Kein Schach bei den Olympischen Spielen

von André Schulz
28.02.2019 – Die Ausrichter der Olympischen Spiele dürfen Vorschläge für die Aufnahme neuer Sportarten machen. Die FIDE hat sich mit Schach für die Vorschlagsliste beworben, aber das Schachspiel wurde erneut nicht berücksichtigt.

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Bei der Planung der Olympischen Spiele machen die Ausrichter Vorschläge für neue Sportarten. Nach dem Willen des Internationalen Olympischen Komitees sollen die Spiele jünger, urbaner und in Bezug auf die Geschlechter ausgewogener werden.

Der Weltschachbund müht sich schon seit vielen Jahren um die Aufnahme in den erlesenen Kreis der Olympischen Sportarten. Der Hintergrund ist vor allem finanzieller Natur. Olympische Sportarten erhalten um eine Vielfaches mehr an Unterstützung als nichtolympische Sportarten. Das kann man nicht zuletzt auch in Deutschland bei der Verteilung der Mittel für die im Deutschen Olympischen Sportbund organisierten Sportarten verfolgen. Der Sport wird finanziell mit Mitteln des Innenministeriums unterstützt und während früher einmal Sport als Mittel zur Erhaltung der körperlichen Leistungsfähigkeit und damit zur Gesundheitsförderung angesehen wurde, der Breitensport also eine wichtige Rolle spielte, richtet sich die Förderung heute vor allem danach, ob die Sportart olympisch ist und ob die Sportler aus den jeweiligen Sportarten bei Großveranstaltungen wie Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen am Ende Medaillen hochhalten - am besten in Fernsehkameras. Das Verhältnis der finanziellen Fördermitteln zwischen olympischen und nichtolympischen Sportarten beträgt ungefähr 10:1. Dies ist in anderen Ländern ähnlich oder sogar noch extremer. 

Um vielleicht einmal die olympischen Weihen zu empfangen, haben die FIDE und die Schachspieler viele Kröten geschluckt. So werden bei allen offiziellen nationalen und internationalen Meisterschaften Dopingproben durchgeführt, obwohl kein Mensch weiß, auf welche Weise man beim Schach dopen könnte. Und sämtliche gelisteten und bekannten Dopingmittel sind im Schach völlig wirkungslos. Trotzdem würde ein Schachspieler gesperrt, würde eines der Mittel bei ihm nachgewiesen, sei es auch nur nicht angemeldeter Hustensaft. Robert Hübner, der eine sehr empfindliche Antenne für Unfug hat, hat deshalb nach der Einführung der Dopingtests im Schach bei internationalen Wettbewerben damals schon gleich seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft erklärt. 

Der Weltschachbund wurde einige Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkrieges im Geiste der wieder um sich greifenden Völkerverständigung am Rande der Olympischen Spiele 1924 in Paris gegründet. Deswegen heißt der Weltschachbund auch französisch Fédération Internationale des Échecs. 2024 jährt sich die Gründung zum 100sten Mal. Die FIDE feiert ihr Jubiläum und hätte es gerne im Rahmen der Olympischen Spiele getan. Doch daraus wird nichts.

Die Bewerbung des Schachs wurde schlichtweg nicht berücksichtigt. Das könnte auch daran liegen, dass der sportliche Charakter des Schachspiels nicht durchgängig anerkannt wird. Vor wenigen Jahren drohte das Schach sogar in Deutschland aus dem Raster zu fallen, obwohl Schachs seinerzeit Gründungsmitglied des Deutschen Sportbundes war.  Und: Man muss zugeben, dass Schach kein Zuschauersport in dem Sinne ist, dass zu den Schachveranstaltungen große Tribünen gefüllt werden könnten. es gibt viele Zuschuer beim Schach, aber man sieht sie nicht. Und das ist nicht das, was das IOC will.

Statt des Schachs wurden für die Olympischen Spiele 2024 andere Sportarten vorgeschlagen, die dem Zeitgeist mehr entsprechen, zum Beispiel Breakdance. Vier Jahre vorher, in Tokyo 2020, kann man schon neue Wettbewerbe im Sportklettern, Skateboard, Karaten, Baseball/Softball und Surfen verfolgen.

Wenn man ehrlich ist, kann sich die FIDE den Traum vom Schach bei Olympischen Spielen eigentlich abschminken. Dann könnte man konsequenterweise eigentlich auch auf die Dopingtest verzichten.

 

Meldung bei der FIDE...

Artikel über neue Sportarten bei Spiegel-online...

Paris 2024 Offizielle Seite...

 


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.

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