ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024
ChessBase ist die persönliche Schach-Datenbank, die weltweit zum Standard geworden ist. Und zwar für alle, die Spaß am Schach haben und auch in Zukunft erfolgreich mitspielen wollen. Das gilt für den Weltmeister ebenso wie für den Vereinsspieler oder den Schachfreund von nebenan
Von Philipp Hillebrand
Wenn ein starker Spieler und renommierter Theoretiker, welcher für die besten der Welt arbeitet und dazu selbst schon einmal Weltmeister gewesen ist, dann sollte man seinen Ausführungen Gehör schenken!
Die Benoni Verteidigung ist eine sehr kompromisslose Eröffnung und ist für den angriffslustigen Spieler bestens geeignet um mit den schwarzen Steinen aktiv auf Vorteil zu spielen. Der Haken dabei ist der strukturelle Schaden in Form eines anfälligen Zentralbauern. Daher rührt wohl auch der Name der Eröffnung, welche übersetzt so viel Bedeutet wie „Sohn der Trauer“. Folglich geht es in der Regel darum, dass der Nachziehende seine Trümpfe in Form aktiver Figuren und Hebel so kräftig und schnell wie möglich ins die Waagschale wirft. Auch Opfer in Form von Bauern, Qualitäten und Figuren dürfen dabei nicht abschrecken. Das Ganze klingt wie gemacht für angriffsfreudige Spieler und es ist ein Fakt, dass Sowohl Mikhail Tal als auch der junge Garry Kasparov dieser Eröffnung schöne Siege zu verdanken haben. Als Appetizer startet diese DVD mit vier klassischen Partien, u.a. von Tal und Fischer als Nachziehende. Die Partien werden kernig präsentiert und man bekommt einen ersten Eindruck, welches Gefühl und Gespür wichtig sind für diese kompromisslose Eröffnung.
Der usbekische Großmeister betrachtet auf seiner DVD allerdings nur jene Systeme, die nach 1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sf3 c5 entstehen.
Warum nur so? Das hängt damit zusammen, dass das vorgestellte Repertoire als ergänzende Waffe zum Nimzo Inder 1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sc3 Lb4 gedacht ist.
Sprich Systeme mit einem frühen f2-f4 oder Aufbauten á la Sämisch mit frühem f2-f3 vor der Entwicklung des Königsspringers werden auf dieser DVD nicht behandelt. Dafür aber gräbt der Autor zum Teil recht tief in den einzelnen Varianten, um die Stärken des Systems zu demonstrieren, daher der Titel.
Das Inhaltsverzeichnis schaut wie folgt aus:
Den Einstieg in die zum Teil sehr komplexen Abspiele wählt Kasimdzanov mit der wohl kritischsten Variante 1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sf3 c5 4.d5 d6 (!) 5.Sc3 cxd5 6.cxd5 g6 7.h3 (!) Lg7 8.e4 0-0 9.Ld3.
Diesem Abspiel vertrauen viele starke GMs als Anziehender und Lubumir Ftacnik hat dazu eine ansprechende 60 Minuten Reihe präsentiert. Die Absicht des Anziehenden ist es den Lc8 aus dem Spiel zu nehmen und seine dynamischen Vorteile um den Zug e4-e5 zu nutzen. Ferner neigt der Bauer d6 zur Schwäche, welcher mit Lf4, Sb5 und Sf3-d2-c4 schnell anvisiert werden kann. Das erklärt, warum er Nachziehende schnell und aktiv vorgehen muss. Der strategische Pluspunkt auf Seiten des Nachziehenden ist die Tatsache, dass der weiße Monarch noch in der Mitte ist, aber auf dem Sprung zur Rochade ist. Folglich setzt der Nachziehende mit 9…b7-b5 fort. Dieses Vorgehen ist aus einer anderen beliebten Eröffnung bekannt, dem Sizilianer. Ein schwarzer b-Bauer soll den Sc3 verjagen, damit der Punkt e4 erobert werden kann.
Dieses Abspiel gilt es also wirklich gut zu kennen und bedarf neben guten Rechenfertigkeiten auch ein gutes Gedächtnis, damit man nicht chancenlos untergeht als Nachziehender. Leider gibt es auch einen praktischen Nachteil mit diesem Abspiel. Am Ende muss man es akzeptieren, dass man den geopferten Bauern zwar nach vielen exakten Zügen zurückerobert, aber das Ganze auch recht remis trächtig ist. Der Autor meint aber, dass viele Anziehende nicht zu diesem Abspiel greifen, wenn sie gewinnen wollen, gerade wegen der Remistendenz, es ist aber unerlässlich dies zu wissen:
Diese Stellung ist schon oft diskutiert worden, und der Nachziehende kann sie nicht sinnvoll vermeiden, wenn er mit 9…b5 startet. Sie demonstriert aber sehr gut eine der vielen Konzepte der schwarzen Strategie, aktive Figuren dank offener Linien und Diagonalen. Insbesondere der Bauer b2 ist nicht einfach zu halten, wenn man den Lc1 entwickeln möchte. Deshalb ist auch der schwarze c-Bauer ein Gegenwert, denn wenn der Bauer b2 fällt, wird er zu einem Freibauern. Der weiße Bauer d5 kann mit …Ld4 und …Rd8 in der Regel problemlos erobert werden.
Die Alternative um 10.Sxb5 wird auch sehr tief und eingehend diskutiert. Eine der Hauptabspiele hierbei beinhaltet das folgende Diagramm:
Dies schaut heikel aus für den Nachziehenden und es erfordert erneut präzises Kalkulieren und Vertrauen in die Gegenspielchancen. Der Autor zeigt aber verlässliche Wege zu gut spielbaren Stellungen.
In etwa 70 Minuten wird auf 6 Videos verteilt ein sehr ehrgeiziges Vorgehen vorgestellt. Die Fülle des Analysematerials ist sehr hoch und nicht selten klickt Kasimdzhanov sich durch die Varianten zur kritischen Stellung und erläutert, dass diese als wichtig zu verstehen sind und mit vielen Rechneranalysen gestützt bzw. abgesegnet sind.
Der übliche Umgruppierungszug 7.Sd2 nach 1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sf3 c5 4.d5 d6 5.Sc3 cxd5 6.cxd5 g6 ist auch sehr beliebt und wird deshalb auch mit 8 Clips untersucht. Dieser Rösselsprung ist sehr elastisch, denn zum einen stützt er den Bauern e4 unmittelbar, ermöglicht den stabilisierenden Zug f2-f3 und auf c4 steht er glänzend um d6 zu attackieren oder um mit a2-a4-a5 bei Bedarf auf b6 ein Nest zu finden. Erneut gilt es für den Nachziehenden die Zügel nicht schleifen zu lassen!
Der Anziehende kann entweder schnell versuchen mittels Lf4 den schwarzen Bauern d6 zu belagern und dabei den König in der Mitte lassen oder andererseits mit e2-e4 nebst Le2 schnell die Rochade anstreben.
Es folgt ein Diagramm zum ersten Szenario:
Wieder ein Bild, das den nachziehenden nicht erschrecken darf: Minusbauer, kein Lg7 mehr, ein Randspringer…, aber mit …La6 und …Re8 wird der Druck in der e-Linie sehr hoch werden. Auch hier erläutert der ehemalige Weltmeister sehr gut, wie es zu dieser Stellung kommt und was es zu beachten gilt.
Ebenfalls nicht von Pappe ist die folgende Stellung:
Wie oben erwähnt, darf man im Bestreben um die Initiative nicht einmal vor Figurenopfern zurückschrecken. Aber mit mobilen Bauern, aktiven Figuren und Aussichten auf Königsangriff ist der Spaßfaktor sicherlich beim Nachziehenden.
Besondere Aufmerksamkeit sollte diesem Kapitel gewidmet werden, denn eine der stärksten 1.d4- Repertoireempfehlungen stammt aus der Feder von dem israelischen GM Boris Avrukh. Wo immer es geht strebt er das Fianchetto an um mit Hilfe der Zentrumskontrolle und der relativ höheren Königssicherheit seine langfristigen Vorteile um den Raumvorteil auszubauen. Eine praktische Frage lautet dabei auch, wie man gedenkt sich gegen Katalanisch aufzubauen via 1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.g3, wie es Avrukh propagiert.
Solide Ausgleichskonzepte starten mit 3…d5 aber nicht selten gilt es einen lästigen Druck gegen den schwarzen Bauern b7 zu ertragen. Nicht so nach 3…c5 (!). Mit Hilfe von Zugumstellungen gelangt man dann auch zu der Variante, welche nach 1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sf3 c5 4.d5 d6 5.Sc3 cxd5 6.cxd5 g6 7.g3 entsteht. Ein relativ oft zu sehendes Bild schaut wie folgt aus:
Der Anziehende hat mit zuletzt 14.Sa3 den Abtausch vermieden und dadurch stehen sich die schwarzen Figuren etwas im Wege, das Feld d7 kann nicht gleichzeitig für den Se5 und den Lc8 zur Verfügung stehen, es riecht also wieder nach Opfern J, auch oder gerade in der soliden g3 Variante!
Ein wichtiges strategisches Element zeigt das folgende Diagramm:
Wie soll man den restlichen schwarzen Damenflügel entwickeln aufgrund der Anfälligkeit des Bauern d6? Okay, die Dame kann nach b6 ziehen und das ermöglicht dann doch …Sbd7. Das erlaubt aber die Jagd auf den Lg4, welcher dann kein Rückzugsfeld mehr besitzt. Die konkrete Lösung lautet also 14…Lc8!!. Damit entwickelt sich der Läufer zwar zurück, aber er kann auch nicht mehr verloren gehen. Mittels …Qb6, …Sbd7 und wenn gestattet …Ng4-e5 nebst …c5-c4 kann plötzlich auf d3 ein Kraken installiert werden, sofern der Anziehende zu e2-e4 gegriffen hat.
Diese schnelle Entwicklung des Damenläufers hat eine ganz bestimmte Absicht. Es soll anstatt des üblichen e2-e4 lediglich der Zug e2-e3 gespielt werden, was dem Nachziehenden viele seiner aktiven Ideen beraubt, wenn es keinen Druck in der e-Linie gegen den Bauern auf e2 oder e4 gibt. Darüber hinaus wird es schwer eine Leichtfigur nach d7 zu stellen, ohne den Bauern d6 in Stich zu lassen. Die Zeit, welche der Anziehende braucht um diesen zu pflücken muss genutzt werden um den Ke1 zu behelligen.
Für den Preis des geopferten Bauern musste der Anziehende seine Rochade zurückstellen und wieder lautet das Thema Aktivität gegen Material.
Selbstverständlich verschweigt der Autor nicht das Material, welches oft als harmlos abgestuft wird. Denn vielen Weißspielern ist natürlich auch die Komplexität dieser Eröffnung bewusst und sie wollen nicht auf dem Terrain des Gegners agieren und sich frühzeitig angreifen lassen. Im Vergleich zu Kapitel 1 kann auch folgende Sequenz gespielt werden. 1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sf3 c5 4.d5 d6 5.Sc3 cxd5 6.cxd5 7.h3 g6 8.e4 0-0 und nun 9.Le3 (um die taktischen Schläge entlang der e-Linie zu dämpfen) 9…Te8 10.Ld3, allein es knallt dennoch auf e4 10…Sxe4 11.Sxe4 c4 12.Lc2 f5:
Und wieder geht es lebhaft zu.
Aus praktischer Sicht benötigt man auch eine Strategie, wie man als Nachziehende agiert, wenn der Anziehende das Schlagen auf d4 zulässt, wonach keine Benoni artige Stellung entsteht. In seiner DVD zum Nimzo Inder empfiehlt Kasimdzhanov gegen 4.g3 die Rochade nebst …d5, ein völlig legitimes Konzept, was uns jedoch einen Kniff um Zugumstellungen beraubt. Viele Spieler, welche Nimzo Indisch im Repertoire haben spielen nach 1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sc3 Lb4 4.g3 c5 und nach 5.Sf3 cxd4 6.Sxd4 hat man die Wahl zwischen 6…0-0 und 6…Se4. Diese hat man nach den Zügen 1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sf3 c5 4.Sc3 cxd4 5.Sxd4 Lb4 6.g3 jetzt ebenfalls. Nun muss man sich entscheiden, ob man zwei unterschiedliche Varianten für Ben Oni und Nimzo Indisch spielen möchte oder um den eigenen Aufwand etwas zu verringern nur zu einer Option, z.B. 6…Se4 greifen möchte, was ja nicht die Empfehlung auf der Nimzo DVD ist (klingt alles ein wenig kompliziert, aber das sind Zugumstellungen ja stets). Wie dem auch sei, in der Hauptvariante dieser DVD kommt es zu folgender Stellung:
Wer die Kombination aus Nimzo Indisch und Ben Oni spielt muss natürlich bereit sein, den Königsläufer herzugeben, um sich andere Vorteile zu verschaffen. So auch hier. Der usbekische GM geht hier nicht wirklich ins Detail, aber er gibt Hinweise zu den möglichen Zugumstellungen, z.B. zum Panov System oder Semi Tarrasch.
Die Kapitel Übungen bzw. Aufgaben, Repertoire Training und Übungsstellungen sind mittlerweile zum guten Standard der neuesten Eröffnungswerke geworden und können mit Hilfe der Applikationen unterschiedlich genutzt werden. Dies geht über pures Varianten-Pauken, Stellungen gegen eine Engine weiterspielen, Vorspielen lassen der Repertoirezüge u.ä.
Das Bonuskapitel ist wieder eine Sammlung der schnellen und bequemen Navigation zu den Musterpartien, den Hauptvarianten des vorgeschlagenen Repertoires und den tief ausgetüftelten Analysen. Ein Blick in die Datenbank mit den Musterpartien zeigt das Folgende:
Es greifen sehr starke Spieler zur Benoni Verteidigung wie man sehen kann und ebenfalls starke GMs kommentieren diese Meisterwerke. Nicht verpassen sollte man das Feuerwerk zwischen Viktor Kortschnoj und Garry Kasparov aus dem Jahre 1982.
Einige weitere Appetithappen:
Wer mit dieser DVD arbeiten möchte, der benötigt zwar eine Art Machete um das Dickicht des tiefen Variantengestrüpps Herr zu werden, aber diese ist dann auch scharf genug um den Anziehenden das Fürchten zu lehren. Man muss zwar an einigen Stellen mit der Pausetaste arbeiten um die schnell wirbelnden Figuren verfolgen zu können, welche GM Kasimdzanov dirigiert, aber dies ist nicht fehlender didaktischen Qualitäten, sondern der unglaublich konkreten Natur vieler Abspiele geschuldet. Der Autor schafft es stets dank der verbalen Erläuterungen klar zustellen, worauf es in einem Abspiel ankommt. Das von ihm gesprochene Englisch ist gut verständlich und nachvollziehbar mit üblichen Schulenglischkenntnissen. Mir gefällt besonders, dass er mit dem Kapitel um h3 nebst Ld3 angefangen hat und sich dann um die weniger kritischen Varianten bemüht denn wenn einem diese Stellungen nicht gefallen, dann ist Benoni vermutlich nicht die richtige Waffe neben Nimzo Indisch. Wer es diesbezüglich ruhiger haben möchte, der kann gut zum Abgelehnten Damengambit greifen, aber die ganzen Punkte holt man eher mit der kompromisslosen Ben Oni Verteidigung. Man darf nicht vor materiellen Opfern zurückschrecken und nicht selten ist der Lohn dann eine flotte Königsjagd.
Gerade aufgrund der tiefen und konkreten Varianten empfehle ich eine uneingeschränkte Kaufempfehlung für angriffsfreudige Spieler!
The Benoni is back in business
On top level the Benoni is a rare guest but with this DVD Rustam Kasimdzhanov will turn the tables. New ways and approaches in most lines and countless improvements of official theory will show you how to play this opening at any level with success.
A lifetime repertoire: Play the Nimzo Indian
Diese DVD bietet Ihnen alles, was Sie wissen müssen, um eine der zuverlässigsten und populärsten Eröffnungen mit Schwarz zu spielen: den Nimzo-Inder (1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sc3 Lb4).