Klaus Darga!
Geboren wurde Klaus Darga am 24. Februar 1934 in Berlin. Schach lernte er mit sechs, erste Erfolge feierte er als Jugendlicher. 1951 wurde Darga mit 17 Deutscher Jugendmeister, zwei Jahre später, 1953, landete er bei der Juniorenweltmeisterschaft auf dem geteilten ersten bis zweiten Platz. 1954 und 1959 gewann Darga die West-Berliner Meisterschaft, 1955 und 1961 wurde er Deutscher Meister. 1954 wurde er erstmals in die Nationalmannschaft berufen.
Darga nahm für Deutschland an zehn Schacholympiaden teil und scheiterte beim Interzonenturnier 1964 nur knapp an der Qualifikation zum Kandidatenturnier.
1957 wurde Darga Internationaler Meister, 1964 Großmeister. 1964 beendete Darga seine Karriere als Schachprofi und arbeitete bei IBM.
Doch auch nach seinem Rückzug vom Profischach erzielte Darga in nationalen und internationalen Turnieren weiter gute Ergebnisse. 1965 gewann er ein stark besetztes Turnier in Palma de Mallorca und 1967 wird er beim Turnier in Winnipeg zusammen mit Bent Larsen punktgleich Erster.
Von 1989 bis 1997 arbeitete Darga als Bundestrainer. Heute lebt Darga in der Nähe von Stuttgart und spielt kein aktives Schach mehr.
„ICH WAR EHRGEIZIG UND VOM SCHACH BEGEISTERT“
„Schach habe ich durchs Zusehen gelernt, da war ich kaum älter als sechs. Ich schaute meinem Vater und meinem Onkel beim Spielen zu und habe mir gemerkt, wie die Figuren ziehen. Ich war fasziniert und spielte von da an gelegentlich mit meinem Vater, aber fand in den Kriegsjahren ansonsten nur wenige Möglichkeiten zum Spiel.“
Dargas Schachleidenschaft erwacht erst nach dem Krieg, als er elf ist. Er spielt Partien aus den Schachspalten der Zeitung nach und besucht die Schachgruppe in seiner Schule. „An meiner Schule haben so viele Schüler Schach gespielt, dass wir nicht nur Schul- sondern sogar Klassenmeisterschaften ausgetragen haben.“ Sein erstes Schachbuch bekommt Darga von seinem Onkel geschenkt: „Kombinationen von Kurt Richter – ich habe das Buch intensiv studiert und kannte es bald in- und auswendig.“
Dargas Schachbegabung fiel dem Lehrer auf, der die Schachgruppe in der Schule leitet, denn Darga löste Schachaufgaben schneller und besser als die anderen Schüler. Um das Talent seines Schülers zu fördern, gab der Lehrer ihm aus seinem privaten Bücherschrank ein Lehrbuch von Tarrasch zum Studium. „Wir lebten damals in bescheidenen Verhältnissen. Mein Vater war im Krieg gefallen und meine Mutter musste meinen Bruder und mich mit wenig Geld alleine groß ziehen. Bei Stromsperren studierte ich das Buch abends bei Kerzenschein oder im Licht einer Petroleumlampe.“
Klaus Darga (Foto: Wikipedia)
ERSTE ERFOLGE
1948 trat Darga einem Schachclub bei und im gleichen Jahr meldete er sich zur Vorrunde der Berliner Jugendmeisterschaft 1949 an. „In der Vorrunde hatte ich nur einen Gegner und nachdem unsere Partie abgebrochen und zur Hängepartie erklärt worden war, trat er zur Wiederaufnahme nicht mehr an.“ Doch als Darga zur Endrunde erschien, wollte der Turnierleiter die Turniertabelle seiner Vorrunde sehen. „Ohne Turniertabelle keine Endrunde“, lautete der Bescheid des Turnierleiters, und da Darga keine Tabelle vorweisen konnte, wollte der Turnierleiter ihn nicht an der Endrunde teilnehmen lassen. Diese Entscheidung rief Proteste älterer und etablierter Jugendspieler hervor. „Sie empfanden das Vorgehen des Turnierleiters als ungerecht, denn schließlich konnte ich ja nichts dafür, dass meine Gegner nicht angetreten waren. Außerdem war ich erst 14 und stellte in den Augen der älteren Jugendlichen wohl keine ernste Konkurrenz dar. Am Ende durfte ich mitspielen.“ Doch der 14-jährige erwies sich als Konkurrenz, landete auf Anhieb an der Spitze und verpasste den Turniersieg erst im Stichkampf.
1949 spielte Darga in der Vorrunde zur Berliner Meisterschaft der Männer und qualifizierte sich für die Endrunde im darauf folgenden Jahr. Mit Spielern wie Rudolf Teschner, Kurt Richter, Berthold Koch und Dr. Lehmann, die alle zur deutschen Spitze zählten, waren die Berliner Meisterschaften damals jedes Jahr stark besetzt und Dargas 6. bis 8. Platz bedeutete einen Achtungserfolg.
1951 folgte mit dem Gewinn der Deutschen Jugendmeisterschaft ein weiterer Erfolg, der Darga zwei Jahre später zur Teilnahme an der Juniorenweltmeisterschaft 1953 verhalf. „Eigentlich sollte der Sieger der Deutschen Jugendmeisterschaft 1952 zur Juniorenweltmeisterschaft fahren, doch bei der gesamtdeutschen Jugendmeisterschaft, die es 1952 noch gab, schnitten die westdeutschen Spieler sehr schlecht ab. In der vorderen Tabellenhälfte landeten nur Ostdeutsche. Ich hatte nicht mitgespielt, weil mir die Schule ein halbes Jahr vor dem Abitur keinen Sonderurlaub geben wollte. Angesichts der schlechten Platzierungen der westdeutschen Spieler erinnerte sich der DSB an meinen Erfolg von 1951 und nominierte mich. Die DDR beschickte die Junioren-WM damals nicht.“
In seiner gesamten Laufbahn hatte Darga nie einen Trainer oder Sekundanten und auch die Vorbereitung auf die Junioren-WM verlief „nicht gerade professionell. Die Berliner Spitzenspieler bekamen gesagt, sie sollten mich vorbereiten, also traf ich mich mit Dr. Lehmann, der sich bereit erklärt hatte, mir zu helfen, in seiner Wohnung. Nachdem ich bei ihm angekommen war, servierte er mir erst einmal ein großes Steak, sicherlich der wichtigste Teil der Vorbereitung. Danach ließ er sich noch zeigen, welche Eröffnungen ich spielen wollte. Das war es auch schon.“ Dieser dürftigen Vorbereitung zum Trotz belegte Darga am Ende den geteilten 1. bis 2. Platz. Nach Wertung wurde er Zweiter, der Titel des Juniorenweltmeisters ging an den Argentinier Oscar Panno. Auf den Plätzen drei bis vier landeten der Jugoslawe Borislav Ivkov, der zwei Jahre zuvor, bei der ersten Juniorenweltmeisterschaft überhaupt, den Titel gewonnen hatte, und Fridrik Olafsson, der spätere Präsident der FIDE.
Mit ein Grund für seinen raschen Aufstieg zu einem der besten Jugendlichen der Welt und zu einem der besten Spieler Deutschlands sieht Darga in der Unterstützung durch seinen Mentor Reinhold Vogel, der in den Jahren 1948 bis 1950 zahllose Trainingspartien mit ihm gespielt hatte. „Vogel war ein recht guter Spieler, der es bis in die Endrunde der Berliner Meisterschaft gebracht hatte. Er kannte wenig Eröffnungstheorie und spielte immer die gleichen Systeme, mit Schwarz Französisch und mit Weiß 1.d4. Dafür spielte er sehr solide, war im Endspiel gut und generell schwer zu schlagen. Leidenschaftlich gern löste er Schachprobleme und viele Schachzeitungen beschäftigten ihn als Problemexperten. Vor Abdruck eines Problems schickte man es an Vogel, der prüfte, ob das Problem korrekt und nicht nebenlösig war. Auch jenseits des Schachs kümmerte sich Vogel um mich und gab mir gelegentlich ein wenig Taschengeld.“
Der Erfolg bei der Junioren-WM öffnete Darga weitere Türen. „Der DSB dachte sich, der geteilte erste Platz, das muss doch etwas zu bedeuten haben“, und nominierte Darga 1954 beim Länderkampf gegen Holland als Ersatzmann. Später im gleichen Jahr spielte Darga bei der Schacholympiade 1954 zum ersten Mal im Olympiateam. „Eigentlich sollte die Olympiade 1954 in Argentinien stattfinden und die deutsche Mannschaft per Schiff nach Südamerika reisen. Das war einigen Spielern zu zeitraubend und sie verzichteten auf den Einsatz bei der Schacholympiade. So wurde ich nominiert.“ Als die Olympiade doch nicht wie geplant in Argentinien sondern in Amsterdam stattfand, blieben die Nominierungen bestehen und Darga konnte bei seiner ersten Olympiade starten. Als Ersatzmann erzielte er mit 5,5 aus 11 ein achtbares Ergebnis. Insgesamt spielte Darga bei zehn Olympiaden für Deutschland und nur in Buenos Aires 1978, wo er als „Playing Captain“ fungierte, blieb er unter 50 Prozent. Eine Medaille gewann er 1964 in Tel Aviv, als die deutsche Mannschaft Dritter wurde.
Einen Rückschlag erlitt Darga bei seinem ersten Anlauf auf den Titel des Deutschen Meisters. 1954 gewann er zwar die Berliner Meisterschaft, scheiterte aber an der Qualifikation zur Deutschen Meisterschaft. „12 Spieler nahmen am Qualifikationsturnier teil, die ersten vier qualifizierten sich, aber bei mir lief nicht viel zusammen und ich landete am Ende auf dem geteilten 6. bis 7. Platz und hatte die Qualifikation verpasst.“ Zur Deutschen Meisterschaft durfte Darga trotzdem fahren: „Völlig regulär war das vielleicht nicht, aber beim DSB hatte man großes Interesse daran, dass ich an der Deutschen Meisterschaft teilnahm und ich wurde trotz verpasster Qualifikation nominiert. Ich wollte nun natürlich niemanden enttäuschen und gewann die Meisterschaft mit 12,5 aus 15. Meinen zweiten Titel holte ich 1961. Insgesamt habe ich nur drei Mal an Deutschen Meisterschaften teilgenommen, zwei Mal habe ich gewonnen, einmal bin ich Vierter geworden. Ich denke, das ist eine ganz gute Ausbeute.“
SCHACH UND STUDIUM
Nach dem Abitur studierte Darga Maschinenbau an der TU Berlin, „aber manchmal war ich mehr Schachspieler als Student. Anfang der 60er Jahre habe ich dann nur noch Schach gespielt und mein Studium schließlich ganz aufgegeben.“
1957 wird Darga Internationaler Meister, 1964 Großmeister. „Damals gab es vielleicht um die 60 Großmeister auf der Welt, die kannten sich alle noch persönlich. Die Vergabe des Titels war ursprünglich sehr viel weniger streng geregelt als heute. Anfangs entschied eine Titelkommission der FIDE mehr oder weniger nach Gutdünken, wer den Titel verliehen bekommen sollte, doch 1964 wurden die Titel bereits nach klaren Kriterien vergeben. Da es noch keine offiziellen ELO-Zahlen gab, maß man die Qualität der gewerteten Turniere nach der Zahl der teilnehmenden GMs und IMs.“
In seiner „recht kurzen Karriere“ hat Darga gegen fünf Weltmeister und zahlreiche Schachlegenden gespielt und viele Spitzenspieler kennen gelernt. Beim Kandidatenturnier 1959, das Tal gewann, um anschließend Michail Botwinnik im WM-Kampf 1960 zu besiegen, war Darga als Sekundant von Fridrik Olafsson dabei. Das Kandidatenturnier erstreckte sich über zwei Monate, wurde in verschiedenen jugoslawischen Städten gespielt und Olafsson war einer von acht Teilnehmern, die jeweils vier Partien gegeneinander spielten. So hatte Darga Zeit genug, um die Schachgrößen kennen zu lernen. Einer davon war der damals 16-jährige Bobby Fischer. „Er benahm sich recht auffällig, sprach nur mit dem engen Kreis der Teilnehmer des Turniers und deren Sekundanten und wies insbesondere Journalisten brüsk ab. Auch die Organisatoren des Turniers konnten es ihm selten recht machen. Ich erklärte mir sein Verhalten damit, dass er den ungewöhnlich raschen Aufstieg in die absolute Weltspitze nicht richtig verkraftet hatte.
Große Schwierigkeiten mit ihm hatte auch sein Sekundant Bent Larsen, den ich seit der Junioren-WM 1953 gut kannte und der mir oft sein Leid klagte. Mehrfach drohte Fischer damit, ihn einfach zu entlassen.
Was die sowjetischen Spieler und deren Sekundanten anging, so hatte ich zu einigen guten Kontakt, der allerdings nicht immer leicht herzustellen war. Tal zum Beispiel war sehr aufgeschlossen und mit Keres und Ragosin spielte ich an freien Tagen manchmal Bridge. Doch mit etlichen sowjetischen Spielern hatte ich keine gemeinsame Sprache und dann kommen Kontakte schlecht zustande. Bei früheren Gelegenheiten, zum Beispiel bei Schacholympiaden, gab es jedenfalls wenig Kontakt zu den Sowjets. Sie reisten immer mit einem großen Betreuerstab an und Begegnungen mit westlichen Spielern waren nicht immer gern gesehen.“
Kontakte zu deutschen Spielern aufzubauen, war einfacher. „Mit Unzicker und Lothar Schmid war ich gut befreundet und mit Lothar Schmid telefoniere ich gelegentlich heute noch. Ein gutes Verhältnis hatte ich auch zu Wolfgang Uhlmann, den ich immer wieder auf Turnieren getroffen habe. Natürlich fanden diese Begegnungen vor dem Hintergrund der politischen Spannungen zwischen der Bundesrepublik und der DDR statt, aber bei großen Turnieren waren wir eben beide Deutsche und sprachen die gleiche Sprache. Den engsten Kontakt hatte ich zu Reinhard Fuchs, wie Uhlmann ein DDR-Spieler. Fuchs kam aus Berlin, wir sind im gleichen Jahr geboren und schon bei meiner allerersten Berliner Jugendmeisterschaft haben wir gegeneinander gespielt. Er lebte in Ost-Berlin und das machte es leider schwer, den Kontakt aufrecht zu erhalten. Jetzt erschwert seine Krankheit den Kontakt.“
RÜCKZUG VOM PROFISCHACH
Mit 30 beendet Darga sein Dasein als Halbprofi. „Ich war zu der Erkenntnis gekommen, dass die ausschließliche Konzentration auf das Profischach für mein Naturell wohl nicht das Richtige ist. Das Reisen von Land zu Land, das Ziehen von Hotel zu Hotel, das machte mir auf die Dauer eigentlich keinen Spaß. Ich dachte mir, es wäre wohl besser, ich suche mir einen geeigneten Beruf, gründe eine Familie und spiele nur nebenbei Schach.“
Eine Rolle bei dieser Entscheidung spielte der Verlauf des Interzonenturniers 1964 in Amsterdam, in dem Darga die Qualifikation für die Kandidatenwettkämpfe knapp verpasst hatte. „Das Turnier wurde von den sowjetischen Spielern dominiert. Allerdings war die Zahl der sowjetischen Spieler, die sich fürs Kandidatenturnier qualifizieren konnten, durch eine entsprechende Regelung der FIDE begrenzt und Spieler aus anderen Ländern mussten nicht unbedingt unter den ersten sechs landen, um sich fürs Kandidatenturnier zu qualifizieren, weil nur drei der fünf teilnehmenden GMs aus der Sowjetunion weiterkommen konnten. Drei Runden vor Schluss stand ich in der Rangfolge auf einem Platz, der zur Qualifikation gereicht hätte, aber in den drei letzten Runden musste ich gegen David Bronstein, Michail Tal und Leonid Stein spielen. Ich verlor eine wilde Partie gegen Bronstein, für den es letztlich aber trotzdem nicht gereicht hat, gegen Tal machte ich in der vorletzten Runde Remis und hätte dann mit einem Sieg gegen Stein in der letzten Runde immer noch eine kleine Chance auf die Qualifikation gehabt. Stein musste ebenfalls unbedingt gewinnen, um sich zu qualifizieren. Doch die Partie endete Remis, was keinem von uns nützte. Stein war so erschüttert, dass ihm nach der Partie die Tränen kamen. Mich beschlich in diesem Turnier die Ahnung, dass ich vielleicht nie gut genug werden würde, um noch weiter nach vorne zu kommen. Hätte ich mich für das Kandidatenturnier qualifiziert, hätte ich mich in Hinblick auf meinen weiteren Berufsweg vielleicht anders entschieden.“
In diesem Turnier gelangen Darga zwei seiner bekanntesten Siege. Gleich in der ersten Runde gewann er ein langes Endspiel gegen Boris Spasski – die Partie wurde drei Mal abgebrochen.
18 Runden später, in Runde 19, besiegte er Lajos Portisch mit einer überzeugenden positionellen Leistung.
Nach seinem Entschluss sich vom Profischach zurück zu ziehen, bewarb sich Darga bei der IBM, und obwohl er sein Studium nicht zum Abschluss gebracht hatte, akzeptierten die Personalverantwortlichen den Großmeistertitel als Äquivalent zu einem Universitätsabschluss und stellten ihn ein. Anfänglich arbeitete Darga im Entwicklungslabor der IBM als Programmierer, später kamen Aufgaben in Planung und Lehre hinzu.
Schachturniere spielte er nur noch im Urlaub. „Ich denke, dass ich aber gerade in den ersten Jahren nach Eintritt in das geregelte Berufsleben am besten gespielt habe. 1965 gewann ich ein Turnier in Palma de Mallorca und 1967 gewann ich punktgleich mit Bent Larsen, damals einer der besten Spieler der Welt, ein sehr gut besetztes Turnier im kanadischen Winnipeg, noch vor Keres und Boris Spasski, der kurze Zeit später Weltmeister wurde. Auch bei den Olympiaden Lugano 1968 und Siegen 1970 erzielte ich gute Ergebnisse und spielte interessantes Schach. Vor allem in Lugano 1968 gelangen mir einige gute Partien.“
Bei IBM würdigte man zwar Dargas Großmeistertitel, „aber ich musste versprechen, die Finger von der Entwicklung von Schachprogrammen zu lassen“. Darga hielt sich an dieses Versprechen, doch als IBM an der Entwicklung von Deep Blue arbeitete, dem Computer, der Garry Kasparow 1997 in einem Aufsehen erregenden Wettkampf besiegte, erinnerte man sich an Dargas Schachverstand. „Für eine kurze Zeit tauchte die Idee auf, dass ich bei der Entwicklung des Computers helfen sollte. Doch dazu hätte ich in die USA gehen müssen und das hätte Probleme aufgeworfen, da ich in Deutschland Frau und Kind hatte und eigentlich nicht nach Amerika wollte.“
Aber natürlich hat Darga das Thema Schach und Computer beschäftigt. „Allerdings habe ich am Anfang nicht geglaubt, dass Computer irgendwann so gut Schach spielen können wie der Weltmeister. Mir fehlte die Phantasie, ich konnte mir das nicht vorstellen.“ Den Einfluss der Computer auf das heutige Schach hält Darga für groß. „Datenbanken und spielstarke Programme bedeuten eine ungeheure Unterstützung für die heutigen Spieler. Mit Hilfe der Computer kann man heutzutage sehr viel schneller in die absolute Spitze vorstoßen. Früher bekamen die Spieler mit 30 den Großmeistertitel und nur wenige Spieler wie Fischer, Spasski und Tal waren schon mit 20 oder sogar noch früher Großmeister. Heute werden die jungen Spieler sehr viel schneller stark. Und was man in jungen Jahren lernt, behält man besser. Im Alter schafft man das nicht mehr. Hier kann man Schach mit anderen Sportarten vergleichen: in jeder Disziplin gibt es ein bestimmtes Limit, und wenn man im Schach in einem bestimmten Alter eine bestimmte Spielstärke nicht erreicht hat, dann schafft man das auch später nicht mehr.“
TRAINER
Von 1989 bis 1997 kehrte Darga noch einmal zum Schach zurück, aber nicht als Spieler, sondern als Bundestrainer und Nachfolger des DSB-Trainers Sergiu Samarian. Als langjähriger Aktivensprecher hatte Darga gute Kontakte zu den Offiziellen und als Großmeister, ehemaliges Mitglied der Nationalmannschaft und einer der stärksten deutschen Spieler der 60er Jahre wurde er auch von den Nationalspielern akzeptiert.
„Bundestrainer im Deutschen Schachbund ist ein wunderbarer Job mit viel Gestaltungsfreiraum. Man arbeitet mit aufstrebenden jungen Leuten und mit den besten Spielern in Deutschland, hat Kontakte zu den Führungskräften seines Verbandes und über den Deutschen Sportbund auch zu anderen Bundestrainern. Ich hatte mir von Anfang an vorgenommen, möglichst allen Spitzenspielern, die inzwischen in A-, B- und C-Kadern erfasst wurden, das Gefühl zu geben, dass sich von Seiten des Deutschen Schachbundes jemand um sie kümmert. Dieses Gefühl hatte ich in meiner eigenen aktiven Zeit sehr oft vermisst.“
Sein Engagement machte Darga zu einem wertvollen Trainer für den DSB – der den Schachbund zudem nichts kostete, denn bezahlt wurde Darga weiter von IBM. Möglich war das durch ein Sonderprogramm der IBM, bei dem IBM-Mitarbeiter für gemeinnützige Projekte freigestellt werden konnten. Die Arbeit als Bundestrainer galt als gemeinnützig, Darga wurde Bundestrainer, IBM zahlte sein Gehalt weiter und übernahm zusätzlich noch Reisekosten und die Kosten für ein Büro. 1994, nach fünf Jahren Arbeit als Bundestrainer, ging Darga als IBM-Mitarbeiter in den Vorruhestand, blieb aber noch bis 1997 Bundestrainer.
Doch auch danach kümmerte sich Darga um den Nachwuchs. Als Bundestrainer hatte er bei der Erstellung von Rahmenplänen für die Trainerausbildung mitgewirkt und diese Arbeit setzte er jetzt fort. Außerdem leitete Darga die Lehrgänge zur Ausbildung von A-Trainern und betreute junge Talente aus Württemberg, unter anderem Fabian Döttling und Arik Braun.
Nach Ende seiner Trainertätigkeit nahm Darga gelegentlich noch an Seniorenturnieren teil, aber irgendwann hörte er auf, Turniere zu spielen. „Das hat sich so ergeben. In meinem Wohnort gibt es keinen Schachclub und zu abendlichen Autofahrten in die Umgebung, um dort ein paar Partien zu spielen, habe ich keine Lust. Ich würde wohl auch nicht mehr gut spielen. Ich denke zwar, dass ich das Spiel noch verstehe, aber vermutlich würden mir immer häufiger grobe Einsteller unterlaufen. Das macht nicht viel Spaß.“
Das Portrait erschien ursprünglich in Karl 3/12
Nachdruck mit freundlicher Genehmigung.
Johannes Fischers Blog
Ein ausführliches Portrait von Klaus Darga erschien zudem auch in dem kürzlich veröffentlichten Buch von Michael Dombrowksy: Berliner Schachlegenden.