CCM Gala: Die Partien...
Fotos: Dr. Thorsten Behl (mehr
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Die vier Veteranen bei der Pressekonferenz

Wolfgang Unzicker, 80 Jahre

Viktor Kortschnoj (74) und Exweltmeister Boris Spassky



"Benjamin" Anatoly Karpov

Gegen Karpov spielte Kortschnoj mit einer Sonnenzusatzbrille und wollte damit
offenbar an den Psychokrieg von 1978 erinnern, als er und Karpov sich mit
Parapsychologen und indischen Gurus einen Kreig auch neben dem Brett lieferten.
Artur Jussupov kommentiert in Mainz
Spasskis allerletzter Zug?
Kortschnoi und Karpow teilen Sieg in der „Unzicker Gala 80“
Hartmut Metz

Anatoli Karpow hat seinen Schach-Weltrekord in
Mainz ausgebaut: In der Rheingoldhalle feierte das Genie aus Moskau seinen 162.
Turniersieg. Der 54-Jährige kam zwar in der Rückrunde nicht über drei Remis
hinaus, 3,5:2,5 Punkte reichten aber, um in der „Unzicker Gala 80“ vorne zu
liegen. Gleichauf folgte jedoch sein Erzrivale Viktor Kortschnoi (Schweiz).
Bronze im Duell der Schach-Legenden blieb für Boris Spasski (Frankreich/3:3).
Geburtstagskind Wolfgang Unzicker, zu dessen 80. Geburtstag der Wettbewerb
ausgetragen wurde, schlug sich achtbar. Mehrmals hatte der 386fache
Nationalspieler aus München die jüngeren Großmeister am Rande einer Niederlage.
Am Schluss war er allerdings auch mit vier Remis und 2:4 Punkten zufrieden.



In seiner gewohnt
freundschaftlichen Art befand Unzicker: „Die beiden Turniersieger haben den
Erfolg voll verdient. Karpow zeigte seine gewohnt hohe Präzision und Kortschnoi
seine große Kampfkraft! Dass Spasski auch noch trotz geringer Spielpraxis
großartig kämpfen kann, bewies er in diesem Turnier. Mein Ergebnis geht in
Ordnung. Ich habe mich keinen Illusionen hingegeben in diesem auserlesenen Feld.
Die anderen waren insgesamt besser. Ich bin zufrieden, dass ich nicht völlig
abgefallen bin. Ich denke, mir gelang ein ehrenvolles Ergebnis“, fasste der
Jubilar zusammen.

Wolfgang Unzicker, im Hauptberuf Richter, war lange Zeit Deutschlands bester
Spieler und gehörte zur erweiterten Weltspitze.
Sowohl gegen Spasski wie vor
allem gegen Karpow zeigte der deutsche Altmeister Klasseleistungen, die ins
Remis mündeten. Im ersten Vergleich mit Karpow glich Unzicker ein materiell
schlechter stehendes Turmendspiel aus. Im zweiten Endspiel hatte er gegen den
Ex-Weltmeister sogar einen Mehrbauern herausgearbeitet. Lediglich der
Zweitälteste im Feld, der 74-jährige Kortschnoi, schlug Unzicker zweimal. „Die
erste Niederlage war nicht notwendig“, urteilte der pensionierte Richter. Nach
einem Bauernvorstoß nach f5 wäre Unzicker laut Kommentator Eric Lobron in
höherem Sinne auf Gewinn gestanden. Später verlor der Turniersenior den Faden,
und Kortschnoi setzte sich durch.
Der Wohlener bleibt ein
Einsatz-Wunder. Fünf seiner sechs Partien wurden entschieden! Nur das zweite
Duell gegen Karpow endete remis. Das Duell der Erzrivalen zum Auftakt der
„Unzicker Gala 80“ erregte Aufsehen. Kortschnoi tauchte in der Rheingoldhalle
mit einer zweiten Brille über seiner normalen auf! Die stark verdunkelten
Augengläser von 1978, die ihn auf den Philippinen vor den Strahlen des
sowjetischen Parapsychologen Schugar schützen sollten, hatte er in der Schweiz
vergessen. So kaufte er bei der EM in Göteborg, die direkt vor den Chess Classic
stattfanden, ein ähnliches Modell.

Allerdings nutzte die psychologische Kriegsführung auch diesmal nichts im
direkten Zweikampf. Der unerschütterliche Kortschnoi wetzte dafür die Scharte
gegen die anderen aus. Abschließend lobte er die Jubiläumsveranstaltung in
höchsten Tönen. „Was für eine Organisation, was für ein Turnier, das
Aufmerksamkeit erregt und eine Werbung fürs Schach ist“, befand der 74-Jährige
und hält die Chess Classic Mainz für „viel wertvoller als die
Europameisterschaft in Göteborg“, von der er direkt eingeschwebt war. Kürzer
fasste sich Karpow, dem die „vielen aufregenden Partien“ gefielen. Besonders
erwähnte der Moskauer natürlich den Jubilar: „Wolfgang spielte sehr gut.“ Und
selbst für Kortschnoi fand Karpow ein paar warme Worte! „Viktor zeigte wie immer
Kampfgeist.“
Für einen Paukenschlag sorgte
Spasski. Der Gute-Laune-Onkel des Turniers hatte damit kokettiert, dass er „zum
ersten Mal seit zwei Jahren wieder Schach gespielt hat“. Damit meinte er aber
wohl Turniere, denn in Frankreich hat er für seinen Klub NAO Paris ein paar
Partien im französischen Pokal bestritten. Spasski hatte beim ersten Anruf
Unzickers geglaubt, bei der Gala handele es sich um eine Feier. Erst später
wurde ihm klar, dass es um ein Turnier ging. Wegen der freundschaftlichen
Beziehung zu Wolfgang Unzicker nahm der Ex-Weltmeister daran dann aber auch
teil. Die Rückkehr ans Turnierbrett machte dem 68-Jährigen durchaus Spaß. „Ich
zeigte ein gutes Turnier und war mit den drei Punkten zufrieden.

Boris Spassky, Weltmeister 1969.1972, der sich bald nach der Niederlage gegen
Fischer vom ernsten Turnierschach zurück zog.
Es war nett von Viktor, dass er
gegen mich verlor“, äußerte Spasski mit ernster Miene, ohne darauf einzugehen,
dass er die Partie exzellent gespielt hatte. Außer vier Remis gegen Unzicker und
Karpow gewann er damit eine gegen Kortschnoi und unterlag ihm in der Vorrunde.
Es sei „nicht normal, wie in diesem Turnier gekämpft wurde. Ich bewundere dafür
auch Wolfgang, der mit seinen 80 Jahren so kämpfen kann“, erklärte der
inzwischen für seine Friedfertigkeit am Brett bekannte Spasski und ergänzte, „es
ist normal, dass die zwei Krokodile, die aktiven Großmeister Karpow und
Kortschnoi, vorne liegen.“ Anschließend kündigte er an: „Das Turnier hier in
Mainz war mein letztes!“ Auf die Frage, ob er sich nicht vorstellen könne, bei
der „Unzicker Gala 90“ dabei zu sein, bemerkte er: „Noch lieber spiele ich aber
bei der Unzicker Gala 100 mit!“ Die Rücktrittsankündigung kommentierte
Kortschnoi lautstark in Richtung Spasski, der neben ihm saß, und sicher nie mit
Schach aufhören kann, grinsend: „Armer Kerl!“
