich die Partie. Aber Zeitnot, das haben wir doch bei Simultan gar nicht!? Wieder alles umsonst, also suche ich eine ähnliche Partie und finde Sie 1989 zwischen Georgiev gegen Ivanchuk. Also wieder durchspielen, versuchen zu verstehen und merken! Ja jetzt glaube ich, ich hätte es verstanden.

Also nichts wie auf in die Lugner City, es wird schon gehen, zusammenreißen und wenigstens die ersten Züge unbeschadet überstehen. Pünktlich um 13.55 Uhr erscheint der Exweltmeister.

Jede Menge Zuseher befinden sich in der mehrstöckigen „Lugner Arena“ und niemand geringerer als der Hausherr selbst begrüßt den Superstar. Sogar der ORF hat sich angesagt und interviewt eifrig den Ex- Weltmeister während sich die Teilnehmer bereitwillig zur Schlachtbank setzen, zumindest hatte ich ein derartiges Gefühl.

14.30 Uhr, der Jubilar Ferdinand Peitel zieht als erster mit Schwarz gegen Karpov. So startet der Ex- Weltmeister die Simultanrunde, gegen 31 Gegner, gegen den Uhrzeigersinn und wie nicht anders zu erwarten kommt er auch zu mir.

Sehr anständig, wie bei allen anderen Teilnehmern schüttelt er mir die Hand und zieht 1., oh Graus, e4! Alles war umsonst gewesen, nicht der Damenbauer war es, den er angezogen hat, sondern der vor dem König! Aus mit Sevilla, meiner Vorbereitung und allen Träumen. Aber warte, dachte ich mir, es muss doch etwas geben, was er genauso wenig beherrscht als ich! Nachdem wir doch Schach und nicht Tischtennis spielten wagte ich mich an das Experiment und ich gebe zu für mich ein bereits erforschtes, 1…d5. Ja und so spielen der Exweltmeister Anatoly Karpov und der unbekannte Amateur Martin Pototschnig Skandinavisch!

Karpov,Anatoly - Pototschnig,Martin [B01]
Simultan Wien, 16.04.2005

1.e4 d5 2.exd5 Dxd5 3.Sc3 Da5 4.d4 Lf5 5.Sf3 c6 6.Lc4 Sf6 7.0–0 Sbd7 8.De2 e6 9.Lf4 Lb4 10.Sd1 0–0 11.Se3 Sh5 12.Lg5 Shf6 13.a3 Ld6 14.b4 Dc7 15.Sxf5 exf5 16.Dd3 Se4 17.Ld2 Sxd2 18.Dxd2 Sf6 19.c3 Tad8 20.Dc2 g6 21.Tfe1 Tfe8 22.h3 Kg7 23.Sg5 Sd5 24.Sf3 Sf6 25.Kf1 Lf4 26.a4 Se4 27.Ld3 Sg5 28.Sg1 Se6 29.a5 a6 30.Lc4 Td6? 31.Te2 Te7 32.Tae1 Lg5 33.Sf3 Lf6 34.Db3 Dc8 35.g3 h5 36.h4 Dd7 37.Kg2 Sd8 38.Txe7 Lxe7 39.Se5 Dc7 40.Lxf7 Tf6 41.Lxg6 Txg6 42.Sxg6 Kxg6 43.Dg8 1–0

Zum Nachspielen...

Die Beurteilung über die Qualität der Partie überlasse ich jetzt allen Experten, ich kann nur eines sagen, es hat großen Spaß gemacht, es war ein einmaliges Erlebnis für mich und ich bedanke mich beim Veranstalter, dass ich dabei sein durfte. Es war einfach ein großartiger Tag für den Österreichischen Schachsport!

Martin Pototschnig

 

 

Karpov gegen FS-Weltmeister Hamarat...

Karpov gegen Jugendstaatsmeister Paul Pachta...

Fotoshow bei chess.at...

 



 

 

 


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