09.06.2021 – Klaus Bischoff feiert heute seinen 60sten Geburtstag. 1980 hatte er einen sensationellen Einstieg in seine internationale Schachlaufbahn mit dem 3. Platz bei der Jugendweltmeisterschaft hinter Kasparov und Short. Kurz danach debütierte er in der Bundesliga und ist jetzt mit fast 500 Partien Rekordspieler. Die meisten kennen Klaus Bischoff heute jedoch als fachkundigen Schachkommentator. | Foto: Bernd Vökler
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Klaus Bischoff ist heute sicher einer der bekanntesten "Zugerklärer" im deutschen Schach, mit einer riesigen Fangemeinde. Das klassische Schach, nicht das Online-Schach, gilt gemeinhin als hervorragendes Mittel zu "digitalen Entschleunigung", auch wenn es in den pandemischen Monaten nur wenig Gelegenheit gab, diese Praxis zu üben. Wenn es möglich ist, und inzwischen erwacht das Schach am Brett ja wieder, dann ist der Frankfurter Großmeister immer der richtige Mann, das Geschehen auf den Turnierbrettern mit dem angemessenen Tempo erklärend zu begleiten. Ohne Hektik, aber mit viel Sachkenntnis.
Heute vor 60 Jahren kam Klaus Bischoff in Ulm zur Welt. Schach lernte er im Alter von elf Jahren. 1975 gewann er schon die Deutsche Schülermeisterschaft. Als 16-Jähriger nahm Klaus Bischoff bei den inzwischen schon berühmten Deutschen Jugendeinzelmeisterschaften U20 in Wallrabenstein teil. Zusammen mit anderen künftigen Großmeistern, Stefan Kindermann und Ralf Lau, landete er im Mittelfeld.
1980 wurde die Jugendweltmeisterschaft U20 in Dortmund organisiert. Der künftige Weltmeister Garry Kasparov gewann dort überlegen mit 10,5 aus 13 vor Nigel Short (9/13). Klaus Bischoff belegte zusammen mit Ivan Morovich und Adrian Negulescu mit 8,5 Punkten den geteilten dritten Platz. Im damaligen Feld findet man noch viele weitere Namen, die im Schach auf die eine oder andere Weise noch eine Rolle spielen sollten.
Klaus Bischoff spielt in dieser Zeit einige weitere Jugendturniere und debütiert 1981/82 in der Bundesliga, seit der Saison 80/81 nun eingleisig, für Bayern München und wurde mit der Mannschaft Dritter hinter der SG Porz und Königsspringer Frankfurt. Bischoff feierte acht Siege, spielte sechs Partien remis und blieb ohne Niederlage. Eine beachtliche Bilanz für einen Debütanten! 1983 wurde Bayern München dann erstmals Deutscher Mannschaftsmeister. Bis 1995 folgen acht weitere Titel. 1992 gewann Bayern München auch den Europacup. Zwischen 1985 und 2015 trug Bayern München zudem 13 Mal bei Mannschaftsblitzmeisterschaften den Titel davon, zumeist mit Klaus Bischoff.
Das Blitzspiel ist ohnehin Klaus Bischoffs besondere Domäne, 1981 gewann er erstmals den Titel bei der Deutschen Blitzeinzelmeisterschaft, 2012 seinen bisher letzten, alles in allem gewann er diesen Meistertitel 13 Mal und ist damit Rekordmeister in dieser Disziplin. Hinzu kommen drei Meistertitel im Schnellschach, 2003, 2004 und 2005. In den Jahren 2013 und 2015 wurde Klaus Bischoff dann endlich auch noch Deutscher Meister im klassischen Schach.
2004 gewann er auch die erstmals ausgetragene Deutsche Online Blitzmeisterschaft.
Bei der Deutschen Meisterschaft 2013 | Foto: Axel Fritz
1982 gab Klaus Bischoff beim Mitropa Cup sein Debüt in der Nationalmannschaft. 1986 spielte er, damals noch IM, bei seiner ersten Schacholympiade, in Dubai. Er nahm, inzwischen zum Großmeister ernannt, auch an den Schacholympiaden 1988 und 1990 teil und gehörte nach einer zehnjährigen Pause zum deutschen Team bei der Schacholympiade 2000 in Istanbul, wo die deutsche Mannschaft sensationell mit der Silbermedaille einen ihrer größten Erfolge feierte. Klaus Bischoff steuerte am Reservebrett 4,5 Punkte aus sieben Partien bei. 2002 und 2004 folgten noch zwei weitere Berufungen zu den Schacholympiaden in Bled und Calvia.
Als mit dem Tod des Mannschaftsführers Heinrich Jellissen 1995 die Meistermannschaft von Bayern München auseinander fiel, wechselt Klaus Bischoff zu Aljechin Solingen und gewann 1997 noch einmal den Titel eines Mannschaftsmeisters.
Von 1999 bis 2003 spielte Klaus Bischoff bei König Plauen, von 2003 bis 2006 und 2007/08 beim TV Tegernsee. 2006/07 punktete er eine Saison lang für Bindlach Aktionär. Von 2009 bis 2013 war er bei Essen-Katernberg engagiert.
Seit 20014/15 steht Klaus Bischoff wieder in Diensten von Bayern München. Alles in allem kann der Klaus Bischoff also auf 40 Jahre Bundesliga-Schach zurückblicken und ist mit 478 Bundesliga-Partien (laut Mega 2021) der Rekord-Bundesligaspieler.
Interview mit Georgios Souleidis
Neben der Deutschen Bundesliga war und ist Klaus Bischoff seit 1993 in der Österreichischen Staatsliga/ Bundesliga aktiv und spielte für SC Inter Salzburg, SC Die Klagenfurter, für Holz Dohr und seit 2011 beim SK Sparkasse Jenbach, mit dem er 2013 Mannschaftsmeister wurde. 1995/96 trat Klaus Bischoff auch für das Team des British Chess Magazine in der britischen Four Nations League an, 1998/99 für Home House. 2006 spielte er für Echiquier Nanceien in der französischen Top 16.
Natürlich nahm Klaus Bischoff, wenn sich die Gelegenheit ergab, auch an einigen internationalen Turnieren teil.
Nach einer Glanzpartie befragt, antwortete Klaus Bischoff in seiner bescheidenen Art, dass er eigentlich nur beim Wegnehmen von gegnerischen Steinen "geglänzt" hätte. Einmal, bei der Deutschen Meisterschaft 2000 in Bremen, hätte sich in einer der Runden kein anderer Spieler aufgedrängt und so hätte man ihm notgedrungen den Schönheitspreis der Runde zuerkannt, da er seinem Gegner auf "glänzende" Weise einen Bauern weggenommen hatte, wie die Jury befand.
Schon in früheren Jahren seiner aktiven Zeit betätigte sich Klaus Bischoff nebenher als Schachkommentator für die Zuschauer vor Ort, zunächst bei Turnieren, dann auch rundenweise in der Bundesliga. Er war unter anderem regelmäßiger Kommentator bei den Dortmunder Schachtagen, viele Jahre zusammen mit Helmut Pfleger. 2008 kommentierte Klaus Bischoff auch bei der Weltmeisterschaft Anand gegen Kramnik in Bonn. Schließlich wurde er der deutschsprachige "Anchorman" auf dem Playchess-Server und kommentierte dort als Alleinunterhalter live, ohne doppelten Boden und erst recht ohne Engine-Hilfe die Partien der Topturniere. Auch ohne Computerunterstützung ist Klaus Bischoff dank seines ausgezeichneten Schachverständnisses immer auf "Ballhöhe". Wenn die Berechnungen der Varianten einmal zu kompliziert werden, helfen seine Zuschauer notfalls mit ein paar Engine-Varianten.
Interview mit Klaus Bischoff beim Grenke Open 2017 (mit Eric van Reem).
Mit seinem schwäbischen Schmäh hat Klaus Bischoff viele Fans gewonnen und hält mit seinem unaufgeregten Stil die Zuschauer selbst über Stunden bei der Stange, was bei Partielängen von vier oder auch mehr Stunden weniger selbstverständlich ist als Lieschen Müller sich das vorstellen kann.
Inzwischen wird der sympathische und eloquente "Altinternationale" auch vom Deutschen Schachbund als "Vielzweckwaffe" eingesetzt, kommentiert DSB-Turniere oder analysiert bei den DSAM zusammen mit den Amateuren deren Partien.
Großmeister-Analyse | Foto: Klaus Steffan
Im Januar 2021 heiratete Klaus Bischoff seine langjährige Lebensgefährtin Ingrid Lauterbach. Das Paar lebt in Frankfurt.
Ingrid Lauterbach und Klaus Bischoff | Foto: Privat
Eine tolle Karriere, doch jetzt folgen doch auch ein paar kritische Worte: Wie oft haben wir bei ChessBase Klaus Bischoff angefleht, er möge doch einmal eine DVD aufnehmen, zum Beispiel zur Englischen Eröffnung, für die er ein großer Spezialist ist. Alles, was wir erreichen konnten, war eine DVD für blutige Anfänger, auf der die Regeln erklärt - na, immerhin.
Und wo bleibt das lang erwartete Klaus-Bischoff-Buch "20 Jahre Schachbundesliga. Meine besten 200 Partien"?, zum Beispiel, oder auch: "Ein Leben lang Schach, warum?". Selbst Titel wie "Skat, eine Anleitung für den Turnier-Schachspieler", oder: "Deutschlands beste Restaurants an Schach-Turnierorten" könnte man sich gut vorstellen.
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