Andrew Martin: Queen´s
Pawn Openings
Rezension von FM Matthias Krallmann
Wer sich schon immer über die
elende Remisklammerei nach 1.d4 2.Sf3 und 3.Lg5 oder 3.Lf4 gefolgt von dem
„Doppelstopper“ e3 und c3 geärgert hat, findet in Andrew Martin einen
kenntnisreichen Verbündeten. Genauso wie man im internationalen Fußball nicht
mehr mit zwei Vorstoppern antritt, um einen gefährlichen Mittelstürmer in
Manndeckung zu nehmen, so sind auch im internationalen Spitzenschach diese
Aufbauten tabu. Tony Miles war einer der wenigen ganz großen Spieler, die ihre
Gegner regelmäßig mit dem Damenbauernspiel ärgerten. Anand wandte es als
Überraschungswaffe im Match um die Fide-Weltmeisterschaft gegen Karpow in der
6.Partie in Lausanne 1998 an und gewann. Letztlich sind das im Spitzenschach
Ausnahmen geblieben. Doch auf Vereinsniveau wird relativ häufig so gespielt,
manche behaupten vorwiegend von älteren Spielern. Vielleicht hat der Aufbau
auch daher seinen Spitznamen „der Rentner“ erhalten.
Andrew Martin gibt auf seiner DVD
Tipps wie man aggressiv gegen diese Eröffnungen vorgehen kann. Dabei empfiehlt
er oftmals etwas ausgefallene Varianten, mit denen man den Weißspieler
vielleicht aus dem Konzept bringen kann. Allerdings sind nicht all seine
Vorschläge hundertprozentig solide und er ist sich dessen auch bewusst. Martin
möchte ein Repertoire vorstellen, mit dem man als Schwarzer auf Gewinn spielen
kann.
Ein Beispiel: Nach 1.d4 d5 2.Lg5 empfiehlt er Sf6, um den Weißen zu dem
zweischneidigen Zug 3.Lxf6 zu verleiten. Nach 3.(...) exf6 ist Weiß im Besitz
einer besseren Bauernstruktur und Schwarz im Besitz des Läuferpaares, was einen langanhaltenden Kampf verspricht. Die solidere Fortsetzung ist auf 2.Lg5 das
staubtrockene 2. (...) c6 nebst Db6, Lf5, e6, nach der die Stellung völlig
ausgeglichen, allerdings auch recht langweilig ist.
Martin gibt auch interessante
Varianten auf andere seltene Eröffnungen an, z.B auf das Colle-System
(„Doppelstopper“ mit eingesperrtem schwarzfeldrigen Läufer, das Colle-Zuckertort-System
( Damenbauernspiel mit b3, Lb2), auf den „Stonewall in Anzug“ (1.d4 d5 2.f4)
und die Blackmar-Diemer-Variante (1.d4 d5 2.e4?!). Meiner Meinung nach
übertreibt er allerdings, wenn er auch Eröffnungen wie 1.d4 Sf6 2.g4?! oder das
Prie-System 1.d4 d5 2.a3 bespricht. Das ist Eröffnungstheorie, die die Welt
nicht braucht. Das Leben ist einfach zu kurz um sich mit so etwas ernsthaft zu
beschäftigen.
Fazit: Andrew Martin präsentiert
viele neue Ideen, die größtenteils auf topaktuellen Partien basieren. Er
erklärt diese Ideen auch sehr gut. Allerdings langweilt sein Hang zur
Vollständigkeit manchmal. Beispielsweise zeigt er in Madi-Adly ein
Schwerfigurenendspiel mit drei! Mehrbauern bis zum bitteren Ende. Aber Gott
sei Dank sind DVDs etwas anderes als Fernsehen. Man kann ja schließlich einfach
abbrechen und sich ein anderes Kapitel ansehen.
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