KI identifiziert Schachspieler anhand ihres Spielstils

von André Schulz
17.03.2022 – Eine Forschergruppe in Toronto hat einen Algorithmus entwickelt, der in der Lage sein soll, menschliche Schachspieler allein anhand ihrer Partien zu identifizieren und die Partien richtig zuzuordnen. Die Idee dahinter ist, dass intelligente Schach-Lehrprogramme besser auf die Bedürfnisse der Schüler eingestellt werden können. | Foto: Pixabay

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KI macht in den letzten Jahren rasante Fortschritte. KI erkennt Personen mit Hilfe von Videoaufnahmen oder identifiziert sie anhand ihrer Stimmen oder ihrer Handschriften. Im Schach haben die Schachengines die Menschen in ihren Fähigkeiten nicht nur überholt, sondern bringen sich das Spiel sogar unabhängig von menschlichen Programmierern selber bei, so wie AlphaZero. Nun dienen die Schachprogramme vor allem als Schachlehrer für die Menschen.

Ashton Anderson ist Informatiker und Leiter eines Projektes an der Universität von Toronto. Er glaubt, dass Schach-KI ein besserer Lehrer sein könnte, wenn es den individuellen menschlichen Spielstil bessere verstehen und sich dann mit angepassten Ratschlägen an die Bedürfnisse des menschlichen Schülers anpassen würde.

Als Voraussetzung müsste KI dann aber zuerst den Stil des Schülers analysieren und zuordnen. Ashton Anderson entwickelten deshalb einen Algorithmus, der dazu in der Lage sein soll. Die Basis für das Training des Algorithmus entnahmen sie der Datenbank der auf Lichess online gespielten Partien, mit 50 Millionen Partien, zumeist Blitz- und Bullettpartien. Die Forscher konzentrierten sich dabei auf Spieler, von denen mindestens 1000 Partien gespeichert waren. Aus diesen Partien nahmen sie Sequenzen von bis zu 32 Zügen auf. Sie kodierten jeden Zug und speisten sie in ein neuronales Netzwerk ein, das jede Partie als Punkt im mehrdimensionalen Raum darstellte, so dass die Partien jedes Spielers eine Ansammlung von Punkten bildeten. Das Netzwerk wurde so trainiert, dass es die Dichte des Clusters jedes Spielers und den Abstand zwischen den Clustern der verschiedenen Spieler maximierte. Dazu musste das System erkennen, was den Stil eines jeden Spielers auszeichnete.

Danach wurde das Ergebnis von den Forschern getestet, indem sie prüften, wie gut  es einen Spieler von einem anderen unterscheiden konnte. Sie übergaben dem Algorithmus je 100 Partien von 3000 bekannten Spielern und 100 neue Partien von einem unbekannten Spieler, wobei die ersten 15 Züge nicht eingespeist wurden, um die Aufgabe noch zu erschweren. Die KI suchte nun nach Übereinstimmungen mit dem bekannten Datenmaterial und identifizierte in mehreren Testläufen in 86% der Fälle die ihm unbekannten Spieler. Das Ergebnis gaben Ashton Anderson und sein Team auf der "Conference on Neural Information Processing Systems" (NeurIPS) bekannt. Das Forscherteam war von der hohen Trefferquote seines Algotithmus selber überrascht. Ähnliche Versuche ohne KI-Unterstützung waren nur zu 28% erfolgreich.

Im Ergebnis könnten Schachbots nun den Spielstil bestimmter Spieler nachahmen, zum Beispiel den des Weltmeisters Magnus Carlsen, glaubt Noam Brown, der als Wissenschaftler für die Facebook-Mutterfirma Meta arbeitet. 

Kritiker sehen indes große Gefahren für die Privatsphäre der Menschen. Die Organisatoren der NeurIPS fanden die Studie technisch interessant, aber in ethisch Hinsicht bedenklich. bedenklich. Das Forscherteam um Anderson beschloss deshalb, den Code vorerst nicht zu veröffentlichen.

Ein Artikel zu diesem Projekt erschien bei Science. 

Artikel bei Science...


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.

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